Die Top 20 der häufigsten Rettungsdiensteinsätze

Bei „Aus dem Pflaster-Laster“ berichte ich von Einsätzen, dem Alltag auf der Rettungswache und von aktuellen Themen – von purer Routine bis zum Drama. Am Ende ziehe ich mein Fazit der Einsätze und zeige auf, was gut lief und was besser laufen könnte. Namen von Patienten, Orten und Kollegen lasse ich selbstverständlich aus.

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Heute ein weiterer Beitrag aus einem Leser(innen)wunsch – diesmal von Elsa.

Ich fand diese Frage wirklich interessant – sogar so sehr, dass ich nicht nur mein eigenes Testtatheft mal durchforstet habe, sondern auch die Auszubildenden unserer Wache um Rückmeldung gebeten habe. An der Stelle schon einmal vielen Dank!

Häufige Einsätze

Ich muss sagen, dass mich das Ergebnis der „Top 20“ durchaus an manchen Stellen überrascht hat – ehrlicherweise hätte ich an manchen Stellen durchaus andere Erkrankungen erwartet.

„Der weitaus überwiegende Anteil der Rettungsdiensteinsätze ist internistisch.“

Diese Aussage hätte ich vor einer Woche noch sofort unterschrieben, mittlerweile sehe ich das nicht mehr ganz so vorbehaltlos.

Was häufig ist, hängt vor allem von den örtlichen Gegebenheiten, der Bevölkerungsdichte, der Verkehrsdichte, der Altersstruktur, den Arbeitsstätten und noch einigem mehr ab. Allgemeingültig oder repräsentativ sind meine Ergebnisse somit nicht.

Die Ergebnisse basieren auf einer Landwache mit Notarztstandort sowie zwei Außenwachen mit jeweils einem RTW.

Ohne euch weiter auf die Folter spannen zu wollen gibt es jetzt die Liste – bei den selteneren der häufigeren Fälle wird begonnen 😉

Die Top 20

Die Liste bezieht sich ausschließlich auf Einsätze der Notfallrettung, berücksichtigt wurden nur Primäreinsätze – sprich: wo der Rettungsdienst direkt zum Patienten kommt und dieser noch nicht vorher im Krankenhaus war.

Platz 20 – Gynäkologische und pädiatrische Notfälle

Wie fast schon zu erwarten war, sind diese beiden Kategorien eher selten im Alltag vertreten – was leider auch erheblich zur fehlenden Routine beiträgt.

„Einfache“ gynäkologische Probleme wie Schmerzen mit wahrscheinlich gynäkologischer Ursache oder vaginale Blutungen sind von den selteneren Einsätzen noch die häufigsten. Geburten sind wiederum seltener; vollendete Geburten im Rettungsdienst sind eher eine Seltenheit.

Pädiatrische Notfälle – von einfachen chirurgischen Fällen und Fieberkrämpfen abgesehen – stellen ebenfalls eine Rarität dar.

Platz 19 – Kreislaufstillstand

Tatsächlich, bei der Auswertung kam der Kreislaufstillstand – selbst mit primären Todesfeststellungen – nur auf Platz 19. Auch wenn ich für mein Empfinden die Häufigkeit doch höher angesetzt hätte, scheint die Reanimation als das wohl meist trainierte Fallbeispiel eher selten draußen aufzutreten.

Das sollte allerdings nicht über die Wichtigkeit hinwegtäuschen – sie mag zwar relativ selten sein, ist dafür an „Schwere“, Stresslevel und Anstrengung kaum zu überbieten.

Platz 18 – Krampfanfall

Der Krampfanfall, meist als „Grand mal“ oder Fieberkrampf, kommt zumindest halbwegs regelmäßig vor. Der überwiegende Anteil der Patienten befindet sich bei Eintreffen des Rettungsdienstes bereits in der Nachschlafphase – der besonders bedrohliche Status epilepticus ist wiederum eher selten.

Platz 17 – Sport- und Freizeitunfälle

Verletzungen beim Sport, insbesondere Verstauchungen (Distorsionen) oder auch „Ausrenkungen“ (Luxationen), aber z.B. auch Reitunfälle gehören zum rettungsdienstlichen Spektrum. Die Schwere ist sehr variabel; während bei manchen die Versorgung mittels Basismaßnahmen ausreicht, ist bei anderen eine Analgesie oder Reposition vor Ort notwendig.

Platz 16 – Bewusstlosigkeit

Die anhaltende Bewusstlosigkeit ist keine eigenständige Erkrankung, sondern „nur“ ein Symptom – und zwar ein lebensbedrohliches. Auch wenn diese nicht besonders häufig vorkommt, erfordert sie ein strukturiertes Arbeiten und eine sehr genaue Ursachenforschung. Blutzuckerentgleisungen sind hier noch vor Intoxikationen und Verletzungen die häufigste Ursache.

