Die Rettungssanitäter-Prüfung

Bei „Aus dem Pflaster-Laster“ berichte ich von Einsätzen, dem Alltag auf der Rettungswache und von aktuellen Themen – von purer Routine bis zum Drama. Am Ende ziehe ich mein Fazit der Einsätze und zeige auf, was gut lief und was besser laufen könnte. Namen von Patienten, Orten und Kollegen lasse ich selbstverständlich aus.

Inhaltsverzeichnis


Vorwort

In meinem doch recht großen Potpourri an Beiträgen mit recht starkem Schwerpunkt im Thema „Ausbildung im Rettungsdienst“ und auch diesbezüglichen Erfahrungsberichten ist der Rettungssanitäter-Fachlehrgang und die Prüfungswoche (und damit auch die Prüfungen zum Rettungssanitäter) über Jahre hinweg untergegangen.

Einerseits, weil ich andere Themen dann doch für bedeutsamer gehalten habe oder zumindest den Schwerpunkt auf objektive Informationen anstelle auf subjektive Erfahrungen gelegt habe – andererseits, weil im Laufe der Jahre sich doch einigermaßen viel geändert hat und meine damaligen Erfahrungen auf heutige RS-Lehrgänge nur begrenzt übertragbar sind.

Nachdem die Qualifikation zum Rettungssanitäter heute für viele – wie auch damals für mich – den Einstieg in den Rettungsdienst darstellt, möchte ich meine Eindrücke der Vollständigkeit halber nach einigen Jahren doch noch zum Besten geben. Wohl aber mit dem deutlichen Hinweis:

Es trifft einfach nicht mehr alles zu, da sich viele Dinge geändert haben – und ich meine Erfahrungen auch retrospektiv anders einordne, als ich es damals getan hätte.

Meine RS-Ausbildung fand noch nach der „alten Regelung“ statt – also nach den Empfehlungen für die Ausbildung von Rettungssanitäterinnen und Rettungssanitätern vom 17. September 2008 des Ausschusses Rettungswesen und der Richtlinie für die Ausbildung und Prüfung von Rettungssanitäterinnen und Rettungssanitätern in Rheinland-Pfalz vom 10. Januar 1995.

Das bedeutet, dass ich noch die „klassische“ 520-Stunden-Ausbildung mit

  • 160 Stunden Fachlehrgang,
  • 160 Stunden Klinikpraktikum,
  • 160 Stunden Rettungswachenpraktikum und
  • 40 Stunden Abschlusswoche mit schriftlicher, praktischer und mündlicher Prüfung

durchlaufen habe. Mit der neuen Muster-APrV des Ausschusses Rettungswesen vom 11./12. Februar 2019 hat sich zumindest in den Bundesländern, indem auf deren Grundlage eine neue Ausbildungs- und Prüfungsverordnung erlassen wurde, dann doch einiges im Ablauf geändert.

Nichtsdestotrotz werfen wir einfach mal einen Blick auf meine ersten Gehversuche im Rettungsdienst – mit etwas mehr Fokus auf die Prüfungswoche – und wie ich das Spektakel rückblickend betrachte.

Der Fachlehrgang

© 2023 SaniOnTheRoad. Quelle: eigenes Werk.

Es waren keine drei Wochen vergangen, seit ich mein Abiturzeugnis in die Hand gedrückt bekommen habe, als ich in den RS-Fachlehrgang im Rahmen meines FSJ „gestolpert“ bin. Mit grundsätzlich mal null Vorkenntnissen und null Erfahrungen im Rettungsdienst – die Hospitation für das FSJ mal ausgenommen.

Knapp über zwanzig Teilnehmer, zu einem großen Teil wie ich angehende FSJler im Rettungsdienst, ein paar Leute aus dem Ehrenamt, ein Selbstzahler – und eine handvoll Berufsfeuerwehrleute, die den RS im Rahmen ihrer Laufbahnausbildung durchlaufen mussten.

Vier Wochen mehr theoretische als praktische Ausbildung standen an, mit jeweils einer Prüfung am Ende der Woche, die darüber entschied, ob man weitermachen durfte oder nicht.

