Die erste Klausurenphase

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Aus der Uni – ein Rettungsdienstler berichtet vom Weg ins und aus dem Medizinstudium.

Eigentlich hatte sich ein gewisser Trott schon eingestellt und ich hatte mich so langsam aber sicher an das „Studentenleben“ gewöhnt. Die Lerngruppe war eingespielt, die rettungsdienstliche Arbeit nebenher lief und ich hatte durchaus das Gefühl, die Lage im Griff zu haben.

Und dann kam sie: die Klausurenphase. Und die gemachten Erfahrungen möchte ich euch nicht vorenthalten.

Inhaltsverzeichnis

Ein Rückblick der letzten Wochen

Gute zwei Monate ist der letzte Bericht aus dem Studentenleben her – und beitragstechnisch sah es allgemein ziemlich mau aus. Aus gutem Grund: die erste Klausurenphase stand an!

Generell waren die letzten Wochen sehr lernintensiv und, ich muss es leider zugeben, einigermaßen stressig. Das lag zum einen an dem selbst gesetzten Ziel, vor der Klausurenphase nur noch wiederholen zu müssen – zum anderen an den teilweise bis zum Schluss parallel laufenden Pflichtveranstaltungen (die auch vorbereitet werden mussten) und an den Testaten, die trotz allem bestanden werden mussten.

Es blieb hier schlicht und ergreifend sehr wenig Zeit für den Blog, was ich sehr schade finde – allerdings soll sich die „unbarmherzige Prioritätensetzung“ meinerseits dann doch durchaus bezahlt machen.

Wie empfand ich die Klausurenphase?

Irgendwo schwankte ich zwischen Vorfreude, das eigene Wissen unter Beweis stellen zu können, puren Stress mit leichten Anflügen von Panik und dem immer wieder aufploppenden Wunsch einfach zurück in den Rettungsdienst zu gehen. Eigentlich ein vollkommen unberechenbares Wechselbad der Gefühle. Zumindest war ich nicht der Einzige, dem es so erging – praktisch alle, mit denen ich in den letzten Wochen irgendwie ins Gespräch kam, schilderten ähnliches.

Die Klausurenphase ist einfach purer Stress – und allzu viel Freude empfindet man für das Studium in dieser Zeit typischerweise nicht.

Oder, um es mit den Worten eines befreundeten Arztes auszudrücken:

„Beim Medizinstudium geht es primär darum, herauszufinden, wer unter Stress weinend zusammenbricht. Und es geht darum herauszufinden, wer bereit ist, sein Privatleben aufzugeben. Beides ist wichtig für die Assistenzarztzeit.“

Aber: schauen wir uns an, wie es lief 😉

Die Klausuren

Terminologie

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Das Drumherum

Terminologie sollte den Auftakt der Klausurenphase bilden – es war die erste Klausur, die ich an der Uni geschrieben habe. Auch wenn der Dozent tatsächlich eine faire Klausur versprochen hatte – und sogar die Probeklausuren als „schwer“ bezeichnete, hatte ich nach dem letzten Präsenztermin doch nochmal einige Karteikarten geschrieben. An die zweihundert on top.

Das Lernen der Begriffe und Deklinationen gestaltete sich dank Karteikarten ausgesprochen einfach – geschenkt. Nachdem ich hier wirklich frühzeitig mit dem Lernen angefangen hatte, gestaltete sich das Ganze durchaus locker.

Nicht so bei anderen: ein paar Leute haben nur die Begriffe (ohne Deklinationen) gelernt. Zwei Tage vor der Klausur. Das anfangs geprägte Mantra

„Niemand fällt in Termi durch“

scheint augenscheinlich nur dann zu gelten, wenn man einen gewissen Minimalaufwand betreibt: zwei (von über 270) sind tatsächlich durchgefallen.

Auch wenn ich mir wegen dem Stoff an sich keine großen Sorgen machte, war meine Nervosität – ungewohnt – extrem hoch.

Die Klausur selbst

Teils Single-Choice-, teils Freitextaufgaben – insgesamt knapp 30 Aufgaben mit unterschiedlicher Punktzahl, 60 % ist die Bestehensgrenze. Das Ganze als „E-Klausur“ in digitaler Form.

