Portsysteme und -nutzung im Rettungsdienst

close up photo of a stethoscope

Rettungsdienst aktuell – Themen die den Rettungsdienst, seine Mitarbeiter und Interessierte beschäftigen. Von leitliniengerechter Arbeit bis zur gesellschaftskritischen Diskussion.

Inhaltsverzeichnis


Was sind Ports?

Portsysteme sind unter die Haut (subkutan) implantierte, mehrfach punktierbare und über längere Zeit nutzbare zentralvenöse Katheter. Das Portsystem selbst besteht aus dem Port an sich (Kammer, welche punktiert wird) und dem daran angeschlossenen Katheter, welcher den Port mit dem venösen System verbindet.

Schematische Darstellung eines Portsystems. Quelle: Wikimedia Commons/Partynia, CC-BY-SA 4.0-Lizenz.

Auch wenn es neben den venösen Portsystemen durchaus auch andere Ports – beispielsweise für arterielle oder intrathekale Zugänge – gibt, spielen im Bereich des Rettungsdienstes lediglich die venösen Ports eine Rolle.

Genutzt werden Portsysteme vor allem in der Chemotherapie von Krebspatienten, wenn über ein längeren Zeitraum (und für eine absehbare, hohe Punktionsrate) ein sicherer Zugang zum venösen System gewährleistet werden soll. Grundsätzlich kann die Implantation eines Ports allerdings auch bei anderen chronisch kranken Patienten erfolgen, wenn bei schlechten Venenverhältnissen häufigere intravenöse Medikamentengaben notwendig werden.

Häufig sind Ports unterhalb des Schlüsselbeins implantiert und stellen einen Anschluss an die Vena subclavia (Schlüsselbeinvene) dar – allerdings sind auch Anschlüsse an die Vena jugularis interna, die Vena cephalica oder Vena basilica mit anderen Lokalisationen des punktierbaren Ports möglich.

Man erhält mit einem Port somit einen langfristig bis dauerhaft nutzbaren und vor allem von Kreislaufsituation und Venenverhältnissen unabhängigen Zugang zum venösen System. Eigentlich genial, oder? Das führt für den geneigten Rettungsdienstler natürlich zu der Frage: was machen wir damit?

Die Grundsatzüberlegung

Die Überlegungen rund um den Port entspringen sowohl dem Grundsatz der Patientenorientierung als auch dem schlichten rettungsdienstlichen Pragmatismus.

Man hat einen – in Hinblick auf die Grunderkrankung – schwer kranken Patienten plus in aller Regel ein akutes medizinisches Problem mit entsprechenden Interventionsbedarf plus in aller Regel sehr schlechte Venenverhältnisse, welche die Anlage eines periphervenösen Zugangs deutlich erschweren oder gar unmöglich machen.

Da erscheint der implantierte Port als die „Lösung auf dem Silbertablett“. Keine unzähligen, frustranen Punktionsversuche für die Anlage eines periphervenösen Zugangs und die Vermeidung der invasiveren intraossären Punktion. Klingt ja eigentlich klasse, oder?

Patienten mit implantierten Portsystem trifft man im Rettungsdienst durchaus regelmäßig – gerade, wenn ein akutes medizinisches Problem auftritt oder sich die Grunderkrankung verschlechtert. Dementsprechend macht es aus meiner Sicht durchaus Sinn, sich Gedanken über Portsysteme und deren Nutzung zu machen.

Punktieren oder nicht?

Aller Vorfreude zum Trotz muss die Abwägung, ob man als Notfallsanitäter einen Port punktiert oder auf übliche rettungsdienstliche Alternativen ausweicht, sehr genau und gewissenhaft erfolgen.

Um es vorneweg zu nehmen:

Eine generelle Empfehlung zur Portpunktion kann nicht gegeben werden.

Wie alle medizinischen Maßnahmen gibt es auch hier Probleme und mögliche Komplikationen, die man zwingend auf dem Schirm haben muss.

Probleme

Eines der Hauptprobleme ist sicherlich einfach die Materialvorhaltung. Spezielle Portnadeln – die zwingend für die Punktion notwendig sind, werden im Rettungsdienst kaum vorgehalten, ebenso muss das notwendige Zubehör erst einmal zusammengesucht und gerichtet werden.