Die Unterbringung war (zumindest für die Teilnehmer mit weiterer Anreise) im Haus, mit Vollverpflegung, was dann doch zu geselligen Lernabenden führte.

Woche 1

Die erste Woche war doch sehr theorielastig – neben sehr viel Organisatorischen kamen Rechtsgrundlagen, Funk, die berühmt-berüchtigte Zelle und einige Grundlagen der Anatomie und Physiologie auf den Tisch.

Auch wenn der Stoff – gerade rückblickend betrachtet – alles andere als besonders umfassend oder tiefgehend war, war die Masse für jemanden ohne Vorkenntnisse durchaus beeindruckend und wir haben schnell begriffen, dass Nachbereiten unerlässlich ist. Dementsprechend haben wir schon in der ersten Woche auf den Zimmern (oder im Speisesaal) angefangen, abends gemeinsam zu lernen und die Themen des Tages nochmal durchzusprechen.

Unterrichts- und Prüfungsgrundlage waren die zur Verfügung gestellten Folien der Schule, die qualitativ…eher mittelmäßig waren und eigentlich nicht mehr als eine Zusammenfassung der Kapitel des LPN-San.

Ja, ich gehöre noch zu der Generation der „LPN-Geschädigten“, die auf die Dozentenaussage

„Lernt den LPN auswendig, dann bekommt ihr eine 1“

mit der Frage

„Müssen wir die Fehler auch mitlernen?“

entgegnet hat. Auch wenn sich zwischenzeitlich qualitativ durchaus einiges getan hat, wurden weder der LPN-San noch der „große“ LPN zu meinen Lieblingsbüchern.

Schon in der ersten Woche fiel auf, dass die Dozentenqualität extrem stark variiert hatte – zwischen „hochmotiviert, verständliche Erklärungen und über das Mindestmaß hinausgehend“ über „Fokus auf das Wesentliche“ bis „Folien ablesen“ war alles drin.

Die große Enttäuschung war dann der Dozent, der „Erwachsenenbildung“ und „modernen Unterricht“ propagierte, um dann vollkommen strukturlos und wild die Teilnehmer zu absolut irrelavanten und themenfremden Detailwissen auszufragen (die eigentlichen Themen des Tages haben wir uns dann im Selbststudium angeeignet). Das hat halt nichts mit „modernen Unterricht“ zu tun. Oder mit Unterricht überhaupt. Erschreckenderweise war der Mann tatsächlich studierter Pädagoge – und zwar der einzige, den wir im Fachlehrgang zu Gesicht bekommen sollten…

Bedenklicher als die Performance mancher Dozenten war allerdings der fehlende rote Faden – was wie detailliert unterrichtet werden sollte, war selbst den Dozenten nicht klar. Einheitliche Lehraussagen gab es nicht und so hatten wir zu einem Thema bisweilen drei vollkommen verschiedene Aussagen von Dozenten erhalten.

Die Praxis beschränkte sich auf auf das Erheben von Vitalparametern – das war’s.

Die Wochenprüfung erstreckte sich über die besprochenen Themen – eine Stunde Zeit, Freitextprüfung. Die Klassiker Zelle und Herz beschriften durften hier natürlich nicht fehlen, ansonsten hat man sich in der Prüfung wirklich auf die „Basics“ beschränkt. Sofern man irgendwie gelernt hatte (oder zumindest den Wink mit dem kompletten Gartenzaun beachtet hatte), war das absolut machbar.

Woche 2

Etwas medizinischer wurde es dann in Woche 2 – Störung vitaler Funktionen und einige große Notfallbilder standen auf dem Programm.

Das ABCDE-Schema wurde mal grob vorgestellt…und mit den Worten „Braucht ihr nicht“ auch prompt abgehakt.

Es wurde auch etwas praktischer, um uns auf die anstehende AED-Zertifizierung am Ende der Woche vorzubereiten – dementsprechend war BLS+AED der Großteil der Praxis; Skilltrainings zu Immobilisation und Fallbeispiele gab es nur am Rande.

