„Kleines 1×1 des Rettungsdienstes“ – Teil 14: Der Leitstellendisponent und die Leitstelle

„Kleines 1×1 des Rettungsdienstes“ bietet eine Übersicht über Aufbau, Struktur und Gepflogenheiten des Rettungsdienstes in Deutschland. Hier geht es um das, was Interessenten und Neueinsteiger wissen sollten.

Zu „Teil 13 – EKG-Basics“ geht es hier.

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Teil 14 – Der Leitstellendisponent und die Leitstelle

Einige der häufigeren Fragen, die mir auf gutefrage.net aufgefallen sind, handeln von ihm – dem Leitstellendisponenten.

Wie wird man Leitstellendisponent?“ ist dabei genauso beliebt wie „Wie sieht die Arbeit eines Leitstellendisponenten aus?

Aus meiner Sicht ist es ein interessantes Thema und auch eine spannende Tätigkeit – auch wenn sie mit der eigentlichen rettungsdienstlichen Tätigkeit wenig gemein hat. Werfen wir also ein Blick auf den Mann (oder die Frau) am Funk und am Telefon und seinen/ihren Arbeitsplatz!

Inhaltsverzeichnis

Arbeitsplatz Leitstelle

Schon hier fangen die Unterschiede zum Rettungsdienst „auf der Straße“ an. Der Leitstellendisponent arbeitet, wär hätte es gedacht, in einer Leitstelle.

Eine Leitstelle ist für einen bestimmten Bereich zuständig – im Rettungsdienst ist das der Rettungsdienstbereich, der sich über mehrere Landkreise erstrecken kann. Eine Leitstelle ist somit in der Regel für eine Vielzahl an Einwohnern und eine große Fläche zuständig.

Bei den Leitstellen gibt es unterschiedlichste Arten und Bezeichnungen – im Grunde genommen beschreiben viele aber den selben Tätigkeitsbereich. Ich beschränke mich hier daher auf die drei wesentlichsten Grundformen.

Die reine Feuerwehrleitstelle ist für die Notrufannahme über die 112 sowie die Disposition aller die Feuerwehr betreffenden Notrufe zuständig. Notrufe, die nur den Rettungsdienst betreffen, werden an die in dem Bereich zuständige Rettungsleitstelle weitergeleitet. In aller Regel werden auch weitere Katastrophenschutzeinheiten, wie z.B. das THW, über sie disponiert.

Feuerwehrleitstellen sind praktisch ausschließlich bei Berufsfeuerwehren (oder Freiwilligen Feuerwehren mit hauptamtlichen Kräften) angesiedelt.

Als Pendant zur Feuerwehrleitstelle gibt es die Rettungsleitstelle. Diese nimmt Anrufe i.d.R. über die 19222 (Achtung, kein Notruf!) oder über die Feuerwehrleitstelle weitergeleitete Notrufe entgegen. Eine Rettungsleitstelle ist für einen Rettungsdienstbereich zuständig und disponiert Einsätze der Notfallrettung und des qualifizierten Krankentransports. Bisweilen werden auch medizinische Katastrophenschutzeinheiten (z.B. Schnelleinsatzgruppen) disponiert, wenn dies nicht durch die Feuerwehr geschieht.

Rettungsleitstellen sind meist in der Stadt der zuständigen Kreisverwaltung/Landratsamt des Rettungsdienstbereichs angesiedelt.

Sowohl reine Feuerwehr- als auch Rettungsleitstellen werden zunehmend obsolet.

Mittlerweile gibt es fast flächendeckend integrierte Leitstellen, die sowohl für die Feuerwehr, den Rettungsdienst als auch den Katastrophenschutz zuständig sind – praktisch eine Kombination aus Feuerwehr- und Rettungsleitstelle. Hier erfolgt grundsätzlich die Notrufabfrage über die 112.

Teilweise werden auch weitere Dienste, wie z.B. der ärztliche Bereitschaftsdienst, über die ILS betreut.

