Wundversorgung und Stillung lebensgefährlicher Blutungen

brown band aids on blue surface

Erste-Hilfe-Basics – eine Kategorie, eine Zielsetzung: Grundlagen der Ersten Hilfe einfach, unkompliziert und anschaulich zu erklären.

Die wohl am häufigsten – auch im Alltag – gebrauchte Fähigkeit aus einem Erste-Hilfe-Kurs ist die Versorgung mehr oder minder schwerer Wunden im Haushalt, auf der Arbeit oder in der Freizeit.

Die Bandbreite reicht vom einfachen Pflaster bis zur Versorgung einer lebensbedrohlichen Blutung.

Auch hier gilt: Eigenschutz beachten! Blut ist eine potentiell infektiöse Flüssigkeit und bei Fremden ist zum Tragen von Einmalhandschuhen zu raten.

Inhaltsverzeichnis


Grundlagen der Wundversorgung

Grundregel Nr. 1: Jede Wunde sollte im Rahmen der Ersten Hilfe versorgt werden.

Stark verschmutze Wunden sollten vor dem Verbinden zumindest grob gesäubert – das heißt im Rahmen der Ersten Hilfe – mit klarem Wasser gespült und mit sterilen Kompressen trocken getupft werden.

Es werden keine Desinfektionsmittel, Alkohol, Salben oder schlimmstenfalls “Hausmittel” wie Mehl o.ä. auf frische Wunden aufgetragen.

Grundregel Nr. 2: So steril wie möglich arbeiten.

Auch der Ersthelfer kann und soll Wundinfektionen vermeiden. Das heißt: die Auflagefläche von sterilen Verbandmaterial sollte durch den Helfer nicht berührt werden, sondern lediglich an den Rändern angefasst werden.

Verpackungen von Sterilgut sollten in der vorgesehenen – sprich in der meist abgebildeten Weise – geöffnet werden.

Ebenso sollte eine direkte Berührung der Wunde bzw. der Wundumgebung vermieden werden.

Grundregel Nr. 3: Weitere bedarfsgerechte Hilfe einleiten.

Das kann bei sehr leichten Verletzungen nicht notwendig sein und reicht von der Vorstellung beim Hausarzt über die Verständigung des Rettungsdienstes und weiterer Erste-Hilfe-Maßnahmen wie der stabilen Seitenlage bis zur Reanimation.

Basics

  • Jede Wunde sollte versorgt werden – Reihenfolge entsprechend der Dringlichkeit
  • bei starker Verschmutzung kann eine Wunde mit klarem Wasser grob gereinigt werden
  • keine Desinfektionsmittel o.ä. in frische Wunden!
  • Steril arbeiten!
  • weitere Erste Hilfe nach Bedarf leisten

Durchführung im Allgemeinen

Nach Möglichkeit sollten Einmalhandschuhe angelegt werden und notwendiges Material (z.B. Verbandpäckchen oder sterile Kompresse + Mullbinde) gerichtet werden.

Eine nicht stark blutende Wunde wird bei Bedarf mit klarem Wasser gereinigt und mit einer sterilen Kompresse vorsichtig trocken getupft.

Eine weitere sterile Kompresse oder ein Verbandpäcken werden geöffnet und ohne Berührung der Auflagefläche auf die Wunde aufgebracht. Bei Verwendung einer sterilen Kompresse wird dieses mit der Mullbinde fixiert – ist die Binde abgerollt, kann das Ende z.B. mit einem Pflasterstreifen, einem Knoten (nach Einschneiden in der Mitte) oder durch einfaches “Unterstecken” (Ende wird unter eine Schlaufe der Binde gesteckt) fixiert werden.

Beim Verbandpäckchen erfolgt dies analog.

Basics

  • Eigenschutz – Einmalhandschuhe anlegen!
  • Material richten
  • bei Bedarf reinigen und mit steriler Kompresse trocken tupfen
  • sterile Kompresse oder Auflagefläche eines Verbandpäckchens auf Wunde auflegen
  • Wundauflage fixieren

Lebensbedrohliche Blutung

Lebensbedrohliche Blutungen, in diesem Falle nach außen, zeichnen sich aus durch

  • hohen Blutverlust,
  • “spritzende” Blutungen,
  • besonders tiefe oder großflächige Wunden.

Trifft das zu, so muss zügig gehandelt werden.

Die betroffene Person sollte auf dem Boden sitzend oder ggf. liegend gelagert werden – ist eine Extremität betroffen, sollte diese hochgehalten bzw. gelagert werden und unmittelbar Druck auf die Wunde gegeben werden, selbstverständlich auch hier mittels einer sterilen Kompresse..