Die Zahl der wirklich unnötigen Diskussionen rund um die Reanimation – „Strom vor Luft“ oder doch umgekehrt, wann genau die Notarztnachforderung, Guedeltubus ja oder nein, Larynxtubus ja oder nein… – waren schon nach kurzer Zeit einfach nervig und haben dank verschiedener Dozentenmeinungen einfach nur Verwirrrung gestiftet.

Im Gegensatz zur ersten Woche gab es hier neben einer schriftlichen Prüfung – die im Wesentlichen aus dem Thema Schock, Reanimation und Fremdkörperaspiration bestand – auch eine praktische Prüfung, nämlich die AED-Zertifizierung. Letztendlich war das die „Rettungshelfer-Prüfung“. Auch hier: mit etwas lernen war die Theorie problemlos machbar. Die Praxis, dank dem unmotiviertesten Dozenten aller Zeiten, der die kompletten Prüfungen über am Smartphone hing, auch.

Background-Info

Der Rettungshelfer Rheinland-Pfalz bestand in der damaligen Fassung aus 80 Stunden Fachlehrgang (entsprechend den zwei Wochen), 80 Stunden Klinik- und 100 Stunden Rettungswachenpraktikum. Einen Abschlusslehrgang gab es nicht.

Woche 3

Die dritte Woche war so ziemlich die medizinischte Woche von allen: es wurde hier wirklich ein recht großer Teil der notfallmedizinischen Themen abgehandelt – und Pharmakologie.

Damals wurde auch beim Rettungssanitäter extrem großer Wert auf die rettungsdienstlichen Medikamente gelegt und auch abgeprüft – wohl aber stets unter der Maßgabe „Dürfen wir nicht“. Die Sinnhaftigkeit des Ganzen mag man durchaus in Frage stellen und es hat sich über die vergagengen Jahre durchaus gebessert.

Fallbeispiele und Skilltrainings haben dann doch für eine gewisse Verknüpfung von Theorie und Praxis gesorgt.

In der dritten Woche gab es wieder nur eine schriftliche Prüfung zu den üblichen Konditionen. Die Fragen zu den einzelnen Notfallbildern und insbesondere zu den Medikamenten haben allerdings vielen Schwierigkeiten bereitet und bei einigen Teilnehmern war das Bestehen…sehr kanpp.

Woche 4

Im Prinzip bestand die vierte Woche aus „Wir machen das, was irgendwie noch fehlt“ und „Wir wiederholen nochmal alles“. Viel passiert ist, außer relativ viel Praxistraining, dann nicht mehr.

Es wurden noch einige „spezielle“ Notfallbilder wie Verbrennungen oder Ertrinkungsunfälle behandelt und die obligatorischen Diskussionen weitergeführt.

Abschluss bildetete hier sowohl eine schrifttliche Prüfung – die über den komplettten Lehrgang ging, wenn auch nicht sonderlich tiefgehend – und ein praktisches Fallbeispiel, an das ich mich beim besten Willen nicht mehr erinnern kann.

Die Gesamtnote für den Fachlehrgang setzte sich aus den vier schriftlichen Tests zusammen, sowohl bei der AED-Zertifizierung als auch beim Fallbeispiel gab es nur „bestanden“ oder eben nicht. Man erlaube mir die Selbstbeweihräucherung: nachdem ich es in allen vier Tests auf eine 1 geschafft habe, stand die auch als Abschlussnote im Testatheft 😏

Also: es ist möglich, ohne Vorkenntnisse in den Fachlehrgang zu starten und mit einer 1 rauszugehen – ohne unmenschlichen Aufwand zu betreiben.

Die Abschlusswoche

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Fachlehrgang und Praktika waren absolviert und es galt nun, die letzte Hürde zum Rettungssanitäter zu überspringen: die Abschlusswoche. Noch einmal vierzig Stunden.

Ich war durchaus nervöser als im Fachlehrgang – wohl auch deswegen, weil vorab auch nicht wirklich transparent war, wie die Woche ablaufen wird.

Für die fünf Tage waren drei Vorebeitungstage und zwei Prüfungstage veranschlagt.