Wie sieht es in einer Leitstelle aus?

Ansicht einer modernen Leitstelle – hier: Berufsrettung Wien. Quelle: Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0-Lizenz.

In einer Leitstelle gibt es mehrere Abfrageplätze, die sich um die Annahme der Notrufe und die Disposition der Fahrzeuge kümmern – zudem gibt es einen „Master“-Platz, der in erster Linie für den Funkverkehr zuständig ist.

Telefone mit mehreren Leitungen gehören genauso dazu wie Headsets, Funkausrüstung und Computer mit mehreren Bildschirmen und entsprechender Leitstellensoftware. Kurzum: es sieht auf den ersten Blick in etwa so aus, wie in einem modernen Großraumbüro.

Oftmals beherbergt die Leitstelle auch Räumlichkeiten für Großschadenslagen – das heißt: Räume, in denen ein Führungsstab untergebracht oder eine Informations- und Kommunikationszentrale (kurz IuK) eingerichtet werden kann.

Die technische Ausstattung der Leitstelle ist mehrfach redundant, um auch bei schwerwiegenden Störungen – z.B. Fehlfunktionen der Telefonanlage – weiterhin Notrufe abfragen zu können.

Die Arbeit des Disponenten

Die Notrufabfrage erfolgt – wie viele Tätigkeiten im Rettungsdienst – meist nach einem standardisierten Schema. Das kann regional vollkommen unterschiedlich aussehen, orientiert sich im groben aber an den fünf W-Fragen, ergänzt durch spezifische Abfragen entsprechend dem gemeldeten Notfall.

Im Grunde genommen geht es darum, dem Disponenten innerhalb kürzester Zeit (meist < 90 Sekunden) alle notwendigen Informationen für eine Erstalarmierung zu geben. Einen Patientenzustand innerhalb dieses Zeitraums korrekt abfragen zu können, kann man getrost als schwierig bezeichnen und erfordert definitiv die „Mitarbeit“ des Anrufers.

Mittlerweile ist die computerunterstütze Notrufabfrage und Disposition (computer aided dispatch, CAD) ebenfalls Standard – hier werden die erhobenen Informationen in die Leitstellensoftware eingepflegt und der Computer „spuckt“ einen passenden Alarmierungsvorschlag aus – der Disponent kann diesen übernehmen oder zusätzliche Kräfte mitalarmieren.

Damit das zuverlässig funktioniert, gibt es sowohl im feuerwehrtechnischen als auch im rettungsdienstlichen Bereich eine Alarm- und Ausrückeordnung.

Das ist eine vorher festgelegte Auswahl an Fahrzeugen für ein bestimmtes Einsatzstichwort oder Notfallbild – diese werden im Regelfall ebenfalls regional festgelegt, auch wenn es in manchen Bundesländern landesweit einheitliche Einsatzstichworte gibt.

So ist zum Beispiel für den Herzinfarkt die Alarmierung von RTW und NEF vorgesehen, für den Wohnungsbrand ein Löschzug usw.

Die Schichtlängen sind ebenfalls unterschiedlich geregelt – üblich sind auch hier 12-Stunden-Schichten wie in der Notfallrettung, oftmals durch kürzere Schichten ergänzt, gerade zu den „Stoßzeiten“ tagsüber.

Wie wird man Leitstellendisponent?

Die Antwort von der Frage ist davon abhängig, in welcher Leitstelle man arbeiten möchte – dementsprechend unterscheiden sich die Voraussetzungen. Analog zum Rettungsdienst an sich ist auch die Ausbildung und die Mindestqualifikation des Leitstellenpersonals Ländersache.

Grundsätzlich: der Disponent braucht eine entsprechende Ausbildung in dem Bereich, in den er tätig sein will (also rettungsdienstliche oder feuerwehrtechnische Ausbildung), bestenfalls mit Einsatzerfahrung, und eine entsprechende Qualifizierung für die Arbeit in der Leitstelle („Leitstellenlehrgang“).

