Rettungsdienst & Corona: Die Lage bleibt angespannt

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Rettungsdienst aktuell – Themen die den Rettungsdienst, seine Mitarbeiter und Interessierte beschäftigen. Von leitliniengerechter Arbeit bis zur gesellschaftskritischen Diskussion.

Man muss feststellen: „Corona-Bad-News“ sind nach zwei Jahren Pandemie eigentlich nichts neues. Gleichermaßen hat sich zwischenzeitlich auch eine gewisse Gleichgültigkeit eingestellt – selbst die flächendeckende Rekord-Inzidenz von über 1400 Infektionen pro 100.000 Einwohner führt kaum zu Verwunderung oder übermäßiger Sorge.

Die vorherrschende Omikron-Variante sorgt zwar für enorme Inzidenzen als hochansteckende Virusvariante, andererseits kommt es zu weniger schweren Verläufen: die Hospitalisierungsrate ist geringer, die Intensivauslastung ist geringer, ein Großteil der Infektionen spielt sich außerhalb des klinischen Umfeldes ab und innerklinisch trifft es mehr die Normal- als die Intensivstationen.

Ansonsten ist die Lage und die Situation für den Rettungsdienst fast die Gleiche, wie eh und je – man sucht bisweilen ewig nach einem freien Bett, um dann doch über die Leitstelle an ein nicht aufnahmebereites Krankenhaus zugewiesen zu werden.

Allerdings haben sich doch einige Punkte verändert…

Zwei neue Hauptprobleme

Die hohe Infektiosität der Omikron-Variante wird für den Rettungsdienst selbst zum Problem: es stecken sich – trotz entsprechender Schutzmaßnahmen – einfach zu viele Rettungsdienstler gleichzeitig an und müssen in Quarantäne.

In unserem Rettungsdienst mit rund 300 hauptamtlichen Planstellen sind laut Rettungsdienstleitung teilweise bis zu 30 Mitarbeiter gleichzeitig wegen COVID-19 in Quarantäne, was einer Ausfallrate von rund 10 % entspricht. Andere Ausfallgründe kommen da noch on top.

Die Besetzung der Rettungsmittel wird demnach selbst problematisch; dies war in den vorherigen Wellen zumindest bei uns nicht der Fall.

Das zweite Hauptproblem ist die derzeit enorme Zunahme der COVID-Transporte – dies umfasst nicht nur Fahrten ins Krankenhaus, sondern beispielsweise auch Sekundärtransporte und Entlassungen von (noch) infektiösen Patienten nach Hause.

Es besteht ein wesentlich häufigerer Kontakt mit COVID-Positiven – im Krankentransport sind zwei oder drei COVID-Fahrten infolge (Landrettung) keine Seltenheit, und selbst in der Notfallrettung vergeht derzeit kaum eine Schicht ohne COVID-Transport.

Das Tückische dabei ist, dass die Omikron-Variante nicht unbedingt die klassischen COVID-Symptome wie Fieber oder Atemnot verursachen muss. Man kann die Patienten mit den zur Verfügung stehenden Mitteln kaum identifizieren und läuft sogar sehr häufig nur mit Minimalschutz bei infektiösen Patienten auf.

Das hat natürlich Folgen.

Was es für uns bedeutet

Es gibt bei uns nun eine Regelung, die die Besetzung von Rettungsmitteln betrifft, um der derzeitigen Personalnot zumindest etwas Abhilfe zu schaffen.

Nach Rücksprache mit dem Ministerium des Innern und für Sport Rheinland-Pfalz haben die ÄLRD die (derzeit) nur vorläufige und bis zur Besserung der Akutsituation zeitlich beschränkte Ausnahmeregelung beschlossen: erfahrene Rettungssanitäter dürfen, sofern keine andere Möglichkeit zur Besetzung besteht, wieder aufs NEF.

Diese ad-hoc-Regelung ist als Ultima ratio zu sehen und soll auch so verstanden werden: nur, wenn die Besetzung des NEF nicht mit einem Rettungsassistent oder Notfallsanitäter gewährleistet werden kann, darf ein erfahrener Rettungssanitäter eingeplant werden, um eine Abmeldung zu verhindern.

Zumindest in „unserem“ Rettungsdienst ist der Kreis der Rettungssanitäter, die es betreffen wird, relativ gering.

Zwar konnten Rettungssanitäter in Rheinland-Pfalz bis zur Novellierung des Landesrettungsdienstgesetzes im Jahr 2020 regelhaft als NEF-Fahrer eingesetzt werden, in der Praxis war jedoch auch vorher schon die Besetzung mit Rettungsassistenten oder Notfallsanitätern die Regel.

Das NEF war (und ist) vielerorts eine Art „heilige Kuh“.

Die Rettungssanitäter, die nun infrage kommen, müssen bereits eine NEF-Einweisung haben und Einsatzerfahrung auf dem NEF vorweisen können – neue Einweisungen gibt es nicht, Rettungssanitäter ohne Einsatzerfahrung werden nicht eingesetzt.

Und die „alten“ RS, die damals eingesetzt wurden, waren praktisch „handverlesen“. Einige Jahre Einsatzerfahrung, bevor sie auf das NEF kamen, war die Regel – und selbst dann relativ selten.

Eine Verschlechterung der Versorgung ist aus meiner Sicht hier nicht zu erwarten. Es zeigt aber, dass die Lage derzeit hochgradig angespannt ist – und auch, dass die kommenden Lockerungen bestehende Probleme durchaus relevant verschlechtern können.

Ob der Einsatz tatsächlich flächendeckend oder überhaupt erfolgt, steht in den Sternen. Aber er ist angesichts der Lage – wenn auch nur „pro forma“, vorläufig und zeitlich begrenzt – möglich geworden.

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Über SaniOnTheRoad

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SaniOnTheRoad

Notfallsanitäter, Teamleiter und Administrator des Blogs. Vom FSJler über Ausbildung bis zum Haupt- und Ehrenamt im Regelrettungsdienst und Katastrophenschutz so ziemlich den klassischen Werdegang durchlaufen. Mittlerweile beruflich qualifizierter Medizinstudent im vorklinischen Abschnitt. Meine Schwerpunkte liegen auf Ausbildungs- und Karrierethemen, der Unterstützung von Neueinsteigern, leitliniengerechten Arbeiten sowie Physiologie, Pathophysiologie, Pharmakologie und EKG für den Rettungsdienst. Mehr über mich hier.


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