1.3 Rettungsdienstliche Schnittstellen

© 2020 SaniOnTheRoad.

Lernziele

Nach diesem Beitrag

  • kennst Du unterschiedliche Schnittstellen mit rettungsdienstlicher Relevanz,
  • kennst Du den allgemeinen Umgang mit Schnittstellen sowie die Wichtigkeit sinnvoller Ressourcennutzung
  • kennst Du die Besonderheiten von Patienten, Angehörigen und Ersthelfern als Schnittstelle
  • kennst Du die Aufgaben und Zuständigkeiten von Klinken, niedergelassenen Ärzten, Feuerwehr und Polizei sowie ihre Anforderungen als rettungsdienstliche Schnittstellen


Abstract

Es gibt eine Vielzahl von Personen und Organisationen, mit denen der Rettungsdienst im Einsatz zusammenwirkt – die Schnittstellen. Neben den klassischen Schnittstellen wie Klinik, Feuerwehr und Polizei wurden auch Schnittstellen außerhalb der klassischen Sichtweise betrachtet und ihre Besonderheiten eruiert.

Schnittstellen haben unterschiedliche Ansprüche und Ziele, die der Rettungsdienst im Idealfall bei seiner Arbeit mitberücksichtigt. Ein freundlicher, klarer, konstruktiver und wertschätzender Umgang bildet hierbei grundsätzlich die Basis.

Auch darf und soll Schnittstellen – z.B. Angehörigen oder Ersthelfern – aktiv Hilfe angeboten werden.

Organisatorische Besonderheiten, wie lokale Gepflogenheiten oder vorhandene Fachabteilungen einer Klinik sollen ebenso bekannt sein und berücksichtigt werden wie die Übernahme der Einsatzleitung durch die Feuerwehr sowie die Verschwiegenheitspflicht auch gegenüber der Polizei.

Einleitung

Wenn man an Schnittstellen im Kontext des Rettungsdienstes denkt, werden einem vor allem die Kliniken, ihr Personal, sowie die anderen BOS, mit denen man in Kontakt kommt, einfallen.

All das sind klassische Schnittstellen – allerdings nicht alle.

Wenn wir den Begriff etwas großzügiger anwenden fällt auf: es gibt noch viel mehr Schnittstellen. Denn unterm Strich ist jeder, mit dem wir dienstlich in Kontakt kommen, Teil einer Schnittstelle.

Im Folgenden werden wir uns die Schnittstellen, ihren Aufgabenbereich und ihre Anforderungen im Einsatz anschauen – sowohl im Allgemeinen, als auch im Speziellen.

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Der Umgang mit Schnittstellen

Schnittstellen sind im Rahmen der rettungsdienstlichen Arbeit außerordentlich wichtig. Jeder Rettungsdiensteinsatz beginnt an einer Schnittstelle, und jeder endet auch an einer. Der Rettungsdienst ist also im Gesamtkonzept einer Patientenversorgung immer „mitten drin“ statt nur dabei.

Dementsprechend ist auch ein gutes Miteinander und eine zielführende Zusammenarbeit mit den Schnittstellen zur Auftragserfüllung essentiell.

Häufige Probleme sind dabei die unterschiedlichen Aufgaben und Zielsetzungen einzelner Schnittstellen, und ganz besonders die Unkenntnis über die Erwartungen der Gegenseite – der pflegende Angehörige will sicher etwas anderes vom Rettungsdienst, als die Polizei, die Feuerwehr oder die aufnehmende Klinik. Klassische Schnittstellenprobleme.

Grundregeln für den Umgang

Die wichtigste Grundregel vorneweg – auch bei unterschiedlichen Anforderungen und Situationsbeurteilungen soll freundlich, sachlich und vor allem konstruktiv diskutiert werden.

Es sollte immer versucht werden, eine Lösung im Konsens mit den anderen am Einsatz beteiligten zu finden – das bedeutet nämlich meist eine weitgehend problemlose „Auftragserfüllung“ und ein möglichst patientenorientiertes Ergebnis.

