„Kleines 1×1 des Rettungsdienstes“ – Teil 26: Der Praxisanleiter im Rettungsdienst

„Kleines 1×1 des Rettungsdienstes“ bietet eine Übersicht über Aufbau, Struktur und Gepflogenheiten des Rettungsdienstes in Deutschland. Hier geht es um das, was Interessenten und Neueinsteiger wissen sollten.

Zu „Teil 25 – Praktikum im Rettungsdienst“ geht es hier.

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Teil 26 – Der Praxisanleiter im Rettungsdienst

Ein jeder Rettungsdienstler wird mit ihm in Kontakt kommen: dem Praxisanleiter. Eine Mischung aus erfahrenen Kollegen, Mentor und Ausbilder.

Der Praxisanleiter ist „Herr der Ausbildung“ im Bereich der Rettungswache – er stellt die Schnittstelle zur theoretisch-praktischen Ausbildung der Schule, der praktischen Ausbildung im Krankenhaus und der eigentlichen praktischen Ausbildung auf der Rettungswache dar.

Der Praxisanleiter begleitet Neueinsteiger auf ihrem Weg zum „richtigen“ Rettungsdienstler – Grund genug, uns die Qualifikation einmal anzusehen!

Aufgaben des Praxisanleiters

Vereinfacht nimmt der Praxisanleiter ausbildende, beratende, administrative und beurteilende Funktionen war.

Klassische Hauptaufgabe im Rahmen der Ausbildung ist das Heranführen an die selbstständige Durchführung der beruflichen Aufgaben – unabhängig davon, ob es sich um Rettungshelfer, Rettungssanitäter oder Notfallsanitäter handelt.

Dazu gibt es natürlich Praxisanleitungen – entweder im Rahmen von Einsätzen oder durch praktische Übungen in der einsatzfreien Zeit an der Rettungswache, ggf. werden hier auch Theorieeinheiten mit eingebaut.

Praxisanleiter wirken zudem oftmals auch direkt am Unterricht der Rettungsdienstschulen und Berufsfachschulen mit – mancherorts ist die Qualifikation zum Praxisanleiter sogar Voraussetzung, um als Dozent tätig zu sein.

Ferner fallen oftmals auch die Planung, Organisation und Durchführung von Fortbildungen in ihren Verantwortungsbereich.

Beratende Funktionen können sowohl gegenüber Praktikanten, Auszubildenden wie auch der durchführenden Organisation selbst ausgeübt werden. Hierzu gehört natürlich zum einen die Lernberatung, die Beratung hinsichtlich des Ausbildungsbetriebes an sich oder auch die Mitwirkung bei der Bewerberauswahl – entweder bei einem normalen Vorstellungsgespräch oder im Assessment-Center.

Administrative Aufgaben sind neben der Ausbildung an sich einer der größeren Tätigkeitsbereiche. Hierunter fallen die organisatorische Ausbildungs- und Anleitungsplanung, die Dokumentation des Ausbildungsfortschritts oder auch die Durchführung von notwendigen Einweisungen.

Eine Beurteilung umfasst nicht nur die Beurteilung des Auszubildenden, sondern vielmehr auch die eigene Leistung – sprich den Ausbildungserfolg. Der Praxisanleiter evaluiert und überwacht den Ausbildungsfortschritt, führt Beurteilungsgespräche und wirkt ggf. auch als Prüfer in Rettungs- und Notfallsanitäterprüfungen mit.

Was muss ein Praxisanleiter mitbringen?

Besonders wichtig ist eine persönliche Grundkompetenz – der Praxisanleiter muss selbst Lernbereitschaft und Bereitschaft zur persönlichen Weiterentwicklung mitbringen, um mit den Entwicklungen der Notfallmedizin Schritt halten zu können.

Eine gewisse Stressresistenz ist unerlässlich – der Praxisanleiter muss auch in kritischen Situationen den Überblick behalten können, nicht nur über den Patienten, sondern auch über den Auszubildenden oder Praktikanten.

Die Aufgabe macht es unerlässlich, Hilfestellungen zu geben und sicher, effektiv und zielführend kommunizieren zu können – dementsprechend wird ein hohes Maß an Sozialkompetenz als Grundvoraussetzung gesehen.

Wer ausbilden will, muss es selbst beherrschen – in der Praxis müssen die Handgriffe sicher sitzen, man muss „Rettungsdienst vollends können“. Ein überdurchschnittliches Fachwissen, auch über die Grenzen des Rettungsdienstes hinaus, ist zur angestrebten Verknüpfung von Theorie und Praxis sowie zum Umgang mit Schnittstellen unerlässlich.

Der Praxisanleiter muss natürlich auch eine gewisse pädagogisch-didaktische Grundkompetenz mitbringen. Er muss auf Probleme und Schwierigkeiten von Praktikanten, Auszubildenden und auch des restlichen Wachenpersonals eingehen und diese lösen können, er muss zudem planen, organisieren und überwachen können.

Ein Mindestmaß an fachpraktischer Erfahrung ist unerlässlich: eine mehrjährige hauptamtliche Tätigkeit als Notfallsanitäter ist eine Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Praxisanleitung.

Voraussetzungen zur Qualifizierung

Der Praxisanleiter ist kein eigenständiger Beruf, sondern eine berufspädagogische Zusatzweiterbildung für Notfallsanitäter. Die Voraussetzungen werden lediglich in § 3 Abs. 1 Nr. 1 NotSan-APrV geregelt.

