1.6 Straßenverkehrsrecht

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Lernziele

Nach diesem Beitrag

  • kennst Du die Grundlagen des Straßenverkehrsgesetzes, inklusive Haftung und „Feuerwehrführerschein“
  • kennst Du die Grundlagen der Fahrerlaubnisverordnung und die für den Rettungsdienst bedeutsamen Fahrerlaubnisklassen und die Bedeutung des „Führerscheins zur Fahrgastbeförderung“
  • kennst Du die Grundlagen der Straßenverkehrszulassungsverordnung und die Voraussetzung zur Ausrüstung mit Blaulicht, Folgetonhorn und Heckwarneinrichtung
  • kennst Du die Grundsätze der Straßenverkehrsordnung,
  • kennst Du die Grundsätze einer angemessenen Fahrweise im Rettungsdienst,
  • kennst Du die Begrifflichkeiten „Sonder- und Wegerechte“, ihre Bedeutung und ihre Unterscheidung
  • kennst Du die Anschnallpflicht im Rettungsdienst,
  • kennst Du das Verhalten nach einem Eigenunfall.

Abstract

Straßenverkehrsrechtliche Vorschriften beeinflussen die tagtägliche Arbeit im Rettungsdienst zu großen Teilen und man kommt fortlaufend mit diesen in Kontakt.

Grundlegende Dinge, wie z.B. die Haftung des Fahrzeughalters, werden durch das Straßenverkehrsgesetz geregelt. Darunter fällt auch die Notwendigkeit eines Führerscheins – der Feuerwehrführerschein wird explizit hier geregelt.

Die Fahrerlaubnisverordnung regelt die Einteilung der Fahrerlaubnisklassen und zeigt, wann welche Klassen notwendig sind.

In der Straßenverkehrszulassungsverordnung wird unter anderem die Ausrüstung der Fahrzeuge mit Sondersignalanlagen geregelt, während Verkehrsregeln und die Nutzung von Sonder- und Wegerechten in das Gebiet der Straßenverkehrsorndung fallen.

Einführung

Mit straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften wird der Rettungssanitäter tagtäglich konfrontiert werden – vom ersten Tag im Dienst bis zum letzten Tag vor der Rente.

Die rettungsdienstliche Arbeit umfasst zwangsläufig auch immer das Fahren im öffentlichen Straßenverkehr – sowohl allgemein im Sinne einer angemessenen und regelkonformen Fahrweise, als auch unter Nutzung von Sonder- und Wegerechten.

Für den Rettungsdienst sind einige Vorschriften wesentlich bedeutsamer, als für den „Otto-Normalverbraucher“ als Nicht-Einsatzfahrer.

Regelungen betreffen hierbei nicht nur absolute Grundlagen, wie sie im Straßenverkehrsgesetz (StVO) geregelt werden, sondern insbesondere auch die Verkehrsregeln (Straßenverkehrsordnung, StVO), die Zulassung von Fahrzeugen zum Verkehr (Straßenverkehrszulassungsordnung, StVZO) und die Regelungen rund um die Fahrerlaubnis (Fahrerlaubnisverordnung, FeV).

Es gibt also einige – leider auch recht trockene – Vorschriften, über die man sich Gedanken machen muss.

Das Straßenverkehrsgesetz (StVG)

Das Straßenverkehrsgesetz bildet die Rechtsgrundlage für alle darauf aufbauenden Verordnungen – es gibt quasi einen Rahmen vor, der durch weitere Verordnungen wie die StVO oder die FeV weiter geregelt wird.

Dementsprechend ist das StVG nur „am Rande“ unmittelbar relevant, d.h. in einigen Vorschriften.

Grundsätzliche Regelungen zur Fahrerlaubnis

Wer ein Fahrzeug auf öffentlichen Straßen führen will, benötigt eine Fahrerlaubnis – diese wird mit dem Führerschein nachgewiesen. Soweit, so gut.

§ 2 Fahrerlaubnis und Führerschein

(1) Wer auf öffentlichen Straßen ein Kraftfahrzeug führt, bedarf der Erlaubnis (Fahrerlaubnis) der zuständigen Behörde (Fahrerlaubnisbehörde). Die Fahrerlaubnis wird in bestimmten Klassen erteilt. Sie ist durch eine amtliche Bescheinigung (Führerschein) nachzuweisen. Nach näherer Bestimmung durch Rechtsverordnung auf Grund des § 6 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b und x kann die Gültigkeitsdauer der Führerscheine festgelegt werden. […]

Quelle: Bundesamt für Justiz, https://www.gesetze-im-internet.de/stvg/__2.html; abgerufen am 27.09.2020

Die Einteilung der Führerscheinklassen – die rettungsdienstlich durchaus relevant ist – erfolgt allerdings durch die FeV auf Grundlage europäischer Richtlinien.

Eine Besonderheit für den Rettungsdienst bietet das StVG in Hinblick auf den Führerschein jedoch auch – und das sogar mit Relevanz für einige Kollegen.

§ 2 Fahrerlaubnis und Führerschein

(10a) Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann Angehörigen der Freiwilligen Feuerwehren, der nach Landesrecht anerkannten Rettungsdienste, des Technischen Hilfswerks und sonstiger Einheiten des Katastrophenschutzes, die ihre Tätigkeit ehrenamtlich ausüben, Fahrberechtigungen zum Führen von Einsatzfahrzeugen auf öffentlichen Straßen bis zu einer zulässigen Gesamtmasse von 4,75 t – auch mit Anhängern, sofern die zulässige Gesamtmasse der Kombination 4,75 t nicht übersteigt – erteilen. Der Bewerber um die Fahrberechtigung muss

1. mindestens seit zwei Jahren eine Fahrerlaubnis der Klasse B besitzen,

2. in das Führen von Einsatzfahrzeugen bis zu einer zulässigen Gesamtmasse von 4,75 t eingewiesen worden sein und

3. in einer praktischen Prüfung seine Befähigung nachgewiesen haben.