Platz 15 – Atembeschwerden

Hierunter fallen alle Atemprobleme, die nicht zur „akuten Atemnot“ zählen. Das sind oftmals Infekte wie eine Bronchitis oder Pneumonie, ggf. auch kardiale Ursachen wie eine Herzinsuffizienz – oder auch unspezifische, atemabhängige Schmerzen. Recht häufig ist das Leitsymptom hier eine Belastungsdyspnoe.

Platz 14 – Intoxikationen

Vergiftungen und Überdosierungen aller Art belegen den Platz 14 im Ranking. Mit Abstand am häufigsten ist hier die – meist akzidentielle – Alkoholintoxikation vertreten. Überdosierungen von Medikamenten sind seltener, dann aber meist in suizidaler Absicht. Intoxikationen mit anderen Drogen stellen bei uns offensichtlich die Ausnahme dar.

Platz 13 – Verkehrsunfälle

Die Verkehrsunfälle werden zwar gemeinhin als „rettungsdienstlicher Einsatzbereich schlechthin“ angesehen, sind aber klassischerweise eher selten, wenn die Wache nicht gerade an einem Unfallschwerpunkt liegt. Warum trotzdem Platz 13? Ich habe hier alle Arten von Verkehrsunfällen zusammengefasst – neben den PKW- und LKW-VU zählen also auch Unfälle mit Radfahrern (häufigste Ursache) oder Begegnungen mit Fußgängern dazu.

Die Schwere ist auch hier extrem variabel – vom Auffahrunfall ohne Personenschaden bis zum eingeklemmten Polytrauma gab es alles. Am häufigsten: irgendwas mittendrin – schwere Verletzungen waren durchaus nicht selten, lebensbedrohliche Verletzungen eher schon.

Platz 12 – Bereitstellungseinsätze

Das umfasst Einsätze, bei denen ein RTW für andere Organisationen – allen voran der Feuerwehr – im Einsatzfall zur Absicherung bereitgestellt wird. Das ist praktisch bei allen Einsätzen, bei denen ein Einsatz von Atemschutzgeräteträgern zu erwarten ist, der Fall. Bisweilen werden diese Einsätze auch für die Polizei bei entsprechender Gefährdungslage geleistet – sind aber viel seltener als die Feuerwehr-Bereitstellungs.

Häufigster Grund für Bereitstellungseinsätze sind ausgelöste Brandmeldeanlagen (BMA, zu 90 % Fehlalarme), gefolgt von Zimmer- und Wohnhausbränden.

Platz 11 – schlechter Allgemeinzustand

Der „schlechte AZ“ ist eine Zustandsbeschreibung, keine eigene Erkrankung. Im Prinzip ist dies der Einsatzgrund, wenn es einem meist älteren Patienten mit oft zahlreichen Vorerkrankungen und nennenswerter Einschränkung des täglichen Lebens zunehmend schlechter geht.

Hier spielt wiederum die Differentialdiagnose eine große Rolle – von der „einfachen“ Dehydratation bis zu schwerwiegenden internistischen Erkrankungen ist fast alles drin.

Platz 10 – Kreislauf- und Blutdruckprobleme

Wir kommen in die Top 10 – mit diversen Kreislaufproblemen und Blutdruckentgleisungen. Dazu zählt recht häufig die orthostatische Dysregulation („Kreislaufschwäche“) mit Schwarz werden vor Augen und hypertensive Entgleisungen unterschiedlicher Schwere und Ausprägung.

Platz 9 – Arrhythmien

Herzrhythmusstörungen unterschiedlichster Art und Schwere kommen recht häufig vor. Zum einen als eigenständiger Rufgrund (Palpitationen, langsamer Herzschlag), zum anderen als Folge und Symptom unterschiedlicher Erkrankungen.

Auch hier ist das Zauberwort Differentialdiagnostik – und definitiv ein wenig EKG-Interpretation.

Platz 8 – Abdominelle Beschwerden

Das umfasst neben dem akuten Abdomen eine Vielzahl oft unspezifischer Bauchbeschwerden – angefangen von Koliken über entzündliche Erkrankungen und Durchfall/Erbrechen bis zu gastrointestinalen Blutungen.

Problem: recht häufig – und recht häufig ist die Differentialdiagnostik mit Auswahl der Zielklinik schwierig.

Platz 7 – Synkope

Die Synkope, also ein kurzer Ohnmachtsanfall, gehört zweifellos zu den häufigeren Gründen für einen Rettungsdiensteinsatz. Die Ursachen können von „absolut harmlos“ bis zu „lebensgefährlich“ reichen, dementsprechend unterschiedlich fällt die Behandlung aus.

