Rettungsdienst aktuell – Themen die den Rettungsdienst, seine Mitarbeiter und Interessierte beschäftigen. Von leitliniengerechter Arbeit bis zur gesellschaftskritischen Diskussion.
Zugrundeliegender Beitrag
Triage-Gesetz: Ein Desaster? – veröffentlicht auf DocCheck am 07.03.2022
Die Triage kennt man im Rettungsdienst auch schlicht als Sichtung bei einem Massenanfall von Verletzten – sie dient der Festlegung von Behandlungsprioritäten und letztendlich auch über ein „Wer bekommt eine Behandlung?„, wenn die Kapazitäten für eine Versorgung aller nicht ausreichen.
Im Zuge der COVID-Pandemie hat die Triage auch in der Klinik eine Bedeutung bekommen – nämlich bei der Zuteilung von Intensivkapazitäten, wenn diese nicht ausreichend zur Verfügung stehen. Es ist nicht nur eine medizinische, sondern vor allem eine ethische Entscheidung.
Der bisherige Stand
Eine rechtsverbindliche Regelung gibt es bis dato nicht – Grundlage bildet bislang die S1-Leitlinie „Entscheidungen über die Zuteilung intensivmedizinischer Ressourcen im Kontext der COVID-19-Pandemie“ der DIVI.
Diese ist allerdings umstritten. Sogar so umstritten, dass gegen sie geklagt wurde – Vorerkrankte und Menschen mit Behinderung fürchten um eine Benachteiligung.
Das Ergebnis: das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass der Gesetzgeber verbindliche Regelungen erlassen muss (1 BvR 1541/20).
Das sagt der inoffizielle Entwurf
„Bei der ärztlichen Entscheidung über die Zuteilung von pandemiebedingt nicht ausreichenden überlebenswichtigen, intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten im Krankenhaus“ dürfe niemand aus „Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität benachteiligt werden.“
– DocCheck-Artikel vom 07.03.2022
Letztendlich sollen Komorbiditäten und Gebrechlichkeit nur dann Einfluss in die Entscheidung finden, wenn diese besonders schwer wiegen und einen erheblichen Einfluss auf die Überlebenswahrscheinlichkeit haben.
Der noch inoffizielle Entwurf orientiert sich laut DocCheck sehr stark an den bisherigen DIVI-Empfehlungen – und wird damit mindestens für die Vertreter der Patientenseite nicht unbedingt zufriedenstellend sein.
Entscheiden sollen im Zweifelsfall zwei erfahrene Intensivmediziner nach unabhängiger Begutachtung im Konsens. Gibt es keinen Konsens, wird ein dritter Intensivmediziner hinzugezogen und ein Mehrheitsentscheid der drei entscheidet.
Ob und wann ein tatsächliches Triage-Gesetz eingeführt wird und wie es aussieht, steht noch in den Sternen. Solange haben Intensivmediziner bei der ethischen Entscheidung und Rettungsdienstler bei der Klinikauswahl den „schwarzen Peter“.
Quellen
ÄrzteZeitung (2022): Schutz vulnerabler Gruppen bei Corona-Triage: Zwei Intensivmediziner sollen entscheiden, abgerufen unter https://www.aerztezeitung.de/Politik/Schutz-vulnerabler-Gruppen-bei-Corona-Triage-Zwei-Intensivmediziner-sollen-entscheiden-427332.html am 07.03.2022
Bundesverfassungsgericht (2021): Beschluss vom 16. Dezember 2021 – 1 BvR 1541/20, abgerufen unter https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2021/12/rs20211216_1bvr154120.html am 07.03.2022
Deutschen Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) (2021): S1-Leitlinie Entscheidungen über die Zuteilung intensivmedizinischer Ressourcen im Kontext der COVID-19-Pandemie, 3. überarbeitete Fassung vom 14.12.2021, AWMF-Registernummer 040-013, abgerufen unter https://www.divi.de/joomlatools-files/docman-files/publikationen/covid-19-dokumente/211214-divi-covid-19-ethik-empfehlung-version-3-entscheidungen-ueber-die-zuteilung-intensivmedizinischer-ressourcen.pdf am 07.03.2022
SaniOnTheRoad (2022): 1.16 Sondersituationen III – MANV, abgerufen unter https://saniontheroad.com/1-16-sondersituationen-iii-manv/ am 07.03.2022
Schulz J. (2022): Triage-Gesetz: Ein Desaster?, abgerufen unter https://www.doccheck.com/de/detail/articles/37672-triage-gesetz-ein-desaster am 07.03.2022
Folgt meinem Blog!
Du möchtest nichts mehr verpassen? Neuigkeiten von mir gibt es auch per Mail!
Es gelten unsere Datenschutz– und Nutzungsbestimmungen.