NotSan mal anders: die Bundeswehr

Bei „Aus dem Pflaster-Laster“ berichte ich von Einsätzen, dem Alltag auf der Rettungswache und von aktuellen Themen – von purer Routine bis zum Drama. Am Ende ziehe ich mein Fazit der Einsätze und zeige auf, was gut lief und was besser laufen könnte. Namen von Patienten, Orten und Kollegen lasse ich selbstverständlich aus.

Zum Hintergrund

Es ist eine Beschäftigung am Rande bzw. außerhalb des öffentlich-rechtlichen Rettungsdienstes – die Tätigkeit als Sanitätsfeldwebel bei der Bundeswehr.

Gerade in den letzten Jahren hat das Interesse am „Notfallsanitäter in Flecktarn“ durchaus zugenommen, trotz einer entsprechenden Einsatzwahrscheinlichkeit im Ausland und eher geringen Gemeinsamkeiten mit dem üblichen Arbeitsumfeld eines NFS.

Die Bundeswehr nimmt nur im kleinen Stil am öffentlichen Rettungsdienst teil – namentlich an den Standorten Hamburg, Berlin, Koblenz und Ulm. Die typischen Haupteinsatzgebiete sehen also anders aus.

Warum zur Bundeswehr?

Gute Gründe für einen Wechsel von Weiß zu Flecktarn oder einen Direkteinstieg sind unter anderem der Sold, ein sehr abwechslungsreiches Aufgabenfeld, die Möglichkeit zu einer Auslandsverwendung sowie in gewisser Weise die Aufstiegsmöglichkeiten.

Gerade für die Direkteinsteiger, die die Ausbildung über die Bundeswehr absolvieren, sprechen durchaus finanzielle Gründe schon dafür – man wird mit dem Tag der Einstellung als Feldwebelanwärter besoldet. Das heißt: statt einem normal üblichen Ausbildungsentgelt gibt es einem dem jeweiligen Dienstgrad entsprechenden Sold, was durchaus auch einige hundert Euro Unterschied machen kann.

Für manche sind Auslandseinsätze durchaus auch ein Pro-Argument – die Möglichkeit, andere Länder kennen zu lernen und die eigenen Fähigkeiten im Auslandseinsatz unter zu Beweis stellen stellt neben einem Auslandsverwendungszuschlag für einige eine Motivation dar.

Ein klassischer „Aufstieg“ ist bei der Bundeswehr selbstverständlich möglich – militärischer Hierarchie sei Dank.

Auch als Sanitätsfeldwebel ist man jedoch in erster Linie eines: Soldat.

Die Ausbildung und der Dienst – Möglichkeiten zum Einstieg

Die Verwendung als Notfallsanitäter erfolgt grundsätzlich in der Feldwebellaufbahn – und somit in einer militärischen Verwendung. All dem ist zunächst ein Beratungs- und Bewerbungsgespräch bei einem Wehrdienstberater, die Musterung sowie das Auswahlverfahren für Feldwebelanwärter vorgeschaltet.

Sind diese bestanden geht es weiter. Unabhängig von der Art es Einstiegs – entweder für die NFS-Ausbildung bei der Bundeswehr als Feldwebelanwärter oder als fertiger NotSan als Direkteinsteiger – führt der Weg demnach erst einmal über die Grundausbildung.

In den meist drei Monaten werden die Grundzüge des „Soldat sein“ vermittelt – das umfasst unter anderem den Gefechtsdienst aller Truppen, Formaldienst, theoretische Ausbildung in diversen Gesetzen und bundeswehrinternen Verfahrensweisen, Dienstsport sowie auch die Ausbildung an Schusswaffen.

Nach der Grundausbildung unterscheiden sich die Wege von NotSan und „noch-nicht-NotSan“.

Der „noch-nicht-NotSan“ geht zunächst in die Notfallsanitäterausbildung. Diese erfolgt zum Teil Bundeswehr-intern, zu weitaus größeren Teilen jedoch in Kooperation mit zivilen Rettungsdienstschulen, Klinken und Rettungsdiensten bundesweit. Die Notfallsanitäterausbildung an sich ist mit der zivilen Ausbildung identisch und wird dementsprechend auch in einem „Leben nach der Bundeswehr“ anerkannt.

