Rettungsdienst aktuell – Themen die den Rettungsdienst, seine Mitarbeiter und Interessierte beschäftigen. Von leitliniengerechter Arbeit bis zur gesellschaftskritischen Diskussion.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Es kennen wohl die meisten Menschen: die netten Damen und Herren in Uniform, die vor Supermärkten oder in Fußgängerzonen stehen oder klassisch von Haustür zu Haustür marschieren und um Fördermitgliedschaften für die klassischen großen Hilfsorganisationen – ASB, DRK, JUH oder MHD – werben.
Es wird also relativ offen um Geld gefragt – also ein eher sensibles Thema. Diese Tatsache, die Strategien und durchaus der ein oder andere Betrugsfall in der Vergangenheit sorgen nicht unbedingt für eine große Beliebtheit und Skepsis.
Fördermitgliedschaften sind für die Hilfsorganisationen allerdings genauso wichtig wie die aktive Mitwirkung. Von daher soll in diesem Beitrag der Hintergrund des Ganzen etwas näher beleuchtet werden.
Was hat es damit auf sich?
Die großen Hilfsorganisationen, vor allem
- der Arbeiter-Samariter-Bund,
- das Deutsche Rote Kreuz,
- die Johanniter-Unfall-Hilfe und
- der Malteser Hilfsdienst
sind am Ende des Tages gemeinnützige Vereine, die sich zu nicht unterheblichen Teilen über ein- oder mehrmalige Spenden sowie Mitgliedsbeiträge finanzieren. Viele der Tätigkeitsbereiche, nämlich ein Großteil des ideellen Bereichs, wie z.B. die Jugendarbeit, Tafeln, Kleiderkammern, größere Anschaffungen für das Ehrenamt etc., werden letztendlich über Geldzuwendungen finanziert.
Wie viel in diesen Bereichen geleistet werden kann, hängt also tatsächlich davon ab, wie viel Geld hier zur Verfügung steht.
Davon abzugrenzen sind refinanzierte Leistungen – so zum Beispiel der Regelrettungsdienst. Dieser wird ausdrücklich nicht über Spendengelder finanziert und hat mit den Fördermitgliedschaften nichts zu tun.
Grundsätzlich sind die Spendengelder für die Arbeit der Hilfsorganisationen zwingend notwendig und entsprechend das Gewinnen von langfristigen Förderern ein notwendiges Anliegen. Und an diesem Punkt kommen in aller Regel die so genannten „Werber“ ins Spiel.
Die Werber
Die Hilfsorganisationen betreiben in der Regel diese Mitgliederwerbung nicht selbst, sondern beauftragen damit in aller Regel externe Dienstleister, die sich genau hierauf spezialisiert haben: die Werber.
Das sind meist kleinere Agenturen, die ausschließlich derartige Aufträge erfüllen und zu großen Teilen mit Aushilfskräften arbeiten. Hinter der Werbung für Studenten- und Ferienjobs in Zusammenhang mit den großen Hilfsorganisationen verbirgt sich meist genau das.
Auch wenn die Vergütungsmodelle für Werber sich im Detail durchaus unterscheiden, ist es am Ende des Tages meist eine Provisionsbasis – sprich: die Agentur verdient nur dann Geld, wenn Mitgliedschaften über sie abgeschlossen werden.
Und das ist einfach ein Knackpunkt der Geschichte…
Es besteht hier einfach ein Interessenkonflikt zwischen „selbst Geld verdienen“ und „dem Ansehen des Auftraggebers nicht schaden“. Und dieser Spagat ist durchaus schwierig. Finanziell erfolgreiche Werber sind häufig…eher unangenehm. Ausnahmen bestätigen die Regel.
Die Palette reicht von einer seriösen, ehrlichen Mitgliederwerbung über grenzwertige „Verkaufsstrategien“ bis hin zu Falschaussagen in betrügerischer Absicht. Ein Blick darauf, was seriös ist und was nicht lohnt sich also auf jeden Fall.
