„Kleines 1×1 des Rettungsdienstes“ – Teil 33: Die absoluten Einsatz-Basics

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„Kleines 1×1 des Rettungsdienstes“ bietet eine Übersicht über Aufbau, Struktur und Gepflogenheiten des Rettungsdienstes in Deutschland. Hier geht es um das, was Interessenten und Neueinsteiger wissen sollten.

Zu „Teil 32 – Quereinstieg in den Rettungsdienst“ geht es hier.

Teil 33: Die absoluten Einsatz-Basics


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Manche Dinge im Rettungsdienst sind wirklich trivial – es sind Dinge, die kein besonderes Fachwissen erfordern, einfach durchzuführen sind und oft mit gesunden Menschenverstand zu erklären sind…und die zu oft vergessen oder ignoriert werden. Trotz ihrer Einfachheit kann das durchaus ein erstaunlich großes Risiko beinhalten, dass Probleme auftauchen.

Probleme, die durchaus gravierende Folgen mit sich bringen können. Und Probleme, die extrem einfach vermeidbar sein können.

Bei diesem Beitrag handelt es sich eher um einen Übersichtsbeitrag um Selbstverständlichkeiten im täglichen Dienst, nicht um hochtrabende Medizin.

Diese Selbstverständlichkeiten sind allerdings der Garant für gut laufende Einsätze, ein gutes Miteinander auf der Wache und Punkte, welche man sowohl Berufseinsteigern als auch erfahrenen Kollegen immer wieder vor Augen führen muss.

Zu Dienstbeginn

Das absolute Minimum ist: sei pünktlich da.

Das ist wirklich eine Selbstverständlichkeit, die in jedem Bereich des Lebens gilt. Man sollte seinen Tagesablauf so planen, dass man allerspätestens zum Schichtbeginn umgezogen und einsatzbereit ist – wenn man eine andere Schicht ablöst, gebietet es die Kollegialität, auch eine halbe Stunde vorher aufzuschlagen.

Es spricht definitiv nicht für die Kollegen, die regelmäßig daran scheitern, pünktlich aufzustehen, pünktlich loszufahren (oder loszulaufen) und eine halbe Stunde nach Dienstbeginn aufschlagen. Einem Erwachsenen sollte es durchaus möglich sein, entsprechend zu planen und tatsächlich aufzustehen, wenn der Wecker klingelt.

Wenn man sich tatsächlich verspätet – was mal vorkommen kann, aber nicht fortlaufend – muss mindestens den zuständigen Personen (Wachenleitung, Dienstplaner, Ausfallmanagement…) bescheid gesagt werden, sinnigerweise sollten es auch die betreffenden Kollegen direkt erfahren.

Löst man eine andere Schicht ab, folgt die Schichtübergabe.

Die Schichtübergabe sollte ebenfalls direkt erfolgen und einen sinnvollen Inhalt haben. Dazu gehört:

  • Fahrzeug & Technik in Ordnung?
  • Tankfüllung & Sauerstoffstände
  • Einsatztaktische Besonderheiten (Klinik-/Notarztabmeldungen, Straßensperrungen) und
  • dringend durchzuführende Arbeiten & Aufgaben

Einfach kurz und bündig die relevanten Punkte zusammenfassen. Wie viele Einsätze man hatte, was man gefahren ist und wie (un)dramatisch das alles war…ist völlig irrelevant.

Der dritte Klassiker: der Fahrzeugcheck.

Zum einen muss dieser überhaupt durchgeführt werden, zum anderen sollte er nach Checkliste erfolgen (und damit vollständig sein), und er sollte zu Dienstbeginn erfolgen – nicht zwei Stunden später.

Eine vollständige und funktionierende Ausrüstung ist das A und O für jeden Einsatz, dementsprechend sollte man sich nach der Übergabe (und natürlich auch dem ersten Kaffee) einfach direkt dazu „aufraffen“. So schwer ist es nicht.

Als grundsätzliche Voraussetzung kann man hier ebenfalls nennen: kenne dein Fahrzeug. Man muss grundsätzlich wissen, was man dabei hat, wo es ist, wie man es anwendet. Das reicht vom einfachen Verbandpäckchen über das Thoraxdrainage-Set bis hin zum Brecheisen oder dem Warndreieck.

Und wenn man etwas nicht kennt, liegt es an einem selbst, sich entsprechend zu informieren.

Vor dem Einsatz

Ich halte es generell für empfehlenswert, eine grundsätzliche Absprache mit dem jeweiligen Kollegen vor dem ersten Einsatz zu treffen.

