Ein Blick auf’s Ehrenamt: der Bereitstellungs-RTW

Bei „Aus dem Pflaster-Laster“ berichte ich von Einsätzen, dem Alltag auf der Rettungswache und von aktuellen Themen – von purer Routine bis zum Drama. Am Ende ziehe ich mein Fazit der Einsätze und zeige auf, was gut lief und was besser laufen könnte. Namen von Patienten, Orten und Kollegen lasse ich selbstverständlich aus.

Das Ehrenamt im Sanitätsdienst besteht keinesfalls nur aus „Pflaster kleben“ bei Veranstaltungen, Gruppenstunden und SEG-Einsätzen einmal im Schaltjahr. Oft findet das Ehrenamt auf lokaler Ebene sehr interessante und für viele Seiten „gewinnbringende“ Lösungen, an die man oft gar nicht denkt.

So ist es zum Beispiel auch bei dem Bereitstellungs-RTW unseres Ortsvereins.

Inhaltsverzeichnis

Was ist der Bereitstellungs-RTW?

Der Bereitstellungs-RTW ist ein Rettungswagen des Ehrenamts, der – Nomen est omen – primär für Bereitstellungseinsätze alarmiert wird.

Bereitstellungseinsätze dienen der rettungs- und sanitätsdienstlichen Absicherung der Einsatzkräfte; der Einsatz erfolgt somit „vorsorglich“, ohne dass der RTW an sich benötigt wird oder Patienten transportiert. Eine Einbindung in die Patientenversorgung erfolgt nur bedingt, in aller Regel bis zur Übergabe an den Regelrettungsdienst.

Größtes Betätigungsfeld sind Bereitstellungseinsätze für die Feuerwehr und dort in erster Linie bei (größeren) Brandeinsätzen, weshalb er vereinsintern auch „Brandschutz-RTW“ genannt wird.

Unterm Strich ist es das am häufigsten alarmierte Fahrzeug des Ortsvereins und übertrifft auch unsere First-Responder-Einsätze bei weitem – im Schnitt über die letzten Jahre sind zwischen 30 – 40 Einsätze/Jahr Standard, z.T. auch darüber.

Wie funktioniert das Konzept?

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Das Konzept beruht auf einer Vereinbarung zwischen Ortsverein/Kreisverband und der Kreisverwaltung – eine gesetzliche Verpflichtung gibt es weder im Landesrettungsdienstgesetz oder -plan, noch im Landesbrand- und Katastrophenschutzgesetz, noch im HiK-Konzept.

Somit handelt es sich hier um eine lokale „Sonderlösung“ – auch wenn das Konzept in ähnlicher Form auch woanders vorkommt (man denke z.B. an die „Zug-RTWs“ einiger Berufsfeuerwehren mit gleichem Einsatzzweck).

Ohne eine verpflichtende Vorgabe macht es natürlich Sinn, das Konzept etwas genauer zu beleuchten.

Fahrzeug

Basis für jeglichen Einsatz bildet erstmal das Fahrzeug.

Es handelt sich hierbei um einen voll ausgestatteten Rettungswagen nach DIN EN 1789 Typ C – im Gegensatz zu den Fahrzeugen des Regelrettungsdienstes in Rheinland-Pfalz ist dieser ein ehemaliger „Bayern-RTW“ mit WAS-Ausbau.

Auch wenn der Aufbau sich von den übrigen RTWs unterscheidet, wurde bei der Ausstattung an sich großer Wert auf Einheitlichkeit zum Regelrettungsdienst gelegt, was Geräte und Medizinprodukte angeht. Insgesamt sind Art und Anzahl der verlasteten Ausstattung dementsprechend mit dem Regelrettungsdienst vergleichbar bzw. identisch.

So wird als EKG-Monitor auch im Ehrenamt ein Corpuls C3 verwendet, lediglich das Beatmungsgerät ist ein „älteres“ Modell (Medumat Standard A, im Rettungsdienst durch Standard 2 ersetzt).

Ausstattungstechnische Besonderheit ist hierbei die SpCO-Messung, die im Landkreis ausschließlich auf den beiden Bereitstellungs-RTWs verlastet ist. Hiermit ist insbesondere bei Rauchgasintoxikationen eine Feststellung des CO-Gehalts im Blut möglich und nachfolgende Maßnahmen können entsprechend besser abgewogen werden – die Zahl der „pro-Forma-Transporte“ bei Verdacht auf CO-Intoxikationen vermindert sich dadurch erheblich.

