1.13 Berufskunde für Rettungssanitäter II

© 2021 SaniOnTheRoad.

Lernziele

Nach diesem Beitrag

  • kennst Du allgemeine Grundregeln für den Einsatz unabhängig vom konkreten Betätigungsfeld,
  • kennst Du das grundlegende Vorgehen im Krankentransport mit Aufgabenstellung, Tätigkeitsschwerpunkten und Besonderheiten,
  • kennst Du die Bedeutung der Transportverordnung,
  • kennst Du die Beförderungspflicht,
  • kennst Du das grundlegende Vorgehen in der Notfallrettung mit Aufgabenstellung, Tätigkeitsschwerpunkten und Besonderheiten,
  • kennst Du die Grundlagen der Übernahme delegierbarer Maßnahmen,
  • kennst Du das grundlegende Vorgehen als Rettungssanitäter im Katastrophenschutzeinsatz mit Aufgabenstellung und Kompetenzbereich.

Abstract

Rettungssanitäter können sowohl im qualifizierten Krankentransport, als auch in der Notfallrettung sowie im Rahmen des Katastrophenschutzes mit unterschiedlichen Aufgabenstellungen eingesetzt werden.

Tätigkeitsfeldunabhängig bilden die Beachtung des Eigenschutzes, die materielle und personelle Vorbereitung auf den Dienst oder Einsatz sowie das Wissen um die eigene Kompetenz und deren Grenzen sowie eine gute Teamarbeit die Basis für die Arbeit im Rettungsdienst.

Durch die Tätigkeit als Verantwortlicher im Krankentransport obliegt dem Rettungssanitäter hier die Lagefeststellung und das Einleiten erforderlicher Maßnahmen, neben der Prüfung der formalen Voraussetzungen für einen qualifizierten Krankentransport.

Im Rahmen der Notfallrettung liegt der Fokus auf Assistenztätigkeiten und der Unterstützung des Transportführers. Die Übernahme weiterer Aufgaben ist im Rahmen der Delegation situations- und fähigkeitenabhängig denkbar.

Im Katastrophenschutz zählt der Rettungssanitäter typischerweise zu den medizinisch Höchstqualifizierten und erhält eine größere Verantwortung, jedoch keine weiter reichenden medizinischen Kompetenzen.

Wiederholung: Notfallrettung und qualifizierter Krankentransport

Die Notfallrettung meint die fachgerechte Versorgung, Betreuung und den Transport von Notfallpatienten in eine geeignete Behandlungseinrichtung. Notfallpatienten sind hierbei die Patienten, die aufgrund ihres Zustands bzw. zu erwartenden Zustands neben Basismaßnahmen eine weitergehende Überwachung und Versorgung zur Sicherung und der Wiederherstellung vitaler Funktionen bedürfen.

Der qualifizierte Krankentransport umfasst die fachgerechte Versorgung, Betreuung und den Transport von Nicht-Notfallpatienten. Ein qualifizierter Krankentransport ist dann notwendig, wenn eine medizinisch-fachliche Betreuung (i.d.R. durch einen Rettungssanitäter) und/oder eine besondere Einrichtung eines Krankentransportwagens (KTW), wie z.B. die Möglichkeit zur Sauerstoffgabe, notwendig ist und/oder der Patient eine infektiöse Erkrankung hat.

Siehe auch Kapitel 1.2

Wiederholung: Ausbildungsziel, Kernkompetenzen und rechtliche Grundlagen

Rechtliche Grundlage für die 520 Stunden umfassende Qualifikation zum Rettungssanitäter bilden die „Empfehlungen zur Ausbildung von Rettungssanitäterinnen und Rettungssanitätern vom 16./17. September 2008“ des Ausschusses Rettungswesen sowie die Empfehlung für eine Verordnung über die Ausbildung und Prüfung von Rettungssanitäterinnen und Rettungssanitätern (RettSan-APrV) des Ausschusses Rettungswesen vom 11./12. Februar 2019, welche in landesrechtliche Ausbildungs- und Prüfungsverordnungen übernommen wird.