Die Versorgung stark blutender Wunden sollte noch vor dem Notruf erfolgen – der Notruf kann parallel erfolgen, wenn mehrere Helfer vor Ort sind. An den Extremitäten sollte die Blutstillung mittels Druckverband erfolgen, bei stark blutenden Wunden am Körperstamm durch manuelle Kompression.

Eine einmal begonnene Maßnahme wird nicht abgebrochen! Blutet es trotz Druckverband durch, so wird ein zweiter Druckverband genau auf dem ersten Druckverband angelegt – bei der manuellen Kompression werden weitere sterile Kompressen dazu genommen.

Sofern akute Lebensgefahr besteht, sollte spätestens jetzt der Notruf abgesetzt werden.

Die Person ist grundsätzlich auf dem Boden zu lagern. Sofern die Person es toleriert, sollte sie flach hingelegt werden und die Betroffene Extremität hochgelagert werden. Bei einem starken Blutverlust oder Schocksymptomatik sollte die Schocklage erfolgen.

Tritt die Bewusstlosigkeit ein, ist der Patient in die stabile Seitenlage zu verbringen. Kommt es zum Kreislaufstillstand, ist umgehend mit der Herz-Lungen-Wiederbelebung anzufangen.

In jedem Fall ist allerdings für einen ausreichenden Wärmeerhalt zu sorgen, bestenfalls mit einer Rettungsdecke.

Druckverband

Der Druckverband entspricht im Wesentlichen der oben beschriebenen Anlage eines Verbands. Unterschied: über die Wundauflage wird ein Druckpolster (das sich nicht vollsaugen kann, z.B. eingepackte Mullbinde) gelegt und der Verband wird deutlich fester angezogen, sodass ein Druck auf die blutende Wunde entsteht.

Es sollte darauf geachtet, dass der Druckverband nicht zu fest angelegt ist: Taubheitsgefühle und Schwellung der Hand deuten auf eine zu feste Anlage hin. Hier gilt jedoch: die Blutungsstillung hat im Zweifelsfall Vorrang.

Manuelle Kompression

Die manuelle Kompression – also der Druck auf die Wunde selbst mit sterilen Kompressen – bietet sich als Überbrückungsmaßnahme an, bis ein Druckverband angelegt werden kann,

Kann kein Druckverband angelegt werden, so werden ebenfalls ein paar sterile Kompressen genutzt und der Helfer übt mit seinen Händen dauerhaft Druck auf die Wunde aus.

Schocklage

Liegt die Blutungsquelle an den Extremitäten, so kann die Schocklage erfolgen – hierfür werden die Beine des Betroffenen schlichtweg hoch gelagert.

Bei Verletzungen am Körperstamm, am Kopf oder am Rücken sollte die Schocklage nicht erfolgen, hier wird der Betroffene flach gelagert.

Basics

  • Zügig handeln!
  • Blutungsstillung mittels Druckverband oder manueller Kompression
  • Notruf nach der Blutungskontrolle, wenn nicht mehrere Helfer vor Ort sind
  • Flachlagerung oder Schocklage!
  • In jedem Fall Wärmeerhalt!

Anwendung anderer Materialien zur Blutungskontrolle

Anderes Material zur Kontrolle lebensbedrohlicher Blutungen, sprich “Profi-Materialien” wie Aderpressen (Tourniquets) oder Verbände mit lokal wirksamen Hämostyptika (zum “Wound Packaging“) sind für Ersthelfer grundsätzlich nicht vorgesehen und nicht zu empfehlen.

Entsprechendes Material macht nur bei wenigen Verletzungen überhaupt Sinn, die korrekte Anwendung muss geschult und regelmäßig geübt werden und bei falscher Anwendung drohen dem Patienten erhebliche Folgeschäden (u.a. Blutvergiftungen, Amputationen oder eben das Verbluten).

Wegen des hohes Risikos der nicht sachgerechten Anwendung, der geringen Häufigkeit einer sinnvollen Anwendung und fehlenden Schulungsmöglichkeiten ist hiervon abzuraten.

Einem Ersthelfer drohen bei Anwendung von solchen Profi-Material auch haftungsrechtliche Konsequenzen, was bei “normaler” Erster Hilfe nicht der Fall wäre.

Sonderfälle: Verbrennungen, Verbrühungen, Verätzungen

Verbrennungen/Verbrühungen

Kleinflächige Brandwunden sollten nur kurzzeitig (< 15 Minuten) und nur mit lauwarmen Wasser gekühlt werden, großflächige gar nicht. Großflächige Brandwunden müssen grundsätzlich ärztlich behandelt werden, Brandblasen sind nicht aufzustechen.

Wird Lebensgefahr aufgrund der Schwere, des Ausmaßes oder der Lokalisation der Verbrennung vermutet, ist umgehend der Notruf abzusetzen.