Im Wesentlichen bestand die Klausur daraus, die korrekt deklinierten Begriffe anzukreuzen, etwas Übersetzungsarbeit (Latein > Deutsch) zu leisten, gängige Abkürzungen benennen und auch mal einen Begriff von Singular in Plural setzen.

Der Dozent hatte Wort gehalten: die Klausur war wirklich fair – um nicht zu sagen: sie war einfach.

Die Bearbeitungszeit von 55 Minuten war meines Erachtens wirklich sehr großzügig angesetzt. Ich konnte die Fragen insgesamt dreimal durchgehen, bevor ich zehn Minuten vor Ende dann abgegeben habe.

Dementsprechend: entspannt bestanden. Und erkannt, dass der betriebene Aufwand locker drei Stufen über dem Anforderungsniveau lag.


Physik

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Das Drumherum

Physik – für viele die „Angstklausur“, neben Chemie. Und nach Terminologie die Nummer zwei in der Reihe.

Der letzte Pflichttermin im Praktikum der Physik war zwei Wochen vor der Klausur, dementsprechend hatte man ausreichend Zeit, um das Gelernte zu wiederholen und zu vertiefen. Und vor allem: zu üben.

Die Physiker gelten an unserer Uni mitunter als die „Nettesten“ – sie stellen nämlich gute zwei Jahrzehnte an Altklausuren völlig frei zur Verfügung. Übungsmaterial ist also mehr als genug vorhanden.

In Hinblick auf meine Nervosität war es schon um Welten entspannter, als bei Terminologie.

Nach dem letzten Praktikumstag konzentrierte ich mich also vor allem auf das „Formeln wiederholen“ und das Rechnen von Altklausuren – Anfragen seitens meiner Lerngruppe gab es nicht, also ging ich davon aus, dass alle zurecht kommen. Gefehlt: zwei der Gruppe sind durchgefallen.

Insgesamt betrug die Durchfallquote in der Klausur knappe 10 %.

Die Klausur selbst

Eine mehr oder weniger reine „Rechenklausur“ mit Stift und Papier – 20 Aufgaben, insgesamt 20 Punkte. Die Bestehensgrenze lag hier bei 50 %. Die Aufgaben ähnelten definitiv denjenigen der Altklausuren – der Schwerpunkt war hier allerdings stark auf e-Funktionen gesetzt.

Vorteil: wenn man sie konnte, konnte man relativ entspannt Punkte sammeln, da im Endeffekt bei den meisten Aufgaben so ziemlich das gleiche gemacht werden musste. Nachteil: konnte man sie nicht, hatte man definitiv ein Problem.

Mein Zeitmanagement in der Klausur war…ziemlich bescheiden. Im Endeffekt bin ich es ein wenig zu entspannt angegangen – und hatte in der ersten Stunde praktisch genauso viele Aufgaben gerechnet, wie in den letzten 30 Minuten. An einigen Stellen hat mir dann doch schlicht die Zeit gefehlt, eine Aufgabe konnte ich daher nicht lösen.

Das tat allerdings dem Ergebnis keinen Abbruch: bestanden – und zwar mit einem ziemlich guten Ergebnis.


Biologie

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Das Drumherum

Klausur Nummer drei (und die zweite Klausur innerhalb einer Woche) war dann Biologie. Im Gegensatz zu Physik hatten wir den letzten (und prüfungsrelevanten) Praktikumstag in der Klausurenwoche. Das hat die Möglichkeit zum reinen „Lernen und Wiederholen“ schon deutlich eingeschränkt.

Viele derjenigen, die sich einen Fehltag erlauben konnten, hatten dementsprechend beschlossen nicht zu kommen – von 120 Teilnehmern waren am Ende knapp über 50 da.

Biologie ist zumindest „lernmengentechnisch“ eines der umfangreichsten Fächer im ersten Semester – auch wenn die Komplexität doch einigermaßen überschaubar ist. Dafür sind Vorlesungen und Praktika auch recht gut gestaltet und mit einer einigermaßen strukturieren Vorbereitung stellt es auch kein Problem dar.