Eine Punktion mit den im Rettungsdienst üblichen Kanülen und Venenkathetern würde den Port schlichtweg zerstören (Ausstanzen der Silikonmembran).

Dementsprechend kommt eine Punktion überhaupt nur dann infrage, wenn patientenseitig das notwendige Material vorgehalten wird. Hier ergibt sich wiederum die Problematik, mit unbekannten Material ohne entsprechende Übung arbeiten zu müssen, was als kritisch betrachtet werden muss.

Wie bei allen anderen rettungsdienstlichen Maßnahmen gilt auch hier

„Das Können ist des Dürfens Maß“

Die Notwendigkeit des sicheren Beherrschens der Maßnahme ist selbstverständlich auch hier gegeben. Der Umgang mit Portsystemen und die Portpunktion ist in der Notfallsanitäterausbildung allenfalls ein „Randthema“, im Rahmen der Rettungssanitäterausbildung wird es gar nicht beleuchtet.

Die Notwendigkeit einer theoretischen Unterweisung und praktischer Übung unter Aufsicht halte ich als Grundvoraussetzung für unabdingbar. Pauschal muss man – aufgrund mangelnder Routine – das sichere Beherrschen der Portpunktion durch Notfallsanitäter infrage stellen.

Empfehlung

Die Portpunktion im Rettungsdienst sollte durch einen Arzt oder darin erfahrenes Personal erfolgen.

Die einfachste Lösung für die Portnutzung ist meines Erachtens die Durchführung der Punktion durch entsprechend erfahrenes und geübtes Personal – z.B. Notarzt oder Pflegekräfte der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung – sofern diese anwesend sind.

Durch die unübliche Vorhaltung existieren typischerweise auch keine Standardarbeitsanweisungen/SOPs für den Umgang mit Ports im Rettungsdienst. Die notwendige Informationsbeschaffung obliegt somit jedem Rettungsdienstler selbst – die Durchführung der Maßnahme fällt dementsprechend auch unter das eigenverantwortliche Handeln nach § 2a NotSanG mit allen damit verbundenen Konsequenzen.

Komplikationen

Ports haben, wie alle Gefäßzugänge, auch mögliche Komplikationen. Rettungsdienstlich besonders relevant – und für den Patienten besonders kritisch – sind dabei Infektionen.

Durch den zentralvenösen Anschluss des Ports besteht nicht nur das übliche lokale Infektionsrisiko, sondern auch das Risiko der schnellen Entstehung einer systemischen Infektion bis hin zur Sepsis.

Steriles Arbeiten ist in Hinblick auf eine Portpunktion unerlässich.

Es müssen hier deutlich höhere Anforderungen an die Hygiene gestellt werden, als es bei der Anlage eines PVK notwendig ist. Steril heißt hier wirklich steril – von der Materialvorbereitung bis zur Durchführung.

Auch das sterile Arbeiten in diesem Ausmaß stellt im Rettungsdienst eher eine Ausnahme dar und muss entsprechend geübt werden. Ob das erforderliche Maß an Sterilität in den üblichen rettungsdienstlichen Einsatzsituationen und mit mangelnder Routine gewährleistet werden kann, ist fraglich.

Empfehlungen für die Entscheidungsfindung

Letzendlich kann ich hier keine umfassende – und erst recht keine verbindliche – Empfehlung zum Thema „Port punktieren oder nicht?“ abgeben. Eine kritische Risiko-Nutzen-Abwägung und eine kritische Bewertung der eigenen Fähigkeiten ist meines Erachtens unerlässlich.

Ich beschränke mich daher auf einige Grundvoraussetzungen, die meines Erachtens für die Nutzung eines Portsystems im Rettungsdienst erfüllt sein müssen.