Die Fahrberechtigung gilt im gesamten Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland zur Aufgabenerfüllung der in Satz 1 genannten Organisationen oder Einrichtungen. Die Sätze 1 bis 3 gelten entsprechend für den Erwerb der Fahrberechtigung zum Führen von Einsatzfahrzeugen bis zu einer zulässigen Gesamtmasse von 7,5 t – auch mit Anhängern, sofern die zulässige Gesamtmasse der Kombination 7,5 t nicht übersteigt.“

Quelle: Bundesamt für Justiz, https://www.gesetze-im-internet.de/stvg/__2.html; abgerufen am 27.09.2020

Konkret geht es hier um den so genannten „Feuerwehrführerschein“.

Der Feuerwehrführerschein ist eine auf das Fahren von Einsatzfahrzeugen beschränkte Fahrerlaubnis, die ohne Besuch einer Fahrschule erworben werden kann im Rahmen einer organisationsinternen Ausbildung mit Prüfung – dies ist allerdings nur für ehrenamtlich Tätige möglich, z.B. Ehrenamtliche im Rettungsdienst, der Feuerwehr oder dem Katastrophenschutz. Hauptamtliche Kräfte müssen zwangsläufig einen passenden Führerschein erwerben.

Mit dem Feuerwehrführerschein können auch schwerere Fahrzeuge im Übungs- oder Einsatzfall gefahren werden, als es der normale Autoführerschein (Klasse B) erlauben würde. Dabei wird – landesrechtlich unterschiedlich – zwischen dem „kleinen“ (4,75 t zGM) und dem „großen“ Feuerwehrführerschein (7,5 t zGM) unterschieden.

Der Feuerwehrführerschein ist aufgrund der kurzen Ausbildung nicht unumstritten, stellt allerdings für viele Ehrenamtliche (und die betreffenden Organisationen) eine gerne gewählte Option dar – er erspart einerseits den aufwendigen und kostspieligen Erwerb eines „richtigen“ Führerscheins, andererseits wird die Einsatzbereitschaft der Organisationen besser sichergestellt.

Gerade in Hinblick auf die immer schwerer werdenden Fahrzeuge im Regelrettungsdienst ist es auch für ehrenamtliche RettSan ein „nice to know“.

Grundsätzliche Regelungen zur Haftung

Aus dem Zivilrecht kennt man sie noch: die Schadenersatzpflicht mit dem Grundsatz „Der Verursacher ist zum Ersatz des entstandenen Schadens verpflichtet“ (vgl. Kapitel 1.4).

Das gilt im Falle eines Kraftfahrzeugs nicht – hier haftet grundsätzlich erst einmal der Fahrzeughalter (= derjenige, auf den das Fahrzeug zugelassen ist).

§ 7 Haftung des Halters, Schwarzfahrt

(1) Wird bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Halter verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.

(2) Die Ersatzpflicht ist ausgeschlossen, wenn der Unfall durch höhere Gewalt verursacht wird.

(3) Benutzt jemand das Kraftfahrzeug ohne Wissen und Willen des Fahrzeughalters, so ist er anstelle des Halters zum Ersatz des Schadens verpflichtet; daneben bleibt der Halter zum Ersatz des Schadens verpflichtet, wenn die Benutzung des Kraftfahrzeugs durch sein Verschulden ermöglicht worden ist. Satz 1 findet keine Anwendung, wenn der Benutzer vom Fahrzeughalter für den Betrieb des Kraftfahrzeugs angestellt ist oder wenn ihm das Kraftfahrzeug vom Halter überlassen worden ist.“

Quelle: Bundesamt für Justiz, https://www.gesetze-im-internet.de/stvg/__7.html; abgerufen am 27.09.2020


Praxisbeispiel

Kommt es während einer Einsatzfahrt zu einem Unfall, haftet nicht der Fahrer des Rettungsmittels, sondern der Fahrzeughalter (= Organisation) bzw. deren KFZ-Haftpflichtversicherung für den entstandenen Schaden

Hierfür muss bei der Zulassung eines Fahrzeugs grundsätzlich eine KFZ-Haftpflichtversicherung nachgewiesen werden, die für Personen-, Sach- und Vermögensschäden in Zusammenhang mit dem Betrieb des Kraftfahrzeugs aufkommt (§ 1 PflVG).

Praxisrelevant

Die StVG regelt grundsätzliche Bestimmungen zum Straßenverkehr, die genauere Ausführung geschieht allerdings über Verordnungen.

Im rein ehrenamtlichen Bereich ist der Erwerb eines „Feuerwehrführerscheins“ möglich, bei dem schwerere Rettungsfahrzeuge nach einer organisationsinternen Ausbildung und Prüfung im Einsatz- und Übungsfall geführt werden dürfen. Für Hauptamtliche besteht diese Option nicht.

Bei Unfällen haftet nicht der Verursacher zivilrechtlich, sondern die KFZ-Haftpflichtversicherung des Halters.

Fahrerlaubnisverordnung (FeV)

Wie schon festgestellt wurde: wer ein Fahrzeug auf öffentlichen Straßen führen will, benötigt eine Fahrerlaubnis der passenden Klasse. Welche Voraussetzungen zum Erwerb bestehen und wie die Klassen eingeteilt sind, regelt die Fahrerlaubnisverordnung.

„Nice to know“

Es gibt insgesamt 16 Fahrerlaubnisklassen – für den Rettungsdienst sind allerdings nur zwei von besonderer Relevanz.

