„Kleines 1×1 des Rettungsdienstes“ – Teil 20: Ein Blick auf das Ehrenamt

„Kleines 1×1 des Rettungsdienstes“ bietet eine Übersicht über Aufbau, Struktur und Gepflogenheiten des Rettungsdienstes in Deutschland. Hier geht es um das, was Interessenten und Neueinsteiger wissen sollten.

Zu „Teil 19 – Die Rettungswache“ geht es hier.

Teil 20 – Ein Blick auf das Ehrenamt

Stimmungsbild aus dem Katastrophenschutz – Zusammenarbeit mit der Feuerwehr. Quelle: eigenes Werk.

In meinen bisherigen Beiträgen lag der Fokus ja eindeutig auf dem „Hauptamt“ – sprich dem Regelrettungsdienst. Ich finde aber auch, dass das echte Ehrenamt in der Bereitschaft, zweifellos einen Platz in meinem Blog verdient hat!

Warum?

Es engagieren sich sehr viele Menschen im ehrenamtlichen Bereich der Hilfsorganisationen (ASB, DRK, JUH, MHD) – und Sanitätsdienst und Rettungsdienst sind durchaus stark miteinander verwoben. Nicht selten erwerben die Mitglieder des Sanitätsdienstes auch rettungsdienstliche Qualifikationen, nicht selten engagieren sich auch hauptamtliche Mitarbeiter des Rettungsdienstes ehrenamtlich im Sanitätsdienst.

In meinen Ausführungen werde ich mich – dank eigener Mitgliedschaft – hauptsächlich auf das DRK beziehen.

Sanitätsdienst, Bereitschaft, Ortsverein und Co. – Was ist was?

Im Bereich des Ehrenamtes sind die Begrifflichkeiten für Einheiten und Gliederungen manchmal ziemlich verwirrend und werden mitunter auch fälschlicherweise synonym verwendet. Werfen wir doch mal einen Blick auf die Bezeichnungen und was sich dahinter verbirgt.

Ich habe ja vom Sanitätsdienst gesprochen – der Sanitätsdienst als solches ist ein Fachdienst des Katastrophenschutzes. Er stellt bei einem Massenanfall von Verletzten, bei Großschadenslagen und bei Katastrophenfällen die medizinische Versorgung sicher.

Der Sanitätsdienst stellt somit quasi das „Rettungsdienst-Äquivalent“ des Katastrophenschutzes dar, wobei sich Ausbildung der Helfer und die Ausstattung durchaus stark unterscheiden (können).

Zusammen mit anderen Fachdiensten – wie dem Betreuungs– und Verpflegungsdienst – stellt er die „weiße Schiene“ der Katastrophenschutzeinheiten dar und wird meist in Form von Schnelleinsatzgruppen (SEGen) eingesetzt.

Wie man aus der Beschreibung entnehmen kann: hier geht es nur um den Ernst- bzw. Realeinsatzfall. Wie die meisten schon aufgefallen sein dürfte, sitzen die Mitglieder der Hilfsorganisationen aber nicht nur herum und warten auf diesen Fall.

Dafür gibt es die Bereitschaften – diese umfasst aktive Mitglieder, die sich auch außerhalb des Katastrophenschutzes engagieren. Die Bereitschaften sind die Gruppierungen, die quasi das aktive Alltagsgeschäft tragen – dazu zählen unter anderem geplante Sanitätsdienste, Aus- und Fortbildung der Helfer oder First-Responder-Dienste, die Organisation und Teilnahme von und an Übungen, die Wartung und Instandhaltung des Materials und viel mehr.

In den Bereitschaften sind somit überwiegend die Mitglieder organisiert, die einem Fachdienst des Katastrophenschutzes angehören und sich – zum Beispiel mittels geplanter Sanitätsdienste und Übungen – für den Einsatzfall fit halten. Gerade die Sanitätsdienste stellen auch für die Ortsvereine eine bisweilen wichtige Einnahmequelle dar.