Ziel der Qualifikation zum Rettungssanitäter ist „[die Befähigung] zum Einsatz in unterschiedlichen Funktionen in allen Bereichen des Patiententransportes, des qualifizierten Krankentransportes sowie der Notfallrettung und des Bevölkerungsschutzes“.

Als darauf basierende Kompetenzen lassen sich anatomische und physiologische Grundkenntnisse sowie darauf aufbauend Kenntnisse der Krankheitslehre und der Therapie, sichere Anwendung grundlegender Methoden zur Diagnostik, selbstständige Durchführung rettungsdienstlicher Basismaßnahmen und Erkennen der Notwendigkeit erweiterter Versorgungsmaßnahmen und Assistenz bei diesen als „Kernkompetenzen des Rettungssanitäters“ ableiten.

Siehe auch Kapitel 1.12

Einleitung

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Der Rettungssanitäter ist eine klassische rettungsdienstliche Qualifikation und das klassische Entrée in den Rettungsdienst schlechthin – die Einsatzbereiche des Rettungssanitäters sind je nach Landesrecht, örtlichen Gegebenheiten und Fahrzeugvorhaltung durchaus unterschiedlich.

Rettungsdienstlich ist der Einsatz von Rettungssanitätern sowohl in der Notfallrettung, als auch im qualifizierten Krankentransport möglich – in der Notfallrettung als Fahrer und „Assistent“ des Notfallsanitäters, im qualifizierten Krankentransport als medizinisch-verantwortliche Person (dem Transportführer).

Neben den klassischen rettungsdienstlichen Einsatzbereichen spielt der Rettungssanitäter allerdings auch im Ehrenamt – sprich den Ortsvereinen, Bereitschaften und Katastrophenschutzeinheiten – eine nicht unerhebliche Rolle. Im Verhältnis von Ausbildungsdauer und Kompetenzen zählt er oft regelhaft zu den Höchstqualifizierten im ehrenamtlichen, sanitätsdienstlichen Bereich; was natürlich zu einer unterschiedlichen Aufgabenverteilung führt.

Goldene Regeln

Ein paar Regeln für den Einsatz – unabhängig vom Betätigungsfeld – kann man durchaus allgemein festlegen.

Eigenschutz geht vor!

Egal, um was es geht: Eigenschutz geht grundsätzlich vor – egal, ob es die Massenschlägerei in der Notfallrettung, der infektiöse Patient im Krankentransport oder der Sanitätsdienst auf dem Rockfestival ist.

Gefahren können überall be- und entstehen – damit muss man rechnen. Ein angemessenes Gefahrenbewusstsein ist zur Erkennung und schließlich der Abwehr von Gefahren zwingend notwendig. An dieser Stelle sei noch einmal auf die Wichtigkeit des Verhaltens im Einsatz hingewiesen!

Sei vorbereitet!

„Gedanklich der Situation voraus sein“ ist für eine längerfristige oder dauerhafte Tätigkeit im Rettungsdienst unabdingbar. Probleme erkennen, bevor sie entstehen, vereinfacht nicht nur den Ablauf, sondern erhöht auch die Patientensicherheit.

Wo fährt man hin? Was ist gemeldet? Worauf stellt man sich ein? Wie sieht es mit Kliniken in der Umgebung aus? – Fragen, die man sich im Einsatzfall zwangsläufig stellen muss.

Dazu gehört auch: Checken! Vor allem das Fahrzeug zu Dienstbeginn – Verbrauchsmaterial, Geräte und auch Fahrzeugtechnik an sich. Verbrauchsmaterial wird unverzüglich aufgefüllt, defekte Geräte außer Dienst genommen.

Mach deine Arbeit und kenne deine Grenzen!

Es muss vorausgesetzt werden, dass ein Rettungssanitäter einen Nicht-Notfallpatienten selbstständig, sicher und kompetent versorgen und transportieren kann – und es wird erwartet, dass er einen Notfallpatienten erkennt und entsprechende Erstmaßnahmen einleiten kann.

Dabei gilt es auch, die Grenzen der eigenen Fähigkeiten zu erkennen – der CRM-Leitsatz „Fordere Hilfe an, lieber früh als spät“ muss insbesondere bei unerwartet kritischen Zuständen beherzigt werden.

