„Kleines 1×1 des Rettungsdienstes“ – Teil 3: Fahrzeuge des Rettungsdienstes

„Kleines 1×1 des Rettungsdienstes“ bietet eine Übersicht über Aufbau, Struktur und Gepflogenheiten des Rettungsdienstes in Deutschland. Hier geht es um das, was Interessenten und Neueinsteiger wissen sollten.

Zu „Teil 2 – Ausbildungen im Rettungsdienst“ geht es hier.

Teil 3 – Fahrzeuge des Rettungsdienstes

Wir haben bereits über den Rettungsdienst an sich, die Notfallrettung, den qualifizierten Krankentransport und die Ausbildungen gesprochen – um die Basics rund zu machen, fehlen noch die Einsatzfahrzeuge.

Was wir bisher wissen: der Rettungsdienst verfügt über verschiedene Fahrzeuge, die unterschiedlich ausgestattet und besetzt sind. Allgemein werden Fahrzeuge des Rettungsdienstes mit Möglichkeit zum Krankentransport als Krankenkraftwagen bezeichnet. Nun werfen wir mal einen genaueren Blick auf die einzelnen Fahrzeuge.

Inhaltsverzeichnis


Der Rettungswagen (RTW)

Der Rettungswagen – fälschlicherweise auch als Rettungstransportwagen bezeichnet – ist das Arbeitspferd der Notfallrettung und gemeinhin das, was man als „fahrende Intensivstation“ bezeichnen kann. So lautet auch die Bezeichnung in der entsprechenden Norm, der DIN EN 1789 Typ C – Mobile Intensive Care Unit.

Als Fahrzeugkennung im BOS-Funk wird in den meisten Bundesländern die „83“ verwendet. 1/83-1 bezeichnet somit den ersten RTW der Rettungswache 1.

Der RTW ist grundsätzlich für den Transport, die erweiterte Behandlung und Überwachung von Notfallpatienten ausgestattet – die genauen Ausstattungen variieren von Rettungsdienstbereich zu Rettungsdienstbereich.

Neben der obligatorischen Grundausstattung wie z.B. eine (luftgefederte) Fahrtrage, Sauerstoff, Absaugpumpe, Notfallkoffer/-rucksäcke für Erwachsene und Kinder, Rettungsmaterial (Schaufeltrage, Spineboard), Schienungsmaterial und Material zur Wundversorgung gehören auch diverse Medikamente – nach lokaler Vorgabe – zur Ausstattung eines RTWs.

Ein tragbarer EKG-Monitor – i.d.R. mit der Möglichkeit zur Ableitung eines 12-Kanal-EKGs – und Möglichkeit zur halbautomatischen und manuellen Defibrillation gehört genauso zu der Pflichtausstattung wie ein Intubationsbesteck, Möglichkeiten zur alternativen Atemwegssicherung (i.d.R. Larynxtuben) und ein Beatmungsgerät.

Gerade bei letzteren geht der Trend weg von „einfachen“ volumenkontrollierten Notfallrespiratoren zu modernen Beatmungsgeräten, die eine wesentlich differenziertere Beatmung, verschiedene Beatmungsmodi und auch die nicht-invasive Beatmung (CPAP) ermöglichen.

Als Fahrzeuge dienen hier überwiegend Mercedes-Benz Sprinter mit Kofferaufbau – aber auch Fahrzeuge anderer Hersteller (z.B. Iveco Daily, ebenfalls mit Kofferaufbau) sind bisweilen als RTW zu sehen.

Der Kofferaufbau bietet verhältnismäßig viel Platz und der Patient ist zumindest von drei Seiten zugänglich, die Stehhöhe ermöglicht auch über längere Zeit ein problemloses Arbeiten am Patienten. Nachteil: bei entsprechender Ausstattung wird ein solcher RTW ziemlich schnell ziemlich schwer – die meisten RTW-Modelle haben daher ein zulässiges Gesamtgewicht von über 3,5 Tonnen und können daher nicht mehr mit dem normalen Autoführerschein (Klasse B) gefahren werden, meist wird Klasse C1 (bis 7,5 t zulässiges Gesamtgewicht) benötigt.

