Facharbeit in der Notfallsanitäterausbildung

a woman in white long sleeves writing on paper

Rettungsdienst aktuell – Themen die den Rettungsdienst, seine Mitarbeiter und Interessierte beschäftigen. Von leitliniengerechter Arbeit bis zur gesellschaftskritischen Diskussion.

Inhaltsverzeichnis


Einleitung

Für manch einen ist es die Chance, sich intellektuell auszutoben – für einen weitaus größeren Teil ein Ärgernis bis zur unüberwindbaren Herausforderung: eine Facharbeit im Rahmen der Notfallsanitäterausbildung.

Auch wenn weder das NotSanG, noch die NotSan-APrV das Erstellen einer Facharbeit vorschreibt, ist es durchaus zum Trend geworden, eine solche in die Lehrpläne der Berufsfachschulen oder auch in die Curricula der Rettungswachenausbildung mit aufzunehmen. Eine „schlechte“ Facharbeit hat (abgesehen von einer dementsprechenden Note) erstmal keine akuten Auswirkungen.

Dementsprechend hoch ist dann doch die Wahrscheinlichkeit, dass man im Rahmen der Notfallsanitäterausbildung mit dem Thema „Facharbeit“ in Berührung kommt. Dabei gibt es durchaus einige Stolpersteine, die über Erfolg und Misserfolg der Arbeit entscheiden können – und die möchte ich in diesem Beitrag mal etwas näher beleuchten.

Warum eine Facharbeit?

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Photo by Ann H on Pexels.com

Die erste Frage, die nach Verkünden der Aufgabe durch die Menge geht, ist typischerweise

„Warum müssen wir das machen?“

Auch wenn manch einer das schlicht als pure Demotivation und Arbeitsscheue deuten wird, ist die Frage durchaus berechtigt.

Eine Facharbeit als solche führt als wissenschaftspropädeutische Arbeit in einige grundlegende wissenschaftliche Methoden ein. Nun ist der Notfallsanitäter vom Berufsbild definitiv ein anwendungsorientierter Ausbildungsberuf und erstmal kein Teil der Forschungsgemeinschaft. Worin liegt also der Sinn in einer meist mit Aufwand verbundenen Arbeit, die sich nach der Abgabe kein Mensch mehr anschaut?

Es geht hierbei nicht um die Ergebnisse, sondern primär um den Weg dorthin. Und da kann man durchaus einen tieferen Sinn sehen, wenn man es möchte: die eigenständige Informationsbeschaffung, die Interpretation und Bewertung sind durchaus für den Notfallsanitäter relevant – auch und gerade im Rahmen des eigenverantwortlichen Lernens.

Man kommt zwangsläufig mit Studien, Leitlinien und Fachtexten in Berührung und muss in der Lage sein, sich notwendige und relevante Informationen herauszuziehen. Dafür stellt eine Facharbeit tatsächlich eine sehr gute Übung dar.

Sinnvoll ist das Unterfangen allerdings nur dann, wenn auch die theoretische Basis hinsichtlich der Methodik durch die Berufsfachschule gelegt wird. Mit einem eher knapp bemessenen Leitfaden wird man die Methodenkompetenz der Azubis keineswegs stärken und gewisse Grundlagenthemen müssen einfach behandelt werden.

Arten der Facharbeit

Ähnlich wie bei „größeren“ wissenschaftlichen Arbeiten – wie z.B. Bachelor- und Masterarbeit oder gar der Dissertation – kann man mehrere Arten der Facharbeit hinsichtlich der Methodik unterscheiden. Die im Vergleich eher feinen Abstufungen wie bei solchen wissenschaftlichen Arbeiten sind für die zur Verfügung stehenden Methoden und den vertretbaren Zeitaufwand bei einer Facharbeit nicht gänzlich zielführend.

Man kann im Wesentlichen zwei „Basisarten“ der Facharbeit unterscheiden: die (theoretische) Facharbeit auf Literaturbasis und die empirische Facharbeit, die beide Vor- und Nachteile haben.

Die theoretische Facharbeit (Literaturarbeit)

Die „typische“ Facharbeit ist oftmals die theoretische Facharbeit. Warum theoretisch? Eine Fragestellung wird hier in der Theorie mithilfe von verschiedenen Quellen beleuchtet, bewertet und ausgewertet. Hierbei handelt es sich üblicherweise um eine überwiegende bis ausschließliche Literaturrecherche.

Die reine Literaturarbeit wird gerne als die einfachste Form der Facharbeit gesehen. Ich finde: das stimmt nicht.