Oft sind reine Kreislaufprobleme, z.B. zu wenig gegessen/getrunken, daran Schuld, aber auch kardiale oder neurologische Ursachen sind möglich.

Platz 6 – Frakturen

Tatsächlich kommen auch hier vorne chirurgische Notfälle. Frakturen, insbesondere einfache Frakturen distaler Extremitätenknochen und der berühmt-berüchtigte Oberschenkelhals kommen häufig vor und gehören zum rettungsdienstlichen Alltag.

Bei den Ursachen halten sich Haushalts- und Arbeitsunfälle tatsächlich ungefähr die Waage.

Besonders schwere oder offene Frakturen sind wie schwerwiegende Wirbelsäulenverletzungen hingegen eher selten.

Platz 5 – Psychiatrische Notfälle

Dieser Platz hat mich gleichermaßen überrascht und schockiert. Psychiatrische Notfälle stellen zweifellos einen erheblichen Anteil der rettungsdienstlichen Einsätze dar.

Neben Suiziden und Suizidversuchen machen hier Fremd- und Eigengefährdung, Zwangseinweisungen, Erregungszustände und akute Psychosen einen erheblichen Anteil aus. Aber auch „soziale Krisen“ sind durchaus ein Einsatzgrund.

Platz 4 – Schlaganfall

Der Schlaganfall – egal, ob ischämisch oder hämorrhagisch – ist wohl das neurologische Krankheitsbild schlechthin und auch in der breiten Bevölkerung bekannt. Keine Frage – eines der häufigsten Krankheitsbilder im Rettungsdienst. Gefühlt hätte ich dem Schlaganfall sogar einen noch höheren Platz eingeräumt.

Platz 3 – akute Atemnot

Die akute Atemnot ist zweifellos ein Klassiker – als Ursache ist allen voran wohl die exazerbierte COPD am häufigsten, insbesondere in den Herbst- und Wintermonaten. Seltener sind schwere Infektionen ohne Vorerkrankung die Ursache, ebenso Asthmaanfälle oder allergische Reaktionen.

Möglich sind allerdings auch kardiale Ursachen wie beim Lungenödem, Rauchgasintoxikationen oder eine Lungenarterienembolie.

Platz 2 – gestürzte Person

Ja, richtig – ein chirurgischer Fall hat es bis auf Platz 2 geschafft. Die gestürzte Person als das (vermeintliche) „Bagatelltrauma“ schlechthin. Von einfachsten Hilfeleistungen wie dem Wiederaufhelfen bis zu nicht unerheblichen Verletzungen ist hier alles drin.

Dementsprechend: sehr häufig – allerdings auch sehr häufig ein Grund für Fehlfahrten.

Platz 1 – Akutes Koronarsyndrom

Das akute Koronarsyndrom – als „Herzinfarkte in all ihrer Ausprägung“ ist tatsächlich auf Platz 1. Der meist typische Thoraxschmerz mit meist typischer Angina pectoris ist bei uns tatsächlich der häufigste Einsatzgrund.

Die „Herzinfarkt-Symptomatik“, die der Begriff Akutes Koronarsyndrom beschreibt, ist weit bekannt und wird auch von den meisten Laien recht zuverlässig erkannt. Dazu kommt: derartige kardiale Ereignisse sind alles andere als selten, bei entsprechenden Vorerkrankungen ist es oft nur eine Frage der Zeit.

Insofern ist es wenig verwunderlich, dass diese „Volkskrankheit“ auch tatsächlich am häufigsten der Grund für einen Notruf ist. Was erstaunlich ist: ein echter Notfall ist tatsächlich der häufigste Grund für einen Rettungsdiensteinsatz – das lässt doch ein wenig Hoffnung in einer Gesellschaft mit kontinuierlichen Abnehmen des Gesundheitsbewusstseins.

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Über SaniOnTheRoad

Die Top 20 der häufigsten Rettungsdiensteinsätze

SaniOnTheRoad

Notfallsanitäter, Teamleiter und Administrator des Blogs. Vom FSJler über Ausbildung bis zum Haupt- und Ehrenamt im Regelrettungsdienst und Katastrophenschutz so ziemlich den klassischen Werdegang durchlaufen. Mittlerweile beruflich qualifizierter Medizinstudent im klinischen Abschnitt des Studiums. Meine Schwerpunkte liegen auf Ausbildungs- und Karrierethemen, der Unterstützung von Neueinsteigern, leitliniengerechten Arbeiten sowie Physiologie, Pathophysiologie, Pharmakologie und EKG für den Rettungsdienst. Mehr über mich hier.


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