Wie schon in den vorherigen Beiträgen erwähnt unterscheidet sich die Besatzung von Bundesland zu Bundesland. Generell wird jedoch immer ein Rettungsassistent (derzeit noch) oder ein Notfallsanitäter als Transportführer gefordert – bei den Fahrerqualifikationen gibt es erhebliche Unterschiede; im Regelfall wird allerdings hier mindestens die Qualifikation als Rettungssanitäter gefordert.

Ein Rheinland-Pfalz-RTW auf Basis eines MB Sprinter; Ausbau durch System Strobel. Quelle: eigenes Werk.

Der Notarztwagen (NAW)

Der Notarztwagen in seiner ursprünglichen Form, wo der Notarzt direkt mitfährt, ist eine Seltenheit geworden und spielt mit wenigen Ausnahmen kaum noch eine Rolle im Rettungsdienst. Diese Variante wird auch „Kompaktsystem“ genannt. Ein solcher NAW hat im BOS-Funk häufig die Fahrzeugkennung „81“.

Ein RTW wird automatisch zum NAW, sobald ein Notarzt einsteigt – dieser wird mittlerweile fast flächendeckend durch ein Notarzteinsatzfahrzeug (NEF) zum Einsatzort gebracht. Das wäre das „Rendezvous-System“

Grundsätzlich entspricht die Ausstattung eines „klassischen“ NAWs der eines RTWs – mit der DIN EN 1789 Typ C haben beide Fahrzeuge die gleiche Norm. Üblicherweise werden allerdings zusätzliche Medikamente (u.a. Antidote) und zusätzliche Ausstattung (z.B. ZVK-Sets) vorgehalten.

Als Fahrzeuge werden hier oft ebenfalls Mercedes-Benz Sprinter mit Kofferaufbau oder Mercedes-Benz Vario verwendet. Gerade letztere stehen für die Probleme, die das Kompaktsystem betreffen – langsam, schwerfällig und schlicht zu unflexibel.

Zur Besatzung gehört neben dem Notarzt grundsätzlich ein Rettungsassistent bzw. Notfallsanitäter – für den Fahrer ist die Qualifikation zum Rettungssanitäter, wie beim RTW, üblich.

Ein ehemaliger NAW (rechts) auf Basis eines MB Vario. Quelle: eigenes Werk.

Sonderfall: Intensivtransportwagen (ITW)

Die häufigste Verwendung eines NAWs heutzutage ist die als Intensivtransportwagen. Ein ITW entspricht grundsätzlich mindestens einem NAW (DIN EN 1789 Typ C), hat allerdings meist (deutlich) darüber hinausgehende Ausstattung (DIN 75076).

Der Hauptunterschied zu einem normalen NAW ist neben der Ausstattung vor allem der Einsatzzweck – ein ITW fährt nicht primär zu Notfällen, sondern wird für Sekundärtransporte, also zur Verlegung von intensivpflichtigen Patienten (Intensivstation zu Intensivstation) genutzt. Lediglich in Ausnahmefällen wird auf ITW für Notfalleinsätze (Primäreinsätze) zurückgegriffen.

Bisweilen wird hier auf hoch spezielle Technik der klinischen Intensivmedizin zurückgegriffen – intraaortale Ballonpumpen (IABP) können meist ebenso betrieben werden wie eine extrakorporale Membranoxygenierung (ECMO). Ebenso wird in der Regel ein Intensivbeatmungsgerät vorgehalten wie auch Möglichkeiten zur invasiven Überwachung (z.B. arterielle Drucküberwachung, zentraler Venendruck). Zudem werden häufig eine Vielzahl an Perfusoren vorgehalten.

Als Fahrzeuge werden hier neben NAW/RTW-Fahrgestellen auch Fahrzeuge auf LKW-Basis, in denen z.T. komplette Krankenhausbetten Platz finden, genutzt.