Je nach Fragestellung hat man unglaublich viel Recherchearbeit, hat man unglaublich viele Quellen zu sichten, die relevanten Informationen in den Quellen zu finden, miteinander in Einklang zu bringen, zu analysieren und dann eigene Schlussfolgerungen zu ziehen. Das ist oftmals herausfordernder, als eine empirische Arbeit auf Grundlage von zehn Fragen und setzt definitiv ein Grundverständnis von wissenschaftlichen Arbeiten voraus.

Vor- und Nachteile

VorteileNachteile
– keine eigene Datenerhebung notwendig
– größere Datenmengen
– „einfachere“ Methodik
– einfachere Grundsatzüberlegungen
– weniger Vorbereitungen notwendig
– Fehler haben geringere Auswirkungen/sind korrigierbar
– Rechercheaufwand
– nicht alle möglichen Quellen frei verfügbar
– Quellen z.T. nur auf Englisch verfügbar
– Analyse meist wesentlich aufwendiger

Gut geeignet sind „Literaturarbeiten“ für die Themen, bei denen es viele Informationsquellen bzw. eine gute Studienlage gibt – also tendenziell eher große Themenbereiche. Eine Literaturarbeit ist dann empfehlenswert, wenn man Spaß an Recherche und Analyse vorhandener Quellen hat und zumindest grundsätzlich weiß, wie man mit Studien & Co. umgeht.

Bei theoretischen Arbeiten ist „Learning by doing“ jedoch wesentlich einfacher möglich, als es bei empirischen Arbeiten der Fall ist: unzureichende oder gar falsche Grundsatzüberlegungen lassen sich hier lange Zeit korrigieren. Wer also möglichst schnell anfangen möchte, wird mit einer theoretischen Arbeit vermutlich besser beraten sein.

Die empirische Facharbeit

Die zweite große und typische Gruppe der Facharbeiten sind die empirischen Arbeiten – hier steht die Auswertung selbst erhobener Daten, in aller Regel in Umfrageform, im Vordergrund.

Man sucht sich eine Fragestellung, plant eine passende Umfrage, erstellt diese und führt sie durch und wertet sie am Ende des Tages aus, um entsprechende Schlüsse daraus zu ziehen.

In aller Regel geht es auch hier nicht gänzlich ohne andere Quellen und Literaturrecherche, diese hält sich allerdings im Vergleich zur reinen Literaturarbeit meist deutlich in Grenzen.

Empirische Arbeiten werden meist als anspruchsvoller betrachtet: man muss hier tatsächlich wesentlich mehr „selbst planen“ und Grundsatzüberlegungen vor Beginn der Arbeit sind meist komplexer und wichtiger. Andererseits bekommt man durch eine solide Umfrage meist genau die Ergebnisse, die man benötigt und muss nicht ewig lange suchen und aus vorhandenen Daten abstrahieren.

Vor- und Nachteile

VorteileNachteile
– weniger Recherchearbeit
– gezielte & passende Datenerhebung möglich
– Analyse einfacher möglich
– umfangreichere und komplexere Grundsatzüberlegungen
– Aufwändigere Untersuchungsplanung/-durchführung
– geringere Datenmengen
– Teilnehmer müssen selbst gefunden werden

Vorteilhaft sind empirische Arbeiten bei kleineren, speziellen Fragestellungen, bei denen es keine umfangreichen Daten gibt – und bei Arbeiten, die Unterschiede zwischen Theorie und gelebter Praxis analysieren sollen.

Grundsatzüberlegungen sind hier allerdings wesentlich wichtiger als bei reinen Literaturarbeiten – Fehler in der Untersuchungsplanung sind recht schnell nicht mehr korrigierbar und ziehen sich im Zweifelsfall durch die ganze Arbeit durch.

Man muss gerade zu Beginn hier z.T. deutlich mehr Zeit aufwenden, als es bei reinen Literaturarbeiten der Fall ist – der eigentliche Beginn der Arbeit ist also später. Hier muss man eindeutig ein solides Zeitmanagement an den Tag legen, damit man mit üblichen Abgabefristen nicht in Schwierigkeiten kommt.

Fragestellung/Thema finden

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Die in aller Regel wichtigste Grundsatzüberlegung ist: worüber will ich überhaupt schreiben?

Auch wenn letztendlich der Titel auf dem Deckblatt der Facharbeit nicht zwangsläufig eine Frage sein muss, bietet sich als „Arbeitstitel“ eben eine Leitfrage an.

Das hat den Vorteil, dass man nicht ganz so leicht abschweift – die Arbeit an sich erfolgt nämlich hier mit dem Ziel, die Leitfrage zu beantworten.