Grob unterteilt man

  • Klasse A – Motorräder und Trikes,
  • Klasse B – Mehrspurige KFZ mit zGM < 3,5 t, maximal 9 Personen inklusive Fahrer (= Autoführerschein),
  • Klasse C – Mehrspurige KFZ mit zGM > 3,5 t, maximal 9 Personen inklusive Fahrer (= LKW),
  • Klasse D – Mehrspurige KFZ zur Beförderung von mehr als 9 Personen inklusive Fahrer (= Busse) und
  • Klasse E – „Anhängerklassen“ für schwerere Anhänger, jeweils in Kombination mit den Klassen B, C oder D und ihren untergeordneten Klassen
  • Klasse L – Land- und forstwirtschaftliche Zugmaschinen (bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit 40 km/h), mit Anhänger und selbstfahrende Arbeitsmaschinen bis 25 km/h bbH
  • Klasse T – Land- und forstwirtschaftliche Zugmaschinen (bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit 60 km/h auch mit Anhänger) und selbstfahrende Arbeitsmaschinen bis 40 km/h bbH

Die Einteilung der Fahrerlaubnisklassen ergibt sich aus § 6 FeV.

Quelle: Bundesamt für Justiz, https://www.gesetze-im-internet.de/fev_2010/__6.html; abgerufen am 27.09.2020

Für den Rettungsdienst sind zwei Fahrerlaubnisklassen von besonderer Relevanz – einerseits die Klasse B, andererseits die Klasse C1.

Die Klasse B ist der „normale“ PKW-Führerschein – damit darf man mehrspurige Kraftfahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse von bis zu 3,5 t fahren.

Hierbei kommt allerdings auch schon das Problem auf: gerade die RTW sind oftmals schwerer, „abgelastete“ Rettungswägen, die unterhalb der 3,5 t zGM liegen, werden immer seltener.

Heißt für die rettungsdienstliche Praxis: der Führerschein der Klasse B reicht zwar für KTW, NKTW und NEF aus, für RTW in aller Regel aber nicht mehr. Ein Einsatz auf dem RTW ist allerdings nur möglich, wenn der Rettungssanitäter einen passenden Führerschein hat.

Und hier kommt – neben dem Feuerwehrführerschein aus dem Ehrenamt – die Klasse C1 ins Spiel. Diese ist eine Unterklasse der Klasse C und berechtigt zum Führen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen bis 7,5 t zGM. Damit ist im Bereich des Regelrettungsdienstes alles abgedeckt.

Diese ist oftmals Einstellungsvoraussetzung, zum Teil wird er Erwerb allerdings auch über die Arbeitgeber finanziert.

Praxisrelevant

Für KTW, NKTW und NEF reicht der Führerschein Klasse B aus, für RTW wird oftmals die Klasse C1 benötigt.

Der Erwerb der Klasse C1 ist oft Einstellungsvoraussetzung und erhöht auch in den übrigen Fällen die Chance auf eine Anstellung.

Neben diesen taucht allerdings auch immer wieder eine weitere Fahrerlaubnis auf: der Führerschein zur Fahrgastbeförderung, kurz auch „P-Schein“ oder „Taxi-Schein“ genannt.

§ 48 Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung

(1) Einer zusätzlichen Erlaubnis (Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung) bedarf, wer einen Krankenkraftwagen führt, wenn in dem Fahrzeug entgeltlich oder geschäftsmäßig Fahrgäste befördert werden, oder wer ein Kraftfahrzeug führt, wenn in dem Fahrzeug Fahrgäste befördert werden und für diese Beförderung eine Genehmigung nach dem Personenbeförderungsgesetz erforderlich ist.

(2) Der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung bedarf es nicht für

  1. Krankenkraftwagen der Bundeswehr, der Bundespolizei, der Polizei sowie der Truppe und des zivilen Gefolges der anderen Vertragsstaaten des Nordatlantikpaktes,
  2. Krankenkraftwagen des Katastrophenschutzes, wenn sie für dessen Zweck verwendet werden,
  3. Krankenkraftwagen der Feuerwehren und der nach Landesrecht anerkannten Rettungsdienste,
  4. Kraftfahrzeuge, mit Ausnahme von Taxen, wenn der Kraftfahrzeugführer im Besitz der Klasse D oder D1 ist.

Quelle: Bundesamt für Justiz, https://www.gesetze-im-internet.de/fev_2010/__48.html; abgerufen am 27.09.2020

Heißt konkret: erstmal bräuchte jeder, der geschäftsmäßig Personen in Krankenkraftwagen (= alle bodengebunden Rettungsmittel, mit denen ein Patiententransport möglich ist), einen Führerschein zur Fahrgastbeförderung.

Nun gibt es aber entsprechend § 48 Abs. 2 Nr. 2 und 3 entsprechende Ausnahmen: nämlich die Krankenkraftwägen der Feuerwehren, des Katastrophenschutzes und der landesrechtlich anerkannten Rettungsdienste.

In diesen Bereichen ist der „P-Schein“ explizit nicht erforderlich – in allen anderen Fällen allerdings schon. Das betrifft vor allem reine Krankentransportunternehmen, auch, wenn sie im qualifizierten Krankentransport tätig sind.

Praxisrelevant

Im Bereich des Krankentransports – sofern die Leistungserbringer keine landesrechtlich anerkannten Rettungsdienste sind – ist ein Führerschein zur Fahrgastbeförderung notwendig.

Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO)

Mit der StVZO wird man als im Rettungsdienst tätiger lediglich am Rande in Berührung kommen – die Informationen sind allerdings als Hintergrundinformationen durchaus interessant.

Im Allgemeinen regelt die StVZO Bau- und Betriebsvorschriften für Fahrzeuge sowie Grundregeln für ihre Zulassung im Straßenverkehr – weitere Regelungen für die „eigentliche“ Zulassung werden durch die Fahrzeugzulassungsverordnung (FZV) definiert.

Die StVZO regelt im Rettungsdienst eine ganz profane Frage: wer darf eigentlich Blaulicht und Folgetonhorn am Fahrzeug haben?

Zudem wird unter anderem auch die Ausstattung mit dem im Rettungsdienst üblichen Arbeitsscheinwerfern und Heckwarneinrichtungen geregelt.