Ich habe – als jemand, der Biologie in der Oberstufe abgewählt hat – dann tatsächlich entsprechend Zeit investiert. Vom Stresslevel her musste ich feststellen: es geht kontinuierlich weiter runter und ich war nochmals entspannter, als in Physik.

Die Klausur an sich

E-Klausur am Computer, 30 Fragen, die meisten davon als Single Choice, ein kleinerer Teil als Lückentext. Bestehensgrenze 60 %. Die Fragen waren durchaus fair und bestanden meines Erachtens aus sinnvollen Prüfungsstoff – mit einem normalen Lernaufwand war die Klausur eigentlich gut machbar.

War das generell so? Nö, absolut nicht – die Klausur ist tatsächlich so schlecht ausgefallen, dass die Bestehensgrenze heruntergesetzt wurde. Statt 18 Punkten waren es nur noch 16. Ich hatte zwar mit durchaus guten Ergebnis und mit ausreichend „Reserve“ auch nach der normalen Grenze bestanden, aber erschreckend fand ich das Ergebnis schon.


Medizinische Psychologie und Soziologie

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Das Drumherum

Wie schon im letzten Rückblick festgestellt: „Psych-Soz“ und ich werden in diesem Leben keine Freunde mehr.

Im Prinzip hat sich der Kursus genau so fortgesetzt, wie es befürchtet wurde: Unmengen an Stoff ohne jede Differenzierung in „Wichtig“ und „nice to know“, wöchentliche Testate, die so gestaltet wurden, dass es trotz Vorlesungen anschauen, Querlesen und kreuzen bei AMBOSS, Querlesen im empfohlenen Lehrbuch und Lernen mit Karteikarten am Ende teilweise einfach Glückssache war, die Testate zu bestehen.

In einem Testat mussten sogar Fragen gestrichen werden – einfach, weil sie nichts mit dem angegebenen Thema zu tun hatten.

Auch wenn ich ungerne jammere und mich noch weniger gerne über die gestellten Anforderungen beschwere bleibt hier die Feststellung: das Maß des Sinnvollen ist hier schon lange überschritten, das Maß des Vertretbaren stelle ich einfach mal zur Debatte.

Prinzipiell finde ich die Thematik ja gar nicht uninteressant, prinzipiell finde ich es auch nicht verkehrt, dass Anforderungen gestellt werden, prinzipiell finde ich es nicht verkehrt, dass man sich auch während des Semesters an die „Prüfungsfragen“ gewöhnt. Hier entsteht allerdings nicht der Eindruck, dass der Modus den Studierenden dient – sondern vielmehr bewusst Steine in den Weg geschmissen werden. Muss nicht sein.

Nervosität: tatsächlich am geringsten von allen bisherigen Klausuren. Einfach, weil sich hier weder mir, noch vielen Kommilitionen die Frage stellte, ob die Klausur – sorry – kacke wird, sondern nur „wie sehr„.

Die Klausur an sich

Schon die Rahmenbedingungen der Klausur kann man nett als „suboptimal“ beschreiben – Samstag morgens, 8 Uhr, direkt einen Tag nach der Bio-Klausur. Ob man die Notwendigkeit dafür glauben möchte oder nicht, überlasse ich jeden selbst.

Die Tatsache, dass sich einer der Psychologie-Professoren (nicht derjenige, der die Klausur erstellt hat), in der Vorbesprechung von sich aus gesagt hat:

„Wenn zu viele durchfallen, setzen wir die Bestehensgrenze herunter.“

lässt schon vermuten, wie die Klausur lief.

Auch diese Klausur war eine Single-Choice-E-Klausur mit 30 Fragen, die Bestehensgrenze lag bei 60 % (entsprechend 18 Punkten).

Es war die einzige Klausur, wo ich Fragestellung und Fallbeschreibung (die gerne über fünf Zeilen ging) bisweilen dreimal lesen musste, um zu verstehen, was man von mir will. Es war auch die einzige Klausur, bei der in einem hohen Maße irrelevantes Detailwissen abgeprüft wurde, statt das Grundsatzverständnis der Thematik an sich. Und es war auch die einzige Klausur, in der ich angefangen hatte, Punkte zu zählen.