Los ging es – wie immer – mit dem organisatorischen Geplänkel und der Kontrolle der Testathefte, die letztendlich darüber entschieden, ob man teilnehmen durfte oder nicht. Nicht genug Einsatzstunden, nicht genügend Einsätze, fehlende Unterschriften oder einfach ein Kreuzchen bei „Nicht geeignet“ durch die Rettungswache konnten die Abschlusswoche vor ihrem eigentlichen Beginn beenden.

Die Neigung, Verwirrung zu stiften und unnötige Diskussionen loszutreten blieb auch in der Abschlusswoche erhalten. Diesmal war „Tourniquet durch Rettungssanitäter bei starken Blutungen“ das Lieblingsthema, neben „alles rund um die Rea“.

Das maximal stiefmütterlich behandelte ABCDE-Schema war nun doch prüfungsrelevant und wir sollen doch bitte ein richtiges Primary Survey in der praktischen Prüfung machen. Rückblickend gesehen absolut sinnvoll – das hätte man aber von vornherein anders aufziehen müssen.

Die Vorbereitungstage haben sich auf eher wenige theoretische Wiederholungen (und doch noch das ein oder andere „Nachholen“ von Themen) beschränkt, Schwerpunkt waren dann doch eher praktische Fallbeispiele und nochmal mehr oder weniger intensives Rea-Training.

Die Theoriewiederholung liefen dann größtenteils abends im Selbststudium – nachdem hier kaum neues dazu kam, war der Aufwand doch relativ begrenzt.

Donnerstags waren dann sowohl schriftliche als auch praktische Prüfung angesagt, Freitags die mündliche Prüfung.

Schriftliche Prüfung

Im Prinzip kann ich zur schriftlichen Prüfung der Abschlusswoche wenig neues erzählen: eine Stunde Zeit, Freitext, der Prüfungsstoff erstreckte sich über den gesamten Fachlehrgang.

Vom Grundaufbau entspricht die Abschlussprüfung genau der Prüfung der vierten Woche des Fachlehrgangs und bietet insofern keine Überraschungen. Teils kamen exakt die selben Aufgaben dran, teils wurde variiert, teils waren komplett neue Aufgaben dabei.

Sofern man zwischen dem Abschluss des Fachlehrgangs und der Abschlusswoche ein wenig Zeit in die Themenwiederholung investiert hatte, war die Prüfung definitiv gut machbar.

Praktische Prüfung

Die praktische Prüfung bestand aus zwei Teilen – einmal einer Reanimation, einmal aus einem normalen Fallbeispiel.

Es gab für jedes Team nur eine Prüfung – das bedeutet, dass man entweder als Teamführer oder als Zuarbeiter geprüft wurde. Wirklich sinnvoll war diese Regelung nicht. Einerseits wurde mehr oder weniger nur die Arbeit (und das Können) des Teamführers geprüft, andererseits hat die Regelung auch einfach dazu geführt, dass „schwächere“ Teilnehmer mit einem starken Teampartner hier selten Probleme mit dem Bestehen hatten.

Los ging es mit der Reanimation – und die war erstaunlich unspektakulär (und ich maximal nervös).

Es wurde auf jeden Fall deutlicher auf die Reanimation geachtet, als es in der AED-Zertifizierung der Fall war. Großer Wert wurde auf den korrekten Druckpunkt, Drucktiefe und -frequenz gelegt und eine passable Beutel-Maske-Beatmung. „Strom vor Luft“ wurde korrekterweise diesmal eindeutig als Erwartungshorizont definiert. Nachdem das Thema „Larynxtubus“ immer noch nicht geklärt wurde, haben wir uns bei suffizienter Beutel-Maske-Beatmung dagegen entschieden und ihn, wie die Infusion, nur vorbereitet. Die Prüfer hat es jedenfalls nicht gestört – heute tendiere würde ich auch für RS eher zum „machen“ tendieren.

Eine gute Viertelstunde dauerte das Spektakel, noch zwei Fragen zu defibrillierbaren und nicht-defibrillierbaren Formen des Kreislaufstillstands und zu den Medikamenten, das war’s.

