Bei „Aus dem Pflaster-Laster“ berichte ich von Einsätzen, dem Alltag auf der Rettungswache und von aktuellen Themen – von purer Routine bis zum Drama. Am Ende ziehe ich mein Fazit der Einsätze und zeige auf, was gut lief und was besser laufen könnte. Namen von Patienten, Orten und Kollegen lasse ich selbstverständlich aus.
Über ein Jahr ist mein Blog nun am Netz – und mir ist aufgefallen, dass ich dem Wachenalltag, der neben den Einsätzen einfach das „Rettungsdienstleben“ ausmacht, bisher noch keinen Beitrag gewidmet habe. Das soll sich ändern!
Die Frage
„Was macht ihr eigentlich, wenn kein Einsatz ist?“
kommt ja von Außenstehenden doch ziemlich häufig – und die Vorstellungen variieren von „gar nichts“ im einen Extrem, bis zu „die ganze Zeit am Arbeiten“ im anderen. Wie so oft: die Wahrheit liegt dazwischen.
Typischer Tagesablauf
Den Tagesablauf als solchen nehme ich mal als „Kurzfassung“ vorneweg – denn der bleibt unabhängig von dem, was man macht, gleich.
Alles fängt mit dem Dienstbeginn an. Man kommt (bestenfalls pünktlich) auf die Wache, teilt seinem Arbeitgeber per Stechuhr oder Online-System mit, dass man da ist, zieht sich um, holt sich einen Kaffee und erhält von der diensthabenden Besatzung eine Übergabe. Vorausgesetzt, es ist eine da.
Die Vorkommnisse der letzten Schicht, Krankenhausabmeldungen, Probleme an Medizintechnik oder Fahrzeug und durchzuführende Arbeiten werden besprochen.
Nach der Übergabe geht es an den täglichen Fahrzeugcheck: es wird zum einen das Fahrzeug an sich kontrolliert, zum anderen (und ganz besonders) die Ausstattung. Ist das vorgeschriebene Verbrauchsmaterial vorhanden? Sind die Medikamente noch haltbar oder müssen sich getauscht werden? Funktionieren EKG, Beatmungsgerät und Absaugpumpe überhaupt? Bis hin zu „Wo hat die Vorschicht die Spinne vom Spineboard hingelegt?“ und „Haben wir überhaupt genug Decken und Einmallaken?“. Was fehlt, wird aufgefüllt, was abgelaufen ist oder nicht funktioniert wird ausgetauscht.
Je nachdem, was kontrolliert und gemacht werden muss – und wie die vorherige Schicht das Auto übergeben hat – kann der Check schon einige Zeit in Anspruch nehmen. Dann ist man aber auch wach 😉
Nach dem Fahrzeugcheck geht es in den normalen Dienstbetrieb. Oder besser gesagt: erstmal frühstücken, wenn es die Zeit und vor allem die Einsätze zulassen. Je nach Wache wird entweder gemeinsam gefrühstückt – oder jeder holt sich im Laufe des Tages selbst was.
Dann werden die Dinge erledigt, die nun mal anfallen – neben den Einsätzen und dem gesamten Drumherum. Wenn es zu viele Aufgaben für eine Besatzung sind, liegt es am Schichtführer, eine Lösung zu finden. Auch wenn „Schichtführer“ hochtrabend klingen mag: es ist meist der Notfallsanitäter des ersten RTW oder des NEF, der als Ansprechpartner für Probleme fungieren darf.
Mittagessen – auch hier sind der Fantasie kaum Grenzen gesetzt. Man bringt sich entweder etwas mit, kocht gemeinsam, bestellt etwas, oder grillt im Sommer auch mal. Ob das Mittagessen klappt, ist manchmal ein wenig Glückssache – Einsätze haben die Angewohnheit, genau dann einzutreffen, nachdem man sich gerade hingesetzt hat ^^
Danach geht es mit den ausstehenden Aufgaben weiter – und zwischendrin auch mal etwas Entspannung. Manche Kollegen legen sich für eine halbe Stunde hin, andere lesen, hören Musik, schauen fern oder…machen irgendetwas, was die Wache hergibt.
Schließlich kommt irgendwann die Schichtablösung. Übergabe, umziehen, Feierabend. Wenn denn alles klappt!
Aufgaben außerhalb der Einsätze
„Wachenalltag ist Haushaltsführung, Großraumbüro und KFZ-Werkstatt in einem“
Vom Grundsatz her werden viele Tätigkeiten im Rettungsdienst selbst vor Ort geregelt. Wenn etwas kaputt ist – beliebt sind zum Beispiel kaputte Blinkergläser vom „Hängenbleiben“ an den Toren der Fahrzeughalle, Lampen der Wache, Rauchmelder, Tische, Stühle … – wird erstmal versucht, es selbst zu reparieren.