Was seriös ist…
Manch einer würde schon die Art der Mitgliedergewinnung an sich – also das offene Ansprechen und Fragen nach Geld – als unseriös abtun, auch wenn es das meiner Meinung nach nicht ist.
Grundsätzlichkeiten
Seriöse Werber (bzw. ihre Angestellten) stellen sich vor, kennen ihren Auftraggeber (= die entsprechende Gliederung, für die geworben wird) und können sich ausweisen.
Eine entsprechende Bekleidung der jeweiligen Gliederung ist absoluter Standard. Entsprechende Infomaterialien und Kontaktdaten von Ansprechpartnern sind ein absolutes Muss.
Die Werbung von Fördermitgliedern oder auch einmaligen Spendern geschieht für die Gliederung vor Ort; nicht für benachbarte Kreise oder gar andere Bundesländer.
Größere Werbeaktionen werden üblicherweise in der Lokalzeitung, der Website der entsprechenden Gliederung, dem Radio und/oder auf sozialen Medien angekündigt.
Die großen Hilfsorganisationen haben üblicherweise einen Verhaltenskodex für die Mitgliedergewinnung, an welchen die Werber gebunden sind.
Vorgehen
Es liegt in der Natur der Sache, dass Argumente eher emotional gefärbt sind und „an das gute Herz“ des potentiellen Spenders appellieren. Das ist nicht problematisch, solange es sich in einem vernünftigen und nicht übertriebenen Rahmen bewegt.
Grundsätzlich werden allgemeine Umgangsformen beachtet und auch ein „Nein, Danke, kein Interesse“ akzeptiert.
Ebenfalls sollten die Konditionen der Fördermitgliedschaft klar und verständlich dargestellt und auch Nachfragen solide beantwortet werden können. Ferner gehört es unbedingt dazu, darauf hinzuweisen, dass hier auf Provisionsbasis gearbeitet wird.
Spenden werden nicht in Form von Bargeld angenommen!
…und was nicht seriös ist
Wesentlich wichtiger ist für die meisten wohl der Punkt: wann ist ein Werber nicht seriös und man sollte besser die Finger davon lassen?
Vorsicht
Vorsicht ist grundsätzlich dann geboten, wenn Punkte des „Was ist seriös?“ nicht erfüllt werden. Das darf hier durchaus eine „Bauchgefühlsentscheidung“ nach dem Gesamteindruck sein.
Vorsichtig sein sollte man insbesondere dann, wenn für Hilfsorganisationen gesammelt werden soll, die vor Ort nicht tätig sind. Irgendwelche Anschaffungen für Nachbarlandkreise (oder Gliederungen in anderen Bundesländern) kommen typischerweise nicht vor.
Keinerlei Ankündigung von Werbeaktionen bei Haustürwerbung ist ebenfalls ein Grund für eine berechtigte Skepsis.
Wenn extrem emotional oder aggressiv argumentiert wird, sollte man ebenfalls Vorsicht walten lassen – bei einem Einreden von schlechten Gewissen oder Druck ist hier schnell die Grenze zum No-Go überschritten.
No-Go
Während manche Punkte fragwürdig und zweifelhaft sind, gibt es durchaus einige Punkte, bei denen man auf jeden Fall konsequent ablehnen sollte. Und ja, das ist einer der Fälle, wo man geflissentlich die Tür vor der Nase zuschlagen darf.
Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn sich Werber nicht ausweisen können oder Auftraggeber/Ansprechpartner nicht kennen. Gleichermaßen ist das der Fall, wenn eine Nachfrage bei diesen unmittelbar verhindert werden soll – oder keine Kontaktinformationen zu diesen gegeben werden können.
Das Sammeln von Bargeld ist ebenfalls ein typisches No-Go. Ebenso verhält es sich, wenn über Konditionen der Mitgliedschaft nicht vernünftig aufgeklärt werden kann.