Es ist absolut keine Schande zu sagen „Ich komme hier nicht weiter“ oder „Ich brauche hier Hilfe„. Diese sollte man – wenn erforderlich – auch entsprechend in Anspruch nehmen. Maßgeblich hierfür ist die eigene Einschätzung der Lage und der eigenen Fähigkeiten.

Teamwork ist das A und O!

Rettungsdienst ist immer Teamarbeit – ganz egal, wie erfahren und qualifiziert man ist! Eine gute Patientenversorgung, die letztendlich das Ziel der rettungsdienstlichen Arbeit ist, funktioniert nur gemeinsam und auf Augenhöhe.

Dementsprechend hat der Rettungssanitäter das Recht und zugleich die Pflicht, ein gutes Teammitglied in der Notfallrettung zu sein, das auch aktiv in die Entscheidungsfindung mit eingebunden werden soll.

Umgekehrt hat der Rettungssanitäter im qualifizierten Krankentransport ein guter Teamführer zu sein, der auch mit weniger qualifizierten oder unerfahreneren Kollegen auf angenehme Weise mit einem bestenfalls kooperativen Führungsstil arbeiten kann.

Der Einsatz im qualifizierten Krankentransport

Der qualifizierte Krankentransport stellt vielerorts das „Haupteinsatzgebiet“ des Rettungssanitäters dar – er umfasst, salopp gesagt, alles „nicht kritische und planbare“ an Einsätzen. Dazu zählen Einweisungen, Entlassungen, Verlegungen sowie ambulante Transporte zu Kliniken und Facharztpraxen.

Die wichtigsten Do’s und Don’ts

Lageeinschätzung

Auch im Krankentransport muss eine qualifizierte Lageeinschätzung erfolgen – denn auch hier können leitstellenseitig bedrohliche Zustände durchaus mal untergehen. Dementsprechend muss man sich während des Erstkontakts mit dem Patienten die Fragen stellen

  • Passt das Meldebild zum Patientenzustand? Besteht ein potentiell lebensbedrohlicher Zustand?
  • Ist die Situation im Krankentransport allgemein und für das Team individuell beherrschbar?
  • Passt die angestrebte Behandlungsstätte? Welche Ressourcen/Fachabteilungen werden benötigt?
  • Wie kann der Transport zum Fahrzeug erfolgen? Wie kann der Transport im Fahrzeug erfolgen (sitzend, liegend)?
  • Müssen weitere Maßnahmen – egal, ob medizinisch oder organisatorisch – ergriffen werden?

Die Situation muss grundsätzlich beherrschbar sein und alle organisatorischen Formalitäten, wie z.B. die Klinikanmeldung, erledigt sein – bei ersterem gilt „Im Zweifelsfall höherwertiges Rettungsmittel nachfordern“, bei letzterem gilt „Lieber selbst anmelden oder zumindest gegenchecken“.

Indikation

Nicht alles, was als Krankentransport bestellt wird, erfüllt auch die Voraussetzungen dafür.

Eine Kostenübernahme durch die Krankenversicherung des Patienten setzt eine medizinische Indikation für die Beförderung in einem KTW voraus. Ohne medizinische Indikation spricht man von einer Krankenfahrt – diese obliegt Taxen, Mietwagen und „Liegend- oder Rollstuhltaxis“.

Typische medizinische Indikationen sind beispielsweise (nicht abschließend):

  • die Notwendigkeit einer fachgerechten Lagerung,
  • die Notwendigkeit fachgerechten Hebens und Tragens,
  • die Notwendigkeit einer Sauerstofftherapie während des Transports,
  • Zwangseinweisungen sowie
  • Infektionstransporte.

Gerade wenn keine Einweisung durch den Arzt vorliegt, muss die Indikation durch das Rettungsfachpersonal vor Ort geprüft werden.

Praxisrelevant

„Keine medizinische Indikation“ ändert nichts an der Beförderungspflicht nach dem jeweiligen Landesrettungsdienstgesetz. Der Patient ist dennoch zu transportieren, wenn er dies wünscht.

Es muss allerdings eine Aufklärung über die möglicherweise ausbleibende Kostenübernahme durch die Krankenkasse erfolgen und ggf. eine Kostenübernahmeerklärung durch den Patienten unterzeichnet werden.

