Bei „Aus dem Pflaster-Laster“ berichte ich von Einsätzen, dem Alltag auf der Rettungswache und von aktuellen Themen – von purer Routine bis zum Drama. Am Ende ziehe ich mein Fazit der Einsätze und zeige auf, was gut lief und was besser laufen könnte. Namen von Patienten, Orten und Kollegen lasse ich selbstverständlich aus.
Irgendwann musste dieser Tag kommen
Eine große Veränderung steht vor der Tür – mein Medizinstudium beginnt nun bald, auch wenn es bis zu den ersten Vorlesungen noch etwas hin ist.
Es ist nun mein letzter Dienst als Vollzeit-Rettungsdienstler, ab dem nächsten Ersten bin ich nur noch Teilzeitkraft – und schon den nächsten Dienst werde ich als Student erleben. Ein NEF-Nachtdienst, tendenziell also eine eher ruhige Schicht. Irgendwie ist alles gleich, und alles anders.
Die letzten Tage und Wochen waren durchaus anstrengend – man sieht es an den eher wenigen Beiträgen, welche ich diesen Monat veröffentlichen konnte – und in mir tobt eine Mischung aus Vorfreude…und Erleichterung.
Zugegebenermaßen hält sich meine Wehmütigkeit doch eher in Grenzen. Vielleicht, weil mittlerweile der Fokus auf „neues Lernen“, neuen Eindrücken und dem Weiterkommen liegt. Vielleicht auch, weil ich einige Schattenseiten der Arbeitswelt Rettungsdienst hinter mir lassen kann. Und vielleicht auch, weil in den letzten Wochen die „Wertschätzung“ des einzelnen Mitarbeiters noch einmal deutlich wurde.
Wertschätzung – das kann man hier nicht
Ich bin sicherlich kein Mensch, der gerade nach Komplimenten fischt oder auf Lobhudelei der Führung aus ist. Ich behaupte, dass ich meine Arbeit nicht nur gerne, sondern auch gut mache. Und ich behaupte, dass ich im Vergleich zu vielen anderen teils deutlich mehr mache, als ich überhaupt müsste.
Gerade in diesem Zusammenhang muss ich feststellen: eine ehrliche Wertschätzung gibt es hier nicht. Das ist wahrscheinlich kein Wachen- oder Organisationsproblem, sondern ein Problem, welches dem Rettungsdienst im Allgemeinen eigen ist.
Es sind die kleinen Dinge, die auffallen. Ein paar Tage, kurz vor knapp, sollte dann der Änderungsvertrag unterschrieben werden – datiert war er auf den Anfang des Monats, es lagen über 20 Tage zwischen Ausfertigung und Unterzeichnung. Gesagt wurde mir vorher nichts. Zur Terminvereinbarung war der Wachenleiter dann nicht da und ich musste ihm auf eine andere Wache hinterherfahren, um den Vertrag zu unterzeichnen.
Professionalität sieht meines Erachtens anders aus. Und eine aufrichtige Entschuldigung hätte ich tatsächlich cool gefunden – allein schon, weil der Termin (trotz zahlreicher Dienste in den letzten Tagen) in meinem „frei“ stattgefunden hat.
Ein
„Du wirst im Rettungsdienst fehlen!“
gab es durchaus – allerdings allesamt aus dem Kreis der Kollegen, ehemaligen Dozenten und unserer Notärzte, wobei letztere sogar ein kleines Abschiedsgeschenk organisiert hatten. Aus unserer Führung kam…nichts.
Die „Reisende-soll-man-nicht-aufhalten“-Mentalität, der viele Führungskräfte im Rettungsdienst noch folgen, fällt ihnen immer mehr auf die Füße. Aus meinem NFS-Abschlusslehrgang bin ich der dritte von acht Azubis, die gehen oder gegangen sind – und das spricht einfach Bände.
Was ich vermissen werde
Trotz all der Punkte, die mich durchaus stören, gibt es auch genug Dinge, die mir fehlen werden.