Und damit wären wir auch schon bei der nächsten Ebene: dem Ortsverein.

Der Ortsverein ist quasi die erste Organisationseinheit, die so ziemlich alles umfasst – neben den Bereitschaften als Teileinheit gibt es auch meist noch andere Bereiche, in denen sich Mitglieder engagieren können. Das sind bspw. soziale Dienste wie ehrenamtliche Altenbetreuung, Flüchtlingshilfe, die Organisation einer Tafel, Jugendarbeit – aber zum Beispiel auch Fahrdienste oder die Blutspende.

Der Ortsverein ist, wie der Name schon sagt, ein eingetragener Verein – dementsprechend laufen organisatorisch und finanziell hier alle Fäden zusammen. Auch muss man für die Mitwirkung im Katastrophenschutz oder in der Bereitschaft Mitglied des Ortsvereins sein (Ausnahmen gibt es).

Fachdienstabzeichen Sanitätsdienst. Quelle: WIkipedia.

Die Ausbildung der Helfer

Helfergrundausbildung (HGA)

Beim DRK ist diese grundsätzlich vorgesehen – bei anderen Hilfsorganisationen sind entsprechende Inhalte oft in die Fachdienstausbildungen integriert. Das Mindestalter hierfür beträgt meist 16 Jahre.

Die Helfergrundausbildung ist quasi eine fachübergreifende Einführungsausbildung in die Bereiche des aktiven Dienstes – der Helfer erhält ein Basiswissen aus der Organisation und aus den Fachdiensten des Katastrophenschutzes, um im Einsatzfall universeller einsetzbar zu sein.

Bestandteil ist neben einem normalen Erste-Hilfe-Kurs mit 9 Unterrichtseinheiten auch ein Rotkreuz-Einführungsseminar, in dem der Helfer mit der Organisation und Zielsetzung des Roten Kreuzes vertraut gemacht wird. Ferner erfolgt auch die Ausbildung zum BOS-Sprechfunker.

Kern der HGA sind die entsprechenden Module – in den Bereichen „Einsatz„, „erweiterte Erste Hilfe„, „Betreuung“ und „Technik und Arbeitssicherheit“ werden dem Helfer wichtige Grundkenntnisse für den Einsatzfall – egal, ob San-Dienst oder Großunfall – vermittelt.

Fachdienstausbildung

Die Fachdienstausbildung ist die erste spezifische Ausbildungsstufe – der Helfer erwirbt hier tiefergehende Kenntnisse auf einem Fachgebiet – zum Beispiel im Sanitätsdienst oder im Betreuungsdienst. Die Fachdienstausbildung setzt in der Regel eine abgeschlossene Helfergrundausbildung voraus – und wie dort auch das vollendete 16. Lebensjahr.

So kann der Helfer zum Beispiel zum Sanitäter (48 UE), zum Betreuungshelfer, zum Verpflegungshelfer ausgebildet werden oder die Fachdienstausbildung Technik & Arbeitssicherheit durchlaufen.

Es ist auch möglich, mehrere Fachdienstausbildungen zu absolvieren.

Mit abgeschlossener Fachdienstausbildung wird man Teil des jeweiligen Fachdienstes und ist „einsatzklar“.

Weitergehende Ausbildungen

Es besteht die Möglichkeit, sich nach entsprechenden Fachdienstausbildungen auch weiterzuqualifizieren, oft auch „fachdienstintern“.

Denkbare Möglichkeiten wären für den Sanitäter u.a. der Erwerb einer rettungsdienstlichen Qualifikation, für den Betreuungshelfer oft die Ausbildung zum Kriseninterventionshelfer oder für Verpflegungshelfer die Weiterbildung zum Feldkoch.

Führungskräfteausbildung

Führungskraft ist derjenige, der im Einsatzfall eine Einheit führt – das ist im Bereich des Katastrophenschutzes analog zur Feuerwehr. Führungskräfte werden für den Einsatzfall vorab ernannt.