Dass sich die Wünsche der Beteiligten oftmals stark unterscheiden können, liegt in der Natur der Sache. Hier sollte vor allem Transparenz geschaffen werden. Das heißt: man sollte seine eigenen Bedürfnisse klar offenlegen (z.B. Trageunterstützung) und diese sachlich begründen – zugleich sollte man auch die Wünsche der Gegenseite erfragen und auf diese möglichst eingehen (z.B. ständige medizinische Begleitung sicherstellen).

Praxistipp

Ein höfliches Miteinander auf Augenhöhe erleichtert die Zusammenarbeit und kommt letztendlich auch dem Patienten zugute.

Unfreundlichkeiten und Probleme durch die Schnittstellen sollten mit demonstrativer Freundlichkeit und Professionalität begegnet werden.

Neben den rein gesetzlichen Grundlagen sollten gerade im Umgang mit „offiziellen“ Schnittstellen – Ärzte, Kliniken, andere BOS – die lokalen Gepflogenheiten beachtet werden.

Wenn es beispielsweise üblich ist, jeden Patienten direkt telefonisch in der Klinik anzumelden, sollte man das auch so weiterführen.

Sowohl für die Praxis als auch die Prüfung gilt der CRM-Grundsatz „fordere Hilfe an – lieber früh als spät!“

Die Ressourcen anderer Schnittstellen können und sollen selbstverständlich genutzt werden, wenn es sinnvoll und notwendig ist. Das kann sowohl der noch fitte Angehörige sein, der beim Tragen einfach „mit anpackt“ oder aber die Polizei, wenn es aus Gründen des Eigenschutzes geboten ist.

Prüfungsrelevant

  • Unterstützung durch weitere Kräfte sollte frühzeitig angefordert werden, wenn der Bedarf besteht – lieber früh als spät!
  • Ressourcen sollen sinnvoll eingesetzt werden – eine pauschale „Überalarmierung“ macht wenig Sinn und wirkt unprofessionell

Praxisrelevant

  • Kenne die örtlichen Verfahrensweisen und halte dich nach Möglichkeit daran!
  • Gehe auf die Bedürfnisse anderer Schnittstellen ein – vergiss allerdings nicht die eigenen Bedürfnisse oder den eigenen Auftrag!

Schnittstellen mit rettungsdienstlicher Relevanz

Patient

Der Patient ist keine klassische „Schnittstelle“ – er ist jedoch der Grund für das Tätigwerden des Rettungsdienstes und der wohl häufigste Kontakt im Einsatz.

Unabhängig von der Situation und dem tatsächlichen Patientenzustand aus medizinischer Sicht – was beides extrem variieren kann – haben Patienten recht eindeutige Vorstellungen von dem, was der Rettungsdienst erfüllen soll.

Eine angemessene medizinische Versorgung gehört ebenso zu den Grunderwartungen wie ein freundlicher, menschlicher Umgang und ein Eingehen auf die aktuellen Bedürfnisse. Dabei wird insbesondere ein sehr großer Wert auf ein gutes zwischenmenschliches Verhalten gelegt – oft sogar mehr als auf die tatsächliche medizinische Versorgung.

Die Arbeit am Patienten ist definitionsgemäß die Hauptaufgabe des Rettungsdienstes und hierauf muss dementsprechend auch seitens des Rettungsdienstpersonals großer Wert gelegt werden.

Verhalten gegenüber der Schnittstelle „Patient“

Der Rettungsdienst steht hier durchaus zwischen den Anforderungen

  • gesetzlichen Auftrag erfüllen (siehe Kapitel 1.2),
  • gute medizinische Versorgung gewährleisten und
  • Wünsche des Patienten respektieren.

Auch wenn die „Arbeit am Patienten“ durch den gesetzlichen Auftrag geregelt und durch Standardarbeitsanweisungen und Leitlinien in eine Richtung gelenkt wird, sollte man nicht vergessen, auf die Patienten individuell einzugehen.

Die beste medizinische Behandlung bringt nichts, wenn der Patient mit der Gesamtsituation dank unprofessionellen zwischenmenschlichen Verhaltens unzufrieden ist. Auch hier sollte ein gemeinsamer Konsens – nach Aufklärung über die medizinische Situation und die Optionen – angestrebt werden.