Blaulicht

§ 52 Zusätzliche Scheinwerfer und Leuchten

(3) Mit einer oder mehreren Kennleuchten für blaues Blinklicht – Rundumlicht – dürfen ausgerüstet sein:

  1. Kraftfahrzeuge, die dem Vollzugsdienst der Polizei, der Militärpolizei, der Bundespolizei, des Zolldienstes, des Bundesamtes für Güterverkehr oder der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung dienen, insbesondere Kommando-, Streifen-, Mannschaftstransport-, Verkehrsunfall-, Mordkommissionsfahrzeuge,
  2. Einsatz- und Kommando-Kraftfahrzeuge der Feuerwehren und der anderen Einheiten und Einrichtungen des Katastrophenschutzes und des Rettungsdienstes,
  3. Kraftfahrzeuge, die nach dem Fahrzeugschein als Unfallhilfswagen öffentlicher Verkehrsbetriebe mit spurgeführten Fahrzeugen, einschließlich Oberleitungsomnibussen, anerkannt sind,
  4. Kraftfahrzeuge des Rettungsdienstes, die für Krankentransport oder Notfallrettung besonders eingerichtet und nach dem Fahrzeugschein als Krankenkraftwagen anerkannt sind.

Kennleuchten für blaues Blinklicht mit einer Hauptabstrahlrichtung nach vorne oder nach hinten sind an Kraftfahrzeugen nach Satz 1 zulässig, jedoch bei mehrspurigen Fahrzeugen nur in Verbindung mit Kennleuchten für blaues Blinklicht – Rundumlicht –.

Quelle: Bundesamt für Justiz, http://www.gesetze-im-internet.de/stvzo_2012/__52.html; abgerufen am 27.09.2020

Die „besondere Einrichtung“ ergibt sich aus der DIN-konformen Ausstattung – zugrunde liegen hier die DIN EN 1789 für KTW, NKTW, RTW und NAW sowie die DIN 17079 für NEF.

Die Fahrzeuge müssen im Fahrzeugschein als „Sonderkraftfahrzeug“ eingetragen sein.

Folgetonhorn

§ 55 Einrichtungen für Schallzeichen

(3) Kraftfahrzeuge, die auf Grund des § 52 Absatz 3 Kennleuchten für blaues Blinklicht führen, müssen mit mindestens einer Warneinrichtung mit einer Folge von Klängen verschiedener Grundfrequenz (Einsatzhorn) ausgerüstet sein. Ist mehr als ein Einsatzhorn angebracht, so muss sichergestellt sein, dass jeweils nur eines betätigt werden kann.

Quelle: Bundesamt für Justiz, http://www.gesetze-im-internet.de/stvzo_2012/__55.html; abgerufen am 27.09.2020

Die Voraussetzungen für ein Folgetonhorn ergeben sich somit schon rein aus der Ausstattung mit Blaulicht – jeder, der ein mit blauem Blinklicht ausgestattetes Fahrzeug hat, braucht zudem eine Folgetonanlage.

Heckwarneinrichtung

§ 52 Zusätzliche Scheinwerfer und Leuchten

(11) Kraftfahrzeuge nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 1, 2 und 4 dürfen zusätzlich zu Kennleuchten für blaues Blinklicht – Rundumlicht – und Kennleuchten für blaues Blinklicht mit einer Hauptabstrahlrichtung nach vorne mit einem Heckwarnsystem bestehend aus höchstens drei Paar horizontal nach hinten wirkenden Leuchten für gelbes Blinklicht ausgerüstet sein. Die Kennleuchten für gelbes Blinklicht mit einer Hauptabstrahlrichtung müssen

  1. nach der Kategorie X der Nummer 1.1.2 der ECE-Regelung Nr. 65 über einheitliche Bedingungen für die Genehmigung von Kennleuchten für Blinklicht für Kraftfahrzeuge und ihre Anhänger (BGBl. 1994 II S. 108) bauartgenehmigt sein,
  2. synchron blinken und
  3. im oberen Bereich des Fahrzeughecks symmetrisch zur Fahrzeuglängsachse angebracht werden. Die Bezugsachse der Leuchten muss parallel zur Standfläche des Fahrzeugs auf der Fahrbahn verlaufen.

Das Heckwarnsystem muss unabhängig von der übrigen Fahrzeugbeleuchtung eingeschaltet werden können und darf nur im Stand oder bei Schrittgeschwindigkeit betrieben werden. Der Betrieb des Heckwarnsystems ist durch eine Kontrollleuchte im Fahrerhaus anzuzeigen. Es ist ein deutlich sichtbarer Hinweis anzubringen, dass das Heckwarnsystem nur zur Absicherung der Einsatzstelle verwendet werden und das Einschalten nur im Stand oder bei Schrittgeschwindigkeit erfolgen darf.

Quelle: Bundesamt für Justiz, http://www.gesetze-im-internet.de/stvzo_2012/__52.html; abgerufen am 27.09.2020

Auch hier ergeben sich die Voraussetzungen aus dem Vorhandensein des Blaulichts.

Heckwarneinrichtungen sind eine sinnvolle Investition – wenn vorhanden, sollten sie unbedingt zum Absichern einer Einsatzstelle (ggf. zusätzlich zum Blaulicht) genutzt werden.

Straßenverkehrsordnung (StVO)

In der Praxis spielt die StVO wohl die größte Rolle, denn mit ihr kommt man tagtäglich als Teilnehmer am Straßenverkehr in Berührung. Sie bestimmt die Verkehrsregeln und damit unmittelbar das Verhalten des Fahrzeugführers.

Für den Rettungsdienst sind hierbei ganz besonders die Regelungen zu den Sonder- und Wegerechten – sprich: die dringlichen Einsatzfahrten – von Bedeutung. Gerade die Differenzierung zwischen beiden fällt schwer, daher wird hier einmal etwas tiefer in die Materie abgetaucht.

Grundsätzliches

§ 1 Grundregeln

(1) Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht.

