Aus der Uni – ein Rettungsdienstler berichtet vom Weg ins und aus dem Medizinstudium.
Inhaltsverzeichnis
- Studentische Grade – was ist das?
- Die Bedeutung der Grade im praktischen Gebrauch
- Führen oder nicht führen?
Studentische Grade – was ist das?
Ich widme mich hier einem tendenziell eher trivialen Thema – das aber gerne für Verwirrung sorgt und mir schon einige Nachfragen seitens Kollegen und Bekannten eingebracht hat: es dreht sich um die so genannten studentischen Grade.
Und nachdem die bisherigen Internetquellen eher dürftige Informationen dazu ausspucken, wollte ich mich diesem „Nebenthema“ rund ums Studium dann doch einmal annehmen.
Studentische Grade und akademische Grade
Unwillkürlich wird man bei dem Begriff „studentischer Grad“ – sofern man damit überhaupt ad hoc etwas anfangen kann – ziemlich schnell mit den akademischen Graden in Verbindung bringen.
Akademische Grade werden entsprechend nach einem erfolgreich absolvierten Hochschulstudium verliehen – das umfasst beispielsweise Bachelor- und Master-Abschlüsse, das Diplom, den Magister oder auch den Doktor. Bei Studiengängen mit dem Abschluss „Staatsexamen“ wird, trotz erfolgreichen Abschluss des Studiums, kein akademischer Grad verliehen.
Akademische Grade sind gesetzlich geschützt – das unbefugte Führen ist strafbar (vgl. § 132a StGB). Mit dem Führen eines akademischen Grades wird unmittelbar deutlich, dass ein entsprechendes Hochschulstudium erfolgreich abgeschlossen wurde; mittelbar belegt es eine gewisse Fachkompetenz.
Die studentischen Grade werden hingegen vor dem Studienabschluss verwendet – eben von aktuell Studierenden. Die Verwendung ist dabei keineswegs einheitlich (oder verbindlich) geregelt und die Grade an sich gesetzlich nicht geschützt. De facto können sich somit von Jedermann geführt werden – wenngleich es mindestens „unfein“ ist, ggf. auch rechtlich problematisch.
Studentische Grade werden nicht „verliehen“, sondern sind größtenteils Selbstbezeichnungen der Studierenden – gleichermaßen sind diese allerdings durchaus so üblich, dass sie auch bisweilen durch die Hochschulen selbst genutzt werden.
Im Gegensatz zu den akademischen Graden lassen die studentischen Grade nur in geringerem Maße Rückschlüsse auf die „Fachkompetenz“ zu – in erster Linie dienen sie schlichtweg zur kurzen, knappen Feststellung der Eigenschaft, dass eine Person Fach X studiert; in zweiter Linie lassen sie Rückschlüsse auf den Studienfortschritt zu.
Studiosus
Der „erste“ studentische Grad ist der „Studiosus“ – üblicherweise mit der lateinischen (oder „lateinisierten“) Bezeichnung des Fachs.
„Studiosus“ bedeutet letztendlich nichts anderes als „studierend“ – dementsprechend kann sich jeder Student von der Immatrikulation bis zum Abschluss mit dem Grad eines Studiosus schmücken. Rückschlüsse auf den Studienfortschritt lässt dieser Grad nicht zu. Ein studiosus medicinae ist also ein Student der (Human)-Medizin, unabhängig vom Studienfortschritt.
Typischerweise wird der Grad mit „stud.„, gefolgt vom Fach, abgekürzt – der studiosus medicinae wird somit zum „stud. med.„.
Die studentischen Grade werden – mangels verbindlicher Regelung – meist dem Namen als Präfix vorangestellt (analog zum Dr. med.); seltener werden diese wie Bachelor- oder Master-Grade hinter dem Namen als Suffix geschrieben.
Candidatus
Als „zweiter“ studentischer Grad gibt es den Candidatus – den Kanditaten für einen akademischen Grad. Im Gegensatz zum Studiosus gibt er einen gewissen Studienfortschritt an: das bezieht sich meist auf die erfolgreich absolvierte Zwischenprüfung; wenn es diese nicht gibt bisweilen auf ein „zur Hälfe absolviertes Studium“.
Üblich, aber genauso wenig verbindlich geregelt wie beim Studiosus, ist demnach die Verwendung nach erfolgreichen Absolvieren der Zwischenprüfung. Im Falle von Medizin wäre das das Physikum als erster Abschnitt der ärztlichen Prüfung.
Analog zum Studiosus wird der Candidatus mit „cand.“, gefolgt vom Fach, abgekürzt – der candidatus medicinae wird somit zum „cand. med.„.
Aber Achtung: gerade die Abkürzung „cand.“ ist durchaus problematisch – einfach, weil es ausländische akademische Grade (beispielsweise in skandinavischen Ländern) gibt, die ebenfalls mit „cand.“ abgekürzt werden. Hier muss man – sofern man den studentischen Grad nutzen möchte, eine strafbare Verwechselung (§ 132a StGB) ausschließen.