Dazu gehören:

  • die grundsätzliche Aufgabenverteilung im Team,
  • die grundsätzliche Einsatzstrategie und -taktik und
  • Besonderheiten und Punkte, die einem darüber hinaus als wichtig erscheinen.

Wenn keine andere Absprache getroffen wurde, ist der Beifahrer der Teamführer, der Fahrer der „Zuarbeiter“.

Wenn der Melder geht, sollte auf der Anfahrt zudem eine konkrete Einsatzvorbesprechung erfolgen, inklusive

  • dem geplanten Vorgehen in dem konkreten Fall,
  • dem mitzunehmenden Material,
  • Vorabdelegation von Aufgaben,
  • möglichen Besonderheiten,
  • mögliche Diagnosen, Differentialdiagnosen und mögliche Zielkliniken.

„Mitzunehmendes Material“ ist durchaus ein Streitpunkt – im Zweifelsfall sollte alles wesentliche mitgenommen werden, das wären Sauerstoff- und Kreislaufrucksack, EKG und Absaugpumpe.

Gerade beim EKG gibt es die Tendenz, im Falle des Corpuls C3 nur Patientenbox + Monitor mitzunehmen. Don’t do it. Ganz oder gar nicht. Einen defibrillierbaren Rhythmus feststellen zu können ist schön, ihn auch tatsächlich defibrillieren zu können noch schöner…

Im Einsatz

Was wir im Einsatz machen, ist eigentlich unser „täglich Brot“ und auch das, was definitiv am intensivsten trainiert wird. Prinzipiell kann man sich hier wirklich auf einige Basics beschränken, die man nochmal ansprechen sollte.

Und das fängt schon beim Ankommen an der Einsatzstelle an: das Fahrzeug sollte bestenfalls so abgestellt werden, dass es den Verkehr möglichst nicht behindert. Wenn das nicht geht, gehören mindestens eine eingeschaltete Warnblinkanlage + Heckwarneinrichtung dazu – je nach Situation auch das Blaulicht.

On top: Motorweiterlaufschaltung, oder, wenn nicht vorhanden, die Standheizung einschalten. Das verhindert gerade im Winter das rasante Auskühlen des Fahrzeugs und ist eigentlich eine Basismaßnahme zum Wärmeerhalt. Sinnigerweise sollten aus diesem Grund auch die Türen geschlossen werden. Klingt logisch? Absolut. Wird trotzdem von der überwältigenden Mehrheit der Kollegen vergessen.

Beim ersten Patientenkontakt gilt es: man stellt sich mit Namen und Funktion vor und erfragt den Namen des Patienten, wenn dieser ihn nicht schon selbst nennt.

Die Frage „Wie geht es Ihnen?“ ist ein durchaus schöner und geeigneter Einstieg, gefolgt von „Was führt uns zu Ihnen?“. Das dauert eine halbe Minute – die man in der Regel hat – macht aber ein enormen Unterschied im Aufbau von Vertrauen und einer Beziehung zum Patienten.

Hier gilt der Grundsatz „nur einer führt die Anamnese durch“ – wenn ein Kollege noch weitere Punkte hat, sollte er diese im 10-4-10 ansprechen. Grundsätzlich sollten im Einsatz die absoluten CRM-Basicsbeherzigt und angewendet werden.

Die Arbeit an sich fasse ich mal simpel mit „strukturiert arbeiten, vollständig untersuchen“ zusammen – ein ordentliches Primary und Secondary Survey ist ein Muss. Ein Standardmonitoring gehört zu jedem Notfallpatienten.

Bereitet nach Möglichkeit eine strukturierte Patientenübergabe während des Transportes vor.

Nach dem Einsatz

Spätetens jetzt sollte die Dokumentation vervollständigt werden.

Zur Nachbereitung des Einsatzes gehört zwingend die Desinfektion des verwendeten Materials – neben EKG, Trage, Tragestuhl sollte dabei auch an Blutdruckmanschetten aus Fahrzeug und Rucksack, Stethoskope, Staubänder und sonstige Kontaktflächen (Betreuerstuhl im Fahrzeug…) gedacht werden. Die Trage sollte ebenfalls direkt bezogen werden.

Verbrauchsmaterial aus Rucksäcken direkt aus dem Fahrzeug auffüllen, wenn möglich – ansonsten ist das Risiko, dass es vergessen wird (oder im unmittelbaren Folgeeinsatz fehlt) ziemlich groß.

Aus meiner Sicht sollte man zudem nochmal einen Blick auf den „Füllstand“ von Abwurfboxen und Mülleimer im RTW/Rucksack werfen und diese ggf. austauschen respektive leeren.