(2) Wer am Verkehr teilnimmt hat sich so zu verhalten, dass kein Anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird.

Quelle: Bundesamt für Justiz, https://www.gesetze-im-internet.de/stvo_2013/__1.html; abgerufen am 27.09.2020

Dieser Grundsatz, der vielen noch aus der Fahrschule bekannt sein dürfte, bildet die Grundlage der StVO und auch für verkehrsgerechtes Verhalten.

Man muss – nicht nur „auch“, sondern „ganz besonders“ im Rettungsdienst – darauf achten, dass keine anderen Verkehrsteilnehmer geschädigt oder gefährdet werden; eine Behinderung sollte möglichst minimiert werden.

Gerade im Bereich des Krankentransports, wo es regelhaft nicht um „Leben und Tod“ geht, sollte man durch situativ passendes verkehrsgerechtes Verhalten auffallen – nicht durch Ausnutzung eines vermeintlichen Sonderstatus. Es ist tatsächlich meist realisierbar (und zumutbar), 10 Meter weiterzufahren und die Straße dadurch freizuhalten.

Auch außerhalb der Einsatzfahrten sollte man bedenken: man hat in einem großen bunten Auto mit Blaulicht einfach auch eine gewisse Vorbildfunktion.

Praxisrelevant

Auch im Rettungsdienst ist eine angemessene, vorausschauende Fahrweise Pflicht!

Wenn ein Patient im Fahrzeug ist, muss die Fahrweise entsprechend angepasst werden – heißt: patientenschonend fahren!

Den Patienten geht es ohnehin meist schlecht, und eine allzu ruppige Fahrweise, während der Patient gegen die Fahrtrichtung ohne große Sicht nach außen auf einer Trage liegt, während das Fahrzeug wie ein Lieferwagen gefedert ist, ist einer Verbesserung des Patientenzustands nicht zuträglich.

Praxisrelevant

Patientenschonend fahren! Unnötige Schlaglöcher, abrupte Beschleunigungs- oder Bremsmanöver sollten vermieden werden. Vorausschauendes Fahren ist Pflicht!

Sonderrechte (§ 35 StVO)

Sonderrechte gewähren dem Nutzer die Möglichkeit, von den Vorschriften der Straßenverkehrsordnung abzuweichen, die Grundlage dafür ist § 35 StVO.

Ganz platt ausgedrückt: wer Sonderrechte in Anspruch nehmen kann, der darf ungestraft gegen Verkehrsregeln verstoßen – das betrifft am häufigsten Geschwindigkeitsbeschränkungen, das Überfahren roter Ampeln oder auch das Überholen im Überholverbot.

Dass all diese Verstöße eine Gefährdung darstellen, muss sowohl dem „Anwender“ als auch allen übrigen Verkehrsteilnehmern klar sein. Mit „Sinn und Verstand nutzen“ ergibt sich somit nicht nur aus purem Selbstschutz, sondern ist sogar gesetzlich vorgeschrieben.

§ 35 Sonderrechte

(1) Von den Vorschriften dieser Verordnung sind die Bundeswehr, die Bundespolizei, die Feuerwehr, der Katastrophenschutz, die Polizei und der Zolldienst befreit, soweit das zur Erfüllung hoheitlicher Aufgaben dringend geboten ist.

(1a) Absatz 1 gilt entsprechend für ausländische Beamte, die auf Grund völkerrechtlicher Vereinbarungen zur Nacheile oder Observation im Inland berechtigt sind.

(2) Dagegen bedürfen diese Organisationen auch unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 der Erlaubnis,

  1. wenn sie mehr als 30 Kraftfahrzeuge im geschlossenen Verband (§ 27) fahren lassen wollen,
  2. im Übrigen bei jeder sonstigen übermäßigen Straßenbenutzung mit Ausnahme der nach § 29 Absatz 3 Satz 2.

(3) Die Bundeswehr ist über Absatz 2 hinaus auch zu übermäßiger Straßenbenutzung befugt, soweit Vereinbarungen getroffen sind.

(4) Die Beschränkungen der Sonderrechte durch die Absätze 2 und 3 gelten nicht bei Einsätzen anlässlich von Unglücksfällen, Katastrophen und Störungen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung sowie in den Fällen der Artikel 91 und 87a Absatz 4 des Grundgesetzes sowie im Verteidigungsfall und im Spannungsfall.

(5) Die Truppen der nichtdeutschen Vertragsstaaten des Nordatlantikpaktes sowie der Mitgliedstaaten der Europäischen Union ausgenommen Deutschland sind im Falle dringender militärischer Erfordernisse von den Vorschriften dieser Verordnung befreit, von den Vorschriften des § 29 allerdings nur, soweit für diese Truppen Sonderregelungen oder Vereinbarungen bestehen.

(5a) Fahrzeuge des Rettungsdienstes sind von den Vorschriften dieser Verordnung befreit, wenn höchste Eile geboten ist, um Menschenleben zu retten oder schwere gesundheitliche Schäden abzuwenden.

[…]

(8) Die Sonderrechte dürfen nur unter gebührender Berücksichtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgeübt werden.

(9) Wer ohne Beifahrer ein Einsatzfahrzeug der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) führt und zur Nutzung des BOS-Funks berechtigt ist, darf unbeschadet der Absätze 1 und 5a abweichend von § 23 Absatz 1a ein Funkgerät oder das Handteil eines Funkgerätes aufnehmen und halten.

Quelle: Bundesamt für Justiz, https://www.gesetze-im-internet.de/stvo_2013/__35.html; abgerufen am 27.09.2020

Das heißt auch: Sonderrechte sind kein Freifahrtsschein zum wilden Rasen oder zum Gefährden von sich selbst, geschweige denn der Allgemeinheit.

