Erstes Semester – ein Rückblick

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Aus der Uni – ein Rettungsdienstler berichtet vom Weg ins und aus dem Medizinstudium.

Die erste Klausurenphase war überstanden – und es gab nur noch einen „Nachzügler“: das Praktikum der Chemie für Mediziner samt Klausur. Ein Monat den Fokus auf ein einziges Fach. Ein Monat intensives Lernen, Üben, und Nacharbeiten.

Nun sind es knappe 6 Monate im Medizinstudium – und damit wohl ein guter Zeitpunkt, ein Fazit des Semesters zu ziehen!

Inhaltsverzeichnis

Was bisher geschah…

Nach dem Einstieg ins Medizinstudium, den ersten Eindrücken und einem nicht zu unterschätzenden Zeit- und Lernaufwand kam die erste Klausurenphase.

Ein Wechselbad der Gefühle zwischen Stress, Anspannung, Vorfreude und Erleichterung – die Schwierigkeitsgrade der einzelnen Klausuren und Testate variierte relativ stark (was aber individuell sehr unterschiedlich ist) und dementsprechend auch die finalen Eindrücke der einzelnen Fächer.

Terminologie war der Auftakt und die mit Abstand entspannteste Klausur. Es folgten Physik (nicht entspannt, aber mit solider Vorbereitung machbar), Biologie (schwerer als gedacht, aber immer noch gut machbar) und Psychologie/Soziologie (wie erwartet eine der ätzendsten Klausuren).

Dann war erst einmal Ruhe – das Praktikum der Chemie fand vollständig in der vorlesungsfreien Zeit statt. Und das Thema Chemie verdient es (oder hat es nötig), dass man drei Worte darüber verliert.

Das Praktikum der Chemie

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Photo by Chokniti Khongchum on Pexels.com

Das Fach besteht aus drei Teilen: der Vorlesung, dem Seminar (als Begleitvorlesung) und dem Praktikum.

In der Vorlesung werden grundsätzlich alle relevanten Themen der Chemie behandelt und sie bildet letztendlich den Leitfaden zum Lernen.

Das Seminar fungiert als Begleitvorlesung – es behandelt also konkret die Versuche, die im Praktikum durchgeführt werden und spricht diese mit ihren Besonderheiten durch.

Das Praktikum – welches die eigentlich verpflichtende Lehrveranstaltung mit Leistungsnachweis ist – war letztendlich eine Art Blockpraktikum in der vorlesungsfreien Zeit.

Vorlesung

Die Basis für alles, was mit diesem Fach zu tun hat – und das A und O zum Bestehen der Klausur: die Vorlesung.

In der Vorlesung werden grundsätzlich alle theoretischen Grundlagen, die man für das Praktikum und die Klausur benötigt, abgehandelt. Das umfasst einen grundlegenden Abriss verschiedener Themen aus der allgemeinen und anorganischen Chemie sowie aus der organischen Chemie, z.B.

  • Atombau
  • Chemisches Rechnen und Stöchiometrie
  • Säuren, Basen und Puffer
  • Redoxreaktionen
  • Organisch-chemische Reaktionstypen
  • Aminosäuren und Kohlenhydrate
  • Carbonylverbindungen

Allein hinsichtlich der Themenanzahl ist das Fach vergleichsweise umfangreich – und die Themen wurden lediglich auf 3 Semesterwochenstunden verteilt (und damit genauso viel Theorie, wie für Physik mit wesentlich übersichtlicheren Themen).

Auch wenn eine Verknüpfung zwischen Theorie und Praxis Gold wert ist, hat die zeitliche Trennung von Vorlesung und Praktikum hier keine relevanten Nachteile gehabt – so war jedenfalls genug Zeit, die Theorie zu lernen, zu wiederholen und zu verinnerlichen.

Empfehlung

Man sollte sich zweifellos erbarmen und möglichst keine Vorlesung verpassen – selbst wenn handballgroße Hagelkörner vom Himmel fallen. Für das reine Selbststudium – auch, wenn es einem liegt – ist das Fach zu umfangreich und die Komplexität zu hoch, um sich sinnvoll alleine darauf vorbereiten zu können.