Klassiker sind natürlich Falschbehauptungen und Falschdarstellungen – beispielsweise „Hilfsorganisation XY übernimmt die örtliche Rettungswache und benötigt Geld für Ausstattung“.
Wenn irgendwas davon zutreffen sollte: Finger weg!
Wie damit umgehen?
Nun steht irgendwann mal ein Werber vor einem und man fragt sich: wie soll man damit umgehen?
Auch wenn solche Werbeaktionen im Beliebtheitsranking ungefähr auf der gleichen Stufe wie die Haustürmission der Zeugen Jehovas rangieren, sollte man dem Ganzen zumindest eine Chance geben – sofern es seriös ist.
Fördermitgliedschaften und Spenden sichern den Hilfsorganisationen tatsächlich die finanziellen Mittel, um viele ihrer Tätigkeitsbereiche überhaupt erst wahrnehmen zu können. Insofern ist es durchaus eine Überlegung Wert, vielleicht doch ein paar Euro zu erübrigen oder sich selbst aktiv zu engagieren.
Das geht natürlich auch außerhalb von Werbeaktionen. Entsprechende Informationen und Unterstützungsmöglichkeiten finden sich auf den Websiten der jeweiligen Organisationen.
Man sollte jedenfalls auch selbst mit einem guten Gefühl aus dem Gespräch hinausgehen.
Wenn man Zweifel hat, bietet es sich an
- Name und Werbernummer zu notieren und
- die betroffene Gliederung zu kontaktieren.
Wenn man sich nachträglich für eine Fördermitgliedschaft oder eine Spende entscheidet, kann der Werber so in der Regel trotzdem die (verdiente) Provision erhalten.
Entscheidet man sich um und möchte eine so abgeschlossene Fördermitgliedschaft doch lieber nicht wahrnehmen, hat man wie bei nahezu allen Geschäften auch hier ein Widerrufsrecht. Eine E-Mail an die entsprechende Gliederung reicht i.d.R. aus.
Wenn es deutlich unseriös ist – siehe Punkte oben – sollte man
- keine Spende tätigen,
- keine Fördermitgliedschaft abschließen,
- umgehend die betroffene Organisation kontaktieren und
- bei offensichtlichen Betrugsversuchen die Polizei informieren.
Die Hilfsorganisationen haben durchaus ein hohes Eigeninteresse an seriösen Werbern, da alles andere dem Ansehen der Organisation extremen Schaden zufügt. Derartige Hinweise und Beschwerden werden also durchaus sehr ernst genommen!
Interessenkonflikte
Der Autor gibt an, dass keine Interessenkonflikte bestehen.
Quellen
Deutscher Fundraising-Verband (2012): Ethik im Fundraising, abgerufen unter https://www.dfrv.de/services/ethik-im-fundraising/ am 01.11.2024
Die Malteser in Berlin (2024): Spenden an der Haustür? Drei wichtige Hinweise, Stand 19.03.2024, abgerufen unter https://www.malteser-berlin.de/news-detailansicht/news/spenden-an-der-haustuer-drei-wichtige-hinweise.html am 01.11.2024
Johanniter-Unfall-Hilfe (2024): Verhaltenskodex zur Mitgliedergewinnung, abgerufen unter https://www.johanniter.de/johanniter-unfall-hilfe/ueber-uns/unsere-grundsaetze/verhaltenskodex-zur-mitgliedergewinnung/ am 01.11.2024
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Hallo!
Haustürgeschäfte – da ist aus meiner Sicht immer ein Zweifel gegeben.
Aus diesem Grund reagiere ich – ohne Ansehen der Person oder (angeblichen) Organisation – immer ganz einfach.
Ich bitte die Werber mir einen Flyer oder ähnliches dazulassen, so dass ich mir in Ruhe Gedanken machen kann und dann eine Entscheidung treffen.
Schon oft kam da nichts rüber. Dass hat meine Zweifel bestätigt.