Für absolut essentiell halte ich zudem die Einsatznachbesprechung. Ja, auch bei sehr unspektakulären Einsätzen.

Dazu gehört

  • eine Kurzzusammenfassung (!) des Einsatzes,
  • die wesentlichen (!) Buchstabenprobleme des Patienten,
  • die durchgeführten Maßnahmen,
  • positive und verbesserungswürdige Punkte sowie
  • das Klären offener Fragen und Wünsche/Anliegen für weitere Einsätze.

Ist man wieder auf der Wache angekommen, sollte das Verbrauchsmaterial selbstverständlich direkt aus dem Lager aufgefüllt werden.

Was sonst noch anfällt

Es gibt – je nach Wache und Organisation – oft noch weitere Tagesaufgaben wie beispielsweise die Routinedesinfektion des Fahrzeugs, die zusätzlich erledigt werden müssen.

Letztendlich möchte ich mich hier auf zwei Punkte beschränken:

  • erledigt diese frühzeitig und
  • erledigt diese gemeinsam.

Zum einen, dass sie tatsächlich erledigt werden, zum anderen ist es eine Frage der Kollegialität. Je nach Aufgabe macht es absolut keinen Spaß und kostet viel Zeit, diese alleine zu erledigen.

Zum Dienstende

Hier schließt sich der Kreis zum Dienstbeginn…

Wenn das Schichtende erreicht ist, sollte man spätetens jetzt nochmal einen Blick in das Fahrzeug werfen und „liegengebliebende“ Dinge und Aufgaben erledigen. Heißt also: spätetens jetzt sollte sichergestellt sein, dass die Mülleimer leer, die Trage bezogen, Verbrauchsmaterial aufgefüllt und das Fahrzeug getankt ist.

Jacken, Flaschen, Essen und Protokolle sollten spätetens jetzt aus dem Auto geholt werden.

Wenn eine Folgeschicht das Fahrzeug übernimmt, solltet ihr auch eine ordentliche Schichtübergabe vorbereiten.

Interessenkonflikte

Der Autor gibt an, dass keine Interessenkonflikte bestehen.

Quellen

SaniOnTheRoad (2024): 3.4 Primary und Secondary Survey, abgerufen unter https://saniontheroad.com/3-4-primary-und-secondary-survey/ am 21.11.2024

SaniOnTheRoad (2024): 3.3 Apparative Diagnostik, abgerufen unter https://saniontheroad.com/3-3-apparative-diagnostik/ am 21.11.2024

SaniOnTheRoad (2023): Dokumentation im Rettungsdienst, abgerufen unter https://saniontheroad.com/dokumentation-im-rettungsdienst/ am 21.11.2024

SaniOnTheRoad (2022): Kommunikation im Rettungsdienst, abgerufen unter https://saniontheroad.com/kommunikation-im-rettungsdienst/ am 21.11.2024

SaniOnTheRoad (2022): CRM im Rettungsdienst, abgerufen unter https://saniontheroad.com/crm-im-rettungsdienst/ am 21.11.2024

SaniOnTheRoad (2021): Die strukturierte Patientenübergabe im Rettungsdienst, abgerufen unter https://saniontheroad.com/die-strukturierte-patientenubergabe-im-rettungsdienst/ am 21.11.2024

SaniOnTheRoad (2019): „Kleines 1×1 des Rettungsdienstes“ Teil 12 – Strukturiertes Arbeiten und Schemata im Rettungsdienst, abgerufen unter https://saniontheroad.com/kleines-1×1-des-rettungsdienstes-teil-12/ am 21.11.2024

SaniOnTheRoad (2019): „Kleines 1×1 des Rettungsdienstes“ – Teil 11: Was muss ein Rettungssanitäter können?, abgerufen unter https://saniontheroad.com/kleines-1×1-des-rettungsdienstes-teil-10/ am 21.11.2024

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Über SaniOnTheRoad

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SaniOnTheRoad

Notfallsanitäter, Teamleiter und Administrator des Blogs. Vom FSJler über Ausbildung bis zum Haupt- und Ehrenamt im Regelrettungsdienst und Katastrophenschutz so ziemlich den klassischen Werdegang durchlaufen. Mittlerweile beruflich qualifizierter Medizinstudent im klinischen Abschnitt des Studiums. Meine Schwerpunkte liegen auf Ausbildungs- und Karrierethemen, der Unterstützung von Neueinsteigern, leitliniengerechten Arbeiten sowie Physiologie, Pathophysiologie, Pharmakologie und EKG für den Rettungsdienst. Mehr über mich hier.

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