Für Chemie gilt insbesondere: frühzeitig mit dem Lernen anfangen, kontinuierlich dranbleiben – und üben. Übungsaufgaben sind hier meines Erachtens nochmals wichtiger, als in Physik. Die Schwierigkeit besteht gerade darin, die relativ komplexen Zusammenhänge und Gesetzmäßigkeiten anwenden zu können – eine Routine bekommt man hier nur durch Übungsaufgaben. Ein reines „Lernen“ (im Sinne des Auswendiglernens) reicht hier keineswegs aus.

Ich bin tatsächlich einigermaßen stiefmütterlich mit der Vorlesung umgegangen: da ein Termin der Vorlesung quasi der einzige Termin an einem Tag in der Uni war, hatte ich diesen regelmäßig ausfallen lassen – der freie Tag wurde dann zum Vor- und Nachbereiten oder zum Arbeiten genutzt. Würde ich rückblickend gesehen nicht mehr machen – dafür ist die Vorlesung, wenn auch keine Pflichtveranstaltung – einfach zu wichtig.

Von der Maßgabe „keine Bücher kaufen“ würde ich hier auch eine Ausnahme machen: ein solides Lehrbuch (ggf. mit zusätzlichem Kurzlehrbuch) und Übungsbücher sollte man definitiv ins Auge fassen.

Seminar

Das Seminar zum chemischen Praktikum erfüllt letztendlich eine ähnliche Funktion wie die Begleitvorlesung zum Praktikum der Physik: in erster Linie dient es zur Vorbereitung auf das Praktikum selbst. Ein solches Seminar respektive eine Begleitvorlesung wird meines Wissens nach nicht überall angeboten.

Im Seminar selbst werden die Praktikumsversuche ausführlich besprochen, die Ansätze und Lösungswege erläutert und zumindest zum Teil die Themen der Vorlesung wiederholt.

Inhaltlich gab es dabei durchaus Dopplungen – gerade am Anfang des Seminars – die schnell dazu verleiten, das Interesse an der Veranstaltung zu verlieren. Diesem Trugschluss sollte man nicht unterliegen!

Das Seminar ist dann doch ein gutes Stück anwendungsorientierter als die Vorlesung und es wird doch erheblich mehr Wert auf das „Handwerkszeug“ gelegt – das gemeinsame Üben und Rechnen von Beispielaufgaben ist definitiv hilfreich und die Gelegenheit sollte genutzt werden.

Im Gegensatz zur Vorlesung fand ich es hier problematischer (oder besser: ungünstiger), dass Seminar und Praktikum zeitlich zum Teil weit auseinanderlagen. Die Besprechung von Praktikumsversuchen, die man erst in mehreren Monaten durchführt, ist aus meiner Sicht nicht sinnvoll – bis das Wissen zur Anwendung kommt, ist es typischerweise längst vergessen.

Empfehlung

Wenn ein solches Seminar angeboten wird: geht hin. Wirklich.

Auch wenn ich es in der Gesamtwertung der Wichtigkeit unterhalb der Vorlesung einordnen würde, ist die gezielte Vorbereitung auf das Praktikum sehr hilfreich und das vermittelte, anwendungsorientierte Wissen eine notwendige Grundlage für die Klausur.

Ich bin mit dem Seminar noch stiefmütterlicher umgegangen, als mit der Vorlesung – und habe im Endeffekt nur einen Bruchteil der Termine wahrgenommen. Das war ein Fehler. Das nachträgliche Durcharbeiten hatte hier sicher nicht denselben Effekt wie die tatsächliche Teilnahme.

Das Praktikum an sich

Irgendwann, nachdem alle anderen Fächer abgehakt waren, stand es dann an: das Praktikum der Chemie.

Im Gegensatz zu Biologie und Physik war das Praktikum eher ein „Blockpraktikum“ – es fand relativ komprimiert über zwei Wochen verteilt statt. Zehn Studieneinheiten, die jeweils aus mehreren Versuchen bestanden. Angesetzt waren ursprünglich fünf Tage von 8:30 bis 18:00, im Endeffekt wurde es während des Praktikums dann auf vier Tage verkürzt.

Zum Bestehen des Praktikums selbst genügte nicht nur die Anwesenheit, sondern es mussten zudem „Praxispunkte“ erzielt werden – dies waren bewertete Versuche im Rahmen des Praktikums, bei denen in beispielsweise bestimmte Maßlösungen angesetzt, Stoffmengen bestimmt oder Stoffe identifiziert werden mussten.