Praxisrelevant

  • Grundanforderungen der Patienten: gute medizinische Versorgung und Berücksichtigung individueller Bedürfnisse
  • Wünsche des Patienten sind im Gesamtkontext der Versorgung ebenso wichtig wie die medizinische Arbeit am Patienten! Der Fokus muss auf beidem liegen!
  • CAVE: Patienten nehmen eine gute Betreuung eher als Maßstab für eine gute Versorgung, als die medizinische Arbeit des Rettungsdienstpersonals – Kompromisslösung erwägen.

Angehörige

Angehörige sind – auch wenn sie eher selten zu den Schnittstellen gezählt werden – häufige Kontaktpersonen des Rettungsdienstes und oftmals von sehr großer Relevanz.

Angehörige sind typischerweise die Personen, die am meisten mit dem Patienten zu tun haben und – gerade bei Älteren – auch oftmals aktiv in der Versorgung und Pflege mithelfen. Dementsprechend sind sie häufig Garant für viele Informationen, die für die weitergehende Versorgung relevant sind.

Dementsprechend ist ein grundsätzlich wertschätzender Umgang mit den Angehörigen anzustreben.

Die Arbeit in der häuslichen Pflege ist oftmals ein entscheidender Beitrag, die Lebensqualität der Patienten langfristig zu erhalten. Hier steht und fällt allerdings auch viel mit der Pflege der Angehörigen. Eine gute, organisierte Pflege mit den richtigen Hilfsmitteln bringt dem Patienten eindeutig eine Verbesserung der Lebensqualität – überforderte und uninformierte Angehörige erreichen allerdings oft das Gegenteil.

Sofern ersichtlich ist, dass Angehörige keine ausreichende medizinische oder pflegerische Versorgung des Patienten sicherstellen können, sollte der Rettungsdienst aktiv Hilfe anbieten und mögliche Ansprechpartner zwecks Unterstützung (z.B. Sozialstation) vermitteln.

Oftmals ist es die Sorge der Angehörigen, die den Rettungsdienst auf den Plan ruft. Hier sollte unbedingt Verständnis entgegengebracht werden und – sofern der Patient zustimmt – auch über dessen tatsächlichen Gesundheitszustand (sofern dies möglich ist) informiert werden.

Praxisrelevant

  • Wertschätzender Umgang mit Angehörigen ist anzustreben – auch in schwierigen Situationen
  • auch nach Eintreffen des Rettungsdienstes sollten Angehörige in die Versorgung des Patienten – situativ sinnvoll – eingebunden werden
  • Bei Überforderung mit der Situation sollte den Angehörigen aktiv Hilfe angeboten werden

Ersthelfer

Ersthelfer nehmen eine besondere Stellung ein – zum einen wegen ihres großen Einflusses auf die weitere Patientenversorgung, zum anderen wegen ihrer dem Rettungsdienst vorgelagerten Stellung in der Rettungskette.

Mit der Vorarbeit der Ersthelfer kann die gesamte Patientenversorgung stehen und fallen. Gut ausgeführte Basismaßnahmen erleichtern die Arbeit des Rettungsdienstes ungemein und verbessern auch die Überlebenschancen des Rettungsdienstes – umgekehrt können komplett falsche und vor allem nicht ergriffene Ersthelfermaßnahmen nur schwer kompensiert werden.

Dementsprechend ist auch Ersthelfern gegenüber ein wertschätzender Umgang essentiell, und die Arbeit sollte gewürdigt werden – auch, wenn sie vielleicht nicht huntertprozentig optimal verlief. Wenn es Situation zulässt, dürfen auch Verbesserungsvorschläge konstruktiver Natur gegeben werden.

Ebenso bietet es sich an, Ersthelfer – sofern sinnvoll und möglich – in die weitere Patientenversorgung mit einzubinden. Auch das kann eine Wertschätzung sein, selbst wenn nur minder wichtige oder einfache Aufgaben wie das Halten einer Infusion oder die Mithilfe beim Tragen übernommen werden.