Ganz vorne mit dabei ist die Arbeit mit Azubis und Praktikanten, das Erklären, das gemeinsame Üben und das Beantworten von teilweise richtig guten Fragen. Meine Tätigkeit als Mentor hat mir immer viel Spaß gemacht und über so manche „Wachensorgen“ durchaus hinweg geholfen.
Fehlen wird mir auch das Wachenleben – die gemeinsame Zeit außerhalb der Einsätze – mit allen erdenklichen Fachsimpelein, gemeinsamen Essen und „Projekten“, mit denen selbst die ruhigsten Dienste nicht langweilig wurden.
Und auch die Einsätze werden mir fehlen, die mich durchaus gefordert haben, die durchaus Aufgaben waren, an denen man wachsen konnte – und die auch durchaus viel Input für meinen Blog geliefert hatten.
Last but not least: worauf ich mich freue!
Als Rettungsdienstler freue ich mich…
…darauf, aus dem teils sehr anstrengenden Alltagstrott herauszukommen, insgesamt wieder mehr Zeit zu meiner Verfügung zu haben und mich auch wieder etwas mehr auf die „schönen Seiten“ des Rettungsdienstes konzentrieren zu können.
Es ist für mich ein Ende der momentanen Dauerbelastung infolge des Personalmangels absehbar, der Dienstplan bestimmt mein Leben weitaus weniger als bisher und ich denke, dass dies der Freude am Rettungsdienst durchaus zuträglich sein wird.
Als Student freue ich mich…
…auf viel neuen fachlichen Input, eine gewisse intellektuelle Herausforderung, wissenschaftliches Arbeiten, neue Kontakte und neue Perspektiven. Also: ja, ich freue mich tatsächlich auf das Lernen.
Ich hoffe außerdem, dass mir das Studium auch Wissen vermittelt, welches ich in meiner Arbeit als Notfallsanitäter miteinbringen kann – auch wenn die ersten beiden Jahre überwiegend graue Theorie sein mögen.
Fazit
Ich bin hochgradig gespannt, was die nächsten Wochen, Monate und Jahre für mich bereithalten – und ich werde euch selbstverständlich dabei auf dem Laufenden halten!
Quellen
SaniOnTheRoad (2022): Nachtschicht-Gedanken – Teil 5, abgerufen unter https://saniontheroad.com/nachtschicht-gedanken-teil-5/ am 29.09.2022
SaniOnTheRoad (2022): Mein Weg ins Medizinstudium, abgerufen unter https://saniontheroad.com/mein-weg-ins-medizinstudium/ am 29.09.2022
SaniOnTheRoad (2022): Teilzeitarbeit im Rettungsdienst, abgerufen unter https://saniontheroad.com/teilzeitarbeit-im-rettungsdienst/ am 29.09.2022
SaniOnTheRoad (2020): Arbeitswelt Rettungsdienst – eine kritische Betrachtung, abgerufen unter https://saniontheroad.com/arbeitswelt-rettungsdienst-eine-kritische-betrachtung/ am 29.09.2022
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Servus aus München. Deinen Bericht zum letzten Dienst als Vollzeit-Rettungsdienstler habe ich sehr interessiert gelesen.
Das mit mit der mangelnden Achtung dessen, was man leistet, kann ich nur bestätigen. Schade, dass der Dienst am Nächsten nicht höher geschätzt wird. Ich erlebe das seit 7 Jahren immer mal wieder in meinem Ehrenamt als „grüne Dame“. Die Patienten sind es in meinem Fall nicht. Die wissen zu schätzen, was wir da tun. Das Krankenhaus Personal ist es. Natürlich nicht alle.
Dir wünsche ich ein gutes Vorankommen im Studium und für später eine menschenwürdige Anstellung mit kollegialen Mitstreitern zum Wohle der Patienten.
Alles Gute und liebe Grüße,
Kristine
Vielen Dank für Deine Glückwünsche, Kristine!
Das Gesundheitssystem krankt hier leider an vielen Stellen – ich würde nicht pauschal unterschreiben, dass es außerhalb des Rettungsdienstes zwangsläufig besser ist, aber zumindest „anders“. Ich denke, dass gerade das Potential zur Veränderung auf dem nun gewählten Weg doch etwas größer ist 😉
LG