„Kleines 1×1 des Rettungsdienstes“ – Teil 21: Notfallsanitäter, und jetzt? Karriere im Rettungsdienst

“Kleines 1×1 des Rettungsdienstes” bietet eine Übersicht über Aufbau, Struktur und Gepflogenheiten des Rettungsdienstes in Deutschland. Hier geht es um das, was Interessenten und Neueinsteiger wissen sollten.

Zu “Teil 20 – Ein Blick auf das Ehrenamt” geht es hier.

Teil 21 – Notfallsanitäter, und jetzt? Karriere im Rettungsdienst

© 2020 SaniOnTheRoad.

Für ziemlich viele junge und mitteljunge Notfallsanitäter stellt sich die Frage nach dem “Was kommt jetzt?” – berufliche Endstation mit Anfang bis Mitte Zwanzig ist heutzutage kaum eine Option.

Und viele stellen sich die Aufstiegsmöglichkeiten wie in der Grafik dargestellt vor – oder beschränken sie darauf.

Natürlich, ohne ein µ nach links oder rechts zu gehen, wird genau das der Fall sein und die Perspektive doch eher einschränken. Weder braucht man tausende neue Wachenleiter, Leiter Rettungsdienst (LRD) oder Geschäftsführer jedes Jahr.

Interner Aufstieg im Rettungsdienst

Rettungsdienstintern spielt neben der abgeschlossenen Ausbildung zum Notfallsanitäter vor allem eines eine riesengroße Rolle – die Berufserfahrung.

Wer lange genug dabei ist, kann sich seine Position quasi heraussuchen; in gewisser Weise werden manche Leitungspositionen leider immer noch “ersessen” – auch wenn mittlerweile schon deutlich mehr Wert auf eine entsprechende persönliche Eignung gelegt wird.

Funktionsträger

Funktionsträger sind “Spezialisten” in einem bestimmten – oft organisatorischen – Bereich und sie übernehmen fachlich spezifischere Aufgaben als der “normale” Rettungsdienstler. Dies werden sie entweder durch spezielle Kenntnisse aus vorherigen Ausbildungen, tiefergehender privater Erfahrung oder aufgrund von abgeschlossenen Lehrgängen.

Klassische Funktionsträger sind z.B. der MPG-Beauftragte, der Desinfektor, Sicherheitsbeauftragte, Brandschutzbeauftragte, Fahrzeugbeauftragte und dergleichen.

Praxisanleiter

Praxisanleiter sind für die Aus-, Fort- und Weiterbildung des Rettungsdienstpersonals zuständig und haben eine dahingehende, mind. 200 Stunden umfassende Zusatzqualifikation erworben. De facto zählt auch der Praxisanleiter zu den Funktionsträgern, aufgrund der doch besonderen Stellung sei er diesmal separat erwähnt.

Für den Praxisanleiter sind mindestens zwei Jahre Berufserfahrung als NotSan notwendig – meist werden jedoch deutlich erfahrenere Kollegen hierfür ausgewählt.

Wachenleiter

Der meist erste Disziplinarvorgesetzte, Ansprechpartner bei Problemen und “Mädchen für alles” aller Mitarbeiter ist der jeweilige Wachenleiter. Die Qualifikation reicht von Notfallsanitäter (i.d.R. Mindestvoraussetzung) mit einschlägiger Weiterbildung bis zum abgeschlossenen Bachelor-Studium.

Er trägt die Gesamtverantwortung für den reibungslosen Ablauf des Dienstbetriebes auf einer Rettungswache, wohlbemerkt im Austausch mit den Mitarbeitern, den Funktionsträgern, anderen Wachenleitern und der Rettungsdienstleitung. Er steht also ziemlich in der Mitte.

Ferner ist er häufig auch für die Dienstplangestaltung zuständig und damit unmittelbar auch für das “Ausfallmanagement” bei Personalausfällen.

Auf größeren Wachen stehen ihm häufig ein bis zwei Stellvertreter zur Verfügung.