Notwendige Unterlagen

Im Krankentransport muss die „Verordnung einer Krankenbeförderung“ – umgangssprachlich Transportschein oder „T-Schein“ – üblicherweise vor Fahrtbeginn vorliegen. Diese wird durch den behandelnden Arzt oder das behandelnde Krankenhaus ausgestellt.

Ein Transportschein ist zur Abrechnung der erbrachten Leistung unerlässlich – dementsprechend muss dieser (1) vorliegen und (2) korrekt ausgefüllt sein.

Bei „Akutfällen“, d.h. nicht planbaren Krankentransporten, wird die Verordnung in der Regel von der Zielklinik ausgestellt – unter der Voraussetzung, dass eine medizinische Indikation für den Transport gegeben ist.

Etwaige Ein- oder Überweisungspapiere des Arztes sind ebenso mitzunehmen wie die eGK des Patienten und ggf. Befreiungsausweise.

Muster-Algorithmus qualifizierter Krankentransport

© 2023 SaniOnTheRoad. Bitte Hinweise zu den Musteralgorithmen beachten!

Der Einsatz in der Notfallrettung

Im Rahmen der Versorgung und des Transportes kritisch kranker Patienten nimmt der Rettungssanitäter die Rolle als Fahrer und als qualifizierter Assistent des Notfallsanitäters und des Notarztes ein.

Dementsprechend ist der Rettungssanitäter in diesem Falle nicht der „Entscheider“, sondern der „Mitdenker“ und „Mithelfer“ – der medizinisch Höchstqualifizierte leitet den Einsatz, der Rettungssanitäter arbeitet zu.

Die wichtigsten Do’s und Don’ts

Sei ein gutes Teammitglied…

…und kenne deine Aufgaben und deine Position. Im Notfalleinsatz sollte die Patientenversorgung „Pit-Crew-like“, also wie bei einem Boxenstopp der Formel 1 erfolgen – jeder hat seine klaren Aufgaben, die er sicher und effizient erfüllt. Gleichermaßen „grätscht“ man den Kollegen nicht in ihren Aufgabenbereich, sofern es keine triftigen Gründe – wie eine drohende Patientengefährdung – dafür gibt.

Das alles erfordert klare Absprachen vor dem Einsatz und eine eindeutige, sichere und effiziente Kommunikation während des Einsatzes. Entsprechende Taktikstandards müssen zu Schichtbeginn geklärt werden, spätestens aber auf der Anfahrt.

Kenne deine Arbeitsumgebung und deine Arbeitsmaterialien!

Ganz besonders bei der Zuarbeit ist eine entsprechende Materialkenntnis und die blinde Beherrschung des „Wo finde ich was?“ absolut essentiell – denn das Suchen und Richten benötigter Materialien ist gerade bei kritischen Patienten neben der Diagnostik eine Hauptaufgabe.

Schnelligkeit und Effizienz erreicht man hier nur durch regelmäßige Übung, auch nach Abschluss der RS-Ausbildung. Auch wenn es manchen müßig erscheint, alle drei Wochen das Richten der Intubation zu üben – nur so erreicht man die sichere Umsetzung in der Praxis, wenn es nachts um drei notwendig ist.

Kenne typische Notfallbilder, notwendige Maßnahmen und die strukturierte Abarbeitung eines Einsatzes!

Man sollte es eigentlich als „in der Natur der Sache liegend“ ansehen – die Praxis zeigt allerdings gerade hier zum Teil erhebliche Probleme.

Das Erkennen kritischer Patienten, ihrer Krankheitsbilder und der notwendigen Maßnahmen erfordert ein gutes, aktuelles Fachwissen einerseits, andererseits Erfahrung und Training. Lokale Algorithmen müssen auch dem Rettungssanitäter, der in der Notfallrettung aktiv ist, bekannt sein – ebenso wie die Notwendigkeit bestimmter diagnostischer und therapeutischer (ja, auch medikamentöser) Maßnahmen.