Überlegungen

Es ist ratsam, an dieser Stelle einen Blick auf die formalen Vorgaben für die Facharbeit zu werfen:

Überlegungen

  • Welche Themen kommen überhaupt in Frage?
  • Welchen Umfang soll die Facharbeit haben?
  • Gibt es Vorgaben für die Methodik der Facharbeit?
  • Was ist der Zeitansatz?

Generell sollte man ein Thema schreiben, welches einen tatsächlich interessiert. Selbst vergleichsweise „leichte Themen“ können in der Arbeit durchaus zur Tortur werden, wenn man sich für die Fragestellung nicht im geringsten interessiert.

Thematisch sollten die Facharbeiten in der Notfallsanitäterausbildung einen Rettungsdienstbezug aufweisen – dass kann (aber muss nicht) medizinisch sein; auch rechtliche Fragestellungen, pädagogigisch-didaktische Fragestellungen oder einfach der Vergleich zwischen Theorie und Praxis sein.

Es bietet sich an, das jeweilige Thema mit dem jeweiligen Betreuer bzw. der zuständigen Lehrkraft abzusprechen.

Eine unbedingte Empfehlung hinsichtlich der Themenwahl meinerseits ist: nehmt möglichst kleine Themen mit einer möglichst konkreten Fragestellung. Das Risiko, die Umfangsvorgabe zu überschreiten und sich im Thema „zu verlieren“ ist unglaublich groß – zudem können große Themen einen derart erschlagen und die Recherche nahezu unmöglich machen, sodass man schlicht keinen Anfang findet.

Grundsatzüberlegungen vor dem Schreiben

Eine der größten Schwierigkeiten – und zugleich einer der wichtigsten Punkte – sind leider die Grundsatzüberlegungen, die man vor Beginn der Facharbeit anstellen muss. „Schlechte“, falsche oder einfach unzureichende Grundsatzüberlegungen können sich durch die ganze Facharbeit ziehen und sich bitter rächen – im schlechtesten Falle so immens, dass die Arbeit schlicht unbrauchbar wird.

Der erste Teil der Grundsatzüberlegungen ist das „Was?“ – also, worüber man schreiben möchte, was im vorhergehenden Abschnitt bereits beleuchtet wurde.

Informationsbeschaffung

Ein Punkt, der viel zu wenig beleuchtet wird, ist die Informationsbeschaffung. Nein, damit ist nicht die eigentliche Quellensuche und Quellenarbeit gemeint, sondern allgemeine Informationen, die zur Bearbeitung der Facharbeit notwendig sind.

Das können durchaus oft statistische Fragen sein, wie beispielsweise Mitarbeiter-/Beschäftigtenanzahl, deren Qualifikationen, die Einsatzhäufigkeit oder -dauer…sprich: alles, was sich gut in Zahlen ausdrücken und messen lässt.

Darunter fällt aber auch die Basisinformation zum eigentlichen Thema: worum geht es hierbei überhaupt? Man muss die Thematik (und darauffolgende Problemstellungen) mindestens in den Grundzügen selbst verstanden haben, bevor man sich der eigentlichen Fragestellung widmet. Eine solide, tiefere „Einarbeitung“ in das jeweilige Überthema, sei es mit Lehrbüchern, Leitlinien, Studien oder sonstigen Internetquellen, ist unbedingt zu empfehlen.

In beiden Fällen sollte man sich unbedingt frühzeitig überlegen,

  • wo man entsprechende Informationen herbekommen könnte und
  • dort dann unbedingt frühzeitig anfragen.

„Zielgruppe“, Einschluss- und Ausschlusskriterien

Dieser Punkt hängt unmittelbar mit der Themenfindung und vor allem der Eingrenzung des Themas zusammen.

Die Größe der „Zielgruppe“ – die Fälle bzw. Personen, die man betrachtet – muss angemessen gewählt werden. Das kann sowohl Patienten umfasssen (z.B. aus Studien), als auch Kollegen (Qualifikation, Einsatzerfahrung, Voll-/Teilzeit…).

Je besser die Zielgruppe gewählt wurde, desto konkreter und genauer lässt sich die Fragestellung bearbeiten – und desto konkreter kann man auch nach Quellen suchen.

Dafür muss man entsprechende Kriterien festlegen.

Die Einschlusskriterien sind die Kriterien, bei denen eine Berücksichtigung in der Facharbeit erfolgt. Sprich: die Fälle/Personen, über die man schreiben will.