Leiter Rettungsdienst

Der Leiter Rettungsdienst – auch Fahrdienstleiter genannt – ist im Prinzip “Chef des operativen Geschäfts”. Er trägt die Verantwortung für den reibungslosen Ablauf des Dienstbetriebs auf allen Wachen sowie ggf. der dazugehörigen Verwaltung. Neben der Qualifikation zum Notfallsanitäter wird hier oftmals ein abgeschlossenes, einschlägiges (meist wirtschaftswissenschaftliches) Bachelor- oder Master-Studium vorausgesetzt.

Im Regelfall ist er der zweite Disziplinarvorgesetze und tritt dann auf, wenn die Probleme schwerwiegender sind oder die Zuständigkeit einer Wache überschreiten.

Tiefergehende organisatorische Entscheidungen werden in Absprache mit den Wachenleitern sowie der Geschäftsführung getroffen.

Auch hier gibt es zumeist ein bis zwei Stellvertreter.

Geschäftsführer

Chef des Ganzen ist der Geschäftsführer, der den Rettungsdienstbetrieb aus strategischer Sicht leitet. Der Geschäftsführer ist klassischerweise ein “Manager”, nicht zwangsläufig ein Rettungsdienstler.

Einstiegsvoraussetzung ist meist ein abgeschlossenes wirtschaftswissenschaftliches Studium auf Master-Niveau sowie bestenfalls eingeschlägige Führungserfahrung.

Der Geschäftsführer ist für viele Formalien – z.B. Einstellung und Entlassung der Mitarbeiter – verantwortlich, sowie zur Vertretung des Rettungsdienstes im Sinne des BGB.

Blick über den Tellerrand: Was gibt es noch?

Tätigkeit in Kliniken

Eine relativ neue Möglichkeit ist die Tätigkeit in einer Klinik – Notfallsanitäter werden mittlerweile gerne eingestellt und durch die Kliniken auch aktiv gesucht; bisweilen sogar abgeworben, sehr zum Leidwesen der Rettungsdienste.

In Kliniken werden Notfallsanitäter insbesondere in notfallmedizinisch relevanten Bereichen wie der Zentralen Notaufnahme, dem Schockraum, auf Intensivstationen oder der Anästhesie eingesetzt; aber auch als Transportführer bei klinikinternen Verlegungen.

Die Tätigkeit kann durchaus interessant sein (und gesundheitlich schonender als der Einsatz im mobilen Rettungsdienst) – große Karriere macht man hier allerdings nicht.

Leitstelle

Die wohl häufigste Wahl in Bezug auf “Chancenverbesserung” ist für viele der Weg auf die Leitstelle. Mit feuerwehrtechnischer Ausbildung und Leitstellenausbildung ausgestattet bietet sich für viele eine interessante (Zusatz-)Tätigkeit sowie eine Absicherung für’s Alter. Aber auch hier gilt: eher Absicherung als große Karriere.

Wie das Ganze aussieht, erfahrt ihr hier.

Luftrettung

Für viele wohl der Traum schlechthin: die Luftrettung. Fachlich gelten die HEMS-TC – so der Titel der NotSan mit entsprechender Zusatzausbildung – mitunter als die besten. Es erwartet einen ein zweifellos spannender Arbeitsalltag, überregionale Einsätze, seltenere Verletzungsmuster, moderne Technik – und eine Menge Konkurrenz.

Die Plätze in der Luftrettung sind rar und die Betreiber können es sich definitiv raussuchen, wer genommen wird.

Auch hier: nicht wirklich Aufstieg nach oben, sondern eher Veränderung der Tätigkeit.

Berufs- und Werkfeuerwehren

Für feuerwehraffine Kollegen eine gerne genutzte Möglichkeit. Hier wird es auch möglich gemacht, dass man neben dem Notfallsanitäter auch die Brandmeister-Ausbildung durchläuft und auch im feuerwehrtechnischen Dienst eingesetzt werden kann.

In letzterem Fall winken nicht nur die Verbeamtung, sondern langfristig auch Aufstiegschancen in den gehobenen feuerwehrtechnischen Dienst.

Bei den Werkfeuerwehren winkt vor allem ein meist interessantes Arbeitsumfeld, eine annehmbare Arbeitsbelastung und eine meist gute Entlohnung.