Hinsichtlich der Medikamente liegen die Schwerpunkte jedoch anders als beim Notfallsanitäter – der Rettungssanitäter muss nicht unbedingt Dosierungen und Nebenwirkungen wissen, sehr wohl aber, wie das Medikament gerichtet und aufgezogen wird und wann es indiziert ist.

Mitdenken ist die Devise!

…was mit dem vorherigen Punkt Hand in Hand geht. Der Rettungssanitäter ist ein fähiges, mitdenkendes Teammitglied, der bei der Entscheidungsfindung mitwirken kann.

Es wird durchaus erwartet, dass der Rettungssanitäter notwendige Maßnahmen in seinem Aufgabenbereich selbstständig durchführt und seine Person bei entsprechender „Kapazität“ auch aktiv anbietet, um weitere Aufgaben zu übernehmen.

Gedanklich sollte der Rettungssanitäter ebenfalls „vor der Situation“ sein – das bedeutet, dass vorausgeplant wird, welche Maßnahmen als nächstes folgen und entsprechende Vorbereitungen für den Notfallsanitäter und den Notarzt, möglichst in Absprache, getroffen werden.

Dürfen Rettungssanitäter im Rahmen der Delegation invasive Maßnahmen durchführen?

In der Praxis kommt es durchaus vor, dass der Notarzt auch dem Rettungssanitäter invasive Maßnahmen – zum Beispiel das Legen eines periphervenösen Zugangs – delegiert. Okay oder nicht?

Die Antwort ist ein ganz klares „Jein“ – delegierbare Aufgaben dürfen an geeignetes Personal delegiert werden. Das kann auch ein Rettungssanitäter sein.

Der Notarzt hat in diesem Falle die Anordnungs– und Überwachungsverantwortung – der Rettungssanitäter die Übernahme– und Durchführungsverantwortung.

Heißt: der Rettungssanitäter muss sich selbst in der konkreten Situation in der Lage fühlen, die Aufgabe sachgerecht durchzuführen – das schließt ein, dass die Maßnahme erlernt wurde und beherrscht wird. Ist dies nicht der Fall, muss die Durchführung verweigert werden (Übernahmeverantwortung).

Ferner muss die Maßnahme an sich fachlich korrekt durchgeführt werden – für Fehler bei der Durchführung muss sich der Durchführende verantworten und ggf. auch haften (Durchführungsverantwortung).

Praxisrelevant

Die Delegation von Maßnahmen ist möglich. Es muss jedoch stets im Einzelfall geprüft werden – auch durch den Rettungssanitäter selbst – ob die Qualifikation und das fachliche Können für die Durchführung der Maßnahme ausreichen. Wenn nicht, muss die Durchführung abgelehnt werden.

Muster-Algorithmus Notfalleinsatz

© 2023 SaniOnTheRoad. Bitte Hinweise zu den Musteralgorithmen beachten!

Der Einsatz im Katastrophenschutz

Grundsätzlich betrifft dies vor allem die Rettungssanitäter des Ehrenamtes – eben diejenigen, die in Katastrophenschutzeinheiten eingebunden sind.

Im Vergleich zum Regelrettungsdienst sind Anforderungen und Aufgaben eines Rettungssanitäters sehr verschoben – der Rettungssanitäter zählt hier typischerweise zu den Höchstqualifizierten und es wird gegebenenfalls auch die Betreuung von Notfallpatienten erwartet.

Je nach Bundesland und örtlicher Regelung kann der Rettungssanitäter hier auch als Transportführer auf dem Rettungswagen eingesetzt werden.

Die wichtigsten Do’s und Don’ts

Bedenke deine Stellung!

Je nach Lage, Patientenaufkommen und Qualifikation des übrigen Personals kann es dazu kommen, dass Du die medizinische Verantwortung für kritisch Erkrankte oder Verletzte übernehmen musst. Analog zum Einsatz in der Notfallrettung müssen Fachwissen und praktisches Können auf einem hohen Niveau sein und gehalten werden – angesichts der Verantwortung sogar mehr als in der Regelrettung.

Bedenke die Qualifikation anderer Helfer!