Gleichzeitig muss aber auch an die Ersthelfer selbst gedacht werden – gerade bei belastenden unerwarteten Situationen benötigen auch die Ersthelfer selbst Hilfe – dies kann zum Teil durch den Rettungsdienst selbst erfolgen, oftmals sind aber spezielle Einheiten der psychosozialen Notfallversorgung (PSNV) die besseren Ansprechpartner für die Betreuung von Ersthelfern und Unfallzeugen.

Praxisrelevant

  • Wertschätzender Umgang ist ein Muss! Arbeit der Ersthelfer soll durch Rettungsdienst gewürdigt werden
  • Verbesserungsvorschläge der EH-Maßnahmen nur freundlich und konstruktiv!
  • Ersthelfer können, je nach Situation, auch in die weitere Versorgung mit eingebunden werden
  • Bei belastenden Situationen muss eine angemessene (Nach-)Betreuung der Ersthelfer sichergestellt werden – an PSNV-Teams denken!

Kliniken und Klinikpersonal

Klassische Schnittstelle schlechthin stellen die Kliniken und ihr Personal – insbesondere Ärzte und Pflegepersonal – dar. Passend zu der klassischen Schnittstelle gibt es hier oft klassische Schnittstellenprobleme.

Krankenhäuser im Versorgungssystem

Krankenhäuser stellen das fünfte Glied der Rettungskette (vgl. Kapitel 1.2) dar und sind der „Endpunkt“ der notfallmedizinischen Versorgung und Startpunkt der weitergehenden Versorgung. Damit nehmen sie eine Schlüsselrolle in der Versorgung der Patienten ein – die definitive Therapie erfolgt nämlich hier.

Dementsprechend haben Krankenhäuser andere Zielsetzungen als der Rettungsdienst – die kurative (=heilende) Therapie bekommt einen wesentlich höheren Stellenwert als die rein symptomatische Therapie, es wird nicht mehr in Stunden oder Minuten gedacht, sondern in Tagen und Wochen.

Neben reiner Akuttherapie erhält auch die Prophylaxe von Folgeschäden und die Rehabilitation des Patienten eine hohe Priorität.

Die Krankenhäuser „vollenden“ somit in gewisser Weise die Arbeit des Rettungsdienstes und leiten letztendlich auch zur ambulanten Versorgung über. Der Aufgabenbereich wird dabei von den Landeskrankenhausgesetzen und –plänen ebenso bestimmt wie durch das Sozialgesetzbuch.

Im Gegensatz zur grundsätzlich interdisziplinären (= fachübergreifenden) Notfallmedizin arbeiten einzelne Abteilungen im Krankenhaus fachspezifisch. Sprich: eine Fachabteilung behandelt nur die Fälle, die in den jeweiligen medizinischen Fachbereich fallen. Für den Rettungsdienst setzt das voraus, die richtige(n) medizinische Fachrichtung(en) zu identifizieren und den Patient in ein geeignetes Krankenhaus mit den passenden Abteilungen zu transportieren.

Umgang mit Pflegepersonal

Pflegepersonal im Krankenhaus durchläuft eine dreijährige Berufsausbildung, die – wie beim Notfallsanitäter – mit einer staatlichen Prüfung abschließt. Die Berufsbezeichnung lautet Gesundheits- und Krankenpfleger, zukünftig Pflegefachfrau/-mann. Ferner gibt es entsprechende Fachweiterbildungen für gewisse Funktionsbereiche (z.B. Anästhesie und Intensivpflege) nach abgeschlossener Ausbildung.

Pflegepersonal hat in aller Regel keine spezielle notfallmedizinische Ausbildung und lernt allenfalls am Rande etwas über den Rettungsdienst – sprich: der Rettungsdienst als Schnittstelle ist der „Gegenseite“ meist weitgehend unbekannt, so auch die Anforderungen, die der Rettungsdienst an die Pflege hat.

Dementsprechend sollten die eigenen Wünsche und Anforderungen freundlich, aber auch klar und deutlich kommuniziert werden – möglichst auf einer konstruktiven Basis. Wenn es praktikabel ist, dürfen auch Kompromisslösungen vorgeschlagen werden.

