2.3 Die Zelle

© 2022 SaniOnTheRoad.

Lernziele

Nach diesem Beitrag kennst Du

  • den Grundaufbau menschlicher Zellen,
  • die wichtigsten Zellorganellen und deren Funktion,
  • die Grundlagen der Rezeptortheorie,
  • die Grundlagen der Erregungsbildung und -weiterleitung,
  • die Bedeutung von Apoptose und Nekrose.

Abstract

Zellen sind die kleinsten lebensfähigen Bau- und Funktionseinheiten des Körpers und bilden die Grundlage für höhere anatomische Strukturen und physiologische Funktionen.

Zellen verfügen zwar über eine weitgehend einheitliche Grundausstattung mit den verschiedenen Zellorganellen, sind allerdings entsprechend ihrer jeweiligen Funktion hochgradig spezialisiert.

Für die Physiologie der Zelle spielen unter anderem auch Rezeptoren, zelluläre Transportprozesse und die Erregungsbildung und -weiterleitung eine erhebliche Rolle.

Wiederholung: Grundfunktionen der Zelle, Energiestoffwechsel und ATP-Synthese

Lebewesen unterscheiden sich durch durch mehrere Eigenschaften von nicht lebendigen Strukturen. Dies sind

  • Stoffwechsel,
  • Selbsterhaltungsfähigkeit
  • Fähigkeit zum Wachstum,
  • Fähigkeit zur Reaktion sowie
  • Fähigkeit zur Reproduktion

welche eine Zelle erfüllt.

Wir brauchen für zahllose Prozesse in unseren Körper Energie, die letztendlich aus chemischer Energie gewonnen wird – in aller Regel in der Form von Adenosintriphosphat, kurz ATP. Diese besteht aus der Nucleinbase Adenin (die auch einen Teil der DNA darstellt), Ribose (einem Zucker) sowie drei Phosphatgruppen.

Durch die Abspaltung einer Phosphatgruppe (Adenosintriphosphat wird zu Adenosindiphosphat) wird Energie frei, die genutzt werden kann.

Die Energie wird über Kohlenhydrate, Fette (Lipide) und Eiweiße (Proteine) zur Energiegewinnung, sprich zur ATP-Synthese, bereitgestellt.

Siehe auch Kapitel 2.1

Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Die Grundlagen der Zellbiologie sind das typische „Tag-1-Thema“ im Fachlehrgang für Rettungssanitäter – und leider auch das typische Beispiel dafür, wo Probleme in der Rettungssanitäterausbildung liegen.

Im Wesentlichen beschränkt sich das Thema „Zelle“ auf die Grundlagenfunktionen der Zelle und das oberflächliche Auswendiglernen von Zellorganallen und ihrer Funktion.

Es wird in keiner Form erwartet, dass der Rettungssanitäter ein Zellbiologe wird – nachdem allerdings nahezu alle physiologischen und pathophysiologischen Vorgänge auf der zellulären Ebene stattfinden und man sich mit soliden Grundkenntnissen auf der zellulären Ebene hervorragend Krankheitsbilder und letztendlich sogar die Therapie ableiten kann, sollte dem Thema ein größerer Raum gegeben werden, als es bislang oft der Fall ist.

Ein

„Wofür machen wir das?“

sollte spätestens nach diesem Beitrag passé sein.

In diesem Beitrag werden ebenfalls Aufbau und Funktion der Zelle beleuchtet, sowie verschiedene weitergehende theoretische und praxisrelevante Zusammenhänge erklärt.

Grundaufbau und die Zellorganellen

1. Nucleolus (Kernkörperchen) 2. Zellkern (Nukleus) 3. Ribosomen 4. Vesikel 5. Raues (Granuläres) ER (Ergastoplasma) 6. Golgi-Apparat 7. Mikrotubuli 8. Glattes (Agranuläres) ER 9. Mitochondrien 10. Lysosom 11. Cytoplasma 12. Peroxisomen 13. Zentriolen. Quelle: Wikimedia Commons/MesserWoland & Szczepan1990, CC-BY-SA 3.0-Lizenz.

Die Zelle als kleinste lebensfähige Bau- und Funktionseinheit des Körpers ist bereits hochgradig komplex organisiert – je nach Zelltyp, wir erinnern uns an die Eukaryoten und Prokaryoten aus den naturwissenschaftlichen Grundlagen. Für unsere Betrachtung sind hierbei lediglich die Eukaryoten, also „Vielzeller“, wie der Mensch, interessant.