Im Katastrophenschutz liegt die Mindestqualifikation der Helfer deutlich unter der im Regelrettungsdienst – ein Helfer im Sanitätsdienst hat in der Regel lediglich 48 – 80 Stunden Ausbildung genossen. Dies muss bei der Delegation von Aufgaben unbedingt bedacht werden – hier ist Mitdenken nicht nur für die höher-, sondern auch für die weniger Qualifizierten notwendig.

Kenne die Führungsstruktur!

Einsatztaktische Entscheidungen werden im Katastrophenschutz von Führungskräften getroffen – folglich ist man in dieser Hinsicht an ihre Befehle gebunden.

Wichtig ist es, zuständige Führungskräfte an der Einsatzstelle (Leitender Notarzt, Organisatorischer Leiter Rettungsdienst, Einsatzleiter…) zu erkennen und ihren Zuständigkeitsbereich zu kennen.

Kenne das Vorgehen!

Das betrifft zum einen übliche Algorithmen im Katastrophenschutz (z.B. Vorsichtungsalgorithmen), aber auch die unterschiedlichen Maßnahmen, die parallel zur medizinischen Versorgung ablaufen. Dazu gehört auch die Kenntnis der jeweiligen Einheiten und ihrer Kompetenzen.

Lokale Regelungen entscheiden

Wie der Rettungsdienst ist auch der Katastrophenschutz und seine Strukturen Ländersache – die Unterschiede sind allerdings ungleich größer als im Rettungsdienst, was Führungsstrukturen, Einheiten und Besatzungen angeht.

Je nach Personallage und Aufgabenstellung können Einheiten auch abweichende, d.h. höhere Voraussetzungen zur Mindestbesetzung, auf örtlicher Ebene festlegen.

Deshalb ist es unerlässlich, sich mit den Katastrophenschutzstrukturen des Landes und der örtlichen Einheit auseinanderzusetzen.

Darf der Rettungssanitäter im Katastrophenschutz „mehr“ Maßnahmen ergreifen?

Der Rettungssanitäter hat im Katastrophenschutz grundsätzlich keine größere Regelkompetenz was die medizinische Versorgung anbelangt.

Er „darf“ erst einmal genauso viel wie im Regelrettungsdienst.

Allerdings ist es im Katastrophenschutzeinsatz durchaus üblich, dass der Rettungssanitäter Maßnahmen delegiert bekommt, die regulär außerhalb seines Kompetenzbereichs liegen – z.B. die Anlage eines periphervenösen Zugangs.

Ferner ist das Vorliegen des rechtfertigenden Notstands (§ 34 StGB) im Katastrophenschutzeinsatz häufiger zu bejahen.

Es muss allerdings auch hier eine strenge Risiko-Nutzen-Abwägung erfolgen und die Notwendigkeit wie auch die Beherrschung der Maßnahme in die Entscheidungsfindung miteinbezogen werden.

Zusammenfassung

  • Immer: Eigenschutz beachten! Gefahrenbewusstsein schärfen!
  • Material- und Ausrüstungscheck sind genauso Pflicht wie die mentale Vorbereitung auf die Situation – Gewissenhaftigkeit und Vorausdenken sind ein Muss
  • Kenne deine Kompetenzen und deinen Aufgabenbereich – Hilfe anfordern, lieber früh als spät
  • Rettungsdienst ist immer Teamarbeit, eine klare Kommunikation und die Beachtung der CRM-Leitsätze ist zwingend notwendig
  • Lageeinschätzung im Krankentransport: erfordert der Patientenzustand ein höherwertiges Rettungsmittel? Bestehen die formalen Voraussetzungen für einen Krankentransport?
  • Dem Rettungssanitäter obliegt im qualifizierten Krankentransport neben der medizinischen Verantwortung auch die Organisation des Transportes
  • „T-Schein“ muss für die Kostenübernahme vor Fahrtantritt vorliegen (Ausnahme: Akutfälle) und korrekt ausgefüllt sein
  • Unabhängig von der Indikation und der damit verbundenen Kostenübernahme durch die Krankenkassen besteht eine Beförderungspflicht
  • In der Notfallrettung erfolgen vorwiegend Assistenzmaßnahmen, der Fokus liegt auf einer effizienten und sicheren Zuarbeit des Verantwortlichen. Eine entsprechende Material- und Verfahrenskenntnis sowie regelmäßige (!) Übung ist unerlässlich.
  • Im Rahmen der Delegation können im Einzelfall auch weitere Maßnahmen durch den Rettungssanitäter durchgeführt werden – Beherrschung ist notwendig, es besteht die Übernahme- und Durchführungsverantwortung
  • im Katastrophenschutzeinsatz hat der Rettungssanitäter typischerweise eine größere Verantwortung, allerdings keine weiterreichenden medizinischen Kompetenzen
  • Die Kenntnis lokaler Führungsstrukturen und -regelungen ist im Katastrophenschutz unerlässlich