Eine Sicherheitsbelehrung ist vor Praktikumsbeginn Pflicht. Notwendige persönliche Schutzausrüstung – namentlich Kittel und Schutzbrille – muss selbst beschafft werden. Bei diesen Themen verstehen die Chemiker (verständlicherweise) sehr wenig Spaß.

Für jede Studieneinheit gab es im Praktikum noch einmal eine separate Einweisung in die jeweiligen Versuche durch die Praktikumsleitung. Es gab zudem mehrere Kolloquien mit den HiWis des Praktikums über die jeweiligen Praktikumsthemen.

Die häufig kursierende Aussage

„Die Chemiker hassen die Mediziner“

kann ich zumindest anhand des Praktikums wirklich nicht bestätigen – sowohl Praktikumsleitung als auch HiWis waren zwar „streng“, aber durchweg sehr hilfsbereit.

Lerntechnisch hatte das Praktikum durchaus einen relevanten Mehrwert, da hier das recht umfangreiche theoretische Wissen (endlich) in einen praktischen Kontext gesetzt wurde. Dadurch wurden wenigstens in meinem Falle viele Themen noch einmal glatt gezogen.

Empfehlung

Ich muss ganz klar festhalten: die Theorie aus Vorlesung und Seminar sollte zu Praktikumsbeginn sitzen – diese wird schlicht und ergreifend vorausgesetzt und im Praktikum selbst ist wenig Zeit, allzu große Lücken zu schließen.

Das Praktikumsskript sollte man unbedingt vor dem jeweiligen Praktikumstag anschauen und Aufgaben (z.B. diverse Rechnungen) sollte man nach Möglichkeit schon vorher erledigen. Das spart nicht nur Zeit, sondern identifiziert auch schlicht und ergreifend mögliche Probleme.

Wenn es Schwierigkeiten gibt: fragen. Eine bessere Betreuung als im Praktikum wird man in diesem Fach nicht bekommen und die Möglichkeit sollte man unbedingt nutzen.

Die Klausur

Wenige Tage nach Praktikumsende stand dann der Klausurtermin an. Ehrlicherweise war ich auch froh darüber – ich konnte die Themen nämlich langsam nicht mehr sehen und ich wusste auch nicht, was ich noch lernen sollte.

Eine Themeneingrenzung als solche gab es nicht – ausgehend von Gedächtnisprotokollen und Aussagen höherer Semester konnte man typische Themen zwar identifizieren, aber so wirklich gezielt auf die Klausur vorbereiten konnte man sich nicht.

Die Aussage der Praktikumsleitung am letzten Tag mit

„Dieses Fach hat bereits für einige das Studium beendet. Lernen Sie so, dass Sie beim ersten Mal bestehen.“

war dabei eher weniger aufbauend.

Die Klausur selbst bestand aus 14 Aufgaben (mit Unteraufgaben) mit insgesamt 100 Punkten als E-Klausur. Allerdings keine „Ankreuzklausur“, sondern eine Rechenklausur. Die Rechnungen werden auf einem separaten Blatt durchgeführt – Punkte gibt es allerdings de facto nur für das richtige Endergebnis. Verrechnen oder Rundungsfehler sind somit fatal. Bestehensgrenze bei 50 %, Zeitansatz 90 Minuten.

Und ich muss feststellen: die Klausur hatte es in der Tat in sich. Es war definitiv die anspruchsvollste Klausur des ersten Semesters. Einige Aufgaben gingen mir erstaunlich leicht von der Hand, bei anderen musste ich dreimal überlegen, und ein paar konnte ich beim besten Willen nicht lösen.

Trotz ziemlich intensiver Vorbereitung ging es hier an die Grenzen der Fähigkeiten – auch, weil „typische Aufgaben“, auf die ich mich vorbereitet hatte, gar nicht drankamen; dafür aber andere, mit denen ich niemals gerechnet hätte.

Dementsprechend ging es mit sehr gemischten Gefühlen aus der Klausur. Der Schock kam dann am Abend: die Ergebnisse sind schon da. Ich hatte mir wirklich überlegt, ob ich es wissen will, und mich dann doch dafür entschieden. Ändert ja nix am Ergebnis. Siehe da: bestanden – aber vergleichsweise knapp. Erleichterung. Ich habe das erste Semester „überlebt“.