Praxistipp

Gerade Transportverordnungen sind ein häufiges Problem. Fällt auf, dass „T-Scheine“ regelhaft falsch ausgefüllt werden, bietet es sich an, das korrekte Ausfüllen in einer ruhigen Minute zu erklären und ein Muster hierfür bereitzustellen.

Alternativ kann vereinbart werden, dass die T-Scheine im Beisein des Rettungsdienstes ausgefüllt werden.

Pflegepersonal legt auf pflegerische Aspekte natürlich entsprechend Wert – wo verfügbar, sollte dementsprechend eine Pflegeüberleitung mitgegeben werden. Das ist ein Dokument von Pflegeeinrichtungen, in welchem der pflegerische Zustand des Patienten, seine eigenen Fähigkeiten (z.B. die Mobilität), die Notwendigkeit für Hilfestellungen und Besonderheiten in der Pflege vermerkt sind.

Oftmals wird auch nach einer entsprechenden Sozialanamnese gefragt – z.B., ob der Patient alleine, mit Familie oder im Pflegeheim lebt, was ein Hinweis auf mögliche Versorgungsprobleme (siehe Punkt „Angehörige“) sein kann.

Umgang mit Ärzten

Klinikärzte arbeiten häufig unter hohem Zeitdruck und haben bisweilen sehr lange Schichten – Informationen sind deshalb kurz und präzise gewünscht, ausschweifende Erklärungen werden im Regelfall als „Zeitverschwendung“ gesehen.

Eine klar strukturierte Übergabe mit den relevanten Problemen des Patienten ist für eine gute Arzt-Rettungsdienst-Kommunikation das A und O und kommt auch dem Patienten zugute.

Es ist von den lokalen Gepflogenheiten abhängig, ob eine Übergabe des Patienten an den Arzt und/oder das Pflegepersonal erfolgen soll – daran sollte man sich orientieren. Im Zweifelsfall gilt jedoch die Übergabe an den Arzt als Goldstandard.

Prüfungsrelevant

  • Übergaben an weiterbehandelnde sollen kurz, präzise und prägnant sein – das gilt sowohl für die Klinik als auch für den (nachgeforderten) Notarzt. Hierfür bieten sich xABCDE-Schema und SAMPLER-Anamnese an.

Praxisrelevant

  • Bedenke: Kliniken haben andere Anforderungen als der Rettungsdienst – diese sollten auch durch den Rettungsdienst berücksichtigt werden
  • Klare, freundliche und konstruktive Kommunikation der eigenen Wünsche gegenüber Klinikpersonal
  • Hilfestellung anbieten – Klinikpersonal sind die Probleme des Rettungsdienstes oft einfach unbekannt
  • Übergabe an Arzt anstreben, je nach lokalen Gegebenheiten

Niedergelassene Ärzte

Niedergelassene Haus- und Fachärzte sind insbesondere im Krankentransport häufige und besonders relevante Schnittstellen – sowohl als die Personen, die Patienten ins Krankenhaus einweisen, als auch als „Transportziel“ im qualifizierten Krankentransport.

Niedergelassene Ärzte sind in aller Regel für die langfristige Betreuung und Behandlung der Patienten zuständig – oftmals kennt man sich über Jahre und hat ein gutes Vertrauensverhältnis.

Oftmals liegt auch hier wenig notfallmedizinische Erfahrung vor und die Belange des Rettungsdienstes sind oft schlicht unbekannt. Analog zur Klinik sollten die eigenen Bedürfnisse freundlich und konsequent vorgetragen werden – gerade bei den Transportverordnungen ist der entsprechende Praxistipp zu beherzigen.

Urteile über die fachliche Fähigkeit eines Hausarztes seitens des Rettungsdienstes im Beisein des Patienten sind tunlichst zu unterlassen – damit diskreditiert man in erster Linie sich selbst!

Feuerwehr

Die Feuerwehr stellt vor allem in der Notfallrettung eine mögliche Schnittstelle dar.

Die Zuständigkeiten der Feuerwehr werden in den Landesbrand- und Katastrophenschutzgesetzen geregelt, die Feuerwehren selbst sind kommunale Einrichtungen (= Einrichtungen der Gemeinden).

Die Feuerwehren nehmen unter anderem Aufgaben im Bereich des Brandschutzes, der technischen Hilfeleistung und dem Schutz vor Gefahrstoffen (CRBN) wahr.