Lernziele

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  • das grundlegende Vorgehen im Krankentransport mit Aufgabenstellung, Tätigkeitsschwerpunkten und Besonderheiten,
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  • die Beförderungspflicht,
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  • die Grundlagen der Übernahme delegierbarer Maßnahmen,
  • das grundlegende Vorgehen als Rettungssanitäter im Katastrophenschutzeinsatz mit Aufgabenstellung und Kompetenzbereich.

Interessenkonflikte

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Der Autor gibt an, dass keine Interessenkonflikte bestehen.

Quellen

Ausschuss Rettungswesen (2019): Empfehlung für eine Verordnung über die Ausbildung und Prüfung von Rettungssanitäterinnen und Rettungssanitätern (RettSan-APrV), Stand 11./12. Februar 2019, abgerufen von https://saniontheroad.com/wp-content/uploads/2020/10/rettsan_aprv_11_12_februar_2019_1_.pdf am 03.02.2022

Hofmann K., Lipp R. (2018): Sanitäts-, Betreuungs- und Verpflegungsdienst, 2. durchgesehene und aktualisierte Auflage. Verlagsgesellschaft Stumpf + Kossendey mbH, Edewecht. ISBN 978-3-943174-89-2. Hier erhältlich: https://amzn.to/35lYDas Affiliate-Link

InPASS – Institut für Patientensicherheit und Teamtraining GmbH (2020): CRM-Karte, abgerufen unter https://inpass.gmbh/p/crm-karten-kostenlos am 14.07.2021

Luxem J., Runggaldier K., Karutz H., Flake F. (2020): Notfallsanitäter Heute, 7. Auflage. Urban & Fischer Verlag/Elsevier GmbH, München. ISBN 978-3437462115. Hier erhältlich: https://amzn.to/3s8KEh5 Affiliate-Link

SaniOnTheRoad (2019): „Kleines 1×1 des Rettungsdienstes“ – Teil 11: Was muss ein Rettungssanitäter können?, abgerufen unter https://saniontheroad.com/kleines-1×1-des-rettungsdienstes-teil-11/ am 03.02.2022

SaniOnTheRoad (2020): 1.2 Der Rettungsdienst in Deutschland, abgerufen unter https://saniontheroad.com/1-2-der-rettungsdienst-in-deutschland/ am 03.02.2022

SaniOnTheRoad (2021): 1.12 Berufskunde für Rettungssanitäter I, abgerufen unter https://saniontheroad.com/1-12-berufskunde-fur-rettungssanitater-i/ am 03.02.2022

Schell W. (2021): Die Delegation von Injektionen, Infusionen und Blutentnahmen auf nichtärztliches Personal – ein Dauer-Rechtsproblem im Bereich der vertikalen Arbeitsteilung, abgerufen unter https://www.wernerschell.de/Rechtsalmanach/Diagnostik%20und%20Therapie/delegation.php am 14.07.2021

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Über SaniOnTheRoad

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SaniOnTheRoad

Notfallsanitäter, Teamleiter und Administrator des Blogs. Vom FSJler über Ausbildung bis zum Haupt- und Ehrenamt im Regelrettungsdienst und Katastrophenschutz so ziemlich den klassischen Werdegang durchlaufen. Mittlerweile beruflich qualifizierter Medizinstudent im vorklinischen Abschnitt. Meine Schwerpunkte liegen auf Ausbildungs- und Karrierethemen, der Unterstützung von Neueinsteigern, leitliniengerechten Arbeiten sowie Physiologie, Pathophysiologie, Pharmakologie und EKG für den Rettungsdienst. Mehr über mich hier.