Beispiele

  1. Patienten mit V.a. Schlaganfall und oraler Antikoagulation
  2. Tranexamsäure bei Patienten mit Schädel-Hirn-Trauma
  3. Notfallsanitäter im Land Rheinland-Pfalz

Umgekehrt definiert man mit Ausschlusskriterien die Bedingungen, unter denen keine Berücksichtigung in der Facharbeit erfolgt. Mit diesem Vorgehen sollen entsprechend ungewollte Verzerrungen vermieden werden.

Anhand der oben genannten Beispiele ließen sich z.B. folgende Ausschlusskriterien definieren:

Beispiele

  1. Patienten mit V.a. Schlaganfall und oraler Antikoagulation – Ausschluss: vorbestehendes neurologisches Defizit und/oder Demenz
  2. Tranexamsäure bei Patienten mit Schädel-Hirn-Trauma – Ausschlusskriterium: gleichzeitg vorliegendes Beckentrauma
  3. Notfallsanitäter im Land Rheinland-Pfalz – Ausschlusskriterium: nur ehrenamtlich tätig

Die Wahl der Ein- und Ausschlusskriterien muss wohl überlegt sein – entweder wird die Datenmenge zu groß, oder sie ist am Ende zu klein, um eine Aussage treffen zu können. Beides ist für den nächsten Punkt relevant: die Repräsentativität.

Repräsentativität

„Repräsentativität“ bedeutet vereinfacht nicht anderes als „Wie gut lassen sich die Ergebnisse meiner Facharbeit auf die Gesamtheit (der Patienten mit Krankheit X/der Kollegen der Rettungsdienst-Y GmbH/den Rettungsdienst in Niedersachsen…) übertragen?

Letztendlich ist es also eine Maß dafür, wie allgemeingültig die Aussagen der Facharbeit sind. Für die Repräsentativität ist nicht nur einiges an statistischer Arbeit notwendig, sondern auch eine ausreichende und richtig eingeordente Datenmenge oder Teilnehmerzahl.

Vieles davon ist im Rahmen einer Facharbeit gar nicht zu erreichen (das schaffen nicht mal alle „richtigen“ wissenschaftlichen Studien) – und auch nicht notwendig.

Die Facharbeit muss selbstverständlich fundiert und aussagekräftig sein – aber nicht unbedingt repräsentativ.

Fragebögen

Fragebögen sind das Mittel der Wahl für empirische Facharbeiten – und kritisch, was die Fehlerquellen angeht.

Einmal veröffentlicht kann der Fragebogen nicht mehr korrigiert werden, was bisweilen gravierende Auswirkungen haben kann. Dementsprechend sollte man sich bei der Erstellung eines Fragebogens definitiv etwas Zeit nehmen und genau überlegen, was man wie fragen möchte.

Überlegungen

  • Abfragen der Ein- und Ausschlusskriterien
  • Welche Fragen muss ich stellen, um meine Fragestellung zu beantworten?
  • Sind meine Fragen präzise genug und verständlich?
  • Ist der Fragebogen in einer sinnvollen Zeit beantwortbar?
  • Wie viele Teilnehmer brauche/möchte ich?
  • Wie soll der Fragebogen zugänglich gemacht werden (digital oder Pencil & Paper)?

Gerade bei Online-Fragebögen tappt man sehr schnell in die Falle: auch wenn viele Testversionen kostenlos nutzbar sind, ist der Funktionsumfang meist sehr beschränkt – und die Teilnehmerzahl typischerweise sehr limitiert.

Man muss hier unbedingt wissen, welche Funktionen eine kostenlose Version bietet, welche Funktionen und welche Teilnehmeranzahl man braucht – ansonsten hat man entweder eine Rechnung jenseits der 50 € an der Backe oder keine verwertbaren Ergebnisse.

Empfehlung

Mit Google Forms lassen sich erstaunlich einfach und kostenlos Fragebögen ohne automatische Teilnehmerbegrenzung erstellen – Voraussetzung ist allerdings ein Google-Konto.

Eine (professionellere) Alternative ist SoSci Survey – hier sind nicht-kommerzielle Umfagen, wie es in einer Facharbeit i.d.R. der Fall ist ebenfalls konstenfrei möglich.

Man muss sich zudem Gedanken machen, wie man eine Umfrage „an den Mann“ bringen will. Denkbar sind natürlich Klassen- oder Wachengruppen in sozialen Netzwerken, die Rettungsdienstleitungen oder auch Webseiten.

Interviews

Eine weitere Möglichkeit, um an auswertbare Daten zu kommen, stellen Interviews dar – meist in Form von „Experteninterviews“.