Einschlägiges Studium

Es gibt mittlerweile sehr viele Studiengänge, die “irgendwas mit Medizin” oder auch “irgendwas mit Rettungsdienst” beinhalten. Die Schwerpunktsetzung kann total unterschiedlich sein und von “medizinisch” über “managementorientiert” bis zu “ingenieurwissenschaftlich) reichen.

Der Knackpunkt ist: viele dieser Studiengänge sind privat (und daher teuer) und kaum etabliert.

An etablierten Studiengängen sei das Rescue Engineering (u.a. in Köln und Hamburg) oder Medizinisches Management (auch mit RD-Schwerpunkt, Technische Hochschule Mittelhessen) genannt.

Für die zukünftigen Lehrer und die, die es werden wollen gibt es natürlich auch die Möglichkeit mit einem Studium der Rettungsdienst-, Medizin– oder Gesundheitspädagogik eine Dozentenstelle an einer Berufsfachschule zu ergattern.

Medizinstudium

Für die besonders medizinaffinen Kollegen ist das Studium der Humanmedizin natürlich Mittel der Wahl. Die NFS-Ausbildung wird vielerorts mit einem Bonus im Zulassungsverfahren honoriert.

CAVE: das Zulassungsverfahren ist nicht zu unterschätzen, die Konkurrenz ist immens. Diejenigen, die es geschafft haben, erwarten 6 Jahre intensives Studium, gefolgt von der Facharztausbildung.

Physician Assistant (PA)

Der “Arztassistent”, als akademisch ausgebildete rechte Hand des Arztes ist relativ neu und richtet sich meist explizit an Personen aus Gesundheitsfachberufen. Meist qualifiziert ein einschlägiges Bachelor-Studium zu der Tätigkeit.

Der PA soll ärztliche Routinetätigkeiten – z.B. Legen venöser Zugänge oder einfache Wundversorgungen – übernehmen.

Derzeit: kaum Bedarf, unsicheres Arbeitsumfeld, recht unklare Kompetenzen.

Fazit

Eine Sache fällt auf: es gibt recht wenig “Aufstiegsmöglichkeiten” im eigentlichen Sinne – dafür aber recht viele Möglichkeiten zur Diversifikation, dem Wechsel in andere, ähnliche Bereiche. Eine “Überholspur” ist er also eher weniger.

Die vielbesagte Sackgasse ist der Rettungsdienst nicht im dem Sinne einer Straße ohne Wiederkehr – er bietet auf einer sehr langen Strecke viele Möglichkeiten, einfach mal eine Querstraße abzubiegen und auf der Parallelstraße weiterzufahren. Festfahren tut man sich – Interesse und Bereitschaft vorausgesetzt – im Rettungsdienst nicht.

Die Möglichkeit, sich fachlich weiterzubilden – u.a. mit “Buchstabenkursen” wie AMLS und PHTLS – und über den eigentlichen Tätigkeitsbereich hinaus zu gehen, sind beim Notfallsanitäter mehr als gegeben.

Fairerweise muss man auch sagen: ein klassischer Karriereberuf ist der NotSan nicht und er wird es wohl auch nie werden.

Quellen

SaniOnTheRoad (2019): „Kleines 1×1 des Rettungsdienstes“ – Teil 14: Der Leitstellendisponent und die Leitstelle, abgerufen unter https://saniontheroad.com/kleines-1×1-des-rettungsdienstes-teil-14/ am 03.02.2022

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SaniOnTheRoad

Notfallsanitäter, Teamleiter und Administrator des Blogs. Vom FSJler über Ausbildung bis zum Haupt- und Ehrenamt im Regelrettungsdienst und Katastrophenschutz so ziemlich den klassischen Werdegang durchlaufen. Mittlerweile beruflich qualifizierter Medizinstudent im vorklinischen Abschnitt. Meine Schwerpunkte liegen auf Ausbildungs- und Karrierethemen, der Unterstützung von Neueinsteigern, leitliniengerechten Arbeiten sowie Physiologie, Pathophysiologie, Pharmakologie und EKG für den Rettungsdienst. Mehr über mich hier.

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