Menschliche Zellen verfügen über eine „Grundausstattung“, darunter den Zellkern, die Zellmembran, das Zytoskelett (Zellskelett) sowie die weiteren Zellorganellen (Organe der Zelle), um der Zelle ihre Funktion zu ermöglichen.

„Nice to know“

Ausgereifte rote Blutkörperchen (Erythrozyten) sind kernlos, d.h. sie verfügen über keinen Zellkern (mehr).

Trotz einer recht einheitlichen Grundausstattung sind die einzelnen Zellen entsprechend ihrer Funktion bereits hochgradig differenziert und damit stark an die jeweilige Funktion im Organismus angepasst.

So unterschieden sich Anzahl, Aufbau, Lage und Aussehen der Zelle und ihrer Zellorganellen bisweilen erheblich – und das nimmt auch Einfluss auf die Funktion der jeweiligen Zelle.

Menschliche Zellen bestehen im Mittel aus

  • 70 % Wasser
  • 15 – 20 % Proteinen
  • 10 % Nucleinsäuren
  • 2 % Fetten
  • 1 – 6 % Kohlehydraten

Prüfungsrelevant

  • Grundausstattung der Zelle: Zellkern, die Zellmembran, das Zytoskelett (Zellskelett) sowie die weiteren Zellorganellen (Organe der Zelle)
  • Zellen sind entsprechend ihrer Funktion spezialisiert
  • WICHTIG: Zellorganellen müssen benannt und in einem Bild beschriftet werden können!

Der Zellkern

1. Kernhülle 1a. äußere Membran 1b. innere Membran 2. Nucleolus 3. Karyoplasma 4. Chromatin 4a. Heterochromatin 4b. Euchromatin 5. Ribosomen 6. Kernporen. Quelle: Wikimedia Commons, gemeinfrei,

Der Zellkern (Nucleus) wird oft als „Steuerungszentrale“ oder „Direktor“ der Zelle beschrieben – das trifft es eigentlich ganz gut.

Der Zellkern beinhaltet die Erbinformationen in Form von DNA, er verdoppelt diese vor der Zell- und Kernteilung und er beinhaltet das Kernkörperchen (Nucleolus), welcher für die Synthese von Ribosomen verantwortlich ist.

Im Zellkern findet zudem der erste Schritt der Proteinbiosynthese (Transkription) statt, bei der die DNA in RNA „umgeschrieben“ (= transkriptiert) wird. Darüber wird mittelbar die Funktion der Zelle bestimmt: Proteine werden für zahlreiche zelluläre Bestandteile benötigt, z.B. für Kanäle und Rezeptoren, die die Zellfunktion maßgeblich beeinflussen.

In den meisten Zellen gibt es einen Zellkern – es sind allerdings auch (wie erwähnt) kernlose Zellen wie bei den Erythrozyten und vielkernige Zellen möglich.

Der Zellkern ist durch eine mit Poren durchsetzte, selektiv durchlässige Membran von der restlichen Zelle abgegrenzt, das Plasma im Inneren des Zellkerns (Karyoplasma) unterscheidet sich von der Zusammensetzung des übrigen Zytoplasmas

Prüfungsrelevant

  • Zellkern: „Direktor“ der Zelle, beinhaltet Erbinformationen in Form von DNA, meist ein Zellkern pro Zelle
  • Kernkörperchen (Nucleolus): für die Herstellung von Ribosomen verantwortlich

Die Zellmembran

Quelle: Wikimedia Commons, gemeinfrei.

Die Zellmembran (auch Plasmamembran oder Zytolemm) grenzt die Zelle nach außen hin ab – die Zellmembran ermöglicht überhaupt erst die Differenzierung der Zellen.

Sie besteht dabei aus einer Lipiddoppelschicht – d.h. einer doppelten Schicht aus Fettmolekülen (Lipidmolekülen) und eingelagerten Proteinen. Die außen liegenden „Köpfe“ sind dabei hydrophil („wasserliebend“), die innen liegenden „Schwänze“ hingegen lipophil („fettliebend“).

Die notwendigen Bestandteile für die Zellmembran werden in der Zelle selbst hergestellt.

Neben der Funktion der Abgrenzung gegenüber anderen Zellen dient die Zellmembran auch zur Kontrolle des Stoffaustauschs, der Aufrechterhaltung des inneren Milieus der Zelle und auch zur Zellkommunikation – zum Beispiel über Rezeptoren.

