Der „neue“ Rettungssanitäter in Rheinland-Pfalz

Rettungsdienst aktuell – Themen die den Rettungsdienst, seine Mitarbeiter und Interessierte beschäftigen. Von leitliniengerechter Arbeit bis zur gesellschaftskritischen Diskussion.

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In Anbetracht der Änderung des NotSanG und der Änderung der NotSan-APrV ist der Blick auf „größere“ Themen gerichtet, als die Rettungssanitäterausbildung.

Aber auch hier haben sich erstmals größere Änderungen ergeben. Zumindest in Rheinland-Pfalz.

Zum Hintergrund

Der Ausschuss Rettungswesen, früher als Bund-Länder-Ausschuss Rettungswesen bekannt, ist die Stelle, die seit jeher die Vorgaben des 520-h-Programms der Rettungssanitäterausbildung festlegt.

Die aktuelle Fassung vom 16./17. September 2008 war neben entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften bundesweit die Grundlage für die Rettungssanitäterausbildung.

Im Jahr 2019 kam es allerdings zu einer Novellierung – statt einer Empfehlung stellte der Ausschuss Rettungswesen nun eine Muster-Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Rettungssanitäterinnen und Rettungssanitäter vor, die in das jeweilige Landesrecht übernommen werden soll.

Am 01. Oktober 2020 hat Rheinland-Pfalz als erstes Bundesland die Regelung in eine landesrechtliche Ausbildungs- und Prüfungsverordnung übernommen – andere Bundesländer dürften folgen.

Grund genug, sich die entsprechenden Änderungen mal anzuschauen.

Was hat sich geändert?

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Ausbildungsdauer und -orte

Die Gesamtausbildungsdauer ist dem „520-h-Programm“ treu geblieben. Erstmals hat sich allerdings die Verteilung auf die verschiedenen Bereiche geändert.

Der theoretisch-praktische Ausbildungsteil in der Rettungsdienstschule wurde auf 240 Stunden verlängert – im Gegenzug wurde die klinische Ausbildung gekürzt, sie beträgt lediglich noch 80 Stunden. Ferner ist das Klinikpraktikum kein zwingendes Klinikpraktikum mehr – die APrV spricht nur noch von einer „geeigneten Behandlungsstätte“.

Im Bereich der Rettungswache und des Abschlusslehrgangs ergaben sich keine Änderungen des Umfangs.

Die Ausbildung umfasst somit 520 Stunden, davon

  • 240 Stunden theoretisch-praktische Ausbildung an einer Rettungsdienstschule,
  • 80 Stunden praktische Ausbildung an einer geeigneten Behandlungsstätte („Klinikpraktikum“),
  • 160 Stunden praktische Ausbildung an einer Lehrrettungswache sowie
  • 40 Stunden Abschlusslehrgang.

Inhaltliche Änderungen

Inhaltlich hat man den Rettungssanitäter nicht vollends neu erfunden – musste man auch nicht unbedingt.

Eine besondere Schwerpunktsetzung ist allerdings die Versorgung nach dem ABCDE-Schema, welche allein im schulischen Ausbildungsteil 120 Stunden in Anspruch nehmen soll. Hierbei werden entsprechend die jeweiligen Störungen („Buchstabenprobleme“) mitsamt der Pathophysiologie und Therapie mit eingeschlossen.

Neu hingegen ist der Themenbereich „psychosoziale Aspekte“, der auch mit psychosozialer Erster Hilfe und entsprechenden Coping-Strategien bisher in der Rettungssanitäterausbildung stark vernachlässigt wurde.

Prüfungen

Was viele freuen dürfte: die mündliche Prüfung in der Abschlusswoche entfällt – es gibt nunmehr nur eine schriftliche sowie eine praktische Prüfung (Reanimation und Fallbeispiel).

Was ist mit den Rettungshelfern?

Auch die Ausbildungsdauer der Rettungshelfer ändert sich mit der neuen Verordnung.

Zukünftig umfasst die Ausbildung zum Rettungshelfer in Rheinland-Pfalz 320 Stunden (statt bisher 260), bestehend aus

  • 240 Stunden theoretisch-praktische Ausbildung an einer Rettungsdienstschule und
  • 80 Stunden praktischer Ausbildung an einer Lehrrettungswache.