Grundvoraussetzungen

  • sicheres Beherrschen der Maßnahme – das umfasst sowohl eine theoretische als auch praktische (z.B. in der Klinikausbildung) Schulung als auch eine ausreichende Routine.
  • Material – das notwendige Material (siehe weiter unten) ist vollständig vorhanden und die Anwendung bekannt.
  • Alternativlosigkeit – weniger invasive Maßnahmen (PVK) waren/sind nicht erfolgreich oder erfolgsversprechend, andere, üblichere Alternativen (intraossärer Zugang) sind nicht indiziert.
  • Notwendigkeit – kritische Indikationsstellung, keine „Pro-forma-Punktion“. Es muss eine konkrete Indikation für die Punktion und die nachfolgende Medikamentengabe vorliegen.
  • Dringlichkeit – das Warten auf „geübteres“ Personal ist nicht zumutbar.
  • situationsgerechte Aufklärung und Einwilligung des Patienten und
  • Dokumentation.

Bei Zweifeln oder Unsicherheit sollte man von der selbstständigen Durchführung der Maßnahme absehen.

Material

Welches Material wird benötigt?

Die folgende Auflistung bezieht sich auf die Durchführung einer Portpunktion mit dem im Rettungsdienst üblicherweise verfügbaren Material – sofern anderes, besser geeignetes Material vorhanden ist, sollte dieses vorrangig verwendet werden.

Benötigt werden:

  • passende Portnadel (nicht stanzend, z.B. Huber-Nadeln) – passende Portnadeln sind im Portpass oder Arztbrief vermerkt
  • sterile Handschuhe in der passenden Größe, zwei Paar (eins als Rückfallebene)
  • Vollelektrolytlösung mit Infusionssystem und Drei-Wege-Hahn
  • sterile Unterlage (z.B. ein ausreichend großes Verbandtuch)
  • Hautdesinfektionsmittel
  • sterile Tupfer
  • 5-ml-Spritze, steril auf Unterlage entpackt
  • 2 x 10-ml-Spritzen (Steril entpackt), mit NaCl 0,9 % gefüllt
  • Schlitzkompressen
  • ggf. steriles Lochtuch
  • Fixierung – entweder spezielle Verbandfixierungen (z.B. Fixomull), alternativ bietet sich rettungsdienstlich ein bis zur Mitte eingeschnittenes Chest Seal an

Vorbereitung des Materials und des Patienten

  1. Aufklärung und Einwilligung des Patienten
  2. Hygienische Händedesinfektion vor Beginn der Vorbereitung obligatorisch!
  3. Vorbereitung von Infusion, Infusionssystem und Drei-Wege-Hahn (entlüften)
  4. Sterile Unterlage auspacken und vorsichtig ausbreiten
  5. Portnadel, Spritzen und Schlitzkompressen steril entpacken und auf Unterlage platzieren
  6. Fixierung sauber auspacken (nicht zwingend steril)
  7. Port lokalisieren
  8. Reinigung des Punktionsortes – Desinfektionsmittel und Abwischen mit sterilen Tupfer
  9. Zweimalige Desinfektion – Einwirkzeit beachten, nicht wischen!
  10. ggf. Punktionsort mit Lochtuch abdecken
  11. Hygienische Händedesinfektion
  12. Anlage der sterilen Handschuhe
  13. Je 10 ml NaCl 0,9 % steril (!) in die 10-ml-Spritzen aufziehen
  14. Entlüften der Portnadel mit dem aufgezogenen NaCl 0,9 %, Schlauchklemme schließen
  15. Materialkontrolle

Durchführung einer Portpunktion

Die folgende Durchführungsbeschreibung setzt die o.g. Materialvorbereitung voraus und ist nach Simon (2018) an die rettungsdienstlichen Verhältnisse adaptiert.

  1. Aufsetzen der leeren, sterilen 5-ml-Spritze auf die Infusionsleitung des entlüfteten Ports
  2. mit sterilen Handschuhen Port tasten und fixieren
  3. mit zweiter Hand Port mit entsprechender Portnadel mittig punktieren, Einstich erfolgt senkrecht zur Hautoberfläche
  4. Schlauchklemme öffnen, Blutaspiration (Möglichkeit zur Lagekontrolle!) und Entfernen des aspirierten Katheterblocks, ggf. Blutentnahme – aspiriertes Blut nicht zurück spritzen!
  5. Schlauchklemme schließen, sterile 10 ml-NaCl 0,9 %-Spritze aufsetzen, Schlauchklemme öffnen, Port durchspülen, Schlauchklemme schließen
  6. Punktionsort mit sterilen Schlitzkompressen abdecken
  7. Chest Seal bis zur Mitte einschneiden, Abdecken der Punktionsstelle und Fixierung von Schlitzkompressen sowie Portnadel
  8. Anschluss der Infusion über den Drei-Wege-Hahn an die Portnadel

Abbruch der Maßnahme

Die Maßnahme muss abgebrochen werden, wenn

  • keine leichtgängige Injektion möglich ist,
  • der Patient Injektionsschmerzen angibt oder
  • sichtbare Paravasate entstehen.