Andere Vorschriften bleiben davon unberührt – Straftatbestände des Strafgesetzbuchs können dennoch erfüllt werden. Denkbar ist hier vor allem unerlaubtes Entfernen vom Unfallort (§ 142 StGB) bei Unfällen während einer Einsatzfahrt, sofern nicht entsprechende Vorkehrungen getroffen werden.

Genauso wäre auch unterlassene Hilfeleistung (§ 323c StGB) in einem solchen Fall denkbar – bei absolut unverhältnismäßiger Ausreizung der Sonderrechte auch Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c StGB).

Staatliche Organisationen mit hoheitlichen Aufgaben haben zur Erfüllung dieser Aufgaben Sonderrechte gemäß Absatz 1. Was auffällt: der Rettungsdienst wird in diesen Absatz nicht genannt – im Allgemeinen nicht staatlich und keine hoheitliche Aufgabe im eigentlichen Sinne.

In dem oben genannten Fall sind die Sonderrechte auf die Institution bezogen – das schließt Angehörige der Organisationen mit ein. Hier spricht man also von personengebundenen Sonderrechten.

Das ermöglicht auch die Inanspruchnahme, wenn man in keinem organisationseigenen Fahrzeug unterwegs ist. Der häufigste Fall der berechtigten Inanspruchnahme im Privatfahrzeug dürften Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr auf der Anfahrt zum Gerätehaus sein.

Der Rettungsdienst ist in Absatz 5a geregelt – der Fall ist ein anderer. Hier handelt es sich explizit um fahrzeuggebundene Sonderrechte, die ausschließlich bei Gefahr schwerer gesundheitlicher Schäden genutzt werden dürfen.

Sonderrechte können – im Gegensatz zum Wegerecht – komplett ohne Sondersignale (Blaulicht bzw. Blaulicht und Martinshorn) verwendet werden.

Für eine verpflichtende Nutzung des Blaulichts gibt es keinerlei rechtliche Grundlage. Außer Frage steht dennoch, dass die „Warnwirkung“ des Blaulichts bei Inanspruchnahme von Sonderrechten meist vorteilhaft ist.

Praxisrelevant

Sonderrechte

  • erlauben, von den Verkehrsregeln der StVO abzuweichen
  • haben rechtliche Bedeutung nur für den Nutzer
  • erfordern keine Sondersignale (Blaulicht, Martinshorn)
  • sind im Rettungsdienst fahrzeugbezogen und setzen akute gesundheitliche Gefahr voraus

Wegerechte (§ 38 StVO)

Von den Sonderrechten sind die „Wegerechte“ abzugrenzen.

Wer nach „Wegerechten“ sucht, wird in keinem Gesetzestext fündig werden – der Begriff wird zur Präzisierung verwendet. Der entsprechende Paragraph heißt schlicht „Blaues Blinklicht und gelbes Blinklicht“ – § 38 StVO.

§ 38 Blaues Blinklicht und gelbes Blinklicht

(1) Blaues Blinklicht zusammen mit dem Einsatzhorn darf nur verwendet werden, wenn höchste Eile geboten ist, um Menschenleben zu retten oder schwere gesundheitliche Schäden abzuwenden, eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwenden, flüchtige Personen zu verfolgen oder bedeutende Sachwerte zu erhalten.

Es ordnet an:

„Alle übrigen Verkehrsteilnehmer haben sofort freie Bahn zu schaffen“.

(2) Blaues Blinklicht allein darf nur von den damit ausgerüsteten Fahrzeugen und nur zur Warnung an Unfall- oder sonstigen Einsatzstellen, bei Einsatzfahrten oder bei der Begleitung von Fahrzeugen oder von geschlossenen Verbänden verwendet werden.

Quelle: Bundesamt für Justiz, https://www.gesetze-im-internet.de/stvo_2013/__38.html; abgerufen am 27.09.2020

Das Wegerecht ist tatsächlich für alle anderen Verkehrsteilnehmer als den Nutzer von Bedeutung, enthält es doch eine eine direkte Anordnung an sie: „Alle übrigen Verkehrsteilnehmer haben sofort freie Bahn zu schaffen„.

Andere Verkehrsregeln werden durch die Wegerechte nicht beeinflusst – und die Vorfahrt wird auch durch Wegerechte nicht geändert.

Im Vergleich zu den Sonderrechten liegen die Anforderungen für Feuerwehr, Polizei, Katastrophenschutz und Co. schon deutlich höher – für den Rettungsdienst gibt es keine Unterschiede bei den Voraussetzungen zur Inanspruchnahme. Unterschiede gibt es aber dennoch

Unterschied Nummer 1: im Gegensatz zu den Sonderrechten müssen hier Blaulicht und Martinshorn zur Inanspruchnahme genutzt werden.

Unterschied Nummer 2: Wegerechte haben in erster Linie für andere Verkehrsteilnehmer eine Bedeutung. Schlussfolgerung: die Inanspruchnahme kann nur erfolgen, wenn es andere Verkehrsteilnehmer gibt.

Praxisrelevant

Wegerechte

  • fordern andere Verkehrsteilnehmer dazu auf, sofort freie Bahn zu schaffen
  • haben demnach für andere Verkehrsteilnehmer eine rechtliche Bedeutung
  • sind an Nutzung von Blaulicht und Martinshorn gebunden

Zusammenfassung Sonder- und Wegerechte

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© 2020 SaniOnTheRoad. Aus dem Beitrag „Kleines 1×1 des Rettungsdienstes Teil 7 – Blaulicht, Sonderrechte und Wegerechte

Die Entscheidung, ob mit Sonder- und Wegerechten gefahren wird, trifft in der Praxis die Leitstelle für die Anfahrt, für den Transport entscheidet der medizinisch Höchstqualifizierte.