Bei reinen Feuerwehrleitstellen ist die Laufbahnbefähigung für den mittleren feuerwehrtechnischen Dienst (2. Einstiegsamt der 1. Laufbahngruppe/Qualifikationsebene 2) Grundvoraussetzung. Das entspricht der abgeschlossenen Ausbildung zum Brandmeister der Berufsfeuerwehren.

Eine entsprechende Leitstellenausbildung ist auch hier vonnöten.

Bei reinen Rettungsleitstellen ist die abgeschlossene Berufsausbildung zum Rettungsassistenten bzw. zum Notfallsanitäter die Grundvoraussetzung, im Idealfall mit Berufserfahrung. Die Qualifikation zum Leitstellendisponenten erfolgt auch hier über einen zusätzlichen Lehrgang.

Bei integrierten Leitstellen müssen – aufgrund der universellen Einsetzbarkeit und der Aufgabenstellung – sowohl eine feuerwehrtechnische und eine rettungsdienstliche Ausbildung vorhanden sein.

Für Personal der Berufsfeuerwehren ist das neben der Laufbahnbefähigung für den mittleren feuerwehrtechnischen Dienst zumindest die Qualifikation zum Rettungssanitäter – für Personal aus dem Rettungsdienst neben dem Notfallsanitäter (oder derzeit noch Rettungsassistenten) die Qualifikation zum Gruppenführer Freiwillige Feuerwehr.

Selbstverständlich erfolgt auch hier eine entsprechende Ausbildung für die Tätigkeit auf der Leitstelle an sich.

Mancherorts werden auch weitergehende Qualifikationen, zum Beispiel der Organisatorische Leiter Rettungsdienst oder eine Zugführer-Ausbildung der Freiwilligen Feuerwehr verlangt.

Der „Leitstellenlehrgang“

Der Lehrgang vermittelt in erster Linie die Grundkenntnisse und das notwendige Hintergrundwissen zu den rechtlichen Rahmenbedingungen, der Leitstellentechnik, der Führung und Einsatztaktik, der Kommunikation und der strukturierten Notrufabfrage.

Der Lehrgang an sich ist zeitlich oft eher kurz bemessen und setzt seitens der Teilnehmer gewisse Vorkenntnisse voraus – üblicherweise wird eine Hospitation auf einer Leitstelle vor Lehrgangsbeginn erwartet.

„Hospitation“ heißt erstmal nichts anderes als: der angehende Disponent ist auf der Leitstelle, bekommt die örtlichen Abläufe mit und kann zum ersten Mal in die Arbeit hineinschnuppern.

Die praktische Ausbildung erfolgt nach Lehrgangsabschluss größtenteils als „On-the-Job-Training“, also die schrittweise Übernahme von Tätigkeiten unter der Aufsicht eines erfahrenen Disponenten (und bestenfalls Praxisanleiters).

Das Ganze wird meist ergänzt durch ortsspezifische Schulungen (z.B. AAO, verwendete Software und Systeme) und „Stresstests“.

Quellen

Luxem J., Runggaldier K., Karutz H., Flake F. (2020): Notfallsanitäter Heute, 7. Auflage. Urban & Fischer Verlag/Elsevier GmbH, München. ISBN 978-3437462115. Hier erhältlich: https://amzn.to/3s8KEh5

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Über SaniOnTheRoad

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Notfallsanitäter, Teamleiter und Administrator des Blogs. Vom FSJler über Ausbildung bis zum Haupt- und Ehrenamt im Regelrettungsdienst und Katastrophenschutz so ziemlich den klassischen Werdegang durchlaufen. Mittlerweile beruflich qualifizierter Medizinstudent im klinischen Abschnitt des Studiums. Meine Schwerpunkte liegen auf Ausbildungs- und Karrierethemen, der Unterstützung von Neueinsteigern, leitliniengerechten Arbeiten sowie Physiologie, Pathophysiologie, Pharmakologie und EKG für den Rettungsdienst. Mehr über mich hier.

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