Zell-Zell-Kontakte können der Befestigung von Zellen dienen (Adhäsionskontakte), aber auch zum direkten Stoffaustausch (z.B. über Gap Junctions = tunnelartige Proteinverbindungen zwischen Zellen) oder auch zur „Abdichtung“ der Zwischenräume (z.B. über Tight Junctions).

Die Zellmembran ist auf der extrazellulären Seite (außen liegend) von einer „Zuckerschicht“ aus diversen langkettigen Zuckern umgeben, welche Glykokalix genannt wird. Neben einer mechanischen Schutzfunktion ermöglicht diese auch die Erkennung körpereigener und körperfremder Zellen.

Prüfungsrelevant

  • Zellmembran: besteht aus einer Lipiddoppelschicht, dient der Abgrenzung der Zelle

Das Zytoskelett

Um der Zelle ihre Form zu geben, zu erhalten und ggf. auch die Fortbewegung und in Teilen den intrazellulären Transport zu ermöglichen, gibt es eine Art „Zellskelett“ (Zytosklett), welches die Zelle von innen stützt.

Das dreidimensionale Zytoskelett wird aus Aktinfilamenten (auch: Mikrofilamenten), Intermediärfilamenten und Mikrotubuli gebildet – diese unterscheiden sich im Aufbau und in ihrem Durchmesser.

Aktinfilamente dienen hier vor allem der Verankerung von Membranproteinen, in Muskelzellen ermöglichen sie zusammen mit dem Protein Myosin die Muskelkontraktion.

Intermediärfilamente bilden das passive Stützgerüst der Zelle. Diese haben bisweilen große Unterschiede in ihrem biochemischen Aufbau und sind zelltypspezifisch – die Bestimmung der Art der Intermediärfilamente wird daher auch in der Tumordiagnostik genutzt.

Mikrotubuli sind hingegen an intrazellulären Transportprozessen beteiligt, legen die Lage der Zellorganellen fest und bilden die Mitosespindeln, die für die Kern- und nachfolgende Zellteilung unerlässlich sind.

Prüfungsrelevant

  • Zytoskelett: besteht aus Aktinfilamenten (Mikrofilamenten), Intermediärfilamenten und Mikrotubuli
  • Das Zytoskelett hat eine Stützfunktion, ermöglicht z.T. auch Bewegung und dient teilweise dem intrazellulären Stofftransport

Das Zytoplasma und Zytosol

Das Zytosol umfasst sämtliche flüssigen und gelösten Zellbestandteile und macht über die Hälfte des Zellvolumens aus – aufgrund des hohen Proteinanteils ist es gelartig.

Das Zytosol enthält unter anderem verschiedene Enzyme für biochemische Reaktionen in der Zelle, Triglyceride als Speicherform von Fettsäuren und Glykogen als Speicherform der Glucose.

Der Begriff Zytoplasma meint dabei das Zytosol und das Zytoskelett, zum Teil auch die Zellorganellen.

Die Zusammensetzung des Zytosols kann dabei auch innerhalb einer Zelle variieren, entsprechend verschiedener Reaktionsräume, die unterschiedliche Voraussetzungen für biochemische Reaktionen benötigen.

Prüfungsrelevant

  • Zytosol: sämtliche flüssigen und gelösten Zellbestandteile, gelartige Masse

Mitochondrien

Quelle: Wikimedia Commons, gemeinfrei.

Mitochondrien fungieren als „Kraftwerke der Zelle“ – sie synthetisieren Adenosintriphosphat als Energieträger, welche für zahlreiche Prozesse benötigt wird.

Die Mitochondrien bestehen aus zwei Lipidmembranen – die äußere Membran begrenzt das Mitochondrium, die innere Membran bildet den Matrixraum, in welchem die meisten Stoffwechselvorgänge stattfinden. Der Raum zwischen äußerer und innerer Membran wird Intercristaeraum genannt.

Im Gegensatz zu allen anderen Zellorganellen können sich Mitochondrien unabhängig vom Zellzyklus vermehren, sie verfügen über eigene mitochondriale DNA (mtDNA) und mitochondriale Ribosomen für die Proteinbiosynthese.

Anzahl und Lage der Mitochondrien sind je nach Zelltyp hochgradig unterschiedlich; je mehr Energie eine Zelle benötigt, desto mehr Mitochondrien hat sie.