Typischerweise hat die Feuerwehr bei organisationsübergreifenden Einsätzen die Einsatzleitung – das bedeutet, dass der Einsatzleiter und von ihm beauftragte Personen auch dem Rettungsdienst aus einsatztaktischer Sicht weisungsbefugt sind.

Diese Weisungsbefugnis erstreckt sich allerdings nicht auf medizinische Tätigkeiten.

Diese Zuständigkeiten müssen bekannt sein, um einen reibungslosen Ablauf an der Einsatzstelle und eine Einhaltung der Führungsstrukturen (wichtiger, als man denkt!) zu gewährleisten.

Klassische Einsätze, die eine Zusammenarbeit mit der Feuerwehr erfordern, sind neben Bränden oft Verkehrsunfälle, die Befreiung von Personen aus Zwangslagen oder auch die schlichte Tragehilfe.

Ein partnerschaftlicher Umgang sollte Standard sein – auch, weil die Feuerwehr in vielen Fällen „auch“ oder „nur“ für den Rettungsdienst tätig wird. Es muss allerdings bedacht werden, dass Feuerwehren oftmals noch weitere Aufgaben neben der Unterstützung des Rettungsdienstes an der Einsatzstelle wahrnehmen müssen – das Personal ist oft knapp und rekrutiert sich zu einem überwiegenden Teil aus Freiwilligen, die das Ehrenamt Feuerwehr neben anderen Tätigkeiten ausüben.

Dementsprechend sollte die Ressource Feuerwehr seitens des Rettungsdienstes mit Sinn und Verstand genutzt und nicht grundlos überstrapaziert werden.

Praxisrelevant

  • Partnerschaftlichen Umgang anstreben! Absprache treffen, gemeinsam Prioritäten festlegen!
  • Feuerwehr hat Einsatzleitung inne, auch Rettungsdienst aus einsatztaktischer Sicht weisungsbefugt
  • Keine Weisungsbefugnis hinsichtlich medizinischer Tätigkeiten
  • Ressource Feuerwehr nicht überstrapazieren – hauptsächlich Freiwillige, ohnehin knappes Personal

Polizei und Ordnungsbehörden

Die polizeiliche Gefahrenabwehr stellt das Gegenstück zu der nicht-polizeilichen Gefahrenabwehr – wozu neben Feuerwehr und Katastrophenschutz auch der Rettungsdienst zählt – dar.

Rechtsgrundlage sind hierbei die Polizeigesetze der Bundesländer, hinsichtlich der Ordnungsbehörden gibt es z.T. explizite Ordnungsbehördengesetze. Die Polizei ist auf Landesebene organisiert und unterscheidet sich dementsprechend in ihren Strukturen von Bundesland zu Bundesland.

Hauptaufgabe der Polizei ist die Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, zum Beispiel durch Straftaten. Ferner ist sie mitverantwortlich für die Verfolgung von Straftaten.

Zum Teil nimmt die Polizei auch Aufgaben der Ordnungsbehörden wahr, wenn diese nicht rechtzeitig zur Verfügung stehen – beispielsweise bei Zwangseinweisungen psychisch Kranker.

Häufige gemeinsame Einsätze sind auch hier Verkehrsunfälle, Schlägereien, Zwangseinweisungen und unklare oder unnatürliche Todesfälle.

Problematisch ist hierbei, dass die Polizei aufgrund ihrer Aufgaben gänzlich andere Ziele verfolgt als der Rettungsdienst – hier steht unter anderem die Strafverfolgung im Mittelpunkt, wobei der Rettungsdienst hier ebenfalls als Zeuge infrage kommt.

Zu beachten ist, dass Rettungsdienstmitarbeiter unter die Verschwiegenheitspflicht (§ 203 StGB) fallen und Geheimnisse, die sie im Rahmen der Behandlung erlangt haben, auch nicht an die Polizei weitergeben dürfen.

Dementsprechend ist bei Aussagen, die unter die Verschwiegenheitspflicht fallen könnten (u.a. Angaben zum Patientenzustand, etwaiger Drogenkonsum…), Vorsicht geboten. Im Zweifelsfall sollte man sich die explizite Einwilligung des Patienten einholen und dokumentieren.