Nach absolvierter Ausbildung geht es für den frischen Notfallsanitäter zum Lehrgang „Feldwebel im Sanitätsdienst“ – weitere, bundeswehrspezifische Ausbildungen und Lehrgänge, welche für den Einsatz notwendig sind, schließen sich an.

Ausgebildete Notfallsanitäter, welche sich zur Bundeswehr bewerben, durchlaufen die allgemeine Grundausbildung sowie den Feldwebellehrgang wie auch die weiteren, bundeswehrspezifischen Lehrgänge. In diesem Fall ist beispielsweise auch eine Einstellung mit höherem Dienstgrad, z.B. Oberfeldwebel oder Hauptfeldwebel möglich.

Man muss sich allerdings einer Sache bewusst sein: als NotSan bei der Bundeswehr sieht der Arbeitsalltag deutlich anders aus als bei dem zivilen NotSan, wenn man nicht gerade im Bundeswehr-Rettungsdienst tätig ist.

© 2021 SaniOnTheRoad. Bundeswehr-NEF, hier an der LFKA Rheinland-Pfalz in Koblenz. Quelle: eigenes Werk.

Die Tätigkeit in anderen Bereichen außerhalb des Rettungsdienstes ist die Regel – entweder direkt in der Truppe, in der Aus- und Fortbildung, in Bundeswehrkrankenhäusern und im Auslandseinsatz (Feldlazarett, beweglicher Arzttrupp oder Rettungstrupp).

Eine Garantie für einen „Haupteinsatz im Rettungsdienst“ gibt es nicht – Notfallsanitäter, die außer der jährlichen „Inübunghaltung“ keinen RTW von innen sehen, gibt es durchaus.

Die Arbeit unter potentieller Lebensbedrohung gehört im Auslandseinsatz zweifellos zu den Situationen, auf die man sich einstellen muss – und da ist auch die zivile Tätigkeit in einem sozialen Brennpunkt nicht vergleichbar.

Im Unterschied zu zivilen Arbeitgebern setzt die Bundeswehr eine Verpflichtungszeit voraus – diese beträgt für Feldwebel im Allgemeinen 8 bis 13 Jahre. „Einfach gehen“ ist nicht. Ein Ausscheiden per Kriegsdienstverweigerung aus Gewissensgründen führt regelhaft zur Rückforderung der Ausbildungskosten.

Das Einsatzgebiet beschränkt sich, im Gegensatz zum „NotSan in Zivil“ nicht auf eine Rettungswache, einen Wachenverbund oder die rettungsdienstbetreibende Gliederung, sondern grundsätzlich auf die gesamte Bundesrepublik und im Auslandseinsatz auf „weltweit“. Ein Mitspracherecht gibt es hier nur eingeschränkt.

Die Entscheidung für oder gegen die Bundeswehr muss – gerade wegen Rahmen- und Einsatzbedingungen – wohlüberlegt erfolgen.

Finanzieller Vergleich

Um den finanziellen Aspekt etwas näher zu beleuchten, vergleichen wir einfach mal die Verdienste.

Grundlage dafür bildet unser „Muster-Notfallsanitäter“ mit Vollzeitstelle in der ersten Erfahrungsstufe, Steuerklasse I, ohne Zulagen.

Analog zu zivilen Tarifverträgen steigt das Gehalt mit zunehmender Erfahrungsstufe, mit Beförderung auf einen höheren Dienstgrad ändert sich zudem die Besoldungsgruppe.

Nach DRK-Reformtarifvertrag (E 9c, Stufe 1)

Grundgehalt Brutto ohne Zulagen: 3043 €

Grundgehalt Netto ohne Zulagen: 2028 €


Nach Bundesbesoldungsordnung (Dienstgrad: Feldwebel, Besoldungsgruppe A7, Stufe 1)

Grundgehalt Brutto ohne Zulagen: 2569 €

Grundgehalt Netto ohne Zulagen: 2197 €


Fazit

Pro

  • deutlich variableres und breiteres Tätigkeitsspektrum als beim „zivilen NFS“
  • finanzielle Vorteile – grundsätzlich „mehr Netto vom Brutto“, ggf. erhebliche Zuschläge bei Auslandsverwendung
  • Auslandsverwendungen, Arbeiten in einem internationalen Umfeld
  • zusätzliche finanzierte Lehrgänge und Ausbildungen

