Die Herz-Lungen-Wiederbelebung durch Ersthelfer

Erste-Hilfe-Basics – eine Kategorie, eine Zielsetzung: Grundlagen der Ersten Hilfe einfach, unkompliziert und anschaulich zu erklären.

Eines der wohl am wichtigsten empfundenen Themen – und eines, das in der Realität sträflich vernachlässigt wird: die Laienreanimation vor Eintreffen des Rettungsdienstes. Oft wird einfach gar nicht reanimiert, obwohl der Kreislaufstillstand offensichtlich ist – sei es aus Unsicherheit, Angst, Scham oder Ekel.

Tatsache ist: mit jeder Minute ohne Reanimation sinkt die Überlebenswahrscheinlichkeit um 10 %.

Grundregel Nummer 1: die Herz-Lungen-Wiederbelebung durch Laien erhöht die Überlebenswahrscheinlichkeit deutlich, das Risiko schwerer Behinderungen sinkt.

Grundregel Nummer 2: man kann nichts falsch machen – egal was man macht, es wird die Chance des Betroffenen verbessern. Solange man hilft.

Grundregel Nummer 3: eine Reanimation ist wie Sex – besser schlecht, als gar nicht. Auch eine suboptimale Reanimation durch Ersthelfer erhöht die Überlebenswahrscheinlichkeit.

Wie immer gilt auch hier – Eigenschutz beachten!

Inhaltsverzeichnis


Wie erkennt man einen Kreislaufstillstand?

Basics

Ansprechen – Anfassen – Atemkontrolle!

Beim Auffinden einer leblosen Person gilt: zuerst laut und deutlich Ansprechen – zuerst aus der Entfernung, dann aus der Nähe.

Reagiert die Person hierauf nicht, sollte man sie Anfassen und versuchen, zu erwecken – zum Beispiel, in dem man an den Schultern rüttelt.

Bleibt auch hier eine Reaktion aus, gilt die Person als bewusstlos – und ist somit definitiv in einem kritischen Zustand. Spätestens hier sollte man aktiv Hilfe holen, zum Beispiel umstehende Personen herbeirufen. Ist man allein, ist es auch hier schon legitim, einen Notruf über die 112 (ohne Vorwahl) abzusetzen.

Bei der Atemkontrolle muss der Betroffene auf dem Rücken liegen, der Kopf zwingend nach hinten überstreckt sein und das Kinn angehoben werden, um die Atemwege frei zu machen. Es gilt: Sehen, hören, fühlen – und das für mindestens fünf Sekunden, aber nicht mehr als zehn Sekunden!

Ein Ohr wird über den Mund des Betroffenen gehalten, der Blick geht Richtung Füße. Sieht man weder das Heben und Senken des Brustkorbs, noch hört oder fühlt man die Atmung in dem Zeitraum, muss von einem Atemstillstand ausgangen werden.

Atmet der Patient nicht oder atmet er nicht normal (z.B. Schnappatmung – hier ein Video zur Verdeutlichung), gilt er als reanimationspflichtig.

Wenn noch nicht erfolgt, muss spätestens jetzt der Notruf über die 112 abgesetzt werden.

Die Herzdruckmassage

Basics

  • Druckpunkt auf der Mitte des Brustkorbs, zwei Finger breit vom unteren Ende des Brustbeins entfernt
  • 5 – 6 cm tief drücken
  • 100 – 120 mal pro Minute

Zentrales Element der Herz-Lungen-Wiederbelebung ist die Herzdruckmassage. Diese muss sofort begonnen werden, wenn der Kreislaufstillstand festgestellt wurde.

Man entkleidet den Oberkörper (dazu gehört auch der BH bei Frauen!) und sucht den richtigen Druckpunkt auf – dieser befindet sich in etwa in der Mitte des Brustkorbs, zwei Finger breit vom unteren Ende des Brustbeins entfernt.

Man legt eine Hand auf den Druckpunkt, die andere Hand über die erste Hand. Empfohlen wird, die Finger zu verschränken.

Nun drückt man den Brustkorb mit durchgestreckten Armen etwa fünf bis sechs Zentimeter tief ein und entlastet ihn danach wieder komplett. Dies macht man in einer Frequenz von etwa 100-120 Kompressionen pro Minute.