Die Bedeutung der Grade im praktischen Gebrauch
Die Tatsache, dass es für studentische Grade keinerlei einheitliche, verbindliche Regelung gibt, führt relativ schnell zu der Erkenntnis:
„Es kommt massiv auf die jeweilige Hochschule an, ob und wie diese verwendet werden.“
Mit Blick auf die Praxis der Verwendung muss man allerdings auch feststellen, dass der O-Ton, beispielsweise der Wikipedia, mit
„Verwendet werden diese nur im kleinsten Kreis von Burschenschaften“
aber auch nicht zutreffend ist.
Zumindest an meiner Uni werden die studentischen Bezeichnungen ziemlich regelhaft verwendet – sowohl bei Unterlagen studentischen Tutoren oder Hilfskräften, aber auch auf „Kursscheinen“ oder gar Bescheinigungen für externe Stellen.
Auch an anderen medizinischen Hochschulen und Universitätskliniken werden die Bezeichnungen durchaus öffentlich verwendet, insbesondere bei Doktoranden ohne bisherigen Studienabschluss – zumindest im Bereich der Medizin ist die Verwendung also keineswegs auf den „kleinen, hochschulinternen Bereich“ beschränkt.
Führen oder nicht führen?
Es kann natürlich irgendwann die Frage aufkommen, ob man nun ein „stud.“ oder „cand.“ vor den eigenen Namen schreiben soll – oder nicht. Man kann hier auch vortrefflich über den Sinn (und Unsinn) des Führens von vollkommen ungeregelten, nicht geschützten Bezeichnungen streiten.
Pro
- der Status als „Student“ und das jeweilige Fach wird unkompliziert und schnell ersichtlich hervorgehoben
- ggf. sind Rückschlüsse auf den Studienfortschritt möglich
Contra
- den studentischen Graden haftet der Ruf eines „Pseudotitels“ an
- das Führen mancher Bezeichnungen – wie dem „cand. med.“ – ist rechtlich problematisch
Im Endeffekt kann ich hier nur den Rat geben: orientiert euch an der gängigen Praxis eurer Uni.
Werden studentische Grade praktisch regelhaft genutzt (oder die Nutzung gar implizit erwartet), tut man durchaus gut daran, es ebenfalls so zu handhaben – Konsequenzen durch „Nicht-Nutzung“ würde ich allerdings nicht erwarten.
Umgekehrt: wenn die studentischen Grade praktisch gar nicht genutzt werden, sollte man es auch dabei belassen – auch hier sind (unter Beachtung der gesetzlichen Vorschriften), zwar keine Konsequenzen bei Nutzung zu erwarten; schiefe Blicke sind einem aber dafür relativ sicher.
Im privaten oder „fachfremden“ Bereichen: einfach sein lassen – wer hier einen solchen Titel ohne praktische Konsequenz nutzt, gießt Öl ins Feuer des „Pseudotitels“. Und wird gerne als Profilneurotiker abgetan.
Interessenkonflikte
Der Autor gibt an, dass keine Interessenkonflikte bestehen.
Quellen
Borrmann N. (2011): Titel in der Medizin, abgerufen unter https://www.thieme.de/viamedici/klinik-promotion-1525/a/titel-medizin-4149.htm am 22.02.2023
Bundesamt für Justiz (2023): § 132a Mißbrauch von Titeln, Berufsbezeichnungen und Abzeichen, abgerufen unter https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__132a.html am 22.02.2023
DocCheck Flexikon (2022): Medizinstudium, letzte Bearbeitung am 05.12.2022, abgerufen unter https://flexikon.doccheck.com/de/Medizinstudium am 22.02.2023
Universitätsklinikum Bonn (2023): Labor für autoimmune Lebererkrankungen, abgerufen unter https://bonn-innere1.de/ag-dold-langhans.html am 22.02.2023
Universitätsklinik Köln (2023): AG Klinische Antiinfektiva-Entwicklung und Epidemiologie seltener Infektionen, abgerufen unter https://innere1.uk-koeln.de/forschung/arbeitsgruppen-labore/ag-klinische-antiinfektiva-entwicklung-und-epidemiologie-seltener-infektionen/ am 22.02.2023
Universität Regensburg (2021): Die Mitarbeiter der Experimentellen Orthopädie 2021, abgerufen unter https://www.uni-regensburg.de/medizin/orthopaedie/forschung/team/index.html am 22.02.2023
Universitätsklinikum des Saarlandes (2023): Anatomie, Zellbiologie und Entwicklungsbiologie, abgerufen unter https://www.uniklinikum-saarland.de/de/einrichtungen/fachrichtungen/anatomie_zellbiologie_und_entwicklungsbiologie/lehrveranstaltungen/doktoranden/ am 22.02.2023
Wikipedia (2022): Studiosus, letzte Bearbeitung am 22.09.2022, abgerufen unter https://de.wikipedia.org/wiki/Studiosus am 22.02.2023
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