Je nachdem, welche Kollegen vorher einen anderen Beruf erlernt haben, kann man sich denken, wer welche Aufgaben übernimmt. Hat man keine „Experten“ zur Hand, bleibt es an einem selbst hängen, die Probleme zu lösen. Das ist zwar auch oft, aber nicht immer von Erfolg gekrönt.
Ähnlich sieht es mit dem Putzen aus. Eine Rettungswache soll ja doch hygienisch sein – entweder wird hierfür eine Reinigungskraft angestellt, oder die Besatzungen müssen selbst für Ordnung und Sauberkeit sorgen. Je nachdem, wie groß die Wache ist, kann schon die wöchentliche Grundreinigung mal ein paar Stunden verschlingen.
Geputzt werden dürfen natürlich auch die Fahrzeuge – Routinedesinfektionen und Außenreinigung, ggf. auch von Ersatzfahrzeugen, die auf der Wache stehen, sind auch beliebte Zeiträuber. Insbesondere dann, wenn man aufgrund des Einsatzaufkommens jeweils dreimal anfangen muss…
Und der Favorit vieler Kollegen schlechthin: die Schreibarbeit. So ziemlich alles, was im Rettungsdienst gemacht wird, muss dokumentiert werden. Von kleineren Reparaturen über Desinfektionen bis zu Bestandsaufnahmen des Material- oder Sauerstofflagers und etwaiger Bestellungen.
Dazu kommt natürlich auch die Erfassung der Einsatzberichte für die Abrechnung. Die Wache leistet die Vorarbeit, die Abrechnungsstelle schreibt die Rechnungen. Ein besonderes Ärgernis sind falsch ausgestellte Transportverordnungen – mit diesen kann man die Fahrt nicht abrechnen, d.h., man läuft den richtigen Verordnungen nach und darf oft genug Arztpraxen aus drei Landkreisen hinterhertelefonieren. Ansonsten drohen recht unangenehme Telefonate und E-Mails mit der Verwaltung.
So, und die restliche Zeit wird dann eben für das genutzt, was man selbst noch machen möchte – sei es das Ausprobieren von und Üben mit neuem Material, Unterstützung beim Lernen von RS-Praktikanten und NFS-Azubis und die Dinge, die im Rahmen einer Funktionsträgertätigkeit anfallen.
Zum Beispiel kümmert sich der QM-Beauftragte um aktuelle Checklisten und funktionierende Ordner auf dem Auto, der Wachenleiter um die Dienstplangestaltung oder der Praxisanleiter um die Ausbildung auf der Wache.
Einsatzaufkommen
Es ist immer so ein wenig die Frage, wo man fährt: auf der Großstadtwache, wo man in 8 Stunden zehn Einsätze hat, müssen die Aufgaben entsprechend verteilt werden – auf der Landwache, wo es ein oder zwei Fahrten pro Schicht gibt, kann man sich „intensiver“ mit den Aufgaben, die anfallen, beschäftigen.
Man darf das Einsatzaufkommen keinesfalls unterschätzen – aber auch nicht überschätzen. „Absolut keine Pause“ von den Einsätzen kommt stellenweise mal vor (auch auf ruhigen Wachen), ist aber im Großen und Ganzen nicht die Regel.
Auch wenn in Großstädten die Einsatzzahlen der Rettungsmittel höher liegen, sind die Einsätze im Schnitt deutlich kürzer – von Alarm über Übergabe in der Klinik bis wieder auf der Wache in einer Dreiviertelstunde ist kein Problem. Auf dem Land kann man für den selben Einsatz dann schon gut und gerne zwei Stunden unterwegs sein.
Wachenleben
Die Stimmung und der Umgang miteinander sind…wachenabhängig.
Im Rettungsdienst arbeiten sehr verschiedene Menschen mit total unterschiedlichen Charakteren, Arbeitsweisen und Vorstellungen – allein die Altersspanne reicht von „gerade mal 18“ bis zu „über 60“. Gewisse Reibereien sind da fast schon vorprogrammiert.
Eigentlich ist es wie in einer Großfamilie – man kriegt sich zwar auch hin und wieder mal in die Haare, hat unterschiedliche Meinungen, aber am Ende des Tages kommt man doch gut miteinander aus.
Gerade kleinere Wachen sind oft sehr familiär und es entstehen nicht selten Freundschaften über die bloße Arbeit hinaus. Irgendwo auch verständlich: nicht selten verbringt man mehr Zeit mit den Kollegen auf der Wache, als mit der Familie oder Freunden außerhalb des Rettungsdienstes.
Man muss sich im Einsatzfall aufeinander verlassen können. Wenn es blöd läuft, ist man in einer kritischen Situation mal 15 Minuten komplett auf sich allein gestellt. Und in der Praxis funktioniert das auch echt gut!
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