Am Nachmittag ging es dann in das eigentliche Fallbeispiel. Gezogen hatten wir die recht dankbare Nierenkolik.

Vorstellung, Beschwerden erfragen, Primary Survey nach ABCDE und SAMPLER-Anamnese, Notarztnachforderung, Lagerung, Wärmeerhalt, Monitoring komplettieren – und dann war es auch schon vorbei.

Zusätzlich zum Fallbeispiel gab es für beide Teilnehmer noch eine Einzelaufgabe – so musste ich eine Infusion richten, mein Teampartner ein Stifneck anlegen.

Im Grunde genommen war auch das machbar – es wurde im Vergleich zum Fachlehrgang aber doch mehr Wert auf „gutes rettungsdienstliches Arbeiten“ gelegt. Immerhin so sehr, dass gerade in der Reanimation einige Leute durchgefallen sind.

Mündliche Prüfung

Abschluss der Woche – und für viele Teilnehmer die beängstigendste Prüfung überhaupt – bildete die mündliche Prüfung. Diese ist mit der neuen APrV ersatzlos entfallen.

Geprüft wurde immer in den Zweier-Teams aus den praktischen Prüfungen. Die Teilnehmer gingen zusammen in die Prüfung, geprüft wurde allerdings strikt nacheinander.

Man hatte letztendlich drei Themenbereiche, in denen man geprüft wurde – wie auch bei der praktischen Prüfung wurden Karten gezogen. Zu jeweils einem Thema aus den Bereichen

  • Anatomie und Physiologie
  • Störung vitaler Funktionen und
  • spezielle Notfallmedizin

durfte man einige Minuten erzählen – oder wurde entsprechend gefragt.

Nachdem ich bei Anatomie und Physiologie „Diffusion und Osmose“ gezogen hatte – das dankbarste Thema überhaupt – und es innerhalb von einer Minute abgefrühstückt hatte, liefen auch die Störung vitaler Funktionen (mit dem Thema Schock) und spezielle Notfallmedizin mit Pseudokrupp und Epiglottitis recht entspannt und sehr nett ab.

Anschließend durfte mein Teampartner vortragen und hat auch hier gut performt.

Wenn beide Prüflinge durch waren, ging es kurz raus, der Prüfungsausschuss hatte sich kurz besprochen, und man erhielt die Ergebnisse der Prüfung mit den jeweiligen Einzelnoten. Dreimal eine 1 waren definitiv ein Grund zur Freude – auch wenn es primär einfach nur ums Bestehen ging.

Die Zeugnisse gab es erst, als alle Teilnehmer durch waren – und abgesehen von einem „Glückwunsch und viel Spaß“ in die Runde hielt sich die Verabschiedung in Grenzen. Ich war nun Rettungssanitäter, das FSJ konnte beginnen!

Persönliches Fazit

Auch – oder gerade – mit ein paar Jahren Abstand, mehr an Ausbildung und vor allem mehr Erfahrung muss ich als Gesamtfazit feststellen: die RS-Ausbildung als mein erster Kontakt zum Rettungsdienst war sehr durchwachsen.

Einerseits hat der Lehrgang druchaus viel Spaß gemacht, ich bin definitiv nicht dümmer dadurch geworden und einige Teilnehmer wurden zu Freunden.

Andererseits hat mich die maximal schwankende Qualität, der fehlende „rote Faden“, die nicht vorhandenen Lehraussagen und die Nachlässigkeit in einigen Themen durchaus schockiert.

Ich finde den Rettungssanitäter durchaus anspruchsvoll – einfach, weil innerhalb sehr kurzer Zeit ein kompletter Crashkurs in der präklinischen Notfallmedizin durchlaufen wird. Es ist relativ viel Stoff in recht kurzer Zeit, was durchaus anstrengend werden kann und mit Aufwand verbunden ist.

Schwierig finde ich dabei vor allem, dass das Wissen bisweilen sehr schlecht verknüpft wird und für das Verständnis notwendige Grundlagen und Hintergrundwissen einfach aus Zeitgründen nicht vermittelt wurde. Das war letztendlich auch der ausschlaggebende Grund für die Kategorie „rettsan-kompakt“ auf meinem Blog.