Neben der Funktion als „Kraftwerk“ spielen die Mitochondrien auch beim Zelltod eine Rolle (Einleitung der Apoptose).

Prüfungsrelevant

  • Mitochondrien: „Kraftwerke“ der Zelle, stellen den Energieträger Adenosintriphosphat (ATP) her

Ribosomen

Ribosomen sind nicht umhüllte RNA-Protein-Komplexe, die ebenfalls für die Proteinbiosynthese zuständig sind.

An ihnen findet der zweite Schritt der Proteinbiosynthese statt, die Translation – es wird hier aus der RNA schließlich ein Protein gebaut.

Die Ribosomen können sowohl an das endoplasmatische Retikulum gebunden sein (man spricht dann vom rauen endoplasmatischen Retikulum), als auch frei im Zytosol vorliegen. Je nach Lage unterscheiden sich die synthetisierten Proteine: am endoplasmatischen Retikulum synthetisieren die Ribosomen membranständige oder zur Ausschleusung aus der Zelle bestimmte Proteine, während die Ribosomen im Zytosol zelleigene Proteine herstellen, die auch in der Zelle verbleiben.

Prüfungsrelevant

  • Ribosomen: teilweise frei vorliegend, teilweise an endoplasmatisches Retikulum gebunden; Beteiligung an Proteinbiosynthese

Das endoplasmatische Retikulum (ER)

Das endoplasmatische Retikulum ist ein in allen eukaryotischen Zellen (Ausnahme: Erythrozyten) vorkommendes Kanalsystem, welches aus einer Lipiddoppelschicht besteht.

Es grenzt die verschiedenen Stoffwechselräume durch eine Unterteilung der Zelle ab, fungiert als intrazelluläres Transportsystem und „Membrandepot“ und schafft durch eine Oberflächenvergrößerung gute Voraussetzungen für Stoffwechselvorgänge.

Es werden hierbei das raue endoplasmatische Retikulum (rER, auch granuläres ER), welches mit Ribosomen besetzt ist, und das glatte endoplasmatische Retikulum (gER, auch agranuläres ER) unterschieden.

Raues endoplasmatisches Retikulum (rER)

Hauptaufgabe des rER ist – entsprechend der Ribosomen, die sich auf ihm befinden – die Proteinbiosynthese. Es findet hier die Translation von Proteinen statt sowie die Abschnürung in so genannte Transportvesikel („Kapseln“), welche dann entsprechend ihrer Markierung entlang des Zytoskeletts an den Bestimmungsort transportiert werden.

Glattes endoplasmatisches Retikulum (gER)

Im Vergleich zum rER hat das nicht mit Ribosomen besetzte ER eine größere Anzahl an Aufgaben, die je nach Zelle unterschiedlich stark variieren können.

Das glatte endoplasmatische Retikulum dient unter anderem als Ionenspeicher, z.B. von Calcium-Ionen in Muskelzellen (hier spricht man vom sarkoplasmatischen Retikulum), aber auch als Ort der Hormonherstellung (z.B. von Steroidhormonen wie Cortison) oder des Kohlehydratstoffwechsels (Glykogenolyse).

Ferner hat das gER eine Entgiftungsfunktion, synthetisiert Phospholipide und Fettsäuren und dient dem Transport von Lösungen innerhalb der Zelle.

Prüfungsrelevant

  • raues ER: trägt Ribosomen, Beteiligung an Proteinbiosynthese
  • glattes ER: Ionenspeicher, Hormonherstellung, Kohlehydratstoffwechsel und Entgiftungsfunktion

Der Golgi-Apparat

(1) Kernmembran, (2) Kernpore, (3) Raues ER, (4) Glattes ER, (5) Ribosom auf dem rauen ER, (6) Transportvesikel mit Proteinen, (7) Transport-Vesikel, (8) Golgi-Apparat, (9) cis-Golgi-Netzwerk, (10) trans-Golgi-Netzwerk, (11) Zisternen des Golgi-Apparates. Quelle: Wikimedia Commons/Magnus Manske, CC-BY-SA 3.0-Lizenz.

Der Golgi-Apparat wird gerne als „Postfiliale der Zelle“ bezeichnet – das ist, angesichts zahlreicher weiterer Aufgaben, allerdings sehr weit vereinfacht.