Im Prinzip ähnelt das Vorgehen dem bei der Fragebogenerstellung, allerdings mit dem Unterschied, dass es hier nicht auf die Anzahl, sondern wesentlich mehr auf den Inhalt ankommt. Die Fragen sind typischerweise wesentlich detaillierter und müssen dementsprechend solide vorbereitet werden – die Auswertung des Interviews ist zudem aufwendiger als ein Fragebogen, da hier der Inhalt und nicht die Anzahl ausgewertet werden muss.

Interviews bieten sowohl für theoretische Arbeiten als auch für empirische Arbeiten durchaus eine gute Ergänzung – wenn man diese denn möchte.

Überlegungen

  • Wer kommt als Interviewpartner infrage? Wer hat in diesem Bereich entsprechende Erfahrungen?
  • Frühzeitige Anfrage und Terminierung!
  • Sorgfältige Vorbereitung möglicher Fragen
  • Zeitmanagement für Durchführung und Auswertung des Interviews essentiell
  • im Zweifelsfall: Zustimmung zur Aufzeichnung des Interviews einholen!

Interviews bieten grundsätzlich die Chance, konkrete Fragen an Spezialisten ihres Fachs zu richten – dementsprechend sollte man darauf achten, dass man zumindest bei einem Experteninterview tatsächlich entsprechend qualifizierte Personen auswählt.

Einen Haken hat die ganze Sache natürlich auch: man muss gezielt auf einzelne Personen zugehen und direkt anfragen – und im Zweifelsfall auch damit leben können, dass kein Interesse besteht. Ein Plan B ist hier definitiv empfehlenswert.

Wie viel kann/soll/muss ich leisten?

Wenn man sich den Beitrag bis dato anschaut, könnte der Eindruck entstehen, dass eine Facharbeit eine umfassende Beschäftigung über die gesamte Ausbildungszeit darstellt.

Um die Nerven zu beruhigen: dem ist natürlich nicht so.

Bei all den bereits gegebenen und folgenden Denkanstößen muss man festhalten:

  • es wird grundsätzlich nichts Unmögliches von euch erwartet!
  • eigene Ansprüche und Ziele muss man realistisch setzen – was auch bedeuten kann (und wird), dass man an dem ein oder anderen Punkt Abstriche machen muss
  • es wird in dem üblichen Rahmen einer Facharbeit weder Perfektion, noch eine wissenschaftliche Meisterleistung erwartet – es geht darum, sich in der Methodik und im Schreiben zu üben

Von daher: keine Panik 😁

Selbst sehr gute Facharbeiten sind keineswegs perfekt – das ist bei den Voraussetzungen auch nicht möglich. Man hat bei der Facharbeit allerdings – wie sonst eher unüblich in der NFS-Ausbildung – eine ungewöhnlich große Freiheit, den Rahmen und die eigenen Anforderungen selbst zu bestimmen.

Es liegt hier an jedem selbst, ob er/sie das „Prinzip des minimalsten Aufwands“ wählt oder die eigenen Ansprüche etwas höher schraubt.

Quellen und Datengewinnung

Wenn man das Thema gefunden hat, eine Fragestellung für die Arbeit hat und einige Grundsatzüberlegungen angestellt hat kommt man recht schnell an den Punkt: wie komme ich überhaupt an Daten, die ich auswerten kann?

Das ist insbesondere dann ein wichtiger Punkt, wenn man nicht mit Fragebögen oder Interviews selbst Daten erheben kann – und auch bei den letzten kommt man um zusätzlichen „Input“ meist nicht drumherum.

Fachliteratur

Für die meisten Themen ist Fachliteratur ein sinnvoller Rechercheeinstieg und die erste nutzbare Quelle – man erhält hier über alle klassischen rettungsdienstlichen Themen einen soliden Grundüberblick und bekommt Ansatzpunkte für die weitere Recherche.

Gerade für den Punkt „Basisinformationen zum jeweiligen Thema“ führt fast kein Weg an der Fachliteratur vorbei.

Oft reicht hier schon die jeweilige Standardliteratur aus der Ausbildung aus – ansonsten gelten hier natürlich die „Standardempfehlungen“:

Empfehlung

Wenn man augenscheinlich „mehr“ oder sehr spezielle Fachliteratur braucht: einen Bibliotheksausweis einer Universität mit medizinischer Fakultät besorgen!

Die Universitätsbibliotheken stehen auch durchaus Nicht-Studenten für wenig Geld oder gar kostenlos offen – und man hat Zugriff auf alle erdenkliche medizinische Literatur und meist auch eine beachtliche Menge an rettungsdiesntlicher Fachliteratur. Oft besteht über Rechercheportale auch eine Zugriffsmöglichkeit auf sonst kostenpflichtige Studien.