Die Besatzung entspricht mindestens der eines NAW – üblicherweise wird von Notärzten und Notfallsanitätern allerdings auch eine Zusatzqualifikation im Intensivtransport (z.B. DIVI-Intensivtransportkurs) gefordert. Zum Teil werden ITW-Transporte zusätzlich auch von Fachkrankenpflegern für Anästhesie- und Intensivpflege begleitet.

Beispiel für einen ITW auf LKW-Basis (MB Atego). Quelle: Wikipedia/Peter Stehlik, CC BY-SA 3.0-Lizenz.

Das Notarzteinsatzfahrzeug (NEF)

Das NEF ist ein Fahrzeug ohne Möglichkeit eines Patiententransports – es dient schlicht als Notarztzubringer im Rahmen des Rendezvous-Systems. Daher kommt hier auch eine andere Norm zum Tragen, die DIN 75079. Als Fahrzeugkennung im BOS-Funk wird oft die „82“ verwendet.

Vom Prinzip her führt das NEF neben einer Grundausstattung zur Erstversorgung (Notfallkoffer, Sauerstoff, Absaugpumpe…) – analog zum RTW – nur die Ausrüstung mit, die auf den RTWs nicht standardmäßig vorgehalten wird.

Ein EKG mit der zusätzlichen Möglichkeit, einen externen Herzschrittmacher anzulegen, gehört in jedem Fall dazu – zudem wird grundsätzlich ein Beatmungsgerät vorgehalten, dass auch eine differenzierte Beatmung ermöglicht. „Kernstück“ des NEF bildet allerdings das Ampullarium, das einige zusätzliche Medikamente (inkl. Betäubungsmittel) und Antidote enthält.

Zum Teil werden hier auch mechanische Reanimationshilfen vorgehalten.

Die Fahrzeugbandbreite ist hier deutlich größer – vom Kombi über SUVs bis zum Kleinbus ist alles gängig.

Die Besatzung ist – mit Ausnahme des Notarztes – sehr unterschiedlich geregelt. In den meisten Bundesländern wird ein Rettungsassistent oder Notfallsanitäter gefordert, in anderen ist z.B. auch mit der Qualifikation zum Rettungssanitäter der Einsatz auf dem NEF möglich.

Ein NEF auf Kleinbus-Basis der Berufsfeuerwehr Frankfurt/Main. Quelle: Wikipedia/Peter Stehlik, CC BY-SA 3.0-Lizenz.

Der Krankentransportwagen (KTW)

Weg von der Notfallrettung, hin zum qualifizierten Krankentransport. Dieser wird in der Regel auf den Krankentransportwagen durchgeführt. Ein KTW entspricht der DIN EN 1789 Typ A2 und verfügt über eine deutlich geringere medizinische Ausstattung.

Im BOS-Funk haben KTWs z.T. sehr unterschiedliche Fahrzeugkennungen – in Rheinland-Pfalz wird beispielsweise die „85“ verwendet.

Zwar findet man im KTW ebenfalls Fahrtrage, Tragestuhl, Absaugung, Sauerstoff, Schienungsmaterial und Co. – an medizinischer Ausstattung allerdings deutlich weniger und nur mit deutlicher Beschränkung auf das Nötigste. Medikamente werden nur sehr begrenzt vorgehalten, ein EKG ist nicht vorgesehen – ein automatisierter externer Defibrillator (AED) ist allerdings üblich. Beatmungsgeräte sind auf den KTWs nicht üblich.

Schon hier merkt man, dass ein KTW für Notfälle nicht ausgestattet und vorgesehen ist – höchstens als Vorausfahrzeug bis zum Eintreffen von RTW und/oder NEF.

Hier werden zudem deutlich kleinere Fahrzeuge, wie VW Transporter (mit/ohne Hochdach), Ford Transit Custom oder Mercedes-Benz Sprinter mit kurzem Radstand und ohne Kofferaufbau vorgehalten. Der Platz ist beengt, die Stehhöhe z.T. sehr niedrig und der Zugang zum Patienten erschwert. Für den unkomplizierten Transport in Ordnung, für die Versorgung von Notfällen ungeeignet.