Contra

  • geringe Einflussmöglichkeiten bei der Wahl des Einsatzortes
  • hohe berufliche Flexibilität erforderlich – deutschlandweite bzw. weltweite Einsatzmöglichkeit
  • kein regelhafter Einsatz in klassischen rettungsdienstlichen Verwendungen
  • deutlich erhöhtes Gefahrenpotential im Einsatz
  • regelhaft lange Verpflichtungszeit (8 bis 13 Jahre)
  • im Gegensatz zu anderen medizinischen Tätigkeiten nur in der militärischen Laufbahn möglich

Neutral

  • Man ist immer zuerst „Soldat“, unabhängig von der Verwendung
  • Obligatorisches Auswahlverfahren

Der Notfallsanitäter in Flecktarn hat durchaus seinen Reiz und für manch einen sind die typischen Einsatzspektren gerade ein Grund dafür, sich für eine militärische Laufbahn zu entscheiden.

Man muss hier individuell Vor- und Nachteile sehr genau gegeneinander abwägen, mehr, als es bei einem Arbeitgeberwechsel (oder der Bewerbung) im zivilen Bereich der Fall wäre.

Bestimmte Punkte, wie die lange Verpflichtungszeit, die militärische Ausbildung und der Einsatz, ein z.T. gänzlich anderes Tätigkeitsspektrum und hohe Flexibilität beim tatsächlichen Einsatzort muss man definitiv auf dem Schirm haben.

Zwischen „Traumjob“ und „Das geht gar nicht“ ist hier, je nach dem Gusto des Einzelnen, alles möglich. Eine umfassende Karriereberatung bei der Bundeswehr selbst sei einem jeden Interessenten zu empfehlen.

Interessenkonflikte

Der Autor gibt an, dass keine Interessenkonflikte bestehen.

Quellen

Bundeswehr (2021): Bezügebeispiele für die Laufbahn der Feldwebel (m/w/d), abgerufen unter https://www.bundeswehrkarriere.de/blob/141958/8fa846f7dcc3dfcd74c0c78db5b0e213/bezuegebeispiele-feldwebel-data.pdf am 25.12.2021

Bundeswehr (2021): Beratungsstellenfinder, abgerufen unter https://www.bundeswehrkarriere.de/bw/beratungsstellenfinder am 25.12.2021

Bundeswehr (2021): Notfallsanitäterin / Notfallsanitäter (m/w/d), abgerufen unter https://www.bundeswehrkarriere.de/notfallsanitaeter/137522 am 25.12.2021

Fancello J. (2018): Der Notfallsanitäter im Sanitätsdienst der Bundeswehr, retten! 2018; 7(01): 69-73, Georg Thieme Verlag Stuttgart, New York; abgerufen unter https://www.thieme-connect.de/products/ejournals/html/10.1055/s-0043-117101#Notfallsanit%C3%A4ter%20Bundeswehr am 25.12.2021. DOI: 10.1055/s-0043-117101

Schmitz-Eggen L. (2017): Als Retter zur Bundeswehr: Das muss man wissen!, abgerufen unter https://www.rettungsdienst.de/news/als-retter-zur-bundeswehr-das-muss-man-wissen-55634 am 25.12.2021

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Über SaniOnTheRoad

NotSan mal anders: die Bundeswehr

SaniOnTheRoad

Notfallsanitäter, Teamleiter und Administrator des Blogs. Vom FSJler über Ausbildung bis zum Haupt- und Ehrenamt im Regelrettungsdienst und Katastrophenschutz so ziemlich den klassischen Werdegang durchlaufen. Mittlerweile beruflich qualifizierter Medizinstudent im vorklinischen Abschnitt. Meine Schwerpunkte liegen auf Ausbildungs- und Karrierethemen, der Unterstützung von Neueinsteigern, leitliniengerechten Arbeiten sowie Physiologie, Pathophysiologie, Pharmakologie und EKG für den Rettungsdienst. Mehr über mich hier.


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