Fragen an einen Rettungsdienstler II

Bei „Aus dem Pflaster-Laster“ berichte ich von Einsätzen, dem Alltag auf der Rettungswache und von aktuellen Themen – von purer Routine bis zum Drama. Am Ende ziehe ich mein Fazit der Einsätze und zeige auf, was gut lief und was besser laufen könnte. Namen von Patienten, Orten und Kollegen lasse ich selbstverständlich aus.

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Passend zur Woche der Wiederbelebung 2021 möchte ich die typischen FAQs an einen Rettungsdienstler fortsetzen – natürlich mit entsprechenden Themenschwerpunkt 😉

Here we go…

Wann hattest Du deine erste Reanimation bzw. deinen ersten Toten im Dienst?

Nun, meinen ersten Toten hatte ich ausgesprochen früh – nämlich als ersten Einsatz am ersten Tag meiner Hospitation für mein FSJ im Rettungsdienst. Ergo kam ich sehr schnell mit dem Thema Tod und Sterben im Dienst in Kontakt.

Der Einsatz war eine reine Todesfeststellung ohne Maßnahmen – der sehr betagte Patient ist im Schlaf verstorben und hatte bei Eintreffen bereits sichere Todeszeichen.

Im Laufe der Zeit kamen dann noch einige weitere Todesfeststellungen – entweder durch sichere Todeszeichen oder eindeutige Patientenverfügung – ohne rettungsdienstliche Maßnahmen hinzu.

Bis zur ersten „richtigen“ Reanimation verging fast mein ganzes FSJ und schon einige Zeit auf dem RTW.

Wie oft kommt es zur Reanimation? Ist es ein häufiger Einsatz?

Dank der Auswertung verschiedener Einsätze und Meldebilder, die ich vor einiger Zeit in meiner Ausbildung (und mit Unterstützung einiger Kollegen) gemacht habe, kann ich feststellen: der Kreislaufstillstand als Notfallbild ist vergleichsweise selten – in meinem Top-20-Ranking kam er gerade mal auf Platz 19, selbst mit reinen Todesfeststellungen.

Eine ALS-Reanimation mit „vollem Programm“ ist selten – was sie allerdings umso anspruchsvoller macht. In der Ausbildung wird sie zwar fortlaufend und intensiv trainiert, im Berufsalltag hingegen kaum bis gar nicht.

Das sollte allerdings nicht darüber hinweg täuschen, dass man auch durchaus mal zwei Reanimationen mit vollem Programm am selben Tag direkt nacheinander hat. Das ist auch bei mir schon vorgekommen.

Was sind deine Gedanken bei der Einsatzmeldung „Kreislaufstillstand“?

In aller Regel bin ich dabei ziemlich entspannt. Eine klareres Bild der Lage gibt es bei einer Einsatzmeldung kaum, es gibt – zumindest was das Grundsätzliche angeht – eher wenige Variablen, die man primär beachten muss.

Die Positionen im Team und die Maßnahmen sind klar und so strukturiert, dass man mit einem beliebigen Team ohne große Personenkenntnis sehr gut zusammenarbeiten kann. Das nimmt unheimlich viel Stress heraus.

Gleichermaßen ist es eine „Materialschlacht“ – und es ist kein Problem, den RTW während einer Reanimation praktisch „leer zu machen“. Und vor allem: es wird sehr schnell sehr anstrengend.

Denkst Du manchmal bei anderen Einsatzmeldungen, dass es eine Reanimation sein könnte?

Durchaus – in manchen Konstellationen ist ein Kreislaufstillstand auch bei anderen Einsatzmeldungen durchaus ein relativ wahrscheinliches Notfallbild.

Einsatzmeldungen wie „Bewusstlosigkeit“ in den Morgenstunden und am frühen Vormittag sind vergleichsweise oft (unerkannte) Kreislaufstillstände.

Was war deine längste Reanimation?

Über anderthalb Stunden, mit Lysetherapie und allem, was dazu gehört. Diese war leider erfolglos.

Was war deine unangenehmste Reanimation?

