Adieu, Rettungsassistenten!

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Bei „Aus dem Pflaster-Laster“ berichte ich von Einsätzen, dem Alltag auf der Rettungswache und von aktuellen Themen – von purer Routine bis zum Drama. Am Ende ziehe ich mein Fazit der Einsätze und zeige auf, was gut lief und was besser laufen könnte. Namen von Patienten, Orten und Kollegen lasse ich selbstverständlich aus.


Eine Ära geht zu Ende

In großen Schritten nährt sich der Stichtag in Rheinland-Pfalz – ab dem 31.12.2023 um 24 Uhr endet die Zeit der Rettungsassistenten als Verantwortliche in der Notfallrettung in unserem Bundesland, sowohl auf dem RTW, als auch auf dem NEF.

Auch wenn mein Beitrag, was mit den betroffenen Kollegen passiert schon über ein Jahr alt ist, kommt es einem so vor, als wäre es erst gestern gewesen.

Die letzte Runde der Ergänzungsprüfungen ist bei uns schon abgeschlossen und so manche Hoffnung, die der ein oder andere alteingesessene Kollege hatte, ist dann doch gestorben – sei es die Hoffnung auf eine weitere Fristverlängerung gewesen oder zumindest eine Ausnahmeregelung für das NEF-Fahren.

All das ist bislang nicht eingetreten und es gibt auch keine Anzeichen, dass die Landespolitik in den letzten Tagen des Jahres hieran etwas ändern wird. Zusammen mit sieben anderen Bundesländern wird der Hammer fallen – und damit den Beginn der endgültigen Ablösung des Rettungsassistenten durch den Notfallsanitäter einläuten.

Die neuen Ausbildungs- und Behandlungsalgorithmen der Ärztlichen Leiter Rettungsdienst kennen nur noch den Notfallsanitäter – die RettAss werden nicht mehr erwähnt. Damit entfällt auch die Handlungsgrundlage im Bereich der erweiterten Versorgungsmaßnahmen.

Dabei sind durchaus noch einige Punkte ungeklärt: so wird beispielsweise über Änderungskündigungen der verbleibenden Rettungsassistenten diskutiert.

Einige Bundesländer haben noch deutlich längere Fristen, einige sehen zumindest auf dem NEF den weiteren Einsatz vor – in der Fläche wird es allerdings der Anfang vom Ende sein.

Die Hoffnung stirbt zuletzt?

Die Freude über diese Regelung hält sich in der Gruppe, die Jahre und Jahrzehnte lang als Verantwortliche in der Notfallrettung eingesetzt wurden…hält sich nachvollziehbarerweise sehr in Grenzen.

Den von einigen prognostizierten Untergang des Rettungsdienstes wird es wahrscheinlich nicht geben; genauso wenig wie Klagewellen der betroffenen Kollegen selbst.

Man muss hier ehrlich sein: in den vergangenen zehn Jahren des Notfallsanitätergesetzes hat die Gruppe der Rettungsassistenten unheimlich an Schlagkraft eingebüßt. Der Rettungsassistent wurde letztendlich zu einer Rarität der rettungsdienstlichen Qualifikationen – übrig geblieben sind vor allem diejenigen, die ohnehin in absehbarer Zeit in Rente gehen werden und sich bewusst gegen den Notfallsanitäter entschieden haben, und diejenigen, die den Sprung schlichtweg nicht geschafft haben.

Und das sind – zumindest in unserem Falle – nur eine handvoll Kollegen. Keine zehn Prozent der Belegschaft.

Auch wenn die meisten der Betroffenen recht rational mit der Situation umgehen, merkt man doch, wie sich einige noch immer an letzte Hoffnungen klammern, dass es doch alles anders kommen wird. Und man merkt, wie es bei einigen „brodelt“. Ich finde es durchaus nachvollziehbar, dass man sich ärgert, wenn einem nach oft vielen Jahren Arbeit und Engagement schlichtweg der Rang abgelaufen wird und man sich gezwungenermaßen unterordnen muss.

Das wird einigen sicher schwerer fallen als anderen – und es braucht meines Erachtens hier durchaus etwas Fingerspitzengefühl seitens der anderen Kollegen, der Wachen- und der Rettungsdienstleitungen, um das Wachenklima trotz allem in einem guten Bereich zu halten.

Alles hat seine Zeit

Mein letzter Beitrag zu dem Ende der Rettungsassistenten war dann doch „hart“ – und an dieser Stelle würde ich gerne versuchen, es doch einen Tick versöhnlicher zu formulieren…

Alles hat seine Zeit – der Rettungsassistent war seit 1989 das Maß der Dinge in der Notfallrettung, der erste „richtige“ Ausbildungsberuf im Rettungsdienst.