Der RTW überschreitet dabei auch die zulässige Gesamtmasse von 3,5 t und benötigt daher einen Führerschein Klasse C1 oder einen „Feuerwehrführerschein“ – von letzterer Möglichkeit wird bei uns im OV derzeit allerdings kein Gebrauch gemacht.

Besatzung

Einen größeren Unterschied zum Regelrettungsdienst gibt es in der Besetzung des Fahrzeugs – nachdem es hierfür keine verbindliche Regelung für den Einsatzzweck „Bereitstellungs-RTW“ gibt, ist die getroffene Vereinbarung das maßgebliche Kriterium.

Behelfsweise wurde sich auf eine Mindestbesetzung nach dem „alten“ HiK-Konzept 2.0 geeinigt und auch bei der Umstellung auf das HiK-Konzept 3.0 zu Gunsten einer höherwertigen Mindestbesetzung beibehalten.

Dementsprechend besteht die Besatzung aus mindestens einem Rettungshelfer und mindestens einem Rettungssanitäter (und liegt damit unterhalb des Regelrettungsdienstes). In der Praxis kann das Fahrzeug allerdings oft „höherwertiger“ besetzt werden und in vielen Fällen gelingt auch eine rettungsdienstkonforme Besetzung mit Notfallsanitäter und Rettungssanitäter.

Eine Besetzung mit abgeschlossener Helfergrundausbildung und Fachdienstausbildung im Sanitätsdienst ist in diesem Falle nicht ausreichend.

Als zusätzliche interne Vorgabe ist zudem die regelmäßige Teilnahme an Gruppenstunden (mind. 8x im Jahr) sowie eine jährliche AED-Rezertifizierung vorgesehen.

Alarmierung

Analog zur freiwilligen Feuerwehr und analog zur Alarmierung von SEG und First Responder erfolgt diese auch für den ehrenamtlichen Bereitstellungs-RTW „aus dem Frei“. In unserem Falle erfolgt dies über digitale Meldeempfänger (DME) und zusätzlich als SMS-Alarmierung mittels BlueBox.

Typische Alarmierungsgründe sind dabei

Primäre Alarmierung ohne Beteiligung des Regelrettungsdienstes

  • Flächenbrände
  • Waldbrände

Hierbei wird der Bereitstellungs-RTW als alleiniges Fahrzeug zur sanitätsdienstlichen Absicherung alarmiert, ohne dass ein RTW des Rettungsdienstes zusätzlich disponiert wird.

Primäre Alarmierung zur Unterstützung/Ablösung des Regelrettungsdienstes

  • Zimmerbrände,
  • Wohnungsbrände,
  • Wohnhausbrände,
  • Brandmeldeanlagen bei Sonderobjekten (Schule, Krankenhaus, Pflegeheime, Industriebetriebe…),
  • Gasaustritte,
  • Gefahrgutunfälle,
  • Einsätze mit erhöhter Gefährdung für eigenes Personal (z.B. auch Rettung aus Höhen und Tiefen),
  • polizeiliche Bereitstellungseinsätze,

Hierbei wird je nach Situation der Regelrettungsdienst bei der Bereitstellung abgelöst oder hierbei personell und materiell unterstützt.

Nachforderung

  • Auf Anforderung des Regelrettungsdienstes oder der Einsatzleitung

„Stärken und Schwächen“ des Konzepts

Man darf sich auch die Frage stellen

Was bringt es eigentlich?

Ein solches Konzept hat zweifellos Vorzüge, aber auch Schwierigkeiten.

Vorteile

Ein großer Vorteil des Konzepts ist auf jeden Fall die Entlastung des Regelrettungsdienstes – dieser wird bei reinen Bereitstellungseinsätzen nicht stundenlang gebunden und steht dementsprechend wieder wesentlich schneller zur Verfügung. Gerade in einem ländlich geprägten Rettungsdienstbereich mit eher dünner Verteilung der Rettungsmittel und langen Anfahrtswegen stellt dies eine angemessene rettungsdienstliche Versorgung sicher.

Ferner müssen bei der Bereitstellung keine Kompromisse hinsichtlich der Einsatzdauer eingegangen werden – die Dauer der Bereitstellung richtet sich hier allein nach der Erforderlichkeit, nicht nach der Zeitdauer des Einsatzes.