Dementsprechend können Helfer aller Fachdienste mit abgeschlossener Fachdienstausbildung bei Bedarf und Eignung eine Führungskräfteausbildung durchlaufen und Gruppenführer, Zugführer oder Verbandsführer werden.

Leitungskräfteausbildung

Leitungskräfte sind mit Organisations- und Leitungsaufgaben außerhalb der Einsätze betraut, sie werden im Gegensatz zu den Führungskräften von den Mitgliedern gewählt. Leitungskräfte sind unter anderem für Fragen und Probleme der Mitglieder, die Erhaltung der Einsatzfähigkeit sowie die Organisation von Veranstaltungen (z.B. Sanitätsdiensten) verantwortlich.

Mit einer entsprechenden Ausbildung kann man – sofern man gewählt wurde – unter anderem Gruppenleiter oder Bereitschaftsleiter bzw. deren Stellvertreter werden.

Erfahrungen aus dem Ehrenamt

Früher war das Ehrenamt ein klassisches Entrée in den Rettungsdienst – heute ist dem nicht mehr unbedingt so.

Aus eigener Erfahrung: man trifft auf ein anderes Klientel im Ehrenamt, als im Hauptamt. Man muss sich – gerade als Hauptamtlicher – auf eine andere Ausstattung, eine andere Helferqualifikation und andere Arbeitsweisen einstellen.

Aber: es lohnt sich.

Das Ehrenamt bietet auf sehr viele Dinge eine andere Sichtweise, es ist wesentlich entspannter und oftmals auch noch kameradschaftlicher, als es im Regelrettungsdienst der Fall ist. Man lernt Führungs- und Kommunikationsstrukturen für Großschadenslagen kennen, die man im Regelrettungsdienst leider nicht immer ausreichend ausbildet und noch viel weniger trainiert.

Für komplette Neueinsteiger ist es einfach ideal, möglichst stressfrei erste zielführende Erfahrungen zu sammeln und auf diese Weise abzuklären, ob der Bereich überhaupt etwas für einen ist.

Aus meiner Sicht profitieren beide Seiten davon – der Ehrenamtliche, der vielleicht auf diesem Wege in den Rettungsdienst findet und der Hauptamtliche, der vielleicht so etwas über den Tellerrand hinausblicken kann.

Quellen

Hofmann K., Lipp R. (2018): Sanitäts-, Betreuungs- und Verpflegungsdienst, 2. durchgesehene und aktualisierte Auflage. Verlagsgesellschaft Stumpf + Kossendey mbH, Edewecht. ISBN 978-3-943174-89-2. Hier erhältlich: https://amzn.to/35lYDas

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Über SaniOnTheRoad

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SaniOnTheRoad

Notfallsanitäter, Teamleiter und Administrator des Blogs. Vom FSJler über Ausbildung bis zum Haupt- und Ehrenamt im Regelrettungsdienst und Katastrophenschutz so ziemlich den klassischen Werdegang durchlaufen. Mittlerweile beruflich qualifizierter Medizinstudent im vorklinischen Abschnitt. Meine Schwerpunkte liegen auf Ausbildungs- und Karrierethemen, der Unterstützung von Neueinsteigern, leitliniengerechten Arbeiten sowie Physiologie, Pathophysiologie, Pharmakologie und EKG für den Rettungsdienst. Mehr über mich hier.


12 Kommentare zu diesem Beitrag:

Schöner Beitrag – kannst du sagen, ob es ein Mindestalter für die HGA (oder die Weiterbildung zum Sanitäter, wenn es für die HGA keins gibt) gibt, oder ist das von Ort zu Ort unterschiedlich bzw. eventuell generell erst ab 18?

Edit: War gestern Abend mal bei nem Dienstabend beim OV – hat Spaß gemacht, bin denk ich die nächsten Male auch wieder dabei.

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