Dies sind

  • die Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung Notfallsanitäter (alt: Rettungsassistent),
  • zweijährige Berufserfahrung als Notfallsanitäter und
  • eine berufspädagogische Zusatzqualifikation von 300 Stunden.

Die Zusatzqualifikation wird ab dem 01.01.2022 durch eine Änderung der NotSan-APrV von 200 auf 300 Stunden erhöht, ferner wird eine jährliche berufspädagogische Fortbildung von 24 Stunden vorgeschrieben.

In einigen Bundesländern (z.B. Rheinland-Pfalz) ist ein landesrechtlicher Rahmen für die Weiterbildung in Gesundheitsfachberufen geschaffen worden (Landesgesetz über die Weiterbildung in den Gesundheitsfachberufen, GFBWBG), welches auch den Praxisanleiter zu einer geschützten Bezeichnung macht.

Die Qualifizierung selbst erfolgt wiederum als Blockunterricht an einer anerkannten Ausbildungsstätte, in aller Regel einer Berufsfachschule für den Rettungsdienst. Themen sind neben pädagogisch-didaktisch-psychologischen Grundlagen auch arbeits- und bildungsrechtliche Themen sowie Kommunikation, Lehrmethoden, Unterrichtsgestaltung und wissenschaftliches Arbeiten.

Im Rahmen der Qualifizierung erfolgt die Anfertigung einer Hausarbeit, eine schriftliche, eine mündliche sowie fachpraktische Prüfungen (Planung, Durchführung und Auswertung einer Anleitungssituation; Lehrprobe).

Praxisanleiter vs. Mentor – Unterschied?

Neben den Praxisanleitern setzen einige Rettungsdienste auch Mentoren ohne feste Voraussetzung ein – meist sind dies jüngere Notfallsanitäter oder Auszubildende in höheren Lehrjahren.

Sinn und Zweck eines Mentorensystems ist vor allem die Unterstützung bei der Übernahme in beratenden Aufgaben seitens der Auszubildenden und Praktikanten. Die Hemmschwelle, Fragen zu stellen soll die größere „Nähe“ zur eigentlichen Situation von Auszubildenden und Praktikanten geringer werden.

Mentorensysteme können hervorragend funktionieren – unter der Voraussetzung, dass geeignete Mentoren eingesetzt werden und die Kompetenzen klar geregelt sind. Dies kann nicht nur erheblich zu einer Entlastung der Praxisanleiter, die keine 1-zu-1-Betreuung durchführen können, und auch zu einer höheren Ausbildungsqualität beitragen.

Ob man hier auf „Generalisten“, die in allen Fragen beraten oder unterstützen, oder auf „Spezialisten“ für einzelne Themen (z.B. Funktionsträger) zurückgreift, ist letztendlich eine Frage des jeweiligen Konzepts. Beides kann Sinn machen, beides kann erfolgreich sein, beides kann scheitern.

Die Voraussetzungen für Mentoren sollten auf persönlicher, sozialer und entsprechend auf einer angemessenen fachlichen Ebene denen der Praxisanleiter gleich sein – man tut sich gut daran, motivierte Mitarbeiter mit Vorbildfunktion für die Aufgabe als Mentor auszuwählen.

Interessenkonflikte

Der Autor gibt an, dass es sich bei den verlinkten Büchern um Affiliate-Links handelt. Es entstehen keine zusätzlichen Kosten bei der Bestellung über den Link. Eine Einflussnahme bei der Auswahl der Literatur ist dadurch nicht erfolgt. Siehe auch: Hinweise zu Affiliate-Links.

Der Autor gibt an, dass keine Interessenkonflikte bestehen.

Quellen

Justizportal Rheinland-Pfalz (1995): Landesgesetz über die Weiterbildung in den Gesundheitsfachberufen (GFBWBG) vom 17. November 1995, zum 13.12.2020 aktuellste verfügbare Fassung der Gesamtausgabe, abgerufen unter http://landesrecht.rlp.de/jportal/portal/t/bgx/page/bsrlpprod.psml am 13.12.2020

Pluntke S. (2017): Der Praxisanleiter im Rettungsdienst, 1. Auflage. Springer-Verlag GmbH, Berlin. ISBN 978-3-662-54647-5, eBook 978-3-662-54648-2. DOI: 10.1007/978-3-662-54648-2. ISBN (2. Auflage) 978-3-662-62461-6. Aktuelle Auflage (2. Auflage, 2021) hier erhältlich: https://amzn.to/3HdWY3M Affiliate-Link

SaniOnTheRoad (2020): Notfallsanitäter-Ausbildungs- und Prüfungsverordnung (NotSan-APrV), abgerufen unter https://saniontheroad.home.blog/notsan-aprv/ am 03.02.2022

SaniOnTheRoad (2020): Änderung der NotSan-APrV 2020, abgerufen unter https://saniontheroad.com/anderung-der-notsan-aprv-2020/ am 03.02.2022

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Über SaniOnTheRoad

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SaniOnTheRoad

Notfallsanitäter, Teamleiter und Administrator des Blogs. Vom FSJler über Ausbildung bis zum Haupt- und Ehrenamt im Regelrettungsdienst und Katastrophenschutz so ziemlich den klassischen Werdegang durchlaufen. Mittlerweile beruflich qualifizierter Medizinstudent im vorklinischen Abschnitt. Meine Schwerpunkte liegen auf Ausbildungs- und Karrierethemen, der Unterstützung von Neueinsteigern, leitliniengerechten Arbeiten sowie Physiologie, Pathophysiologie, Pharmakologie und EKG für den Rettungsdienst. Mehr über mich hier.


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