Bei vielen anderen sah das allerdings dann auch anders aus – 55 Kommilitonen (und damit rund ein Viertel des Semesters) sind durchgefallen. Damit war Chemie, wie erwartet, das „Rauswaschfach“ des ersten Semesters, wenngleich das Ergebnis nicht so katastrophal war, wie ursprünglich angenommen.

Gleichzeitig ist es allerdings eine Ansage für die Biochemie im nächsten Semester – die nochmals anspruchsvoller ist.

Fazit des ersten Semesters

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Photo by Ann H on Pexels.com

Nach Ende des ersten Semesters kann ich zwei Feststellungen treffen – es war zum Teil genauso, wie erwartet, und zum Teil komplett anders, als erwartet.

Die Workload und die Masse an Themen haben meine Vorstellungen letzten Endes doch ziemlich genau getroffen. Manches ist einfach nur mengenmäßig viel, anderes ist kompliziert, und manches ist einfach beides.

Die „immer dranbleiben und immer ein wenig etwas machen“-Strategie hat sich aus meiner Sicht bezahlt gemacht. Den Lernaufwand konnte ich so gut verteilen und „Spitzenbelastungen“ weitestgehend vermeiden. Das sollte auch so sein, sonst wird die Prüfungsphase noch stressiger, als sie ohnehin schon ist.

Die Erwartungen hinsichtlich des Anspruchs wurden also zweifellos erfüllt.

Einige Dinge waren dann aber doch ganz anders, als ursprünglich gedacht…

Die Vorstellung, dass sich eine leistungsstarke und hochmotivierte Elite hier zusammenfindet, habe ich mittlerweile restlos gestrichen. Ein nicht zu unterschätzender Teil meiner Kommilitonen strauchelt erheblich, einige haben vor, während oder unmittelbar nach der Prüfungsphase abgebrochen, und gar nicht so wenige hängen in mindestens einem Fach weiterhin im ersten Semester fest.

Meine Lerngruppe hat ebenfalls das erste Mitglied verloren, der große Rest ist noch mit „nachholen“ beschäftigt. Das finde ich aus menschlicher Sicht schade – aus praktischer Sicht muss ich einsehen, dass eine Lerngruppe nur dann Sinn macht, wenn man auch das gleiche lernt.

Bislang habe ich die Entscheidung, Medizin zu studieren nicht bereut – trotz Arbeitsbelastung und Ansprüchen seitens der Uni finde ich durchaus Spaß daran. Naja, jedenfalls die meiste Zeit 😉

Um das Spektakel in einem Satz zusammenzufassen:

„Wo Ehrgeiz und Spaß aufhört, fängt Disziplin und Zähigkeit an“

Interessenkonflikte

Der Autor gibt an, dass keine Interessenkonflikte bestehen.

Quellen

SaniOnTheRoad (2023): Die erste Klausurenphase, abgerufen unter https://saniontheroad.com/die-erste-klausurenphase/ am 20.03.2023

SaniOnTheRoad (2022): Wie läuft’s?, abgerufen unter https://saniontheroad.com/wie-laeufts/ am 20.03.2023

SaniOnTheRoad (2022): Die ersten Eindrücke, abgerufen unter https://saniontheroad.com/die-ersten-eindruecke/ am 20.03.2023

SaniOnTheRoad (2022): Mein Weg ins Medizinstudium, abgerufen unter https://saniontheroad.com/mein-weg-ins-medizinstudium/ am 20.03.2023

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Über SaniOnTheRoad

Erstes Semester – ein Rückblick

SaniOnTheRoad

Notfallsanitäter, Teamleiter und Administrator des Blogs. Vom FSJler über Ausbildung bis zum Haupt- und Ehrenamt im Regelrettungsdienst und Katastrophenschutz so ziemlich den klassischen Werdegang durchlaufen. Mittlerweile beruflich qualifizierter Medizinstudent im klinischen Abschnitt des Studiums. Meine Schwerpunkte liegen auf Ausbildungs- und Karrierethemen, der Unterstützung von Neueinsteigern, leitliniengerechten Arbeiten sowie Physiologie, Pathophysiologie, Pharmakologie und EKG für den Rettungsdienst. Mehr über mich hier.


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