Empfehlungen

Mit ein paar Grundsatzempfehlungen, die damals wie heute gelten, kommt man meines Erachtens doch ganz gut durch den Lehrgang und die Prüfungen:

Grundsatzempfehlungen

  • Nehmt den Lehrgang ernst – auch wenn der Rettungssanitäter eine vergleichsweise sehr kurze „Ausbildung“ darstellt und in aller Regel nicht auf „Durchfallen“ geprüft wird, hat man dennoch gewisse Erwartungen an die Teilnehmer.
  • Lernen – ohne Lernen geht es nicht. Im Fachlehrgang selbst zuhören, mitmachen (!) und nachfragen sollte selbstverständlich sein. Den Unterricht nachbereiten und selbstständig lernen (meine Standardempfehlung „Karteikarten“ darf auch hier nicht fehlen), Zusammenfassen und sich mit anderen Teilnehmern besprechen sind sinnvolle Strategien.
  • Dranbleiben – man sollte nicht in die Verlegenheit kommen, nach dem Fachlehrgang das Lernen schleifen zu lassen. Auch wenn Klinik- und Wachenpraktikum einen deutlichen Schwerpunkt auf der Praxis haben, muss man den Stoff wiederholen. Vier (oder sechs) Wochen Fachlehrgang in drei Tagen durcharbeiten zu wollen geht erfahrungsgemäß schief.
  • Hinterfragen – traut euch, eure Dozenten zu hinterfragen, wenn euch etwas komisch vorkommt! Das ist zugegebenermaßen eine erst im Laufe der Zeit gewachsene Empfehlung. Dozenten sind auch nicht allwissend und können sich auch mal irren – dazu kommt, dass mangels großer Vorschriften leider auch recht viele Profilneurotiker in der RS-Ausbildung tätig sind. Fragt nach Quellen – und kann ein Dozent bei komischen Ausssagen keine liefern, genießt die Aussagen mit äußerster Vorsicht.
  • Üben – nutzt jede Gelegenheit, um praktische Fallbeispiele zu üben. Das meine ich todernst. Aller unberechtigten „Peinlichkeit“ und der gerne vorgebrachten „Übungskünstlichkeit“ zum Trotz (beides erübrigt sich durch bloßes Machen ganz von allein). Das ist nicht nur für die Praxis relevant, weil hier eben wirklich essentielle Abläufe und Skills trainiert werden (und nein, in der Praxis läuft es nicht besser als im Fallbeispiel, auch wenn einige nicht müde werden, es zu behaupten) – sondern auch für die Prüfung. Die praktischen Prüfungen haben die höchste Durchfallquote und man merkt genau, wer regelmäßig geübt hat und wer nicht.
  • Standards – gewöhnt euch so früh wie möglich ein strukturiertes Arbeiten an.
  • Besteht darauf, dass die im Lehrplan vorgesehenen Themen auch gemacht werden!
  • Besteht auf verbindliche Lehraussagen (und das am besten schriftlich) – wenn die Dozenten diese nicht liefern können, wendet euch an die Schulleitung.
  • Kein Notendruck – auch wenn es vielleicht am Ego kratzt, wenn am Ende eine drei statt eine eins auf dem Zeugnis steht: es interessiert sich niemand für die Note und man wird auch nie wieder danach gefragt.

Fachliteratur kaufen oder nicht ist so eine Sache – generell gilt hier die Empfehlung, sich nach der jeweiligen Rettungsdienstschule zu richten, da Lehraussagen meist auf den jeweiligen Büchern beruhen.

„Ganz ohne“ geht es meiner Meinung nach aber nicht; einfach, weil ein passendes Nachschlagewerk das Lernen erheblich vereinfachen kann.

Als Standardwerke kann man „Rettungssanitäter Heute“ aus dem Urban & Fischer-Verlag sowie „Rettungssanitäter, Rettungshelfer“ als dem Thieme-Verlag empfehlen. Letzteres stammt noch aus der Zeit des vierwöchigen Fachlehrgangs und behandelt daher einige der „neuen“ Themen nicht, ist aber sonst zum Lernen trotz allem gut geeignet.