Mit den Fragen, bei denen ich mir in ausreichendenden Maß sicher war, kam ich genau auf die 18 Punkte. Da war schlicht und ergreifend 0,0 Reserve für irgendwelche Fehler.

Ich könnte ja wirklich gut damit leben, irgendetwas zu verhauen, wenn ich mich in keinster Weise mit der Thematik auseinandergesetzt hätte und gelinde gesagt keine Ahnung hätte, worum es überhaupt geht. Aber das?

Das Best-of des Ganzen war dann: zum angegebenen Zeitpunkt konnte man die Ergebnisse nicht abrufen. Keine Rückmeldung, nichts. Am nächsten Tag: technische Probleme, die EDV kümmert sich darum.

Ergebnis: bestanden – mit 86 %. Am Ende war die Durchfallquote dann doch bei eher überschaubaren 10 % und ich unedlich erleichtert, dass ich das Spektakel bis zum Physikum nur noch zweimal über mich ergeben lassen muss.

Was kommt noch?

Der allergrößte Teil des ersten Fachsemesters liegt nun hinter mir – das ist ausgeprochen erfreulich.

Der weniger erfreuliche Teil: der „Endgegner“ des ersten Semesters liegt in der vorlesungsfreien Zeit noch vor mir: er heißt Praktikum der Chemie.

Während andere Themen in diesem Semester entweder „viel“ oder „komplex“ waren, so ist Chemie „viel & komplex“. Die Chemieklausur gilt als die schwierigste des ganzen Semesters – und die Durchfallquote ist dementsprechend hoch. Der Haken dabei ist: für Biochemie im zweiten Semester muss Chemie erst einmal bestanden werden.

Dementsprechend wird der Großteil der Zeit der nächsten Wochen neben dem eigentlichen Praktikum der Chemie vor allem auf dem dazugehörigen Lernen liegen. Also: es bleibt spannend – zumindest aus meiner Sicht 😉

Mein vorläufiges Fazit des ersten Semesters

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Das erste Semester hatte es aus meiner Sicht durchaus in sich: komplett neue Leute, neue Umgebung, ein „Kulturschock“, ein „Masseschock“ beim Lernen – und ein eher überschaubarer bis wenig vorhandener „Anforderungsschock“ in der Klausurenphase.

Manche Dinge haben sich meines Erachtens durchaus bezahlt gemacht – zum Beispiel eine hohe Lerndisziplin und das kontinuierliche Lernen über das gesamte Semester verteilt. Vorkenntnisse – gerade in Physik – waren meines Erachtens ebenfalls ein Vorteil.

Allerdings muss ich auch sagen, dass andere Punkte durchaus kritisch zu sehen sind: Support seitens der Uni gibt es kaum, es ist alles extrem theorielastig, und das eigene Anspruchsdenken kann einem durchaus auf die Füße fallen.

Gerade letzteres dürfen gerade die Leistungsträger sich zu Herzen nehmen: die Wahrscheinlichkeit, dass man an diesem Anspruch scheitert, ist ausgeprochen hoch.

Interessenkonflikte

Der Autor gibt an, dass keine Interessenkonflikte bestehen.

Quellen

SaniOnTheRoad (2022): Wie läuft’s?, abgerufen unter https://saniontheroad.com/wie-laeufts/ am 06.02.2023

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Über SaniOnTheRoad

Die erste Klausurenphase

SaniOnTheRoad

Notfallsanitäter, Teamleiter und Administrator des Blogs. Vom FSJler über Ausbildung bis zum Haupt- und Ehrenamt im Regelrettungsdienst und Katastrophenschutz so ziemlich den klassischen Werdegang durchlaufen. Mittlerweile beruflich qualifizierter Medizinstudent im vorklinischen Abschnitt. Meine Schwerpunkte liegen auf Ausbildungs- und Karrierethemen, der Unterstützung von Neueinsteigern, leitliniengerechten Arbeiten sowie Physiologie, Pathophysiologie, Pharmakologie und EKG für den Rettungsdienst. Mehr über mich hier.

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