Neben der „Adressierung“ und Weiterleitung von Stoffen zum Zielort in Form von Vesikeln (meist von Stoffen aus dem ER) übernimmt der Golgi-Apparat auch noch zahlreiche weitere biochemische Funktionen.

Hierunter fallen zum Beispiel die Glykosylierung, die Phosphorylierung, die Sulfatisierung von verschiedenen Stoffen wie auch die Aktivierung bestimmter Hormone und Proteine oder die Bildung von Membranvesikeln.

Prüfungsrelevant

  • Golgi-Apparat: „Postfiliale der Zelle“, Adressierung und Weiterleitung von Stoffen, zahlreiche weitere biochemische Aufgaben

Grundlagen der Rezeptortheorie

Darstellung des Schlüssel-Schloss-Prinzips. Quelle: eigenes Werk. © 2022 SaniOnTheRoad.

Damit Zellen etwas „machen“, Reize bilden, weiterleiten und auf Reize reagieren können, braucht es zu großen Teilen Rezeptoren und Botenstoffe (Liganden).

Rezeptoren sind dreidimensionale Proteinstrukturen, die entweder an/auf der Zellmembran liegen (oder sie durchdringen) oder innerhalb der Zelle liegen – je nach Funktion.

Rezeptoren sind für bestimmte Botenstoffe empfänglich: diese können an die Rezeptoren binden und damit eine Wirkung auslösen – oder auch den Rezeptor für andere Botenstoffe blockieren.

Man spricht vom Schlüssel-Schloss-Prinzip. Der „Schlüssel“ (hier der Ligand) muss zum „Schloss“ (also dem jeweiligen Rezeptor) passen.

Liganden können dabei eine bestimmte Wirkung auslösen (Agonist) oder den Rezeptor blockieren (Antagonist). Funktionelle Antagonisten lösen eine dem Agonisten entgegengesetzte Wirkung aus.

Zelluläre Transportprozesse

Für viele Funktionen der Zelle ist ein (gerichteter) Transport von Stoffen unerlässlich – sei es in die Zelle hinein, aus der Zelle hinaus oder auch innerhalb der Zelle.

Dabei kommen verschiedene aktive und passive Transportprozesse zur Geltung. An passiven Transportprozessen ist es vor allem die Diffusion, welche eine große Rolle spielt.

Diese läuft passiv entlang eines Konzentrationsgefälles ab – so zum Beispiel beim Fluss von Ionen, welche für die Erregungsbildung und -weiterleitung maßgeblich sind. Dies kann durch Kanäle gesteuert werden, welche röhrenartige Verbindungen aus Proteinen und für spezifische Ionen durchlässig sind. Kanäle können dabei sowohl rezeptorgesteuert sein (d.h. die Bindung eines Liganden an einen Rezeptor öffnet oder schließt den Kanal), als auch spannungsgesteuert (eine Spannungsänderung der Zelle öffnet oder schließt den Kanal).

Aktive Transportprozesse benötigen hingegen Energie – zum Beispiel dann, wenn ein Transport entgegengesetzt zum Konzentrationsgefälle erfolgen soll.

Wichtigstes Beispiel hierfür ist die Natrium-Kalium-Pumpe, welche Natrium- und Kaliumionen unter ATP-Verbrauch entgegengesetzt zum Konzentrationsgefälle aus der Zelle hinaus (Natrium) und in die Zelle hinein (Kalium) pumpt – und so das Konzentrationsgefälle zwischen dem Intra- und Extrazellulärraum aufrecht erhält.

Damit bestimmte Produkte auch dort ankommen, wo sie sollen, gibt es das Prinzip der „Adressierung“ – was u.a. der Golgi-Apparat übernimmt – mithilfe von Vesikeln. Vesikel haben auf ihrer Oberfläche bestimmte Proteine, welche mit Proteinen an der Zielstruktur interagieren können und den Inhalt so freisetzen.

Mehr zum Thema „Diffusion und Osmose“

Erregungsbildung und -weiterleitung

Ein wesentlich komplexerer Vorgang ist die Erregungsbildung und -weiterleitung an den Zellen, auf diese hier nur grob schematisch eingegangen wird.

Für die Funktion einiger Zellen, z.B. Nerven- und Herzmuskelzellen, ist es essentiell, dass diese elektrische Erregungen bilden und weiterleiten können. Dies geschieht entsprechend über einen Ionenfluss – je nach Konzentration der Ionen kommt es zu einem Ein- oder Ausstrom.