Für Fachzeitschriften gilt praktisch das Gleiche – ebenfalls sinnvolle und brauchbare Quellen.

Leitlinien

Gerade für alle praxisrelevanten Themen ist interessant: was sagen die Leitlinien?

Leitlinien sind sehr dankbare Quellen: sie sind kostenlos verfügbar, decken die Themen meist größtenteils ab, sie haben bereits eine Bewertung vorgenommen – und sie liefern wieder Ansatzpunkte für die weitere Recherche und die genutzten Quellen frei Haus.

Leitlinien findet man auf der Seite der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF):

Empfehlung

Unbedingt die Langfassung der Leitlinien anschauen – in diesen wird begründet, warum entsprechende Empfehlungen so empfohlen werden.

Studien

„Direkt von der Quelle“ sind entsprechende Studien selbst – einfach, da diese entsprechende Daten gewonnen und ausgewertet haben. Studien liefern auch zu sehr konkreten Themen Ergebnisse; ob die Ergebnisse für einen selbst für die Fragestellung nutzbar oder aussagekräftig sind, muss man allerdings eigenständig beurteilen.

In aller Regel führt kein Weg daran vorbei, sich mehrere Studien anzusehen, zu vergleichen und eine eigene Gesamtaussage zu formulieren. Das kann durchaus anspruchsvoll sein.

Im Wesentlichen gibt es zwei Wege, um an passende Studien heranzukommen:

  • man geht von vorhandenen Quellen (Fachliteratur, Leitlinien) aus „rückwärts“ und sichtet die Quellen – meist Studien – die dort angegeben sind > „konzentrische Kreise
  • man führt mit entsprechenden Suchmaschinen und Datenbanken eine systematische Literaturrecherche mit passenden Stichwörten durch

Für letzteres bieten sich bspw. PubMed und Google Scholar an.

Man muss unbedingt bedenken: die meisten Studien werden auf Englisch verfasst – mit einer Beschränkung auf rein deutschprachige Ergebnisse wird man die Anzahl an möglichen Quellen massiv einschränken.

Sonstige Internetquellen

Für sonstige Internetquellen gilt immer: mit Vorsicht genießen!

Wikipedia oder DocChek Flexikon? Für einen ersten Überblick über das Thema oder als Ausgangspunkt für die weitere Recherche – vollkommen in Ordnung. Als zitierfähige Quelle? Definitiv nein.

Fachspezifische Internetportale wie AMBOSS & Co.? Grundsätzlich als Quelle möglich – aber nicht als alleinige Quelle.

Sonstige Webseiten oder Blogs? Eindeutiges „es kommt drauf an“ – sind die Beiträge ausreichend belegt (Quellen vorhanden?) und ist ein ordentliches Impressum vorhanden, spricht nichts dagegen. Wenn nicht, dann nicht! Auch hier gilt: nicht als alleinige Quelle nutzten.

Auswertung

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Zwischen der Datenerhebung und dem Beginn des Schreibens steht die Auswertung der Ergebnisse.

Wichtig

Ziel der Auswertung ist es, die jeweilige Fragestellung der Facharbeit zu beantworten!

Dieses sehr naheliegende Ziel muss man durchaus nochmal hervorheben, denn im Verlauf der Arbeit geht es oft aus den Augen verloren.

Unabhängig von den Fragebögen und Literaturquellen muss die Leitfrage suffizient beantwortet werden – alle erhobenen Daten sind dafür „nur“ Mittel zum Zweck.

Gliedern, Zusammenfassen, Teilaussagen formulieren

Der erste Schritt der „Denkarbeit“ ist es, die vorhandenen Daten zu sortieren, zu sinnvollen Gruppen zusammenzufassen und eigene Aussagen/Bewertungen auf Grundlage der Daten zu treffen.

Beispiel 1

  • Gliederungspunkt: Maßnahmenabfolge und -priorisierung während der Reanimation.
  • Daten: ERC-Leitlinie 2021 betont die Wichtigkeit der frühzeitigen Defibrillation aufgrund einer höheren Erfolgsrate; Yu H. et al. (2014) und Simpson P. et al. (2010) konnten keinen Vorteil in Bezug auf das Überleben der Patienten bei einer verlängerten Reanimation mit Beatmung vor der ersten Defibrillation nachweisen.
  • Eigene Aussage/Bewertung: Die frühzeitige Defibrillation („Strom vor Luft“) ist einer verlängerten Reanimation mit obligatorischer Beatmung („Luft vor Strom“) vorzuziehen.