Als generelles Nachschlagewerk – eher für die Zeit nach der Prüfung – bietet sich der Taschenatlas Rettungsdienst als Klassiker schlechthin an.

Literaturempfehlung

Luxem J., Runggaldier K. (2022): Rettungssanitäter Heute, 5. Auflage. Urban & Fischer Verlag/Elsevier GmbH.

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Thieme (2024): retten – Rettungssanitäter, 2. Auflage. Georg Thieme Verlag KG

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Böhmer R., Schneider T., Wolcke B. (2020): Taschenatlas Rettungsdienst, 11. Auflage. Böhmer & Mundloch Verlag.

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Interessenkonflikte

Der Autor gibt an, dass es sich bei den verlinkten Büchern um Affiliate-Links handelt. Es entstehen keine zusätzlichen Kosten bei der Bestellung über den Link. Eine Einflussnahme bei der Auswahl der Literatur ist dadurch nicht erfolgt. Siehe auch: Hinweise zu Affiliate-Links.

Der Autor gibt an, dass keine Interessenkonflikte bestehen.

Quellen

Ausschuss Rettungswesen (2019): Empfehlung für eine Verordnung über die Ausbildung und Prüfung von Rettungssanitäterinnen und Rettungssanitätern (RettSan-APrV) des Ausschusses Rettungswesen vom 11./12. Februar 2019, abgerufen unter https://saniontheroad.com/wp-content/uploads/2020/10/rettsan_aprv_11_12_februar_2019_1_.pdf am 03.03.2023

SaniOnTheRoad (2022): Shortcut: Rettungssanitäter-Ausbildungs- und Prüfungsverordnungen, abgerufen unter https://saniontheroad.com/rettsan-aprv/ am 03.08.2023

SaniOnTheRoad (2022): „Kleines 1×1 des Rettungsdienstes“ – Teil 30: Die praktische Ausbildung auf der Lehrrettungswache, abgerufen unter https://saniontheroad.com/kleines-1×1-des-rettungsdienstes-teil-30/ am 03.08.2023

SaniOnTheRoad (2020): „Kleines 1×1 des Rettungsdienstes“ – Teil 22: Freiwilligendienste im Rettungsdienst, abgerufen unter https://saniontheroad.com/kleines-1×1-des-rettungsdienstes-teil-22/ am 03.08.2023

SaniOnTheRoad (2019): „Kleines 1×1 des Rettungsdienstes“ – Teil 12: Strukturiertes Arbeiten und Schemata im Rettungsdienst, abgerufen unter https://saniontheroad.com/kleines-1×1-des-rettungsdienstes-teil-12/ am 03.08.2023

SaniOnTheRoad (2019): „Kleines 1×1 des Rettungsdienstes“ – Teil 4: How to get started?, abgerufen unter https://saniontheroad.com/kleines-1×1-des-rettungsdienstes-teil-4/ am 03.08.2023

SaniOnTheRoad (2019): „Kleines 1×1 des Rettungsdienstes“ – Teil 2: Ausbildungen im Rettungsdienst, abgerufen unter https://saniontheroad.com/kleines-1×1-des-rettungsdienstes-teil-2/ am 03.08.2023

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Über SaniOnTheRoad

Die Rettungssanitäter-Prüfung

SaniOnTheRoad

Notfallsanitäter, Teamleiter und Administrator des Blogs. Vom FSJler über Ausbildung bis zum Haupt- und Ehrenamt im Regelrettungsdienst und Katastrophenschutz so ziemlich den klassischen Werdegang durchlaufen. Mittlerweile beruflich qualifizierter Medizinstudent im klinischen Abschnitt des Studiums. Meine Schwerpunkte liegen auf Ausbildungs- und Karrierethemen, der Unterstützung von Neueinsteigern, leitliniengerechten Arbeiten sowie Physiologie, Pathophysiologie, Pharmakologie und EKG für den Rettungsdienst. Mehr über mich hier.