„Nice to know“

Zellen haben ein negatives „Ruhemembranpotential“ – das ist die Spannung zwischen intra- und extrazullärer Seite, welches durch die Natrium-Kalium-Pumpe aufrechterhalten und ggf. wiederhergestellt wird. Im Extrazellulärraum befinden sich deutlich mehr Natriumionen als intrazellulär; mit Kalium verhält es sich genau entgegengesetzt.

Das Auslösen einer elektrischen Erregung nennt man Depolarisation – Natriumkanäle öffnen, Natriumionen strömen in die Zelle ein, die Zelle wird durch die Vielzahl an positiven Ladungen positiver. Ab einem gewissen Punkt schließen die Natriumkanäle wieder – die Erregung setzt sich fort, indem weitere, entferntere Natriumkanäle durch den Spannungsanstieg geöffnet werden – und Kaliumkanäle öffnen sich.

Entsprechend des Konzentrationsgefälles strömt Kalium aus, die Zelle wird wieder negativer – man spricht von der Repolarisation. Da die Kaliumkanäle langsamer schließen, kommt es zum vermehrten Kaliumausstrom; die Zelle wird also „negativer“, als sie ursprünglich war. Dies nennt man Hyperpolarisation.

Nachdem auch die Kaliumkanäle geschlossen sind, wird mittels der Natrium-Kalium-Pumpe das Ruhemembranpotential wiederhergestellt.

Apoptose und Nekrose

So wie die Zellteilung und die physiologischen Prozesse der reifen Zelle gehört auch der Zelltod zum Lebenszyklus der Zelle dazu – hierbei unterscheidet man zwei Formen.

Die Apoptose ist der „programmierte“, physiologische Zelltod. Diese dient der Anpassung des Gewebes, der Entfernung nicht mehr benötigter oder auch entarteter Zellen. Über eine Signalkaskade verschiedener Proteine wird letztendlich das Zytosklett abgebaut und die Zellreste von Makrophagen (Fresszellen) aufgenommen. Die Apoptose läuft ohne Entzündungsreaktion ab.

Als Gegenstück bezeichnet die Nekrose den pathologischen Zelltod mit nachfolgender Entzündungsreaktion. Bei der Nekrose liegt eine Schädigung der Zelle aus unterschiedlichen Ursachen zugrunde (z.B. Sauerstoffmangel). Über eine Störung des Wasser-Elektrolyt- und Säure-Basen-Haushalts der Zelle kommt es zur Zellschwellung, dem Platzen der Zelle und der Freisetzung intrazellulärer Strukturen in den Extrazellulärraum – diese „Zelltrümmer“ (DAMPs) werden vom Immunsystem erkannt und führen zu einer Entzündungsreaktion.

Prüfungsrelevant

  • Apoptose: programmierter Zelltod ohne Entzündungsreaktion
  • Nekrose: pathologischer Zelltod infolge einer Zellschädigung mit nachfolgender Entzündungsreaktion

Zusammenfassung

  • Grundausstattung der Zelle: Zellkern, die Zellmembran, das Zytoskelett (Zellskelett) sowie die weiteren Zellorganellen (Organe der Zelle)
  • Zellen sind entsprechend ihrer Funktion spezialisiert
  • Zellkern: „Direktor“ der Zelle, beinhaltet Erbinformationen in Form von DNA, meist ein Zellkern pro Zelle
  • Kernkörperchen (Nucleolus): für die Herstellung von Ribosomen verantwortlich
  • Zellmembran: besteht aus einer Lipiddoppelschicht, dient der Abgrenzung der Zelle
  • Zytoskelett: besteht aus Aktinfilamenten (Mikrofilamenten), Intermediärfilamenten und Mikrotubuli
  • Das Zytoskelett hat eine Stützfunktion, ermöglicht z.T. auch Bewegung und dient teilweise dem intrazellulären Stofftransport
  • Zytosol: sämtliche flüssigen und gelösten Zellbestandteile, gelartige Masse
  • Mitochondrien: „Kraftwerke“ der Zelle, stellen den Energieträger Adenosintriphosphat (ATP) her
  • Ribosomen: teilweise frei vorliegend, teilweise an endoplasmatisches Retikulum gebunden; Beteiligung an Proteinbiosynthese
  • raues ER: trägt Ribosomen, Beteiligung an Proteinbiosynthese
  • glattes ER: Ionenspeicher, Hormonherstellung, Kohlehydratstoffwechsel und Entgiftungsfunktion
  • Golgi-Apparat: „Postfiliale der Zelle“, Adressierung und Weiterleitung von Stoffen, zahlreiche weitere biochemische Aufgaben
  • Apoptose: programmierter Zelltod ohne Entzündungsreaktion
  • Nekrose: pathologischer Zelltod infolge einer Zellschädigung mit nachfolgender Entzündungsreaktion
  • WICHTIG: Zellorganellen müssen benannt und in einem Bild beschriftet werden können!