Beispiel 2

  • Gliederungspunkt: Wachstum der Aufrufzahlen des Blogs 2020-2021
  • Daten: 1700 Referrer im Jahr 2020, rund 14.000 Referrer im Jahr 2021; Vergrößerung des Anteils der Aufrufe über Suchmaschinen von rund 66 % auf über 80 %, in etwa Verfünffachung der absoluten Aufrufzahlen über Suchmaschinen
  • Eigene Aussage/Bewertung: Die Zunahme der Aufrufzahlen hängt maßgeblich von den über Suchmaschinen generierten Aufrufen ab.

Das Vorgehen lässt sich sowohl auf Literaturquellen, als auch auf Fragebögen wie auch auf Interviews anwenden.

Teilaussagen zusammenfassen

Wenn man die Teilaspekte betrachtet und entsprechende Aussagen formuliert hat, werden diese miteinander in Einklang gebracht – und eine Gesamtaussage/-bewertung für die Fragestellung formuliert.

Aufbau, Umfang & Struktur der Facharbeit

Für all diese Punkte muss man festhalten: am entsprechenden Leitfaden der Berufsfachschule bzw. des Curriculums orientieren oder den zuständigen Betreuer der Facharbeit fragen.

Die Vorgaben unterscheiden sich hier erheblich und eine allgemeingültige Aussage ist meist nicht möglich.

Ein möglicher Aufbau der Facharbeit kann z.B. so aussehen:

  • Deckblatt
  • Inhaltsverzeichnis
  • Abkürzungsverzeichnis
  • Abbildungsverzeichnis
  • Tabellenverzeichnis
  • Kurzzusammenfassung/Abstract
  • Einleitung
  • Hauptteil
    • Methoden
    • Auswertung der Daten, Beantwortung der Fragestellung
  • Schlussteil (Diskussion, Fazit…)
  • Quellenverzeichnis
  • Eigenständigkeitserklärung
  • Anhang

Das Schreiben

Für manch einen ist es der einfachste Teil der ganzen Arbeit – für andere der schwerste. Das Schreiben an sich ist durchaus etwas, was nicht immer leicht fällt.

Mit der richtigen Vorbereitung und Strategie ist es aber doch gut machbar.

Für das Schreiben bietet sich – wenn man die Auswertung parat hat – das freie Schreiben an. Man fängt einfach an, zu schreiben, ohne Rücksicht auf die spätere Gliederung und Struktur. Strukturiert und mit Quellen versehen wird der „Rohtext“ erst im Verlauf.

Ziel des Ganzen ist es, Schreibblockaden durch den Versuch, von Anfang an einen „perfekten“ Text aufs Papier zu bringen, zu vermeiden. Man hat einen groben Entwurf, der im Verlauf immer ergänzt, überarbeitet und zunehmend strukturiert wird.

Es ist tatsächlich auch empfehlenswert, mit dem Kern der Sache zu beginnen: dem Hauptteil. Die Reihenfolge des Schreibens unterscheidet sich hier von der Reihenfolge, wie die Texte in der fertigen Arbeit aussehen.

Eine mögliche „Schreibreihenfolge“ könnte z.B. sein:

  • Hauptteil
  • Schlussteil
  • Einleitung
  • Kurzzusammenfassung/Abstract
  • Anhang
  • Verzeichnisse
  • Deckblatt

Formalia & Co.

Eine Facharbeit stellt durchaus recht hohe Anforderungen an die Form – und auch hier sind die Vorgaben hochgradig uneinheitlich und unterschiedlich umfassend. Ihr ahnt es bereits: am entsprechenden Leitfaden der Berufsfachschule bzw. des Curriculums orientieren oder den zuständigen Betreuer der Facharbeit fragen.

Vom Umfang der Facharbeit angefangen über die grundsätzliche Gliederung bis zu Schriftart, Schriftgröße, Zeilenabstand und Ränder kann so ziemlich für alles eine Vorgabe existieren.

Dass sämtliche Inhalte, die nicht aus eigenen Gedanken stammen, entsprechend kenntlich gemacht werden müssten – Zitate – ist auf jeden Fall obligatorisch. Wie zitiert werden soll, unterscheidet sich erheblich: es gibt dutzende gängige Zitierstile -und auch hier sollte man sich an den gemachten Vorgaben orientieren.

Wenn es keine festen Voragebn für das Zitieren gibt: die Harvard– oder AMA-Zitierweise bieten sich durchaus an.