Für den Ortsverein selbst gibt es gleich mehrere Vorzüge: zum einen sind häufigere Einsätze optimale Öffentlichkeitsarbeit, zum anderen bietet das Konzept die Möglichkeit, eine rettungsdienstliche Qualifikation sinnvoll ins Ehrenamt einzubringen – und ist für den ein oder anderen auch durchaus ein Grund gewesen, überhaupt eine rettungsdienstliche Qualifikation zu erwerben.

Insgesamt hat sich auch die Zusammenarbeit mit der Feuerwehr seit Einführung des Konzepts erheblich verbessert und die Zahl der gemeinsamen Übungen ist deutlich angestiegen. Es baut zudem „Berührungsängste“ an den Schnittstellen ab und verschafft Einblicke in die Tätigkeit des jeweils anderen.

Schwierigkeiten

Eine Schwierigkeit ergibt sich dann doch aus der Mindestqualifikation – auch wenn es bisher sehr selten vorgekommen ist, müssen bei auftretenden Notfällen im Rahmen des Bereitstellungseinsatzes dann doch Abstriche im Vergleich zur normalen rettungsdienstlichen Versorgung gemacht werden.

Gleichzeitig ergibt sich aus der Qualifikationsvorgabe die Notwendigkeit, ausreichend Rettungsdienstpersonal im Ehrenamt zu haben – das ist insbesondere für kleinere Ortsvereine kaum zu erreichen.

Wie das komplette Ehrenamt beruht auch die Besetzung des Bereitstellungs-RTWs auf Freiwilligkeit. Eine Pflicht, auszurücken, gibt es in diesem Sinne nicht. Es kommt zwar ausgesprochen selten vor, dass das Fahrzeug bei einer Alarmierung nicht besetzt werden kann – ausschließen kann man das nicht, auch wenn in diesem Falle der zweite Bereitstellungs-RTW des Landkreises alarmiert wird.

Aus der Einsatzpraxis

Was sind die häufigsten Einsätze?

Einen Großteil der Einsätze machen tatsächlich Brandeinsätze aus – insbesondere im Hochsommer sind die regelmäßigen Flächen- und Waldbrände ein Einsatzschwerpunkt.

Umgekehrt hat man gerade zu Beginn der Heizperiode relativ häufig Einsätze zu „CO-Austritt“, zum Beispiel bei defekten Heizungsanlagen.

Was sind seltenere Einsätze?

Die Alarmierung bei Einsätzen der technischen Rettung – hier vor allem die Höhenrettung – ist vergleichsweise selten, ebenso die Absicherung von Polizeieinsätzen.

Ferner kam es auch schon vor, dass das Fahrzeug auf dem Rückweg als First Responder genutzt wurde – z.B. bei größeren Verkehrsunfällen.

Gibt es „Ausrückezeiten“?

Das Fahrzeug soll binnen 15 Minuten nach der Alarmierung ausgerückt sein – wenn nicht, erfolgt eine zweite Alarmierung, wird darauf nicht reagiert, wird der zweite B-RTW des Landkreises alarmiert.

Was sind die typischen Aufgaben in einem Einsatz?

Primär ist es die Bereitstellung für und die medizinische Betreuung der Einsatzkräfte – vor allem der Feuerwehr und hier insbesondere der Atemschutzgeräteträger.

Sekundär wird allerdings auch die Betreuung von Betroffenen, Angehörigen und Anwohnern übernommen und bildet je nach Einsatzgeschehen sogar den Hauptschwerpunkt. Gerade bei Bränden erfolgt hier die Untersuchung hinsichtlich Rauchgas- und CO-Intoxikationen.

Werden Patienten transportiert?

Im Regelfall nein – hierfür wird ggf. der Regelrettungsdienst nachgefordert, um für die vorsorgliche Bereitstellung vor Ort zu bleiben. In diesem Falle erfolgt lediglich eine Erstversorgung und Betreuung bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes.

Ein Transport wird nur bei dringenden Bedarf und nach Rücksprache mit der Einsatzleitung durchgeführt – eine Besetzung entsprechend dem Landesrettungsdienstgesetz (NotSan + RettSan) ist hier obligatorisch.

Interessenkonflikte

Der Autor gibt an, dass keine Interessenkonflikte bestehen.