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  • die wichtigsten Zellorganellen und deren Funktion,
  • die Grundlagen der Rezeptortheorie,
  • die Grundlagen der Erregungsbildung und -weiterleitung,
  • die Bedeutung von Apoptose und Nekrose.

Interessenkonflikte

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Der Autor gibt an, dass keine Interessenkonflikte bestehen.

Quellen

Aumüller G. et al. (2020): Duale Reihe Anatomie, 5. Auflage. Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart. ISBN 978-3-13-243502-5. DOI: 10.1055/b-007-170976. Hier erhältlich: https://amzn.to/3JI8Xry Affiliate-Link

Behrends J. et al. (2021): Duale Reihe Physiologie, 4. unveränderte Auflage. Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart. ISBN 978-3-13-243862-0.. DOI: 10.1055/b000000462. Hier erhältlich: https://amzn.to/3vqRCzu Affiliate-Link

Dönitz S., Flake F. (2015): Mensch Körper Krankheit für den Rettungsdienst, 1. Auflage. Urban & Fischer Verlag/Elsevier GmbH, München. ISBN 978-3-437-46201-6. 3. Auflage (2020): ISBN 978-3-437-46203-0. Aktuelle Auflage (3. Auflage, 2020) hier erhältlich: https://amzn.to/3BNVTic Affiliate-Link

Enke K., Flemming A., Hündorf H.-P., Knacke P., Lipp R., Rupp P. (2018): Lehrbuch für präklinische Notfallmedizin, Band A, 5. Auflage. Verlagsgesellschaft Stumpf & Kossendey mbH, Edewecht. ISBN: 978-3-943174-43-4. Aktuelles Gesamtwerk (3 Bände, 6. Auflage, 2019) hier erhältlich: https://amzn.to/3s8xH6L Affiliate-Link

Plattner H., Hentschel J. (2017): Zellbiologie, 5. Auflage. Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart. ISBN: 978-3-13-240227-0. DOI:10.1055/b-004-139120. Hier erhältlich: https://amzn.to/3KOk3wA Affiliate-Link

SaniOnTheRoad (2022): 2.1 Naturwissenschaftliche Grundlagen, abgerufen unter https://saniontheroad.com/2-1-naturwissenschaftliche-grundlagen/ am 18.06.2022

Silbernagl S., Despopoulos A., Draguhn A. (2018): Taschenatlas Physiologie, 9. Auflage. Georg Thieme Verlag, Stuttgart/New York. ISBN 978-3-13-241030-5. DOI: 10.1055/b-006-149287. Hier erhältlich: https://amzn.to/3tZwsHV Affiliate-Link

Silbernagl S., Lang F. (2019): Taschenatlas Pathophysiologie, 6. Auflage. Georg Thieme Verlag, Stuttgart/New York. ISBN 978-3-13-242913-0. DOI: 10.1055/b-007-168903. Hier erhältlich: https://amzn.to/3J73DO1 Affiliate-Link

Vaupel P., Schaible H.-G., Mutschler E. (2015): Anatomie, Physiologie, Pathophysiologie des Menschen, 7. vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart. ISBN 978-3-8047-2979-7. Hier erhältlich: https://amzn.to/3xnOm9A Affiliate-Link

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2.3 Die Zelle

SaniOnTheRoad

Notfallsanitäter, Teamleiter und Administrator des Blogs. Vom FSJler über Ausbildung bis zum Haupt- und Ehrenamt im Regelrettungsdienst und Katastrophenschutz so ziemlich den klassischen Werdegang durchlaufen. Mittlerweile beruflich qualifizierter Medizinstudent im vorklinischen Abschnitt. Meine Schwerpunkte liegen auf Ausbildungs- und Karrierethemen, der Unterstützung von Neueinsteigern, leitliniengerechten Arbeiten sowie Physiologie, Pathophysiologie, Pharmakologie und EKG für den Rettungsdienst. Mehr über mich hier.


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