Auch mit der Polizei ist ein partnerschaftlicher Umgang anzustreben – es muss hier jedoch beachtet werden, dass sich die Zielsetzungen von Rettungsdienst und Polizei nicht immer in Einklang bringen lassen; Kompromisslösungen sind aufgrund der Rechtslage schwierig realisierbar.

Praxisrelevant

  • Partnerschaftlichen Umgang anstreben, auch wenn es unterschiedliche Ziele im Einsatz gibt
  • Verschwiegenheitspflicht beachten!

Zusammenfassung

  • Unterstützung durch weitere Kräfte sollte frühzeitig angefordert werden, wenn der Bedarf besteht – lieber früh als spät!
  • Ressourcen sollen sinnvoll eingesetzt werden – eine pauschale „Überalarmierung“ macht wenig Sinn und wirkt unprofessionell
  • Lokale Gepflogenheiten und Verfahrensweisen sollten beherzigt werden!
  • Bedürfnisse anderer Schnittstellen sollten dem Rettungsdienst bekannt sein – und nach Möglichkeit berücksichtigt werden!
  • Grundregel für den Umgang mit Schnittstellen allgemein: sachlich, freundlich, wertschätzend und kompromissbereit sein!
  • Patienten wünschen neben guter medizinischer Versorgung auch ein angemessenes Eingehen auf ihre Bedürfnisse – das sollte ebenfalls nach Möglichkeit umgesetzt werden!
  • Angehörige und Ersthelfer dürfen in die rettungsdienstliche Versorgung (je nach Möglichkeit) mit eingebunden werden
  • Hilfe auch für Schnittstellen anbieten – sei es aus einsatztaktischer Sicht (z.B. Kliniken, Arztpraxen) oder aus menschlicher Sicht (z.B. Angehörige, Ersthelfer)
  • Übergaben strukturiert, kurz und prägnant halten!
  • Feuerwehr hat Einsatzleitung inne, in einsatztaktischer, aber nicht in medizinischer Sicht weisungsbefugt
  • Umgang mit der Polizei: Verschwiegenheitspflicht beachten! Keine sensiblen Daten oder Aussagen des Patienten ohne Einwilligung weitergeben!

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Du kennst nun

  • unterschiedliche Schnittstellen mit rettungsdienstlicher Relevanz,
  • den allgemeinen Umgang mit Schnittstellen sowie die Wichtigkeit sinnvoller Ressourcennutzung
  • die Besonderheiten von Patienten, Angehörigen und Ersthelfern als Schnittstelle
  • die Aufgaben und Zuständigkeiten von Klinken, niedergelassenen Ärzten, Feuerwehr und Polizei sowie ihre Anforderungen als rettungsdienstliche Schnittstellen


Interessenkonflikte

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Der Autor gibt an, dass keine Interessenkonflikte bestehen.

Quellen

Luxem J., Runggaldier K., Karutz H., Flake F. (2020): Notfallsanitäter Heute, 7. Auflage. Urban & Fischer Verlag/Elsevier GmbH, München. ISBN 978-3437462115. Hier erhältlich: https://amzn.to/3q8w62I Affiliate-Link

SaniOnTheRoad (2020): 1.2 Der Rettungsdienst in Deutschland, abgerufen unter https://saniontheroad.com/1-2-der-rettungsdienst-in-deutschland/ am 03.02.2022

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SaniOnTheRoad

Notfallsanitäter, Teamleiter und Administrator des Blogs. Vom FSJler über Ausbildung bis zum Haupt- und Ehrenamt im Regelrettungsdienst und Katastrophenschutz so ziemlich den klassischen Werdegang durchlaufen. Mittlerweile beruflich qualifizierter Medizinstudent im vorklinischen Abschnitt. Meine Schwerpunkte liegen auf Ausbildungs- und Karrierethemen, der Unterstützung von Neueinsteigern, leitliniengerechten Arbeiten sowie Physiologie, Pathophysiologie, Pharmakologie und EKG für den Rettungsdienst. Mehr über mich hier.