Absolute No-Gos einer jeden Facharbeit sind natürlich:

  • deutliches Über- oder Unterschreiten des Umfangs
  • Aussagen und Schlussfolgerungen ohne Belege
  • Urheberrechtsverletzungen – darunter Grafiken und sonstige Plagiate
  • Ghostwriting

Gerade Plagiate können neben der Bewertung als „ungenügend“ durchaus schwerwiegende urheberrechtliche Konsequenzen haben und sollten daher schon im eigenen Interesse vermieden werden.

Hilfe bei der Facharbeit

Eine Facharbeit ist grundsätzlich eigenständig anzufertigen – die mögliche zulässige Hilfe durch Betreuer, Lehrkräfte oder Dritte ist also nur sehr eingeschränkt möglich.

Die Beantwortung allgemeiner Fragen (z.B. zur Methodik) oder das Gegenlesen vor der Abgabe ist unproblematisch zu sehen. Dinge, die darüber hinausgehen, könnten schnell problematisch werden.

Solltest Du Fragen zu Deiner Facharbeit haben, kannst Du selbstverständlich gerne Kontakt mit mir aufnehmen:

Weiterführende Literatur

Ritschl V. et al. (2023): Wissenschaftliches Arbeiten und Schreiben, 2. Auflage. Springer-Verlag, Berlin/Heidelberg.

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Interessenkonflikte

Der Autor gibt an, dass es sich bei den verlinkten Büchern um Affiliate-Links handelt. Es entstehen keine zusätzlichen Kosten bei der Bestellung über den Link. Eine Einflussnahme bei der Auswahl der Literatur ist dadurch nicht erfolgt. Siehe auch: Hinweise zu Affiliate-Links.

Der Autor gibt an, dass keine Interessenkonflikte bestehen.

Quellen

ACAD WRITE (2022): Zitierstile – Welche gibt es und wie werden sie angewendet?, abgerufen unter https://www.acad-write.com/ratgeber/tipps/uebersicht-zitierstile-beispiele/ am 21.10.2023

Berufsfachschule Rettungsdienst des DRK-Landesverbands Rheinland Pfalz (2019): Leitfaden
zur Erstellung von Facharbeiten im Rahmen der Notfallsanitäter-Ausbildung
.

Faller H., Lang H. (2019): Medizinische Psychologie und Soziologie, 5. überarbeitete Auflage. Springer-Verlag Berlin. ISBN: ‎978-3-662-57971-8. DOI: 10.1007/978-3-662-57972-5. Hier erhältlich: https://amzn.to/3V7H5ol

Gesamtschule Uellendahl Katernberg (2020): Methodische Einführung zum Verfassen einer Facharbeit, abgerufen unter https://ge-nord.de/wp-content/uploads/2021/04/2020-Facharbeit_Reader.pdf am 21.10.2023

Kache M. et al. (2015): Leitfaden Literaturrecherche, abgerufen unter https://tu-dresden.de/bu/verkehr/ibb/sft/ressourcen/dateien/lehre/informationen/Leitfaden_Literaturrecherche.pdf?lang=de am 21.10.2023

Mentorium (2020): Facharbeit schreiben, abgerufen unter https://www.mentorium.de/facharbeit-schreiben/ am 21.10.2023

Ritschl V. et al. (2023): Wissenschaftliches Arbeiten und Schreiben, 2. Auflage. Springer-Verlag, Berlin/Heidelberg. ISBN: 978-3662665008. DOI: 10.1007/978-3-662-66501-5. Hier erhältlich: https://amzn.to/3S8DQx5

Studi-Kompass (2020): Plagiat – Bedeutung, Konsequenzen und Beispiele, abgerufen unter https://studi-kompass.com/plagiat am 21.10.2023

von Gersdorff A. M. (2016): Alles über wissenschaftliche Facharbeiten, abgerufen unter https://gwriters.de/blog/wissenschaftliche-facharbeit am 21.10.2023

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Über SaniOnTheRoad

Facharbeit in der Notfallsanitäterausbildung

SaniOnTheRoad

Notfallsanitäter, Teamleiter und Administrator des Blogs. Vom FSJler über Ausbildung bis zum Haupt- und Ehrenamt im Regelrettungsdienst und Katastrophenschutz so ziemlich den klassischen Werdegang durchlaufen. Mittlerweile beruflich qualifizierter Medizinstudent im klinischen Abschnitt des Studiums. Meine Schwerpunkte liegen auf Ausbildungs- und Karrierethemen, der Unterstützung von Neueinsteigern, leitliniengerechten Arbeiten sowie Physiologie, Pathophysiologie, Pharmakologie und EKG für den Rettungsdienst. Mehr über mich hier.

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