Die Besatzung eines KTWs besteht grundsätzlich aus mindestens einem Rettungssanitäter (RS) – die Fahrerqualifikation variiert ebenfalls stark nach Bundesland, oft wird die Qualifikation zum Rettungshelfer (RH) gefordert.

Typischer KTW auf VW-T5-Basis. Quelle: Wikimedia Commons/User:Mattes, CC-BY-SA 2.0 DE-Lizenz.

Der Notfallkrankenwagen (Notfall-KTW, NKTW)

Last but not least: der NKTW. Manche sehen den NKTW als „RTW light“, andere als KTW mit Zusatzausstattung – ich gehöre zu letzterer Gruppe. Ein NKTW ist sowohl platztechnisch als auch ausstattungstechnisch zwischen herkömmlichen KTW und RTW zu sehen – eingesetzt wird er allerdings überwiegend im Rahmen des qualifizierten Krankentransports.

Die entsprechende Norm wäre die DIN EN 1789 Typ B. Entsprechend der Definition dient er zur Erstversorgung (vgl. erweiterte Versorgung und Therapie beim RTW) und Überwachung von Notfallpatienten.

Notfallkrankenwagen sind in Deutschland eher wenig verbreitet, einige Bundesländer kennen dieses Fahrzeugkonzept überhaupt nicht. Im BOS-Funk hat er in Rheinland-Pfalz beispielsweise die Fahrzeugkennung „84“.

Grundsätzlich kommt beim NKTW zur „normalen“ KTW-Ausstattung etwas mehr medizinisches Equipment dazu – ein „einfaches“ 6-Kanal-EKG mit Defibrillatorfunktion gehört hier oft genauso dazu wie Notfallmedikamente, meist analog zur RTW-Bestückung. Oftmals wird auch ein Notfallrespirator vorgehalten.

Übliche Fahrzeuge, die als NKTW eingesetzt werden, sind beispielsweise VW Transporter mit Kofferaufbau oder Mercedes-Benz Sprinter mit langem Radstand. Platztechnisch sieht es besser aus als im normalen KTW, der Zugang zum Patienten ist allerdings doch deutlich eingeschränkt und eine umfassende Versorgung nur schwer möglich.

Zur Besatzung eines NKTW gehört häufig ein Rettungsassistent bzw. Notfallsanitäter – bei den Fahrern werden ebenfalls unterschiedliche Qualifikationen verlangt; üblich sind allerdings Rettungshelfer und Rettungssanitäter.

Andere Bundesländer (z.B. Hessen) setzen auf den NKTW zwei Rettungssanitäter, wovon einer entsprechende Erfahrung in der Notfallrettung verfügen muss, auf den NKTW ein. Hier steht das Konzept neben Krankentransporten auch routinemäßig RTW-Einsätze niedrigerer Priorität durch die NKTW abarbeiten zu lassen im Vorderung (Quelle).

Oft wird der NKTW auch als „Mehrzweckfahrzeug“ bezeichnet – das ist allerdings nicht richtig. Ein richtiges Mehrzweckfahrzeug muss vollumfänglich als RTW einsetzbar sein und demnach die Anforderungen nach DIN EN 1789 Typ C erfüllen.

Notfall-KTW auf VW-T5-Basis mit Kofferaufbau. Quelle: Wikimedia Commons/Alf van Beem, CC0 1.0-Lizenz.

Im nächsten Teil folgt: How to get started – Einstieg in den Rettungsdienst.

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Über SaniOnTheRoad

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SaniOnTheRoad

Notfallsanitäter, Teamleiter und Administrator des Blogs. Vom FSJler über Ausbildung bis zum Haupt- und Ehrenamt im Regelrettungsdienst und Katastrophenschutz so ziemlich den klassischen Werdegang durchlaufen. Mittlerweile beruflich qualifizierter Medizinstudent im vorklinischen Abschnitt. Meine Schwerpunkte liegen auf Ausbildungs- und Karrierethemen, der Unterstützung von Neueinsteigern, leitliniengerechten Arbeiten sowie Physiologie, Pathophysiologie, Pharmakologie und EKG für den Rettungsdienst. Mehr über mich hier.