Die Wundversorgung sollte entsprechend dem oben genannten Vorgehen erfolgen – sterile Kompressen sind anzufeuchten oder es werden alternativ aluminiumbedampfte Verbandpäckchen/sterile Kompressen (wie z.B. Aluderm) verwendet.

Je nach Situation sollten auch hier Flachlagerung und ggf. die Schocklage erfolgen.

Bei Brandverletzungen ist umso mehr auf den Wärmeerhalt zu achten!

Basics

  • Nur kurzzeitig und mit lauwarmen Wasser kühlen!
  • Brandblasen nicht aufstechen
  • bei schweren oder großflächigen Verbrennungen sowie Verbrennungen im Gesichts- und Genitalbereich umgehend Notruf absetzen
  • Sterile Kompressen anfeuchten oder aluminiumbedampfte Verbände nehmen
  • Flachlagerung oder Schocklage erwägen
  • Wärmeerhalt!

Verätzungen

Bei Verätzungen gilt: Eigenschutz! Es sind in jedem Fall Einmalhandschuhe zu tragen. Kontakt mit ätzendem Material muss vermieden werden, kontaminierte Kleidung sollte entfernt werden.

Verätzungen der Haut oder der Augen sollten schnell und großzügig unter fließendem Wasser gespült werden. Nicht betroffene Haut bzw. das nicht betroffene Auge sollte möglichst wenig mit der Spüllösung in Kontakt kommen.

Die Wundversorgung erfolgt analog zu den Verbrennungen.

Bei großflächigen Verätzungen, Verätzungen der Augen oder des Mund-Rachen-Raums sollte grundsätzlich zeitnah der Notruf abgesetzt werden. Bei Verätzungen der Augen ist die Spülung bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes fortzusetzen.

Basics

  • Eigenschutz beachten!
  • Kontaminierte Kleidung entfernen
  • Großzügig spülen, bei Verätzungen der Augen bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes
  • Nicht betroffene Haut bzw. Auge sollten nicht mit der Spüllösung in Kontakt kommen
  • Notruf immer bei großflächigen Verätzungen, Verätzungen der Augen oder des Mund-Rachen-Raums
  • Wärmeerhalt!

Ärztlicher Bereitschaftsdienst

Für alle Erkrankungen und medizinischen Probleme, die nicht akut lebensgefährlich sind (aber dennoch zeitnah ärztlich behandelt werden sollen), gibt es den ärztlichen Bereitschaftsdienst. Dieser übernimmt die Aufgaben des Hausarztes außerhalb der üblichen Sprechstundenzeiten und macht bei Bedarf auch Hausbesuche.

Der ärztliche Bereitschaftsdienst ist bundesweit kostenlos unter der 116117 (ohne Vorwahl) erreichbar – auch am Wochenende, an Feiertagen und nachts. Siehe auch 116117.de.

Im Notfall

Bei akuten, lebensbedrohlichen Erkrankungen und Verletzungen ist umgehend Erste Hilfe zu leisten und der Rettungsdienst zu verständigen.

Bei akuten Notfällen ist der Notruf von Feuerwehr, Rettungsdienst und Notarzt die 112 (ohne Vorwahl).

Interessenkonflikte

Der Autor gibt an, dass keine Interessenkonflikte bestehen.

Quellen

Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (2024): DGUV Information 204-006 – Anleitung zur Ersten Hilfe, Stand 01/2024 abgerufen unter https://publikationen.dguv.de/widgets/pdf/download/article/698 am 25.02.2024

Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (2023): DGUV Information 204-007 – Handbuch zur Ersten Hilfe, Stand 03/2023 abgerufen unter https://publikationen.dguv.de/widgets/pdf/download/article/826 am 25.02.2024

SaniOnTheRoad (2022): Welche Notrufnummer ist die richtige?, abgerufen unter https://saniontheroad.com/notrufnummern/ am 25.02.2024

SaniOnTheRoad (2019): Absicherung, Eigenschutz und Notruf, abgerufen unter https://saniontheroad.com/absicherung-eigenschutz-und-notruf/ am 25.04.2024

YouTube (2020): Druckverband, abgerufen unter https://www.youtube.com/watch?v=ElbmBZmBf9U am 09.03.2022

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Über SaniOnTheRoad

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SaniOnTheRoad

Notfallsanitäter, Teamleiter und Administrator des Blogs. Vom FSJler über Ausbildung bis zum Haupt- und Ehrenamt im Regelrettungsdienst und Katastrophenschutz so ziemlich den klassischen Werdegang durchlaufen. Mittlerweile beruflich qualifizierter Medizinstudent im vorklinischen Abschnitt. Meine Schwerpunkte liegen auf Ausbildungs- und Karrierethemen, der Unterstützung von Neueinsteigern, leitliniengerechten Arbeiten sowie Physiologie, Pathophysiologie, Pharmakologie und EKG für den Rettungsdienst. Mehr über mich hier.

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