Quellen

Arbeitsgemeinschaft der Hilfsorganisationen im Katastrophenschutz (2018): Katastrophenschutz-Strukturen des Sanitäts-, Betreuungs- und Verpflegungsdienstes in Rheinland-Pfalz, Version 3.0, abgerufen unter https://www.hik-rlp.de/fileadmin/downloads/Fuehrungs-_und_Leitungskraefte_der_Bereitschaften/Fuehrungskraefteausbildungen/HiK-Konzept_3.0_final_Endversion.pdf am 20.06.2022

Arbeitsgemeinschaft der Hilfsorganisationen im Katastrophenschutz (2008): Katastrophenschutz-Strukturen des Sanitäts-, Betreuungs- und Verpflegungsdienstes in Rheinland-Pfalz, Version 2.0, abgerufen unter https://www.bildungsinstitut-rlp.drk.de/fileadmin/Download/Bereitschaften/HGA_Einsatz/UE_2_-_HiK_Konzept.pdf am 20.06.2022

Landesrecht Rheinland-Pfalz (2020): Landesgesetz über den Brandschutz, die allgemeine Hilfe und den Katastrophenschutz (Brand- und Katastrophenschutzgesetz – LBKG -) vom 2. November 1981, zuletzt geändert durch Gesetz vom 21.12.2020 (GVBl. S. 747), abgerufen unter https://www.landesrecht.rlp.de/bsrp/document/jlr-Brand_KatSchGRPV14IVZ am 20.06.2022

Landesrecht Rheinland-Pfalz (2020): Landesgesetz über den Rettungsdienst sowie den Notfall- und Krankentransport (Rettungsdienstgesetz – RettDG -) in der Fassung vom 22. April 1991, zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 11.02.2020 (GVBl. S. 33), abgerufen unter https://landesrecht.rlp.de/bsrp/document/jlr-RettDGRPrahmen am 20.06.2022

SaniOnTheRoad (2022): Blick ins Ehrenamt: Qualifikation zum Sanitäter, Beitrag von David, abgerufen unter https://saniontheroad.com/blick-ins-ehrenamt-qualifikation-zum-sanitaeter/ am 20.06.2022

SaniOnTheRoad (2022): Führerschein und Fahrerlaubnis im Rettungsdienst, abgerufen unter https://saniontheroad.com/fuehrerschein-und-fahrerlaubnis-im-rettungsdienst/ am 20.06.2022

SaniOnTheRoad (2021): 1.15 Sondersituationen II – Gefahrguteinsätze, abgerufen unter https://saniontheroad.com/1-15-sondersituationen-ii-gefahrguteinsatze/ am 21.06.2022

SaniOnTheRoad (2020): 1.3 Rettungsdienstliche Schnittstellen, abgerufen unter https://saniontheroad.com/1-3-rettungsdienstliche-schnittstellen/ am 21.06.2022

SaniOnTheRoad (2020): „Kleines 1×1 des Rettungsdienstes“ – Teil 20: Ein Blick auf das Ehrenamt, abgerufen unter https://saniontheroad.com/kleines-1×1-des-rettungsdienstes-teil-20/ am 20.06.2022

SaniOnTheRoad (2020): „Kleines 1×1 des Rettungsdienstes“ – Teil 18: First Responder, abgerufen unter https://saniontheroad.com/kleines-1×1-des-rettungsdienstes-teil-18/ am 20.06.2022

SaniOnTheRoad (2019): „Kleines 1×1 des Rettungsdienstes“ – Teil 3: Fahrzeuge des Rettungsdienstes, abgerufen unter https://saniontheroad.com/kleines-1×1-des-rettungsdienstes-teil-3/ am 21.06.2022

SaniOnTheRoad (2019): „Kleines 1×1 des Rettungsdienstes“ – Teil 2: Ausbildungen im Rettungsdienst, abgerufen unter https://saniontheroad.com/kleines-1×1-des-rettungsdienstes-teil-2/ am 20.06.2022

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Über SaniOnTheRoad

Ein Blick auf’s Ehrenamt: der Bereitstellungs-RTW

SaniOnTheRoad

Notfallsanitäter, Teamleiter und Administrator des Blogs. Vom FSJler über Ausbildung bis zum Haupt- und Ehrenamt im Regelrettungsdienst und Katastrophenschutz so ziemlich den klassischen Werdegang durchlaufen. Mittlerweile beruflich qualifizierter Medizinstudent im vorklinischen Abschnitt. Meine Schwerpunkte liegen auf Ausbildungs- und Karrierethemen, der Unterstützung von Neueinsteigern, leitliniengerechten Arbeiten sowie Physiologie, Pathophysiologie, Pharmakologie und EKG für den Rettungsdienst. Mehr über mich hier.