Anschnallpflicht

§ 21a Sicherheitsgurte, Rollstuhl-Rückhaltesysteme, Rollstuhlnutzer-Rückhaltesysteme, Schutzhelme

(1) Vorgeschriebene Sicherheitsgurte müssen während der Fahrt angelegt sein; dies gilt ebenfalls für vorgeschriebene Rollstuhl-Rückhaltesysteme und vorgeschriebene Rollstuhlnutzer-Rückhaltesysteme. Das gilt nicht für

  1. (weggefallen)
  2. Personen beim Haus-zu-Haus-Verkehr, wenn sie im jeweiligen Leistungs- oder Auslieferungsbezirk regelmäßig in kurzen Zeitabständen ihr Fahrzeug verlassen müssen,
  3. Fahrten mit Schrittgeschwindigkeit wie Rückwärtsfahren, Fahrten auf Parkplätzen,
  4. Fahrten in Kraftomnibussen, bei denen die Beförderung stehender Fahrgäste zugelassen ist,
  5. das Betriebspersonal in Kraftomnibussen und das Begleitpersonal von besonders betreuungsbedürftigen Personengruppen während der Dienstleistungen, die ein Verlassen des Sitzplatzes erfordern,
  6. Fahrgäste in Kraftomnibussen mit einer zulässigen Gesamtmasse von mehr als 3,5 t beim kurzzeitigen Verlassen des Sitzplatzes.

Quelle: Bundesamt für Justiz, https://www.gesetze-im-internet.de/stvo_2013/__21a.html; abgerufen am 27.09.2020

Auch im Rettungsdienst gilt die „Anschnallpflicht“ – sowohl für das Personal, als auch für den Patienten während der Fahrt! Darauf wird man auch im Rahmen des Wachenpraktikums hingewiesen.

Bei auf der Trage liegenden Patienten sollten alle Sicherheitsgurte angelegt werden.

Kommt ein Patient durch fehlende Sicherung zu schaden, spricht man von einem Transportfehler. Dieser hat sowohl straf- als auch zivilrechtliche Konsequenzen und ist absolut vermeidbar.

Praxistipp

Sollte es während der Fahrt unumgänglich sein, am Patienten arbeiten zu müssen, soll die „nicht angeschnallte Zeit“ auf ein absolutes Minimum reduziert werden – nötigenfalls ist anzuhalten.

Der Fahrer des Fahrzeugs muss in diesem Fall umso vorsichtiger fahren!


Praxisrelevant

Die Anschnallpflicht gilt auch im Rettungsdienst für Personal und Patient gleichermaßen – der Patient ist immer anzuschnallen!

Verhalten bei Eigenunfall

Es kommt leider zu oft vor, dass Kollegen im Dienst selbst Beteiligte eines Verkehrsunfalls werden – insbesondere auf Fahrten mit Sonder- und Wegerechten besteht ein massiv erhöhtes Unfallrisiko.

§ 34 Unfall

(1) Nach einem Verkehrsunfall hat, wer daran beteiligt ist,

  1. unverzüglich zu halten,
  2. den Verkehr zu sichern und bei geringfügigem Schaden unverzüglich beiseite zu fahren,
  3. sich über die Unfallfolgen zu vergewissern,
  4. Verletzten zu helfen (§ 323c des Strafgesetzbuchs),
  5. anderen am Unfallort anwesenden Beteiligten und Geschädigten

a) anzugeben, dass man am Unfall beteiligt war und

b) auf Verlangen den eigenen Namen und die eigene Anschrift anzugeben sowie den eigenen Führerschein und den Fahrzeugschein vorzuweisen und nach bestem Wissen Angaben über die Haftpflichtversicherung zu machen,

6. a) so lange am Unfallort zu bleiben, bis zugunsten der anderen Beteiligten und Geschädigten die Feststellung der Person, des Fahrzeugs und der Art der Beteiligung durch eigene Anwesenheit ermöglicht wurde oder

b)eine nach den Umständen angemessene Zeit zu warten und am Unfallort den eigenen Namen und die eigene Anschrift zu hinterlassen, wenn niemand bereit war, die Feststellung zu treffen,

7. unverzüglich die Feststellungen nachträglich zu ermöglichen, wenn man sich berechtigt, entschuldigt oder nach Ablauf der Wartefrist (Nummer 6 Buchstabe b) vom Unfallort entfernt hat. Dazu ist mindestens den Berechtigten (Nummer 6 Buchstabe a) oder einer nahe gelegenen Polizeidienststelle mitzuteilen, dass man am Unfall beteiligt gewesen ist, und die eigene Anschrift, den Aufenthalt sowie das Kennzeichen und den Standort des beteiligten Fahrzeugs anzugeben und dieses zu unverzüglichen Feststellungen für eine zumutbare Zeit zur Verfügung zu halten.

(2) Beteiligt an einem Verkehrsunfall ist jede Person, deren Verhalten nach den Umständen zum Unfall beigetragen haben kann.

(3) Unfallspuren dürfen nicht beseitigt werden, bevor die notwendigen Feststellungen getroffen worden sind.

Quelle: Bundesamt für Justiz, https://www.gesetze-im-internet.de/stvo_2013/__34.html; abgerufen am 27.09.2020

Zwar befreien Sonder- und Wegerechte von den Vorschriften der StVO – die Straftatbestände unterlassene Hilfeleistung (§ 323c StGB) und unerlaubtes Entfernen vom Unfallort (§ 142 StGB) bleiben davon aber unberührt.

Dementsprechend sollte auch – ähnlich der gesetztlichen Vorgaben – gehandelt werden.

Verhalten bei Eigenunfall

  • sofort anhalten,
  • unverzügliche Information an die Leitstelle (Anforderung Polizei),
  • Unfallstelle absichern,
  • Erste-Hilfe-Maßnahmen nach Bedarf,
  • Rückmeldung an Leitstelle über Schwere des Unfalls, Fahrtauglichkeit des eigenen Fahrzeuges und Anzahl der Verletzten Personen
  • nach Situation vor Ort Rücksprache mit Leitstelle, ob ursprüngliche Einsatzfahrt fortgesetzt wird oder ob an der Unfallstelle verblieben wird
  • nach Beendigung des Einsatzes Rückkehr zur Unfallstelle!

