Bei „Aus dem Pflaster-Laster“ berichte ich von Einsätzen, dem Alltag auf der Rettungswache und von aktuellen Themen – von purer Routine bis zum Drama. Am Ende ziehe ich mein Fazit der Einsätze und zeige auf, was gut lief und was besser laufen könnte. Namen von Patienten, Orten und Kollegen lasse ich selbstverständlich aus.
Ein Rückblick über die letzten Jahre
Eine ausnahmsweise angenehme, nicht allzu heiße Sommernacht kündigt sich für diesen NEF-Nachtdienst an – der RTW ist seit einer gefühlten Ewigkeit unterwegs und ich brüte über den Unterlagen für meinen anstehenden PHTLS-Kurs.
Das Lernen geht gut voran, die Wachenaufgaben sind erledigt und ich kann es mir leisten, ein wenig in Gedanken abzuschweifen. Und die gibt es genug. Veränderungen stehen an. Große Veränderungen.
Meine Tage als „Vollzeit-Rettungsdienstler“ sind gezählt – der Medizinstudienplatz ab Oktober ist gesichert, die Stundenreduzierung wurde durch den Betriebsrat genehmigt, und auch sonst steht auf der Rettungswache in den verbleibenden Wochen nicht mehr viel an.
Dass ich einmal an diesen Punkt komme, hätte ich nicht gedacht. Jedenfalls nicht so schnell.
Schließlich habe ich den Rettungsdienst als „Berufung“ gesehen, und eigentlich tue ich das immer noch. Die Arbeit macht mir Spaß wie am ersten Tag. Und doch hat sich sehr viel geändert. Seit meinem Tag 1 ist auch einiges Zeit ins Land gegangen – vom FSJ über das Hauptamt als Rettungssanitäter über die Notfallsanitäterausbildung bis hin zu meinem Festvertrag als NFS.
Die Evolution vom Rettungsassistenten zum Notfallsanitäter, die Freigabe der heilkundlichen Maßnahmen, COVID-Pandemie und vieles weitere ist in dieser Zeit passiert. Und natürlich meine Entwicklung vom unerfahrenen FSJler zur Fachkraft. Und zum Blogger 😉
Wo ist der Zauber hin?
Eine der großen Veränderungen betrifft das „Wachenklima“ – die Stimmung ist derzeit auf einem Tiefpunkt, die Unzufriedenheit recht hoch, der Zusammenhalt der Wache war schon besser und die Ursachen sind kaum greifbar.
Dienstplangestaltung? Ausfallmanagement? Führungsebene? Vielleicht.
Vielleicht ist es aber auch das Kollegium selbst – relativ viele unmotivierte Kollegen, dauerhaft Unzufriedene und „Dauerkranke“, gegen die kein Kraut gewachsen ist, drücken meines Erachtens die Stimmung deutlich.
Auch wenn es immer noch viele motivierte Kollegen gibt, die sich weit über das Erforderliche hinaus engagieren und der Großteil immer noch Spaß an der Arbeit hat, muss ich feststellen: es ist irgendwie…leidenschaftsloser geworden. Eine Wachengemeinschaft, die zusammenhält und auch außerhalb der Dienstzeit etwas macht, gibt es als solche nicht mehr.
Das finde ich ausgeprochen schade.
Ich denke da an viele nette Kollegen zurück, mit denen die Arbeit immer Spaß gemacht hat (auch wenn die Dienste sehr anstrengend waren), die durchaus Leistungsträger waren und die Wache deutlich hätten voranbringen können – und dem Arbeitgeber oder dem Rettungsdienst allgemein den Rücken gekehrt haben. Von vielen dieser Leute konnte ich etwas mitnehmen, viele dieser Leute haben mich gefördert.
Und ich denke auch an einige Spezialisten und streitbare Charaktere – zum Beispiel unserem Practicantus horribilis und dessen Nachfolger – bei denen das Vertragsende eine Erleichterung war.
Irgendwie bleibt alles gleich – und es ist doch alles anders.
Die Leidenschaft und die Begeisterung für den Beruf fehlt bei vielen, und hier muss sich wieder etwas tun. Einen Bürojob kann man im Zweifelsfall auch ohne Leidenschaft ausüben. Rettungsdienst nicht.
Ein Ausblick auf meine Zukunft
Der Ausstieg aus der Vollzeitstelle ist am Ende des Tages kein „Lebe wohl“ zum Rettungsdienst, und – sofern es bei der Planung bleibt – auch nicht für immer. Die Stimmung kann sich immer zum Besseren wenden, und in der Vergangenheit hat sie es auch oft getan.
Bis es soweit ist, wird mein Tätigkeitsschwerpunkt nun etwas verschoben und der Rettungsdienst bleibt in Teilzeit weiter eine Beschäftigung, ebenso wie meine ehrenamtliche Tätigkeit im Katastrophenschutz.
Der anstehende PHTLS-Kurs ist daher mein letztes, großes „rein rettungsdienstliches Projekt“. Danach wird das Studium die Beschäftigung Nummer 1 sein.
Und ich freue mich darauf. Ich freue mich, neues Lernen zu können, aus dem Alltagstrott herauszukommen, neue Gleichgesinnte kennen zu lernen und ein Leben mit geregelteren Zeiten führen zu können. Trotz all dem wird mir der Rettungsdienst – auch mit weiterer Tätigkeit – fehlen.
Quellen
SaniOnTheRoad (2022): Mein Weg ins Medizinstudium, abgerufen unter https://saniontheroad.com/mein-weg-ins-medizinstudium/ am 22.08.2022
SaniOnTheRoad (2022): Das jähe Ende eines FSJ, abgerufen unter https://saniontheroad.com/das-jaehe-ende-eines-fsj/ am 22.08.2022
SaniOnTheRoad (2022): Notfallsanitäterausbildung – ein Erfahrungsbericht, abgerufen unter https://saniontheroad.com/notfallsanitaeterausbildung-ein-erfahrungsbericht/ am 22.08.2022
SaniOnTheRoad (2022): Teilzeitarbeit im Rettungsdienst, abgerufen unter https://saniontheroad.com/teilzeitarbeit-im-rettungsdienst/ am 22.08.2022
SaniOnTheRoad (2021): Der Practicantus horribilis, abgerufen unter https://saniontheroad.com/der-practicantus-horribilis/ am 22.08.2022
SaniOnTheRoad (2020): „Kleines 1×1 des Rettungsdienstes“ – Teil 22: Freiwilligendienste im Rettungsdienst, abgerufen unter https://saniontheroad.com/kleines-1×1-des-rettungsdienstes-teil-22/ am 22.08.2022
SaniOnTheRoad (2020): „Kleines 1×1 des Rettungsdienstes“ – Teil 20: Ein Blick auf das Ehrenamt, abgerufen unter https://saniontheroad.com/kleines-1×1-des-rettungsdienstes-teil-20/ am 22.08.2022
SaniOnTheRoad (2019): Mein „Tag 1“, abgerufen unter https://saniontheroad.com/mein-tag-1/ am 22.08.2022
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