Was bedeutet es für bestehende Rettungssanitäter?

Für Personen, die bereits die Qualifizierung abgeschlossen haben, ergeben sich keine Änderungen – sowohl „Alt-Rettungssanitäter“ aus Rheinland-Pfalz als auch Rettungssanitäter aus anderen Bundesländern werden in ihrer Tätigkeit nicht eingeschränkt; man gilt dennoch als Rettungssanitäter im Sinne der Verordnung.

Zusätzliche Prüfungen fallen für „Alt-Rettungssanitäter“ nicht an.

Bewertung

Diese neue Aufteilung bietet Chancen…

Die Erweiterung der schulischen Ausbildung ermöglicht eine intensivere Ausbildung in der Rettungsdienstschule, ermöglicht sinnvollere didaktische Konzepte und eine bessere Verknüpfung zwischen Theorie und Praxis.

Insgesamt besteht hier die Chance, dass nach diesem Konzept ausgebildete Rettungssanitäter im Schnitt ein größeres Maß an „Können“ nach absolvierten Fachlehrgang aufweisen.

Die Beibehaltung des 520-Stunden-Programms in seinem Gesamtumfang lässt auch die „neue“ RS-Ausbildung für Ehrenamtliche und für Freiwilligendienstleistende offen.

…aber birgt auch Risiken.

Die Rettungsdienstschule hat nun in einem weitaus höheren Maß Einfluss auf die Ausbildung, nimmt sie allein schon stundenmäßig den größten Teil ein. Folglich hängen „Erfolg und Scheitern“ in einem weitaus größeren Maße von der Leistung der Schule ab – andere Ausbildungsabschnitte haben eine geringere Chance zur Korrektur.

Zwangsläufig leidet unter einer Zunahme des schulischen Teils die praktische Ausbildung – der Kontakt zu Patienten erfolgt wesentlich später und in einem geringeren Umfang als bisher.

Gerade die Änderung der Klinikpraktika – zum einen die Halbierung der Zeit, zum anderen die ungenaue Festlegung auf „geeignete Behandlungseinrichtung“ – birgt Risiken.

Die Klinikpraktika sind die einzige Möglichkeit, bestimmte Skills und Fähigkeiten in einem ruhigen, sicheren Umfeld am „lebenden Objekt“ üben zu können – das umfasst nicht nur invasive Maßnahmen wie einen venösen Zugang, sondern auch Dinge wie die Beutel-Maske-Beatmung, die auch für einen RS eine essentielle Fähigkeit darstellt.

Das Risiko, dass diese Fähigkeiten zugunsten einer eher pflegerisch orientierten Basisausbildung vernachlässigt werden, besteht jedenfalls.

Aus: SaniOnTheRoad (2020). Rettungssanitäter-Ausbildung auf dem Prüfstand, abgerufen von https://saniontheroad.home.blog/2020/03/24/rettungssanitater-ausbildung-auf-dem-prufstand/ am 25.10.2020

Wo findet man die Muster-APrV und die Landes-APrV?

Empfehlung für eine Verordnung über die Ausbildung und Prüfung von Rettungssanitäterinnen und Rettungssanitätern (RettSan-APrV) des Ausschusses Rettungswesen vom 11./12. Februar 2019

Genau hier!

Quellen

SaniOnTheRoad (2020): Rettungssanitäter-Ausbildung auf dem Prüfstand; abgerufen von https://saniontheroad.com/rettungssanitater-ausbildung-auf-dem-prufstand/ am 03.02.2022

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Über SaniOnTheRoad

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SaniOnTheRoad

Notfallsanitäter, Teamleiter und Administrator des Blogs. Vom FSJler über Ausbildung bis zum Haupt- und Ehrenamt im Regelrettungsdienst und Katastrophenschutz so ziemlich den klassischen Werdegang durchlaufen. Mittlerweile beruflich qualifizierter Medizinstudent im klinischen Abschnitt des Studiums. Meine Schwerpunkte liegen auf Ausbildungs- und Karrierethemen, der Unterstützung von Neueinsteigern, leitliniengerechten Arbeiten sowie Physiologie, Pathophysiologie, Pharmakologie und EKG für den Rettungsdienst. Mehr über mich hier.


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