Zur Veranschaulichung gibt es on top noch ein Video, in welchem die wesentlichen Punkte der Portpunktion noch einmal aufgegriffen werden:

Interessenkonflikte

Der Autor gibt an, dass es sich bei den verlinkten Büchern um Affiliate-Links handelt. Es entstehen keine zusätzlichen Kosten bei der Bestellung über den Link. Eine Einflussnahme bei der Auswahl der Literatur ist dadurch nicht erfolgt. Siehe auch: Hinweise zu Affiliate-Links.

Der Autor gibt an, dass keine Interessenkonflikte bestehen.

Quellen

Hennes R., Müller G. (2020): Portpflege: Hygiene, Verbandswechsel, Überwachung, Komplikationsmanagement, 1. Auflage. Springer-Verlag GmbH, Berlin/Heidelberg. ISBN 978-3-662-60482-3. DOI: 10.1007/978-3-662-60483-0. Hier erhältlich: https://amzn.to/3s4KI3P Affiliate-Link

Hennes, R., Hofmann H. (2016): Ports: Versorgungsstandards – Implantationstechniken – Portpflege, 1. Auflage. Springer-Verlag GmbH, Berlin/Heidelberg. ISBN 978-3-662-43640-0. DOI: 10.1007/978-3-662-43641-7. Hier erhältlich: https://amzn.to/458Q2C0 Affiliate-Link

Pflegecampus (2023): Portkatheter: Grundlagen und Punktion, abgerufen unter https://www.youtube.com/watch?v=bY-eHdJkAPY am 10.08.2023

Bundesamt für Justiz (2020): Notfallsanitätergesetz vom 22. Mai 2013 (BGBl. I S. 1348), das zuletzt durch Artikel 7c des Gesetzes vom 19. Juli 2023 (BGBl. 2023 I Nr. 197) geändert worden ist, abgerufen unter https://www.gesetze-im-internet.de/notsang/BJNR134810013.html am 10.08.2023

Simon A. (2018): Punktion eines Portkatheters – Schritt für Schritt, Krankenhaushygiene up2date 2018; 13: 15–21, abgerufen unter https://www.thieme-connect.de/products/ejournals/pdf/10.1055/s-0043-123801.pdf am 09.08.2023. DOI: 10.1055/s-0043-123801

Folgt meinem Blog!

Du möchtest nichts mehr verpassen? Neuigkeiten von mir gibt es auch per Mail!

Es gelten unsere Datenschutz– und Nutzungsbestimmungen.

Wie fandest Du diesen Beitrag?

Klicke auf die Sterne um zu bewerten!

Durchschnittliche Bewertung 0 / 5. Anzahl Bewertungen: 0

Bisher keine Bewertungen! Sei der Erste, der diesen Beitrag bewertet.

Es tut uns leid, dass der Beitrag für dich nicht hilfreich war!

Lasse uns diesen Beitrag verbessern!

Wie können wir diesen Beitrag verbessern?


Über SaniOnTheRoad

Portsysteme und -nutzung im Rettungsdienst

SaniOnTheRoad

Notfallsanitäter, Teamleiter und Administrator des Blogs. Vom FSJler über Ausbildung bis zum Haupt- und Ehrenamt im Regelrettungsdienst und Katastrophenschutz so ziemlich den klassischen Werdegang durchlaufen. Mittlerweile beruflich qualifizierter Medizinstudent im vorklinischen Abschnitt. Meine Schwerpunkte liegen auf Ausbildungs- und Karrierethemen, der Unterstützung von Neueinsteigern, leitliniengerechten Arbeiten sowie Physiologie, Pathophysiologie, Pharmakologie und EKG für den Rettungsdienst. Mehr über mich hier.


Ein Kommentar zu diesem Beitrag:

Kommentar verfassen

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.