Durchführung der Herzdruckmassage mit richtigem Druckpunkt, Drucktiefe und Frequenz. Quelle: Wikipedia/Mikael Häggström, CC-BY 3.0-Lizenz.

Sind mehrere Helfer vor Ort, sollte man alle zwei Minuten die Helfer wechseln.

Die Beatmung

Basics

  • Herzdruckmassage und Beatmung im Verhältnis 30 : 2
  • Kopf bei Beatmung überstrecken
  • Dauer der Beatmung ca. 1 Sekunde
  • Beatmung nicht zwingend notwendig, aber empfohlen

Die Beatmung wird nach wie vor auch bei der Laienreanimation empfohlen – entsprechend den ERC-Leitlinien 2021.

Nach 30 Mal drücken wird zwei Mal beatmet.

Der Kopf wird zur Beatmung überstreckt, um die Atemwege frei zu machen.

Bei der Mund-zu-Mund-Beatmung legt der Helfer seinen Mund auf den Mund des Betroffenen, verschließt die Nase mit einer Hand und atmet etwa eine Sekunde lang aus. Dies zwei Mal hintereinander.

Bei der Mund-zu-Nase-Beatmung umschließt der Helfer die Nase des Betroffenen mit seinem Mund, verschließt den Mund des Betroffenen und atmet etwa eine Sekunde lang aus. Dies ebenfalls zwei Mal hintereinander.

Bei der Mund-zu-Mund-Beatmung ist es auch möglich, aus hygienischen Gründen ein Notfallbeatmungstuch – z.B. Laerdal Face Shield – zu nutzen.

Nach der Beatmung setzt man die Herz-Lungen-Wiederbelebung im Verhältnis 30 : 2 – also 30 Mal drücken und zwei Mal beatmen – fort.

Wenn ein Helfer nie einen Erste-Hilfe-Kurs besucht hat oder sich die Beatmung überhaupt nicht zutraut, ist es legitim, ausschließlich die Herzdruckmassage durchzuführen, dafür aber kontinuierlich.

Automatisierten Externen Defibrillator nutzen

Basics

  • AED holen lassen – nicht selbst holen
  • Herzdruckmassage (und Beatmung) nicht unterbrechen
  • Gerät einschalten und Anweisungen befolgen
  • nicht auf nassen Boden oder explosiongefährdeter Umgebung nutzen

Ist man im öffentlichen Raum, kann man einen automatischen Defibrillator holen lassen. Die Basismaßnahmen – also Herzdruckmassage und Beatmung – dürfen dafür nicht unterbrochen werden.

Kennzeichnung von AEDs in der Öffentlichkeit. Quelle: Wikipedia, CC-BY-SA 3.0-Lizenz.

Wenn ein AED beim Patienten eingetroffen ist, muss dieser eingeschaltet und die Anweisungen des Geräts befolgt werden.

Die Klebeelektroden müssen richtig sitzen – heißt komplett auf dem Körper des Patienten aufliegen und an der richtigen Position sein.

Die erste Elektrode wird unterhalb des rechten Schlüsselbeins geklebt, die zweite auf die linke Körperseite auf Höhe der Rippen.

Richtige Elektrodenpositionen. Quelle: Wikipedia/Owain Davis, CC-BY 3.0-Lizenz.

Das Gerät analysiert automatisch den Herzrhythmus und gibt dementsprechend eine Empfehlung ab, ob ein Schock – eine Defibrillation – notwendig ist. Während der Analyse darf der Patient nicht berührt werden, während der Schockabgabe ebenfalls nicht.

Eine Defibrillation auf nassen Untergrund und in explosionsgefährdeter Umgebung ist zu unterlassen.

Wie geht es weiter?

Die oben genannten Maßnahmen werden bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes weiter durchgeführt – wenn möglich erst dann aufhören, wenn der Rettungsdienst bereit ist, die Wiederbelebung zu übernehmen.

Ausnahme: man ist körperlich nicht mehr in der Lage, die Maßnahmen weiter durchzuführen. In dem Falle gilt „Eigenschutz vor!“.