Zusammenfassung

  • Die StVG regelt grundsätzliche Bestimmungen zum Straßenverkehr, die genauere Ausführung geschieht allerdings über Verordnungen
  • im Ehrenamt ist der Erwerb eines „Feuerwehrführerscheins“ nach einer organisationsinternen Ausbildung und Prüfung möglich; nicht für Hauptamtliche
  • Bei Unfällen haftet nicht der Verursacher zivilrechtlich, sondern die KFZ-Haftpflichtversicherung des Halters.
  • Für KTW, NKTW und NEF reicht der Führerschein Klasse B aus, für RTW wird oftmals die Klasse C1 benötigt.
  • Im Bereich des Krankentransports – sofern die Leistungserbringer keine landesrechtlich anerkannten Rettungsdienste sind – ist ein Führerschein zur Fahrgastbeförderung notwendig.
  • Rettungsdienstfahrzeuge nach DIN EN 1789 und DIN 17079, die als Sonderfahrzeug zugelassen sind, dürfen mit blauem Blinklicht, Einsatzhorn und Heckwarneinrichtung ausgestattet werden
  • Sonderrechte (§ 35 StVO) erlauben das Abweichen von der Straßenverkehrsordnung unter Berücksichtigung der Sicherheit und Ordnung; kein Sondersignal notwendig
  • Wegerechte (§ 38 StVO) ordnen an, dass alle anderen Verkehrsteilnehmer sofort freie Bahn schaffen müssen; Blaulicht und Einsatzhorn notwendig
  • Anschnallpflicht gilt für Personal und Patient!
  • Bei Eigenunfall: Anhalten, Information der LST, Unfallstelle absichern, Ersthelfermaßnahmen, weiteres Vorgehen nach Rücksprache mit Leitstelle

Lernziele

Du kennst nun

  • die Grundlagen des Straßenverkehrsgesetzes, inklusive Haftung und „Feuerwehrführerschein“
  • die Grundlagen der Fahrerlaubnisverordnung und die für den Rettungsdienst bedeutsamen Fahrerlaubnisklassen und die Bedeutung des „Führerscheins zur Fahrgastbeförderung“
  • die Grundlagen der Straßenverkehrszulassungsverordnung und die Voraussetzung zur Ausrüstung mit Blaulicht, Folgetonhorn und Heckwarneinrichtung
  • die Grundsätze der Straßenverkehrsordnung,
  • die Grundsätze einer angemessenen Fahrweise im Rettungsdienst,
  • die Begrifflichkeiten „Sonder- und Wegerechte“, ihre Bedeutung und ihre Unterscheidung
  • die Anschnallpflicht im Rettungsdienst,
  • das Verhalten nach einem Eigenunfall.


Interessenkonflikte

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Der Autor gibt an, dass keine Interessenkonflikte bestehen.

Quellen

Bundesamt für Justiz (2021): Fahrerlaubnis-Verordnung vom 13. Dezember 2010 (BGBl. I S. 1980), die zuletzt durch Artikel 12 des Gesetzes vom 12. Juli 2021 (BGBl. I S. 3091) geändert worden ist, abgerufen unter https://www.gesetze-im-internet.de/fev_2010/BJNR198000010.html am 03.02.2022.

Bundesamt für Justiz (2021): Strafgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. November 1998 (BGBl. I S. 3322), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 22. November 2021 geändert worden ist, abgerufen unter https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/BJNR001270871.html am 03.02.2022.

Bundesamt für Justiz (2021): Straßenverkehrsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. März 2003 (BGBl. I S. 310, 919), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 12. Juli 2021 (BGBl. I S. 3108) geändert worden ist, abgerufen unter http://www.gesetze-im-internet.de/stvg/BJNR004370909.html am 03.02.2022.

Bundesamt für Justiz (2021): Straßenverkehrs-Ordnung vom 6. März 2013 (BGBl. I S. 367), die zuletzt durch Artikel 13 des Gesetzes vom 12. Juli 2021 (BGBl. I S. 3091) geändert worden ist, abgerufen unter https://www.gesetze-im-internet.de/stvo_2013/BJNR036710013.html am 03.02.2022.

Bundesamt für Justiz (2021): Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung vom 26. April 2012 (BGBl. I S. 679), die zuletzt durch Artikel 11 des Gesetzes vom 12. Juli 2021 (BGBl. I S. 3091) geändert worden ist, abgerufen unter http://www.gesetze-im-internet.de/stvzo_2012/BJNR067910012.html am 03.02.2022.

Luxem J., Runggaldier K., Karutz H., Flake F. (2020): Notfallsanitäter Heute, 7. Auflage. Urban & Fischer Verlag/Elsevier GmbH, München. ISBN 978-3437462115. Hier erhältlich: https://amzn.to/3q8w62I Affiliate-Link

SaniOnTheRoad (2019): „Kleines 1×1 des Rettungsdienstes“ – Teil 7: Blaulicht, Sonderrechte und Wegerechte, abgerufen unter https://saniontheroad.com/kleines-1×1-des-rettungsdienstes-teil-7/ am 03.02.2022.

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Über SaniOnTheRoad

1.6 Straßenverkehrsrecht

SaniOnTheRoad

Notfallsanitäter, Teamleiter und Administrator des Blogs. Vom FSJler über Ausbildung bis zum Haupt- und Ehrenamt im Regelrettungsdienst und Katastrophenschutz so ziemlich den klassischen Werdegang durchlaufen. Mittlerweile beruflich qualifizierter Medizinstudent im klinischen Abschnitt des Studiums. Meine Schwerpunkte liegen auf Ausbildungs- und Karrierethemen, der Unterstützung von Neueinsteigern, leitliniengerechten Arbeiten sowie Physiologie, Pathophysiologie, Pharmakologie und EKG für den Rettungsdienst. Mehr über mich hier.


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