Und man darf keineswegs vergessen, dass der Rettungsassistent nach dem Wissensstand seiner Zeit ausgebildet wurde und man überzeugt davon war, dass so gute rettungsdienstliche Arbeit aussieht. Man darf auch keineswegs vergessen, dass die Rettungsassistenten die Grundlage für die Notfallsanitäterausbildung und die Kompetenzerweiterung gelegt hatten und entsprechend viele der „jungen“ Notfallsanitäter an den Rettungsdienst herangeführt hatten.

Ich finde allerdings, man muss sich auch eingestehen, dass die Notfallmedizin sich stetig fortentwickelt – und dabei nicht jeder Schritt halten kann (oder will). Das Ziel sollte am Ende des Tages nicht die Befriedigung des eigenen Egos sein, sondern die bestmögliche Patientenversorgung. Und ja, dafür sind Dinge wie leitliniengerechtes Arbeiten und ein Fachwissen am Puls der Zeit einfach unerlässlich und nicht simpel durch Erfahrungswerte zu ersetzen.

Die Trends im Rettungsdienst gehen dabei deutlich zu mehr Eigenständigkeit, zu invasiveren Maßnahmen und zu mehr Eigenverantwortung – der ursprüngliche „Assistenzberuf“ muss hier meines Erachtens folgerichtig dem eigenverantwortlichen Akteuren weichen.

Es ist notwendig, die Zeichen der Zeit nicht nur zu erkennen, sondern auch mit der Zeit zu gehen – dafür muss man auch in der Lage und Willens sein, sich auch den zukünftigen Anforderungen im Rettungsdienst zu stellen. Das kann nicht jeder. Das will auch nicht jeder.

Der Rettungsdienst hat sich nicht nur insgesamt sehr stark weiterentwickelt, sondern auch in einer atemberaubenden Geschwindigkeit.

Nichtsdestotrotz sollten auch die verbliebenen Rettungsassistenten ihre Möglichkeit sehen und nutzen, den Rettungsdienst auch ab dem Jahre 2024 weiterhin mitgestalten zu können, um eine langfristige Verbesserung zu erreichen. Auch wenn man nicht mehr das Maß der Dinge ist und sich wohlmöglich darüber ärgert, können (und sollten) andere – und insbesondere auch jüngere – Kollegen von den Erfahrungen profitieren.

Es geht hierbei schlicht um die „Sache“ – nicht um eigenes Statusdenken.

Interessenkonflikte

Der Autor gibt an, dass keine Interessenkonflikte bestehen.

Quellen

Ärztliche Leiter Rettungsdienst Rheinland-Pfalz (2023): Ausbildungs- und Behandlungsalgorithmen für Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitäter (NotSan) in Rheinland-Pfalz, Stand 30.09.2023, abgerufen unter https://www.aelrd-rlp.de/index.php/download/ausbildungsalgorithmen-notsan-rheinland-pfalz-2023/ am 22.12.2023

SaniOnTheRoad (2022): Was passiert mit den Rettungsassistenten?, abgerufen unter https://saniontheroad.com/was-passiert-mit-den-rettungsassistenten/ am 22.12.2023

SaniOnTheRoad (2019): „Kleines 1×1 des Rettungsdienstes“ – Teil 2: Ausbildungen im Rettungsdienst, abgerufen unter https://saniontheroad.com/kleines-1×1-des-rettungsdienstes-teil-2/ am 22.12.2023

Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (2023): ver.di stellt sich gegen Schlechterstellung beim DRK, abgerufen unter https://rps.verdi.de/presse/pressemitteilungen/++co++3acf2de8-83c1-11ee-a4f2-90b11c4f1b2d am 22.12.2023

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Über SaniOnTheRoad

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SaniOnTheRoad

Notfallsanitäter, Teamleiter und Administrator des Blogs. Vom FSJler über Ausbildung bis zum Haupt- und Ehrenamt im Regelrettungsdienst und Katastrophenschutz so ziemlich den klassischen Werdegang durchlaufen. Mittlerweile beruflich qualifizierter Medizinstudent im vorklinischen Abschnitt. Meine Schwerpunkte liegen auf Ausbildungs- und Karrierethemen, der Unterstützung von Neueinsteigern, leitliniengerechten Arbeiten sowie Physiologie, Pathophysiologie, Pharmakologie und EKG für den Rettungsdienst. Mehr über mich hier.

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