Anleitung als Video

Anleitung als Ablaufschema

Empfehlung

Die Basismaßnahmen der Wiederbelebung, sprich Herzdruckmassage, Beatmung und Nutzung eines AED – auch ERC-BLS-Algorithmus genannt – erlernt man in jedem Erste-Hilfe-Kurs. Dauert 9 Unterrichtseinheiten à 45 Minuten und kostet etwa 35 €.

Das ist aus meiner Sicht eine sehr gute Investition, wenigstens alle zwei Jahre. Die meisten Notfälle, die man erlebt, betreffen keine Fremden, sondern Freunde, Familie und Kollegen.

Wer etwas „mehr“ an Hintergrundinfos möchte, dem empfehle ich die Seiten

  • des Deutschen Rats für Wiederbelebung – GRC > hier.
  • Ein Leben retten – 100 pro Reanimation > hier.

Themen-Bundle

Dieser Beitrag ist Teil des Themen-Bundles „Reanimation“.


Ärztlicher Bereitschaftsdienst

Für alle Erkrankungen und medizinischen Probleme, die nicht akut lebensgefährlich sind (aber dennoch zeitnah ärztlich behandelt werden sollen), gibt es den ärztlichen Bereitschaftsdienst. Dieser übernimmt die Aufgaben des Hausarztes außerhalb der üblichen Sprechstundenzeiten und macht bei Bedarf auch Hausbesuche.

Der ärztliche Bereitschaftsdienst ist bundesweit kostenlos unter der 116117 (ohne Vorwahl) erreichbar – auch am Wochenende, an Feiertagen und nachts. Siehe auch 116117.de.

Im Notfall

Bei akuten, lebensbedrohlichen Erkrankungen und Verletzungen ist umgehend Erste Hilfe zu leisten und der Rettungsdienst zu verständigen.

Bei akuten Notfällen ist der Notruf von Feuerwehr, Rettungsdienst und Notarzt die 112 (ohne Vorwahl).

Interessenkonflikte

Der Autor gibt an, dass keine Interessenkonflikte bestehen.

Quellen

BDA/DGAI (2022): Ein Leben retten – 100 pro Reanimation, abgerufen unter https://www.einlebenretten.de/ am 02.02.2022

Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (2024): DGUV Information 204-006 – Anleitung zur Ersten Hilfe, Stand 01/2024 abgerufen unter https://publikationen.dguv.de/widgets/pdf/download/article/698 am 16.02.2024

Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (2023): DGUV Information 204-007 – Handbuch zur Ersten Hilfe, Stand 03/2023 abgerufen unter https://publikationen.dguv.de/widgets/pdf/download/article/826 am 25.02.2024

Deutscher Rat für Wiederbelebung (2021): Reanimation 2021 – Leitlinien kompakt, abgerufen unter https://www.grc-org.de/files/ShopProducts/download/Leitlinien%20kompakt_08.11.2021.pdf am 02.02.2022

SaniOnTheRoad (2022): Welche Notrufnummer ist die richtige?, abgerufen unter https://saniontheroad.com/notrufnummern/ am 25.02.2024

YouTube (2019): Herz-Lungen-Wiederbelebung – so macht ihr es richtig | Dr. Johannes Wimmer, abgerufen unter https://www.youtube.com/watch?v=L_bLsEAy87c am 09.03.2022

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Über SaniOnTheRoad

Die Herz-Lungen-Wiederbelebung durch Ersthelfer

SaniOnTheRoad

Notfallsanitäter, Teamleiter und Administrator des Blogs. Vom FSJler über Ausbildung bis zum Haupt- und Ehrenamt im Regelrettungsdienst und Katastrophenschutz so ziemlich den klassischen Werdegang durchlaufen. Mittlerweile beruflich qualifizierter Medizinstudent im vorklinischen Abschnitt. Meine Schwerpunkte liegen auf Ausbildungs- und Karrierethemen, der Unterstützung von Neueinsteigern, leitliniengerechten Arbeiten sowie Physiologie, Pathophysiologie, Pharmakologie und EKG für den Rettungsdienst. Mehr über mich hier.


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