Definitiv eine knapp 20-Jährige auf offener Straße reanimieren – während der „Publikumsverkehr“ munter daran vorbei gelaufen ist. Da ist es auch mir schwer gefallen, meinen Ärger zu kontrollieren. Die Patientin hat nicht überlebt.

Die unangenehmste Todesfeststellung war in der Wohnung eines Reichbürgers. Die zahlreichen Betretungsverbote an der Haustüre hatte ich erst gar nicht bemerkt, und ich hatte auch erst beim zweiten Blick die metergroße Reichskriegsflagge hinter dem Pflegebett – in der der Patient wohl schon seit Stunden tot lag – bemerkt.

Eine Kinderreanimation blieb mir – bis dato – erspart.

Transport unter laufender Reanimation – Go oder No-Go?

Kam auch schon vor, macht allerdings nur in verhältnismäßig wenigen Fällen Sinn – per se nur dann, wenn der Patient auf dem Transport reanimationspflichtig wird oder aber eine reversible Ursache wahrscheinlich ist, die nur in der Klinik behandelt werden kann.

Ohne mechanische Thoraxkompressionshilfe ist eine suffiziente Reanimation während des Transports praktisch nicht möglich.

Ersthelfer und Reanimation – deine Erfahrung?

Die Laienreanimationsquote von rund 40 % würde ich im Falle eines beobachteten Kreislaufstillstands durchaus bestätigen. Wurde der Kollaps nicht beobachtet, wird erfahrungsgemäß meist gar nichts gemacht.

Unterm Strich: wenn Ersthelfer die Reanimation beginnen, ist es sehr oft sogar eine sehr gute Laienreanimation – das Problem ist vielmehr, dass immer noch zu oft nichts gemacht wird. Sei es aus Angst, Unwissen oder Unsicherheit.

Hier muss meines Erachtens noch stark optimiert werden, was die Quantität der Laienreanimation angeht. Das ist vor allem eine Frage von Aufklärung und Training.

Brauchen wir mehr First-Responder-Systeme?

Ja! Es sei mal dahingestellt, ob es „offizielle“ First-Responder-Einheiten von Feuerwehr, Hilfsorganisationen oder Regieeinheiten der Gemeinde sind – oder „Community-Projekte“, die auch geeignete Privatpersonen (zusätzlich) mit einbinden.

Hauptsache, es kommt zügig geeignete Hilfe. Der Sinn des First Responders ist es nicht, den Rettungsdienst zu ersetzen, sondern zu ergänzen und so das therapiefreie Intervall unter Umständen massiv zu verkürzen.

Gerade in ländlichen Regionen mit entsprechend „dünner“ Verteilung von Rettungsmitteln und langen Anfahrtswegen machen First Responder Sinn. Eine Hilfsfrist von 15 Minuten ist in einem Erste-Welt-Land einfach zu lang und nicht angemessen.

Worauf kommt es bei einer Reanimation vor allem an?

Primär darauf, dass ein Kreislaufstillstand festgestellt und dann überhaupt reanimiert wird!

Ansonsten ist eine gute Reanimation Teamwork aller Beteiligten, vom Ersthelfer über den Rettungsdienst bis zur Klinik. Nur, wenn alle Glieder der Rettungskette sauber ineinander greifen, ist ein gutes Ergebnis möglich bzw. wahrscheinlich.

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Über SaniOnTheRoad

Fragen an einen Rettungsdienstler II

SaniOnTheRoad

Notfallsanitäter, Teamleiter und Administrator des Blogs. Vom FSJler über Ausbildung bis zum Haupt- und Ehrenamt im Regelrettungsdienst und Katastrophenschutz so ziemlich den klassischen Werdegang durchlaufen. Mittlerweile beruflich qualifizierter Medizinstudent im vorklinischen Abschnitt. Meine Schwerpunkte liegen auf Ausbildungs- und Karrierethemen, der Unterstützung von Neueinsteigern, leitliniengerechten Arbeiten sowie Physiologie, Pathophysiologie, Pharmakologie und EKG für den Rettungsdienst. Mehr über mich hier.

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